Bio-Waffen in Köln

Bio-Waffen in Köln

**Ermittlungen wegen Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat**

Im Kölner Stadtteil Chorweiler stürmte die Polizei die Wohnung eines 29-jährigen Mannes wegen des Verdachts auf Umgang mit mutmaßlich hochgefährlichen Stoffen und Herstellung eines mit Gift versetzten Sprengsatzes. Die Bundesanwaltschaft ermittelt wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz.

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**Worum geht es?**

Vor wenigen Tagen waren einem Internet-Versandhändler einige Bestellungen aufgefallen: Ein Mann orderte Stoffe, die der Grundstoffüberwachung unterliegen - unter anderem etwa 1000 Pflanzensamen, aus denen sich Rizin gewinnen lasse. Die Bestellungen hätten sich dabei an einer Anleitung der Terrorbande “Islamischer Staat” zum Bau einer Rizin-Bombe orientiert. Rizin ist ein leicht erhältliches Mittel aus dem Samen des Wunderbaums, das vom Robert-Koch-Institut als potentieller biologischer Kampfstoff eingestuft wird. Daher ist der Handel und der Umgang mit der reinen Substanz seit dem Chemiewaffenübereinkommen aus dem Jahre 1997 beschränkt. Der deutsche Inlandsnachrichtendienst ist sodann von ausländischen Behörden über die auffälligen Bestellungen informiert worden. Als der Tunesier zudem auch Chemikalien bestellte, die zur Gewinnung des Giftstoffes notwendig gewesen wären, entschied sich die Kölner Polizei die Wohnung zu stürmen. Bereits in geringer Konzentration kann das Gift tödlich sein. Es schädigt die Leber und die Nieren. Der Tod tritt binnen 36 bis 48 Stunden durch Multiorganversagen ein.

**Staatsgefährdende Gewalttat**

Die Spezialkräfte stellten die Substanz in der Kölner Hochhauswohnung am Dienstag sicher und nahmen den 29-Jährigen fest. Wie die Bundesanwaltschaft mitteilte, sei der Verdächtige im November 2016 von Tunesien aus nach Deutschland eingereist, war der Polizei bislang aber nicht bekannt. Der BGH hat Haftbefehl erlassen - zudem werde wegen Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat ermittelt.

Immer wieder werden im Internet auf einfachstem Wege Bestandteile zum Bau von Sprengsätzen bestellt. In der Vergangenheit ist insbesondere der Versandhändler Amazon in Kritik geraten, als junge Männer im April 2016 eine Bombe vor einem Sikh-Tempel in Essen zündeten und einen Priester dabei schwer verletzten: Sie bestellten die Chemikalien und Zünder kiloweise über Amazon. Der Einkauf verläuft dort für potentielle Attentäter aufgrund der automatischen Algorithmen schließlich auch spielend leicht: “Kunden, die diesen Artikel gekauft haben, kauften auch…”. Seitdem wollte Amazon Änderungen an der Internetseite vornehmen.

**Originäre und evokative Zuständigkeit: Generalbundesanwalt**

Doch warum ist in diesem Fall der BGH beziehungsweise der Generalbundesanwalt für die Ermittlungen zuständig? Gibt es eine spezielle Behörde, die sich Terror-Fällen annimmt? Werden Verdächtige dann in ein Gefängnis nach Karlsruhe gebracht? 

Grundsätzlich ist die Ausübung staatlicher Befugnisse und die Erfüllung staatlicher Aufgaben Sache der Länder, soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft. Dies ergibt sich aus der Generalklausel der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern in Art. 30 GG. Diese Kompetenzverteilung im Grundgesetz ist zwingend und weder Bund noch Länder können ihre Zuständigkeiten jeweils auf den anderen übertragen. Die Ausübung der rechtsprechenden Gewalt ist somit grundsätzlich Sache der Länder.
 
Eine Ausnahme gilt jedoch im Bereich des Staatsschutzstrafrechts. Dem Grundgesetz zufolge ist der Bund zur Regelung dieser Materie befugt. Der Bundesgesetzgeber hat die ihm durch Art. 96 V GG eingeräumte Gesetzgebungszuständigkeit hierbei auch genutzt, indem er die Zuständigkeit für die Verfolgung von Staatsschutzstrafsachen zwischen der Bundesjustiz und der Justiz der Länder aufgeteilt hat, § 120 GVG i.V.m. § 142a GVG. Danach ist der Generalbundesanwalt beim BGH als oberste Strafverfolgungsbehörde der Bundesrepublik zuständig, wenn es um terroristische Straftaten beziehungsweise besonders gravierende Straftaten gegen die innere oder äußere Sicherheit geht. Bei anderen Straftaten mit Staatsschutzcharakter übernimmt der Generalbundesanwalt die Verfolgung unter bestimmten und in § 120 II GVG geregelten Voraussetzungen - sogenanntes Evokationsrecht: Wird ihm eine Zuständigkeit auf diese Weise nicht ausdrücklich zugewiesen, verbleibt es auch bei Delikten mit Staatsschutzcharakter bei der Zuständigkeit der Bundesländer. 
 
Bei den aktuellen Ermittlungen hat der Generalbundesanwalt also die Rolle des Staatsanwalts inne. Ermitteln bedeutet dabei, dass er zum Beispiel Durchsuchungen in Auftrag gibt, Haftbefehle beantragt oder den Aufruf zur öffentlichen Fahndung herausgibt. Daneben übernimmt das Bundeskriminalamt (BKA) die Rolle der Polizei. Der Generalbundesanwalt beauftragt das BKA mit der Durchführung der Ermittlungen. Das BKA arbeitet dabei mit den Landeskriminalämtern oder bei konkreten Maßnahmen mit Spezialeinheiten zusammen.

**Kein "Spezialgefängnis" in Karlsruhe**

Die Staatsanwaltschaft benötigt für bestimmte Maßnahmen die Genehmigung eines Richters. Bei “normaler” Kriminalität, also solcher, bei der es sich nicht um terroristische Straftaten - oder solche im Sinne des § 120 II GVG - handelt, muss die Staatsanwaltschaft den Ermittlungsrichter am Amtsgericht vor Ort einschalten. Leitet jedoch der Generalbundesanwalt die Ermittlungen, so ist für die Genehmigung der Ermittlungsrichter am BGH in Karlsruhe zuständig. Dieser erlässt auch einen Haftbefehl, wenn die inhaltlichen Voraussetzungen vorliegen. Hierfür werden die Beschuldigten tatsächlich nach ihrer Festnahme “nach Karlsruhe gebracht” und dem Ermittlungsrichter am BGH vorgeführt.

Hierbei kann es zu zwei unterschiedlichen Situationen kommen: Lag bereits vor der Festnahme ein Haftbefehl gegen die jeweilige Person vor, so wird der Beschuldigte dem Ermittlungsrichter vorgeführt - werden die Voraussetzungen weiterhin bestätigt, dann wird Untersuchungshaft angeordnet. Gab es bei der Festnahme jedoch noch keinen Haftbefehl, dann muss der Ermittlungsrichter nach der Vorführung des Beschuldigten entscheiden, ob er auf Antrag des Generalbundesanwalts den Haftbefehl erlässt und Untersuchungshaft anordnet. Die Beschuldigten werden dann aber nicht in ein “spezielles” Gefängnis in Karlsruhe gebracht, sondern in eine der bundesweiten Justizvollzugsanstalten.