<h2>Aufbau der Prüfung - Vertreter ohne Vertretungsmacht, &sect; 179 I BGB</h2>

<p>Der Vertreter ohne Vertretungsmacht ist in &sect; 179 I BGB geregelt. Hierbei handelt es sich um eine selbst&auml;ndige, quasi-vertragliche Anspruchsgrundlage. Ein Vertreter ohne Vertretungsmacht liegt vor, wenn A im Namen von B Rechtsgesch&auml;fte abschlie&szlig;t, ohne Vertretungsmacht erhalten zu haben, oder die im Innenverh&auml;ltnis beschr&auml;nkte Vertretungsmacht &uuml;berschreitet, also beispielsweise ein Auto f&uuml;r 100.000 Euro kauft, obwohl er nur zu einem Autokauf f&uuml;r 10.000 Euro erm&auml;chtigt war. Dann wird der Vertretene nicht verpflichtet, m&ouml;glicherweise muss aber der Vertreter ohne Vertretungsmacht haften.&nbsp;</p>

<h3>I. Vertreter ohne Vertretungsmacht</h3>

<p>Ein Vertreter ohne Vertretungsmacht setzt zun&auml;chst eine eigene Willenserkl&auml;rung sowie ein Handeln im fremden Namen ohne Vertretungsmacht voraus. Es darf also keine Vertretungsmacht vorliegen oder diese muss &uuml;berschritten worden sein.</p>

<h3>II. Keine Genehmigung</h3>

<p>Ebenso verlangt &sect; 179 I BGB, dass keine Genehmigung des Vertretenen gem&auml;&szlig; &sect; 177 BGB erfolgt ist. Nur dann kommt in Betracht, dass der Vertreter ohne Vertretungsmacht haftet.</p>

<h3>(III. Kausalit&auml;t)</h3>

<p>Sollte der Fall dazu Veranlassung geben, sollte beim Vertreter ohne Vertretungsmacht zudem die Kausalit&auml;t zwischen fehlender Vertretungsmacht und dem Nichtzustandekommen des Vertrags gepr&uuml;ft werden. Wenn der Vertrag aus sonstigen Gr&uuml;nden gescheitert w&auml;re, dann gibt es keinen Grund f&uuml;r die Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht.&nbsp;</p>

<h3>IV. Rechtsfolge: Erf&uuml;llung oder Schadensersatz</h3>

<p>Die Rechtsfolge des &sect; 179 I BGB ist der Anspruch des Dritten gegen den Vertreter ohne Vertretungsmacht auf Erf&uuml;llung. Der Vertreter ohne Vertretungsmacht haftet somit, wie wenn er selbst Vertragspartner gewesen w&auml;re. Oder der Vertreter muss Schadensersatz leisten, wobei dieser das Erf&uuml;llungsinteresse, also das <strong>positive Interesse</strong> erfasst. Der Dritter muss somit so gestellt werden, wie wenn ordnungsgem&auml;&szlig; erf&uuml;llt worden w&auml;re. Diese Rechtsfolge ist nach &sect; 179 II BGB dann eingeschr&auml;nkt, wenn der Vertreter keine positive Kenntnis von der fehlenden Vertretungsmacht hat. Dann haftet er nur auf Schadensersatz und zwar nur auf das <strong>negative Interesse</strong> (Vertrauensschaden). Der Dritte muss folglich so gestellt werden, als h&auml;tte er nie etwas von dem Rechtsgesch&auml;ft geh&ouml;rt (Beispiel: Ersatz von Vertragskosten).&nbsp;</p>

<h3>IV. Kein Ausschluss</h3>

<p>Zuletzt darf die Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht &nbsp;nicht ausgeschlossen sein.</p>

<h3>1. Kenntnis des Dritten, &sect; 179 III 1 BGB</h3>

<p>Der Vertreter ohne Vertretungsmacht haftet beispielsweise dann nicht, wenn der Dritte Kenntnis von dem Mangel der Vertretungsmacht hatte und somit nicht sch&uuml;tzenswert ist, vgl. &sect; 179 III 1 BGB.</p>

<h3>2. Minderj&auml;hrige, &sect; 179 III 2 BGB</h3>

<p>Ebenso gelten f&uuml;r den Vertreter ohne Vertretungsmacht &uuml;ber &sect; 179 III 2 BGB die &sect;&sect; 106 ff. BGB, wenn der Vertreter ohne Vertretungsmacht minderj&auml;hrig ist. Dies bedeutet, dass das Rechtsgesch&auml;ft f&uuml;r den Minderj&auml;hrigen lediglich rechtlich vorteilhaft sein muss oder dass die Eltern dem Rechtsgesch&auml;ft im Vor- oder Nachhinein zugestimmt haben m&uuml;ssen.</p>

