Hemden-Fall

A. Sachverhalt

Der Kläger macht eine ihm abgetretene Forderung gegen den Beklagten aus Hemdenlieferungen des Unternehmens Edmund E. (E), Hemden- und Blusenfabrik in W., geltend, deren Steuerberater er war. Dieses Unternehmen befand sich zu Beginn des Jahres 1969 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Der Schneider Erich M. (M), der früher Hemdengeschäfte für E vermittelt hatte, nahm die Sanierung des Unternehmens in die Hand. Er entwickelte den Plan, eine Auffanggesellschaft zu gründen, an der er sich selbst mit namhaften Beträgen beteiligen und für das er den Beklagten mit einer Einlage von 500.000 DM gewinnen wollte. Den Beklagten kannte er schon vorher. Von ihm hatte er am 1. Oktober 1968 ein Darlehen von 60.000 DM erhalten, das nebst banküblicher Zinsen bis 25. Januar 1969 zurückzuzahlen war.

Am 19. Februar 1969 flogen der Kläger und M nach H. zum Beklagten, um mit diesem dort über die Sanierung der Hemdenfabrik zu verhandeln. Bei dieser Gelegenheit schloss M mit dem Beklagten einen Kaufvertrag über die Lieferung von Hemden. Die Parteien streiten darüber, ob M im eigenen Namen oder im Namen des E gehandelt hat.

Der Beklagte ließ die Hemden in W. abholen und veräußerte sie weiter. Von der Kaufpreisforderung von insgesamt 118.581,30 DM zahlte er 53.796,97 DM durch Schecks, die auf M ausgestellt waren und von diesem eingezogen worden sind. 61.808,33 DM verrechnete er mit dem M gewährten Darlehen nebst Zinsen. Wegen des Restes beruft er sich auf einen Preisnachlass, auf Ersatz von Frachtauslagen und auf Gegenlieferungen an M. Der Kläger will nur zwei Scheckzahlungen im Betrag von insgesamt 33.796,97 DM gegen sich gelten lassen und verlangt daher den Rest in Höhe von 84.784,33 DM nebst Zinsen.

B. Worum geht es?

Der Kläger beruft sich auf einen Anspruch aus abgetretenem Recht seines Zedenten, des E (§ 398 S. 2 BGB), so dass zu prüfen war, ob E der geltend gemachte Anspruch gegen den Beklagten zustand.

Ein Anspruch aus § 433 II BGB scheidet aus. In der Berufungsinstanz ist das Oberlandesgericht nach Beweisaufnahme nämlich davon ausgegangen, dass der Kaufvertrag über die Lieferung der Hemden zwischen dem Beklagten und M, nicht aber zwischen dem Beklagten und E geschlossen wurde. Daran war der BGH aus revisionsrechtlichen Gründen gebunden. Der Klage konnten damit nur Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung zum Erfolg verhelfen.

Denkbar ist zunächst ein Anspruch aus Leistungskondiktion gemäß § 812 I 1 Alt. 1 BGB, dies setzt aber voraus, dass E eine Leistung an den Beklagten erbracht hat. Sollte ein Anspruch aus Leistungskondiktion ausscheiden, käme ein Anspruch aus § 816 I 1 BGB in Betracht, wenn der Beklagte als Nichtberechtigter über die Hemden (weiter)verfügt hätte. Der BGH hatte sich daher mit folgenden Fragen zu befassen:

  1. Wie sind die Leistungsverhältnisse zu bestimmen: Liegt eine Leistung im Verhältnis zwischen E und dem Beklagten oder eher im Verhältnis zwischen M und dem Beklagten?
  2. Hat der Beklagte Eigentum an den Hemden erworben?

C. Wie hat der BGH entschieden?

Der BGH verneint im Hemden-Fall (Urt. v. 14.03.1974 – VII ZR 129/73, NJW 1974, 1132) einen Anspruch aus Leistungskondiktion gemäß § 812 I 1 Alt. 1 BGB, bejaht aber die Möglichkeit eines Anspruchs aus § 816 I 1 BGB.

