Kamele sind keine nützlichen Haustiere

Kamele sind keine nützlichen Haustiere

OLG Stuttgart zur Tierhalterhaftung

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat den Inhaber einer Kamelfarm zur Zahlung von 91.000 Euro verurteilt, weil eine Reiterin vom Kamel fiel und sich dabei verletzte. Kamele seien keine Haus- und Nutztiere - er könne sich daher nicht exkulpieren, so das OLG.

 

Worum geht es?

Im September 2012 nahm eine 27-jährige Frau gemeinsam mit ihrer Mutter an einem einstündigen Kamelausritt im Landkreis Sigmaringen teil. Während des Ausritts lief der Inhaber der Farm zwischen den beiden Tieren mit und führte sie an einer Leine. Die Kamele erschraken, als die Gruppe an bellenden Hunden vorbei kam, und machten eine ruckhafte Bewegung nach links, wodurch die Klägerin aus einer Höhe von 1,87 Meter kopfüber zu Boden stürzte. Durch den Sturz erlitt sie unter anderem schwere Kopfverletzungen und war in ihrer Erwerbstätigkeit erheblich eingeschränkt. Das OLG verurteilte den Inhaber des Kamelhofes zu einer Zahlung von 91.000 Euro, da er aus der Gefährdungshaftung des § 833 S.1 BGB - sog. Tierhalterhaftung - zum Schadensersatz und Schmerzensgeld verpflichtet sei.

 

Kamele zu selten in Deutschland - Keine Exkulpationsmöglichkeit nach § 833 S.2 BGB

Das Gericht verwehrte ihm die Möglichkeit der Exkulpation, also des Nachweises pflichtgemäßen Verhaltens im Sinne des § 833 S.2 BGB: Dieses Privileg stünde nur Haus- und Nutztierhaltern zu. Kamele seien indes zu selten in Deutschland, sodass es sich bei ihnen nach Ansicht des Senats nicht um Haus- oder Nutztiere handele. Der Kamelführer könne sich somit nicht durch Nachweis pflichtgemäßen Verhaltens von der Haftung befreien.

Die Kamele seien aber auch nicht mit der erforderlichen Sorgfalt geführt worden. Hierfür sei es notwendig gewesen, die Kamele jeweils getrennt voneinander zu führen. Der Beklagte führte jedoch allein beide Kamele, dessen Führketten mit nur einem Strick verbunden waren. Dadurch habe er auf die Tiere nicht entsprechend einwirken und die Reiterinnen vor etwaigen Schreckreaktion schützen können. Hieran ändere auch die Tatsache nichts, dass die gestürzte Reiterin keinen Schutzhelm trug. Vielmehr habe der Inhaber des Hofes vom Tragen eines Helmes abgeraten, sodass er sich dadurch selbst sorgfaltswidrig verhalten habe und ein Mitverschulden der Reiterin auszuschließen sei.

 

In erster Instanz sprach das Gericht der Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 Euro zu. Nach einer Abschlussprüfung erhöhte das OLG den Betrag auf 70.000 Euro und einer Zahlung von 21.000 Euro für die Monate des Verdienstausfalls nach dem Unfall.

 

- Urt. v. 07.06.2018, Az. 13 U 194/17 -