<p>&nbsp;</p>


BGB AT

Zivilrecht

Vertreter ohne Vertretungsmacht, § 179 I BGB

Stellvertretung, §§ 164 ff. BGB

<h2>&Uuml;berblick - Pr&uuml;fungsreihenfolge der Anspruchsgrundlagen</h2>

<p>Die Pr&uuml;fungsreihenfolge der Anspruchsgrundlagen regelt die Reihenfolge der zu pr&uuml;fenden Anspr&uuml;che.</p>

<h3>A. Vertragliche Anspr&uuml;che</h3>

<p>Die Pr&uuml;fungsreihenfolge der Anspruchsgrundlagen beginnt mit der Pr&uuml;fung der vertraglichen Anspr&uuml;che. Dies sind Anspr&uuml;che, die anl&auml;sslich eines Vertragsschluss in Betracht kommen. Hier ist zu unterscheiden zwischen Prim&auml;r-, Sekund&auml;r- und Terti&auml;ranspr&uuml;chen.</p>

<h3>I. Prim&auml;ranspr&uuml;che</h3>

<p>Prim&auml;ranspr&uuml;che sind auf Erf&uuml;llung gerichtet. Beispiel: Wenn A dem B ein Auto verkauft, hat B einen Anspruch auf &Uuml;bereignung des Fahrzeugs nach &sect; 433 I BGB und A hat einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises gem&auml;&szlig; &sect; 433 II BGB.</p>

<h3>II. Sekund&auml;ranspr&uuml;che</h3>

<p>Sekund&auml;ranspr&uuml;che kommen bei Leistungsst&ouml;rungen in Betracht, etwa Unm&ouml;glichkeit oder Verzug. Beispiel1: A verkauft dem B ein gebrauchtes Fahrzeug und nach Vertragsschluss, aber noch vor der &Uuml;bereignung, erleidet das Fahrzeug aufgrund eines Unfalls einen Totalschaden. Die &Uuml;bereignung des Fahrzeugs ist damit unm&ouml;glich geworden, der Prim&auml;ranspruch erlischt. Es besteht jedoch ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gem&auml;&szlig; &sect;&sect; 280, I, III, 283 BGB, wenn beispielsweise das Auto f&uuml;r einen h&ouml;heren Preis h&auml;tte weiterverkauft werden k&ouml;nnen. Beispiel2: Wie oben, nur dass als &nbsp;Lieferzeitpunkt der 01.07. bestimmt worden ist und das Fahrzeug an diesem Tag nicht geliefert wird, sodass ein Ersatzfahrzeug angemietet werden muss. Hier entsteht neben dem Prim&auml;ranspruch auf &Uuml;bereignung des Wagen aufgrund des Verzuges ein Sekund&auml;ranspruch gem&auml;&szlig; &sect;&sect; 280 I, II, 286 BGB.</p>

<h3>II. Terti&auml;ranspr&uuml;che</h3>

<p>Terti&auml;ranspr&uuml;che sind Anspr&uuml;che, die auf Surrogate gerichtet sind, vgl. beispielsweise &sect; 285 BGB. Beispiel3: Wie oben. Aufgrund des Totalschadens ist der Prim&auml;ranspruch untergegangen. Jedoch hat A m&ouml;glicherweise einen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Unfallverursacher. Nun kann B unter bestimmten Voraussetzungen verlangen, dass A ihm diesen Anspruch als Surrogat f&uuml;r die unm&ouml;glich gewordene Leistung abtritt. Dies ist insbesondere dann interessant, wenn der Unfallverursacher gut versichert war und B den niedrigeren Verkaufspreis zahlt, um den h&ouml;heren Schadensersatzanspruch gegen die Versicherung zu erhalten.</p>