I. Bestimmung der Leistungsbeziehungen

Zunächst prüft der BGH einen Anspruch aus § 812 I 1 Alt. 1 BGB, stellt die auch heute noch anerkannte Definition der Leistung dar und führt aus, dass der Inhalt der Zweckbestimmung des Leistenden aus der Sicht eines objektiven Dritten in der Person des Zuwendungsempfängers zu bestimmen ist:

„Nach nunmehr gefestigter Rechtsprechung ist unter einer Leistung i.S.d. § 812 Abs. 1 BGB eine bewußte und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens zu verstehen (BGHZ 40, 272, 277; 58, 184, 188 m.w.N.). Die jeweilige Zweckbestimmung richtet sich aber, wenn die Zweckvorstellungen des Zuwendenden und des Zuwendungsempfängers auseinander gehen, nicht nach dem inneren Willen des Zuwendenden. Maßgebend ist vielmehr, als wessen Leistung sich die Zuwendung bei objektiver Betrachtungsweise aus der Sicht des Zuwendungsempfängers darstellt (BGH a.a.O.; aus dem Schrifttum vgl. statt vieler Baur/Wolf JuS 1966, 393).“

Das ist dogmatisch konsequent, weil es sich bei der Zweck- oder Tilgungsbestimmung des Leistenden, durch die erst der Bezug zu einem bestimmten Kausalverhältnis hergestellt wird und die aus einer bloßen Zuwendung eine Leistung macht, um eine Willenserklärung oder jedenfalls eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung handelt, die den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen unterliegt (§§ 133, 157 BGB (analog)).

Die Besonderheit des Falles lag darin, dass E durch die Lieferung der Hemden eine vermeintlich eigene kaufvertragliche Verpflichtung (§ 433 I BGB) gegenüber dem Beklagten erfüllen wollte, der Beklagte die Lieferung aber als Leistung seines Vertragspartners M verstand. E ist also ein sog. „Putativschuldner”, der gegenüber dem Beklagten nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass er selbst als Schuldner eine eigene Leistung erbringen will.

„Das gilt auch für die Zweckbestimmung einer Zuwendung, mit der der Zuwendende eine vermeintlich eigene Schuld erfüllen will. Deckt sich dabei die Zweckvorstellung des Zuwendenden nicht mit der des Zuwendungsempfängers, darf dieser vielmehr von seinem Standpunkt aus die Zuwendung als eine Drittleistung ansehen, dann vollzieht sich der Bereicherungsausgleich allein nach den Grundsätzen, die für die Tilgung fremder Schulden oder für die Leistung mittels eines Dritten entwickelt worden sind (h.M. vgl. etwa Thomä JZ 1962, 623, 627; Zeiss JZ 1963, 7, 10; Baur/Wolf JuS 1966, 393, 397; Beuthin JZ 1968, 323, 326/327; Lorenz JuS 1968, 441, 443; a.A. z.B. Flume JZ 1962, 281, 282; Soergel/Mühl (10.) Anm. 25 und 52 zu § 812 BGB). Die hiervon abweichende Rechtsprechung des Reichsgerichts (vgl. etwa RGZ 44, 136, 143; 87, 36, 41 ff; 98, 64, 65; 101, 320, 322; RG JW 1909, 274 Nr. 7), auf die sich zum Teil auch das Berufungsgericht beruft, ist durch die Fortbildung des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs überholt (so auch Heimann-Trosien in RGRK (12.) Anm. 76 zu § 812 BGB). Der Frage, ob der Zuwendende, der in Wahrheit eine eigene Leistung erbringen wollte, analog § 119 Abs. 1 BGB die getroffene Zweckbestimmung anfechten kann (so z.B. Thomä a.a.O.; krit. Flume und Zeiss a.a.O.; vgl. auch von Caemmerer FS für Dolle (1963) S. 135, 158/159), braucht hier nicht näher nachgegangen zu werden. Denn im vorliegenden Fall ist keine Anfechtung erklärt worden.“

Unter Berücksichtigung aller Umstände kommt der BGH zu dem Ergebnis, dass der Beklagte nach §§ 133, 157 BGB (analog) von einer Leistung des M ausgehen durfte, die von E lediglich vermittelt wurde. E ist damit im Verhältnis zum Beklagten bloßer Leistungsmittler und hat keine eigene Leistung gegenüber dem Beklagten erbracht, so dass ein Anspruch aus § 812 I 1 Alt. 1 BGB ausscheidet:

