Xavier Naidoo darf nicht Antisemit genannt werden

Xavier Naidoo darf nicht Antisemit genannt werden

Ein fatales Signal für die politische Bildung?

Eine Referentin bezeichnete den umstrittenen Sänger Xavier Naidoo bei einer öffentlichen Veranstaltung in Niederbayern als Antisemiten. Der Musiker setzte sich zur Wehr und bekam nun vor dem Landgericht Regensburg Recht.

 

 

Worum geht es?

Der Popsänger aus Mannheim steht regelmäßig wegen politischer Äußerungen oder fragwürdigen Liedtexten – zuletzt des Songs „Marionetten“ – im Rampenlicht und scheidet die Gemüter. In diesem Lied riefen die Söhne Mannheims zum Widerstand gegen die Politik auf und erinnerten mit Vokabeln wie „Volksverräter“ an eindeutige Pegida-Parolen.

Infolgedessen wurden ihm rechtspopulistische Tendenzen nachgesagt - eine spontane Rede bei einer Demonstration der sogenannten Reichsbürger im Jahr 2014, wobei es sich um Anhänger einer Verschwörungstheorie handelt, die behaupten, dass Deutschland immer noch besetzt sei und weder Friedensvertrag noch Verfassung habe, zog zudem einen erheblichen Imageschaden mit sich. Nicht zuletzt taucht auch das Abstreiten der Souveränität Deutschlands in den Medien auf. Im Nachhinein haben sich Xavier Naidoo und die Söhne Mannheims stets von all diesen Negativ-Schlagzeilen distanziert und betont, sich für ein offenes und tolerantes Zusammenleben in der Gesellschaft einzusetzen. Es habe mehrere Musikveranstaltungen und musikalische Projekte gegeben, wie z.B. „Rock gegen Rechts“, die sich rechten Gruppen entgegenstellten.  

Persönlichkeitsrecht, Kunstfreiheit, Meinungsfreiheit

Nun hat der umstrittene Popstar erfolgreich vor dem Landgericht (LG) Regensburg geklagt, dass er auf einer öffentlichen Veranstaltung in Bayern nicht „Antisemit“ genannt werden durfte. So nannte ihn nämlich eine Referentin der Amadeu Antonio Stiftung, die sich gegen Rechtsextremismus engagiert. Insbesondere die Lieder „Raus aus dem Reichstag” und „Marionetten” sollen eindeutige Codewörter enthalten: In dem ersten Lied ist unter anderem von einem „Baron Totschild” die Rede, der den „Ton angibt” und von einem „Schmock”, der ein „Fuchs” sei. Naidoo wies jegliche Vorwürfe von sich und meinte, dass ihm „antisemitische” Codes” gar nicht geläufig seien und er mit dem Liedtext lediglich die Macht der Banken geißeln wolle. Das Gericht untersagte der Referentin daraufhin, Naidoo als „Antisemiten” zu bezeichnen, da die von ihr angeführten Gründe nicht ausreichend belegt seien. Ihre Vorwürfe gingen schließlich über den Liedtext hinaus, indem sie den Sänger in seiner Person als Antisemit bezeichnet hatte - die vorgebrachten Beweise waren nicht tragfähig. Vielmehr habe sich Naidoo glaubwürdig von den Vorwürfen distanzieren können; er habe die Texte anders verstanden haben wollen. Zur Untermauerung führte er unter anderem an, dass sein Sohn einen hebräischen Namen trage, zudem verwies er auf jüdische Freunde und die Tatsache, dass sein Konzertveranstalter Jude sei. Seine Lieder sollen zwar politische Botschaften transportieren, aber keinen Antisemitismus.

Dieser schwerwiegende Vorwurf greife laut Gericht ungerechtfertigt in das Persönlichkeitsrecht des Sängers ein. Außerdem müsse bei den Liedtexten der Schutz der Kunstfreiheit berücksichtigt werden. Zwar könne sich die Beklagte auf die Meinungsfreiheit berufen. Diese müsse hier jedoch dem Recht auf Schutz der Persönlichkeit den Vortritt gewähren. Die Richter haben aber nicht beurteilt, ob die Texte von Naidoo tatsächlich antisemitisch sind oder nicht, da man dies nicht genau festlegen könne.  

“Fatales Signal für die politische Bildung”

Die beklagte Stiftung hat angekündigt, gegen das Urteil in Berufung gehen zu wollen, da sie ihre Äußerung als von der Meinungsfreiheit gedeckt sieht. Sie hält das Urteil für ein „fatales Signal für die politische Bildung“. Dies war überdies nicht das erste Gerichtsverfahren im Rechtsstreit gegen die Amadeu Antonio Stiftung: Bereits 2015 wurde sie von Naidoo verklagt, weil die Stiftung das von ihm veröffentlichten Lied „Raus aus dem Reichstag“ öffentlich kritisierte, aus dem antisemitische Tendenzen herauszulesen seien. In diesem Verfahren haben sich der Sänger und die Stiftung auf einen Vergleich geeinigt. Dass hier rechtspopulistische Tendenzen bestehen, ist also keine neue Behauptung.