<h3>B. Quasivertragliche Anspr&uuml;che&nbsp;</h3>

<p>Die Pr&uuml;fung der Anspruchsgrundlagen setzt sich sodann mit der Pr&uuml;fung der quasi-vertraglichen Anspr&uuml;che fort. Dies sind vertrags&auml;hnliche Anspr&uuml;che, die bei dem Schadensersatz nach Irrtumsanfechtung, der Vertretung ohne Vertretungsmacht, culpa in contrahendo (cic) und der Gesch&auml;ftsf&uuml;hrung ohne Auftrag (GoA) in Betracht kommen. Bei der Irrtumsanfechtung entsteht ein Schadensersatzanspruch anl&auml;sslich des aufgrund der Anfechtung gescheiterten Vertrags gem&auml;&szlig; &sect; 122 BGB. Der Vertreter ohne Vertretungsmacht ist in &sect; 179 BGB geregelt. Beispiel: A erteilt dem B die Vollmacht, ihm ein Auto f&uuml;r 10.000 Euro zu kaufen. B schlie&szlig;t jedoch einen Kaufvertrag &uuml;ber ein Auto, das 100.000 Euro kostet und hat damit nach au&szlig;en ohne Vertretungsmacht gehandelt, sodass A nicht Vertragspartner und damit nicht verpflichtet wird, den Betrag zu zahlen. Allerdings hat der Verk&auml;ufer des Wagens gem&auml;&szlig; &sect; 179 BGB gegen B einen Anspruch, als w&auml;re B selbst der Vertragspartner gewesen. Culpa in contrahendo ist in den &sect;&sect; 280 I, 311 II, 241 II BGB geregelt und meint das Verschulden bei Vertragsschluss. Beispiel: A kommt anl&auml;sslich einer Probestunde in ein Repetitorium und rutscht dort aus, weil nicht ordentlich gewienert worden ist. Folglich steht dem A unabh&auml;ngig davon, ob sp&auml;ter ein Vertragsschluss zustande kommt, ein Schadensersatzanspruch gegen das Repetitorium zu. Mithin kommen bereits in der Anbahnung des Vertrag Schadensersatzanspr&uuml;che in Betracht. Die GoA ist in den &sect;&sect; 677 ff. BGB normiert. Beispiel: Das Haus des A brennt und B sieht als Passant den Brand und l&ouml;scht ihn mit seinen Mitteln. Dem B steht danach ein Anspruch auf Aufwendungsersatz gem&auml;&szlig; &sect;&sect; 683 S. 1, 670, 677 BGB zu, so als wenn er von A beauftragt worden w&auml;re.&nbsp;</p>

<h3>C. Dingliche Anspr&uuml;che</h3>

<p>Auf die quasi-vertraglichen Anspr&uuml;che folgen in der Pr&uuml;fungsreihenfolge der Anspruchsgrundlagen die dinglichen Anspr&uuml;che. Diese kn&uuml;pfen an die Eigent&uuml;merstellung bzw. die besitzrechtliche Position an, vgl. &sect;&sect; 985, 861 BGB.</p>

<h3>I. Prim&auml;ranspr&uuml;che</h3>

<p>Beispiel: B klaut dem A sein Auto und A verlangt als Eigent&uuml;mer die Herausgabe des Fahrzeugs von B nach &sect; 985 BGB, da B kein Recht zum Besitz hat. Dar&uuml;ber hinaus war A auch vorheriger Besitzer und B hat den Besitz durch verbotene Eigenmacht erlangt, sodass A zus&auml;tzlich einen Herausgabeanspruch gem&auml;&szlig; &sect; 861 BGB hat.</p>

<h3>II. Sekund&auml;ranspr&uuml;che</h3>

<p>Dingliche Sekund&auml;ranspr&uuml;che sind Anspr&uuml;che aus dem Eigent&uuml;mer-Besitzer-Verh&auml;ltnis (EBV), &sect;&sect; 987 ff. BGB. Diese sind entweder auf Schadensersatz gerichtet, wenn der Herausgabeanspruch nicht m&ouml;glich ist, oder auf Herausgabe der Nutzungen neben der Herausgabe der Sache. Beispiel: B klaut das Auto des A und f&auml;hrt damit gegen einen Baum, sodass ein Totalschaden entsteht. Jetzt kann A eine Herausgabe nicht mehr verlangen, hat jedoch einen Anspruch auf Schadensersatz aus &sect;&sect; 989, 990 BGB eventuell auch aus &sect; 992 BGB. F&auml;hrt B hingegen nur mit dem Fahrzeug durch die Gegend, kann A also die Herausgabe der Sache noch verlangen, so hat A zus&auml;tzlich einen Anspruch auf Nutzungsherausgabe gem&auml;&szlig; &sect;&sect; 987, 990 I BGB.&nbsp;</p>