„Dann aber stellte sich den gesamten Umständen nach die Auslieferung der Hemden für den Beklagten als eine Leistung dar, die E an den Beklagten für M erbrachte. In der Regel wird der Empfänger ohnehin annehmen, sein Schuldner leiste an ihn mittels eines Dritten (vgl. Zeiss AcP 165, 332, 336; Beuthin JZ 1968, 323, 327). Auch das Berufungsgericht berücksichtigt, daß dies im Handelsverkehr häufig geschieht. E hätte es zudem in der Hand gehabt und es wäre auch seine Sache gewesen, bei der Abholung der Hemden seinen Willen klar zum Ausdruck zu bringen, wonach er allein eine eigene Verbindlichkeit zu erfüllen beabsichtige. Unterblieb dies gerade deshalb, weil M seinen Betrieb in die Hand genommen hatte, so ist ihm dieser Umstand umso mehr zuzurechnen. Denn das hatte er, E, selbst veranlaßt.“

Mit der Frage, ob der Beklagte nicht nur den Besitz, sondern auch das Eigentum an den Hemden erlangt hat, musste sich der BGH an dieser Stelle also noch nicht befassen.

II. Eigentumserwerb des Beklagten: Möglichkeit eines “Scheingeheißerwerbs”?

Da der Beklagte die ihm von E für M gelieferten Hemden veräußert hat, kommt jedoch ein Anspruch des E nach § 816 I 1 BGB auf Herausgabe des von dem Beklagten durch die Verfügung Erlangten in Betracht. Voraussetzung dafür wäre, dass der Beklagte über die Hemden als Nichtberechtigter verfügt hat. Zu fragen ist also, ob er zuvor selbst das Eigentum an den Hemden erworben hatte.

Problem: Scheingeheißperson
Prüfungsrelevante Lerneinheit

1. Erwerb von E gemäß § 929 S. 1 BGB

Das Oberlandesgericht hatte einen Eigentumserwerb des Beklagten unmittelbar von E gemäß § 929 S. 1 BGB angenommen. Der BGH tritt dem entgegen und führt aus, dass auch hier die Sicht des Beklagten ausschlaggebend sei (§§ 133, 157 BGB), so dass diese Frage ebenso zu beurteilen sei wie die Leistungsbeziehungen: Die Übereignung vollziehe sich im Verhältnis zwischen M und dem Beklagten, während E die Hemden lediglich an den Beklagten (tatsächlich) übergeben habe.

„So ist es auch bei der Lieferung von Waren zur Erfüllung einer vermeintlich eigenen kaufvertraglichen Verpflichtung des Zuwendenden, wenn der Empfänger die Lieferung bei objektiver Betrachtungsweise als Leistung des wahren Schuldners ansehen durfte. In einem solchen - hier vorliegenden - Fall des Mißverständnisses zwischen dem Zuwendenden und dem Empfänger, der zugunsten des Empfängers entschieden wird, muß folgerichtig auch für die Frage, welchen Weg der Übergang des Eigentums an den gelieferten Gegenständen nimmt, die Sicht des Empfängers maßgeblich sein. Von dessen Standpunkt aus vermittelt der Dritte lediglich den Eigentumsübergang vom wahren Schuldner auf den Empfänger (den Gläubiger). Mehr kann dieser in der Regel dem Verhalten des Dritten nicht entnehmen. Mehr ist dem Dritten auch nach der Interessenlage nicht zuzurechnen.
Das bedeutet, daß sich in einem derartigen Falle - gerade aus der Sicht des Empfängers (Gläubigers) - die Lieferung der Waren durch den Dritten als Übereignung des Schuldners darstellt, für den der Dritte die Gegenstände dem Empfänger (Gläubiger) lediglich übergibt. Gehören sie dem Schuldner nicht und ist er auch nicht zur Verfügung über sie berechtigt, so kann der Empfänger Eigentum an ihnen nur erwerben, wenn er sich in gutem Glauben befindet (§§ 932 ff BGB, 366 HGB). Das ist auch interessengerecht. Denn grundsätzlich macht es für den Käufer keinen Unterschied, ob er den von ihm gekauften Gegenstand vom Verkäufer selbst übergeben oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten ausgeliefert erhält. Es besteht kein durchgreifender Grund, ihn in beiden Fällen verschieden zu behandeln.“

2. Erwerb von M gemäß §§ 929 S. 1, 932 I 1 BGB

Da M nicht über die Berechtigung zur Verfügung über die Hemden verfügte, kommt nur ein gutgläubiger Erwerb des Beklagten nach §§ 929 S. 1, 932 I 1 BGB in Betracht. Hierbei stellt sich die Frage, ob eine Übergabe der Hemden an den Beklagten vorlag.

