Skandal im BAMF

Korruptionsskandal im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

Eine ehemalige Mitarbeiterin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Bremen soll in bis zu 2000 Fällen Asyl gewährt haben, obwohl die Voraussetzungen für eine positive Bescheidung nicht gegeben waren. Zum Teil fielen die Verfahren auch gar nicht in ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich. Nun ermittelt die Bremer Staatsanwaltschaft gegen die ehemalige Leiterin der Bremer Außenstelle und drei Rechtsanwälte aus Bremen und Niedersachsen - unter anderem wegen Bestechung, Bestechlichkeit und bandenmäßiger Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung.

Worum geht es?
Vor etwa zwei Jahren sorgten insbesondere zwei Fälle dazu, dass Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius einen verärgerten Brief an den damaligen Präsidenten des Bundesamtes verfasste: Polizeibeamte versuchten damals eine kurdische Familie in ein Flugzeug zu bringen, weil ihre Abschiebung unmittelbar bevorstand. Beim ersten Mal ist es ihnen nicht gelungen, da sich die Familie zu sehr gewehrt hatte. Als die Familie ein zweites Mal mit erheblichem personellen Aufwand zum Flugzeug gebracht werden sollte, sei plötzlich in letzter Minute ein Bescheid aus Bremen gekommen: Von der dortigen Außenstelle des BAMF hieß es darin, dass die Familie nicht abgeschoben werde dürfe, da die Abschiebung gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoße. Pistorius konnte die Verfahrensweise nicht nachvollziehen und machte in seinem Schreiben darauf aufmerksam, dass ein Rechtsanwalt aus Hildesheim bereits in ähnlicher Weise über die Bremer Außenstelle des BAMF die Abschiebung einer anderen kurdischen Familie verhindert hatte.

Formelle und Materielle Verstöße
Die Innenrevision des BAMF wurde daraufhin hellhörig: Vergangene Woche durchsuchten Ermittler im Auftrag der Zentralen Antikorruptionsstelle Bremen insgesamt acht Privatwohnungen und Anwaltskanzleien in Bremen, Brake, Hildesheim, Oldenburg und Bad Zwischenahn. Bei einem der Rechtsanwälte fanden die Ermittler eine scharfe Schusswaffe mitsamt Munition. Es wird jetzt geprüft, ob die inzwischen suspendierte Leiterin der BAMF-Außenstelle, drei Rechtsanwälte und ein vereidigter Dolmetscher in etwa 2000 Fällen Flüchtlingen die in Deutschland Asyl beantragt hatten, einen Schutzstatus gewährten, obwohl formelle und materielle Verstöße gegen die Verfahrensregeln vorgelegen haben sollen. Es soll sich dabei insbesondere um kurdischsprachige Schutzsuchende handeln, die nach eigenen Angaben jesidischen Glaubens seien - die religiöse Minderheit der Jesiden war von der Terrororganisation Islamischer Staat in der Region des Nordiraks und Nordsyriens besonders brutal verfolgt worden. Denjenigen Jesiden, die sich aus den Kriegsgebieten nach Deutschland flüchten konnten, wurde vom BAMF mit hoher Wahrscheinlichkeit Schutzstatus gewährt - zwischenzeitlich wurden etwa 90% dieser Anträge positiv beschieden.

Busse angemietet
Besonders hoch war die Anerkennungsquote aber in Bremen. Nach ersten Ermittlungen stellte sich heraus, dass Bremen lediglich für 98 von den rund 2000 beschiedenen Fällen überhaupt örtlich zuständig gewesen wäre. Einer der beschuldigten Rechtsanwälte soll sogar Busse angemietet haben, damit die Antragsteller auch aus anderen Bundesländern wie Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen nach Bremen fahren konnten - sie sollen dann anhand einer vorab mitgeteilten Liste bevorzugt bearbeitet worden seien, Ausweispapiere seien nicht überprüft worden und in den meisten Fällen sei auch die erkennungsdienstliche Behandlung unterblieben. Somit konnte auch nicht festgestellt werden, ob die Flüchtlinge bereits in einem anderen EU-Land Fingerabdrücke abgegeben haben und für einen Asylantrag dorthin hätten zurückgeschickt werden müssen. In den Fällen, in denen es solche Fingerabdrücke doch gab, wurden die Akten zur Seite gelegt - so lange, bis die Fristen für eine Überstellung in ein anderes Land abgelaufen waren. 

Unklar ist bisher, ob die ehemalige Beamtin oder die Anwälte mit den Asylbescheiden Geld verdient haben oder ob andere Motive dahinter stecken. Zumindest soll es unter anderem private Einladungen zum Essen gegeben haben.