ArbG Berlin zur fristlosen Kündigung nach heimlichen Videoaufnahmen in Umkleidekabine

ArbG Berlin zur fristlosen Kündigung nach heimlichen Videoaufnahmen in Umkleidekabine

Das ArbG Berlin weist eine Kündigungsschutzklage eines Trainers am Olympiastützpunkt ab, nachdem ihm wegen heimlichen Filmens von Sportlerinnen in der Umkleidekabine fristlos gekündigt wurde

Vor wenigen Tagen hat das Berliner Arbeitsgericht über die Kündigungsschutzklage eines Radtrainers am Olympiastützpunkt Berlin verhandelt: Der Kläger hat mit versteckter Kamera in der Umkleidekabine Sportlerinnen gefilmt und Unterwäsche entwendet. Hierfür wurde er im August diesen Jahres vom AG Tiergarten wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches und Diebstahls zu einer Geldstrafe von 6.400€ (160 Tagessätze zu je 40€) rechtskräftig verurteilt. Zusätzlich wurde nach Bekanntwerden des Sachverhalts ihm gegenüber eine fristlose Kündigung ausgesprochen.

Kündigungsschutzklage

Der Kläger räumt das heimliche Filmen der Sportlerinnen und das Entwenden der Unterwäsche zwar ein, spricht sich jedoch gegen die fristlose Kündigung aus und möchte weiterhin - bis mindestens Ende 2018 - beschäftigt bleiben. Alternativ sei er auch mit einer Abfindung von mindestens 50.000€ einverstanden.

Das heimliche Filmen und das Entwenden der Unterwäsche seien Ausdruck eines pathologischen Zustandes in Form von depressiver Symptome, sodass eine verhaltensbedingte Kündigung nicht gerechtfertigt sei.

ArbG spricht von grobem Vertrauensbruch

Das ArbG sieht das anders und spricht von einem groben Vertrauensbruch, der die Kündigung ohne Zweifel rechtfertige.

Gestritten wurde auch über die Einhaltung der Kündigungserklärungsfrist i.S.d. § 626 II BGB. Danach könne eine fristlose Kündigung zwar nur innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Kenntnis der Kündigungsgründe erfolgen. Die Frist sei vorliegend aber eingehalten worden, da der Arbeitgeber ausreichende Kenntnis über die Kündigungsgründe erst dann erlangt habe, nachdem ihm die ermittelnde Staatsanwaltschaft auf mehrfache Anträge und Nachfragen hin Akteneinsicht gewährt habe - im Anschluss daran sei die Kündigung dann innerhalb der zweiwöchigen Frist ausgesprochen worden.

Prüfungsrelevanz:
Die Entscheidung des ArbG Berlin ist eine Steilvorlage, um in der mündlichen Prüfung, eventuell sogar in einer Klausur, die Kündigungsschutzklage, §§ 4, 7 KSchG, abzufragen. Die Kündigungsschutzklage ist eine punktuelle Feststellungsklage, die darauf gerichtet ist, feststellen zu lassen, dass das Arbeitsverhältnis durch eine bestimmet Kündigung nicht beendet wurde. Sie ist insoweit lex specialis gegenüber der allgemeinen Feststellungsklage, § 256 ZPO. In materieller Hinsicht geht es um die außerordentliche Kündigung gem. § 626 BGB.

Zwei Punkte sind diskussionwürdig: 1. Die Kündigungserklärungsfrist. Sie beträgt gem. § 626 II 1 BGB 2 Wochen, und zwar gerechnet ab dem Zeitpunkt der Kenntnis von den Umständen, die die außerordentliche Kündigung rechtfertigen. 2. Der wichtige Grund, § 626 I BGB. Diesen Punkt prüfst Du wiederum in zwei Schritten. Zunächst muss ein Grund vorliegen, der an sich geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Bei Vorliegen eines bloßen Verdachts zum Zeitpunkt der Erklärung der Kündigung muss hierfür übrigens eine Zerstörung des Vertrauensverhältnisses vorliegen. Des Weiteren muss für den wichtigen Grund eine Abwägung aller Umstände des Einzelfalls stattfinden (Art und Schwere der Verfehlung; Bezug zur Tätigkeit etc.).

 

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