Aufbau der Prüfung: §§ 929 S. 1, 932 I 1 BGB
Prüfungsrelevante Lerneinheit

Das setzt voraus, dass der Veräußerer Besitz vollständig verliert, der Erwerber Besitz erlangt und dies zur Vollziehung der Übereignung auf Veranlassung bzw. Duldung des Veräußerers erfolgt. Der Veräußerer M hatte keinen Besitz, vielmehr war E unmittelbarer Besitzer der Hemden. Daran scheitert eine Übergabe aber nicht, weil auch die Möglichkeit eines Geheißerwerbs anerkannt ist:

Dabei wirken auf Seiten des Veräußerers Personen mit, die den Besitz an der Sache innehaben, ohne in einer „besitzrechtlichen Beziehung“ zu dem Veräußerer zu stehen: Sie sind weder Besitzmittler (§ 868 BGB) noch Besitzdiener (§ 855 BGB) des Veräußerers. Unterwirft sich die Geheißperson punktuell (andernfalls wäre er Besitzdiener) den Weisungen des Veräußerers, wird dies dem Veräußerer zugerechnet. Ein Geheißerwerb kann auch auf Erwerberseite oder auf beiden Seiten (doppelter Geheißerwerb) vorliegen. In einer Entscheidung aus dem Jahr 1972 hat der BGH ausgeführt:

„Wie der BGH schon in BGHZ 36, 56 (in Übereinstimmung mit dem Schrifttum) ausgesprochen hat, braucht jedoch im Falle des § 929 S. 1 BGB der Veräußerer nicht selbst seinen unmittelbaren Besitz auf den Erwerber zu übertragen. Es genügt vielmehr, daß ein Dritter als unmittelbarer Besitzer auf Geheiß des Veräußerers seinen unmittelbaren Besitz auf den Erwerber überträgt. Ferner ist für eine Übereignung nach § 929 S. 1 BGB nicht erforderlich, daß der Veräußerer seinen unmittelbaren Besitz gerade auf den Erwerber überträgt. Es genügt vielmehr, wie der erkennende Senat schon in der Entscheidung VIII ZR 163/67 v. 04.06.1969 (LM Nr. 19 zu § 929 BGB) ausgesprochen hat, daß der Veräußerer den unmittelbaren Besitz auf Geheiß des Erwerbers auf einen Dritten überträgt (ebenso: Enneccerus-Wolff-Raiser, Sachenrecht, 10. Bearb., § 66 I 1 a; Soergel-Mühl, 10. Aufl., § 929 Nr. 7). Es können auch beide Möglichkeiten in der Weise kombiniert werden, daß auf Geheiß des Erwerbers der Veräußerer den dritten unmittelbaren Besitzer anweist, den unmittelbaren Besitz auf einen Vierten zu übertragen. Schließlich kann auch der vom Veräußerer angewiesene Dritte, wenn er selbst nicht unmittelbarer Besitzer der Sache ist, sondern sich diese erst von einem anderen beschaffen muß, diesen anweisen, den unmittelbaren Besitz der Sache auf den Erwerber oder den von diesem benannten Empfänger zu übertragen. Erhält auf diese Weise der Erwerber oder der von ihm benannte Empfänger den unmittelbaren Besitz der vom Veräußerer an den Erwerber übereigneten Sache, so gilt damit i.S.d. § 929 S. 1 BGB, die Sache als vom Veräußerer dem Erwerber übergeben, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat.“ (Urt. v. 08.11.1972 – VIII ZR 79/71)

Die Besonderheit des Falles liegt nun darin, dass sich die „wirkliche“ Lage von der Wahrnehmung des Beklagten unterscheidet:

Objektiv unterwarf E sich nicht den Weisungen des M im Hinblick auf endgültigen und dauerhaften Besitzerwerb, war also keine Geheißperson. Aus Sicht des Beklagten (§§ 133, 157 BGB) stellt sich E aber nicht nur als Leistungsmittler, sondern zugleich auch als Geheißperson des M dar.