<h3>D. Deliktische Anspr&uuml;che</h3>

<p>Anschlie&szlig;end sind in der Pr&uuml;fungsreihenfolge der Anspruchsgrundlagen die deliktischen Anspr&uuml;che zu pr&uuml;fen, welche an eine unerlaubte Handlung ankn&uuml;pfen, vgl. &sect;&sect; 823 ff. BGB sowie &sect;&sect; 7, 18 StVG. Beispiel: B f&auml;hrt eine Beule in den Wagen des A. A h&auml;tte folglich gerne Schadensersatz von B. Da weder vertragliche, quasi-vertraglich noch dingliche Anspr&uuml;che in Betracht kommen, kann A aufgrund der Eigentumsverletzung Schadensersatz gem&auml;&szlig; &sect; 823 I BGB fordern, wenn B zumindest fahrl&auml;ssig gehandelt hat. Zudem folgt eine verschuldensunabh&auml;ngige Haftung aus &sect; 7 StVG, wenn man Fahrzeughalter ist, sowie eine verschuldensabh&auml;ngige Haftung des Fahrzeugf&uuml;hrers aus &sect; 18 StVG.&nbsp;</p>

<h3>E. Bereicherungsrechtliche Anspr&uuml;che</h3>

<p>Zuletzt schlie&szlig;en sich in der Pr&uuml;fungsreihenfolge der Anspruchsgrundlagen die bereicherungsrechtlichen Anspr&uuml;che an. Diese liegen vor, wenn jemand etwas ohne Rechtsgrund erlangt hat, vgl. &sect;&sect; 812 ff. BGB. Beispiel1: A verkauft und &uuml;bereignet dem B sein Auto. Sp&auml;ter stellt sich heraus, dass A beim Abschluss des Kaufvertrags, nicht jedoch bei der &Uuml;bereignung, unerkannt geisteskrank war. A hat somit wirksam das Eigentum und den Besitz an dem Fahrzeug erlangt. Dies geschah jedoch ohne wirksamen Rechtsgrund, da der Kaufvertrag wegen der unerkannten Geisteskrankheit gem&auml;&szlig; &sect;&sect; 104, 105 BGB nichtig war. Deshalb kann A von B gem&auml;&szlig; &sect; 812 I 1 1. Fall BGB die Herausgabe des Fahrzeugs verlangen. Beispiel2: B klaut dem A sein Auto. Nun hat A neben den dinglichen Anspr&uuml;chen auch einen Anspruch aus &sect; 812 I 1 2. Fall BGB. Hierbei macht es keinen Unterschied, dass A nicht geleistet hat, sondern B sich das Fahrzeug unberechtigterweise genommen hat.&nbsp;</p>

<p>Beachte: Diese Pr&uuml;fungsreihenfolge der Anspruchsgrundlagen ist zwingend zu ber&uuml;cksichtigen. Diese Pr&uuml;fungsreihenfolge der Anspruchsgrundlage ist deshalb zwingend, weil bestimmte Anspr&uuml;che andere Anspr&uuml;che ausschlie&szlig;en. Beispiel: A schlie&szlig;t mit B einen Vertrag, dass B den Brand des A l&ouml;scht. Dieser Vertrag w&uuml;rde Anspr&uuml;che aus der GoA ausschlie&szlig;en, denn diese setzt gerade voraus, dass kein Auftrag vorliegt. Ebenso setzen bestimmte dingliche Anspr&uuml;che voraus, dass kein Recht zum Besitz besteht. Ein solches Recht kann jedoch aus einem Vertrag folgen, sodass es sinnvoll ist, diesen bereits zuvor gepr&uuml;ft zu haben. Weiterhin ist zu beachten, dass, wenn EBV-Anspr&uuml;che nicht in Betracht kommen, auch deliktische Anspr&uuml;che nicht mehr zu pr&uuml;fen sind, da diese nach &sect; 993 a.E. BGB ausgeschlossen sind. Im &Uuml;brigen besteht zwischen diesen Anspr&uuml;chen Anspruchskonkurrenz. Sie bestehen somit nebeneinander, wenn sie sich nicht denklogisch ausschlie&szlig;en.</p>


Culpa in contrahendo bedeutet Verschulden bei der Vertragsanbahnung, vgl. § 311 BGB.

bereicherungsrechtliche Anspruchsgrundlagen

Vertreter ohne Vertretungsmacht

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