Nach der wohl herrschenden Literatur genügt der bloße Anschein einer Unterwerfung für eine Übergabe i.S.d. §§ 929 S. 1, 932 I 1 BGB nicht. Vielmehr müsse sich die Geheißperson tatsächlich den Weisungen des Veräußerers unterwerfen, weil andernfalls nur der bloße Glaube an einen Rechtsschein geschützt werde (sogenannte Unterwerfungslehre).

Der BGH hingegen bejaht die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs, weil der Veräußerer aus der maßgeblichen Sicht des Erwerbers als „Herr der Sache“ erscheine:

„Daß gutgläubiger Eigentumserwerb auch dann möglich ist, wenn der unmittelbare Besitz “auf Geheiß” des Veräußerers von einem Dritten auf den Erwerber übertragen wird, hat der BGH mehrfach entschieden (BGHZ 36, 56, 60; BGH NJW 1973, 141). Das Senatsurt. BGHZ 36, 56 ist auf Kritik gestoßen (vgl. von Caemmerer JZ 1963, 586; Medicus Bürgerliches Recht (5.) § 22 IV 4). Sie wendet sich dagegen, daß in jenem Rechtsstreit gutgläubiger Eigentumserwerb des Empfängers für möglich gehalten wurde, obgleich der Dritte dort erkennbar nur auf eigene Rechnung geliefert und mit der Übereignung der Waren selbständige eigene Zwecke verfolgt hat. Darum geht es im vorliegenden Falle jedoch nicht. Hier erschien - wie dargelegt - die Lieferung des Dritten (E) objektiv betrachtet aus der Sicht des Empfängers (des Beklagten) als Leistung des wahren Schuldners (M) des Veräußerers der übergebenen Gegenstände. Daß es so war, ist letztlich auf das Verhalten des Dritten zurückzuführen und diesem daher auch zurechenbar.
Dann aber muß sich der Dritte nach dem von ihm selbst erweckten Anschein behandeln lassen, wonach er gerade nicht auf eigene Rechnung, sondern nur “auf Geheiß” des eigentlichen Veräußerers lieferte. Dieser Fall muß dem gleichstehen, in dem der Dritte auch wirklich bereit ist, dem “Geheiß” des Veräußerers zu folgen. Der Empfänger kann nicht wissen, welche Absichten der Dritte mit seiner Lieferung verfolgt, wenn ihm das nicht hinreichend erkennbar gemacht wird. Für ihn ist allein bedeutsam, daß die Übergabe auf Veranlassung des Veräußerers tatsächlich erfolgt. Ob sich der Dritte dessen “Geheiß” auch wirklich unterworfen hatte, bleibt dem Empfänger naturgemäß verborgen. Die Interessenlage ist deshalb in beiden Fällen gleich. Die Tatsache, daß der Dritte aus der Sicht des Empfängers dem “Geheiß” des Veräußerers tatsächlich folgt, weist den Veräußerer gegenüber dem Empfänger ebenso als “Herrn der Sache” (vgl. Medicus a.a.O.) aus, wie wenn der Dritte die Weisung des Veräußerers kennt und sich ihr in voller Kenntnis unterwirft.
Wäre in einem Falle, wie dem vorliegenden der gutgläubige Eigentumserwerb des Empfängers nicht möglich, dann wäre der Vertrauensschutz des Empfängers einer Zuwendung, die er für eine Leistung seines Schuldners hält und halten darf, unvollkommen. Denn dann würde er in aller Regel überhaupt kein Eigentum erwerben und wäre damit einem Bereicherungsanspruch des Dritten nach § 812 oder § 816 BGB voll ausgesetzt, d.h. sogar ohne seine eigene an den wahren Schuldner erbrachten Leistungen absetzen zu dürfen (BGHZ 47, 128, 130; 55, 176, 179/180 m.w.N.). Folgerichtig ist daher allein, daß auch in den hier in Rede stehenden Fällen der gutgläubige Eigentumserwerb möglich sein muß. Er begrenzt zugleich den Vertrauensschutz des Empfängers der Drittleistung. Auf diese Weise wird der hier auftretende Interessenwiderstreit sachgerecht gelöst.“

D. Fazit

Die Aussagen des BGH im Hemden-Fall betreffen grundlegende und examensrelevante Fragen des Bereicherungs- und Sachenrechts und sollten beherrscht werden.

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