<h2>Aufbau der Pr&uuml;fung - Festnahmerecht, &sect; 127 StPO</h2>

<p>Das Festnahmerecht ist in &sect; 127 StPO geregelt. Es kann in zwei Arten unterteilt werden: Das Jedermann Festnahmerecht und das Festnahmerecht der Polizei und der Staatsanwaltschaft. Der Aufbau des &sect; 127 StPO orientiert sich an dem Aufbau aller Rechtfertigungsgr&uuml;nde und ist daher dreistufig.</p>

<h3>A. Jedermannfestnahmerecht, &sect; 127 I StPO</h3>

<h3>I. Festnahmelage</h3>

<p>Das Jedermann Festnahmerecht setzt zun&auml;chst eine Festnahmelage voraus.</p>

<h3>1. Frische Tat</h3>

<p>Eine Festnahmelage i.S.d. &sect; 127 I StPO erfordert zun&auml;chst, dass eine Person auf frischer Tat betroffen oder verfolgt wird. Was bei dem Jedermann Festnahmerecht mit einer frischen Tat gemeint ist, ist umstritten.</p>

<h3>2. Betroffen oder verfolgt</h3>

<p><strong>Betroffen</strong> oder <strong>verfolgt</strong> ist jemand, wenn er unmittelbar angetroffen oder kurz nach der Tat verfolgt wird.</p>

<h3>3. Festnahmegrund</h3>

<p>Weiterhin setzt das Festnahmerecht nach &sect; 127 I StPO im Rahmen der Festnahmelage auch einen Festnahmegrund voraus. Abschlie&szlig;ende Festnahmegr&uuml;nde sind der Fluchtverdacht und der Umstand, dass die Feststellung der Identit&auml;t nicht m&ouml;glich ist.</p>

<h3>II. Festnahmehandlung</h3>

<p>Das Jedermann Festnahmerecht fordert dar&uuml;ber hinaus eine Festnahmehandlung. Hier muss gepr&uuml;ft werden, ob das Verhalten des Festnehmenden (Zupacken, Festhalten) von &sect; 127 StPO gedeckt ist. Dies ist nach herrschender Meinung bei dem Erschie&szlig;en einer Person zu verneinen.</p>

<h3>III. Festnahmewille</h3>

<p>Zuletzt ist im Rahmen des &sect; 127 I StPO der Festnahmewille als sogenanntes subjektives Rechtfertigungselement zu pr&uuml;fen.</p>

<h3>B. Festnahmerecht f&uuml;r Polizei / StA; &sect; 127 II StPO</h3>

<h3>I. Festnahmelage</h3>

<p>Das Festnahmerecht f&uuml;r Polizei und Staatsanwaltschaft gem&auml;&szlig; &sect; 127 II StPO setzt &ndash; auch im dreistufigen Aufbau - zun&auml;chst eine Festnahmelage voraus.</p>

<h3>1. Haft- oder Unterbringungsbefehl</h3>

<p>Dies ist das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen eines Haft- oder Unterbringungsbefehls, welches ggf. eine inzidente Pr&uuml;fung der &sect;&sect; 112 ff. oder 126a StPO erfordert.</p>

<h3>2. Gefahr im Verzug</h3>

<p>Weiterhin muss f&uuml;r das Vorliegen des Festnahmerechts der Polizei und der Staatsanwaltschaft Gefahr im Verzug bestehen. <strong>Gefahr im Verzug</strong> liegt immer dann vor, wenn die Festnahme infolge der Verz&ouml;gerung durch das Einholen eines Haft- oder Unterbringungsbefehls gef&auml;hrdet w&uuml;rde.</p>

<h3>II. Festnahmehandlung</h3>

<p>Schlie&szlig;lich m&uuml;ssen auch f&uuml;r das Festnahmerecht i.S.d. &sect; 127 II StPO eine Festnahmehandlung und ein Festnahmewille gegeben sein.</p>

<h3>III. Festnahmewille</h3>


Eine frische Tat i.S.d. § 252 StGB liegt vor, wenn der Täter bei oder alsbald nach Vollendung der Wegnahme am Tatort oder in dessen unmittelbarer Nähe wahrgenommen wird.

Gefahr im Verzug i.S.v. § 127 StPO liegt immer dann vor, wenn die Festnahme infolge der Verzögerung durch das Einholen eines Haft- oder Unterbringungsbefehls gefährdet würde. Gefahr im Verzug i.S.v. §§ 98, 105, 81a StPO liegt immer dann vor, wenn durch weiteres Zuwarten ein Beweismittelverlust droht.

Strafrecht

Festnahmerecht, § 127 StPO

Rechtfertigungsgründe (Überblick)

Strafrecht AT 2

<h2>&Uuml;berblick - Rechtfertigungsgr&uuml;nde</h2>

<p>Es gibt keine abschlie&szlig;ende Anzahl von Rechtfertigungsgr&uuml;nden. Die Rechtfertigungsgr&uuml;nde kann man in vier Gruppen unterteilen: Rechtfertigungsgr&uuml;nde aus dem StGB, Rechtfertigungsgr&uuml;nde aus dem BGB, Rechtfertigungsgr&uuml;nde aus der StPO und solche, die nicht ausdr&uuml;cklich geregelt sind.</p>

<h3>I. Aus dem StGB</h3>

<p>Als Rechtfertigungsgr&uuml;nde aus dem StGB sind die Notwehr (&sect; 32), der rechtfertigende Notstand (&sect; 34) und die wenig klausurrelevante Wahrnehmung berechtigter Interessen im Rahmen der Beleidigungsdelikte (&sect; 193) zu nennen.</p>

<h3>II. Aus dem BGB</h3>

<p>Im Rahmen des BGB sind folgende Rechtfertigungsgr&uuml;nde relevant: Der Defensivnotstand (&sect; 228), der Aggressivnotstand (&sect; 904), das allgemeine Selbsthilferecht (&sect; 229) und das Selbsthilferecht des Besitzers (&sect; 859). Diese Rechtfertigungsgr&uuml;nde sind nicht abschlie&szlig;end.</p>

<h3>III. Aus der StPO</h3>

<p>In der StPO existieren eine Vielzahl von Rechtfertigungsma&szlig;nahmen. Relevant ist jedoch nur der Rechtfertigungsgrund des &sect; 127, das sogenannte Festnahmerecht.</p>

<h3>IV. Nicht ausdr&uuml;cklich geregelt</h3>

<p>Weiterhin existieren auch sogenannte ungeschriebene, nicht ausdr&uuml;cklich geregelte Rechtfertigungsgr&uuml;nde. Klausurrelevant sind hierbei die rechtfertigende Einwilligung, die mutma&szlig;liche Einwilligung und die Pflichtenkollision, welche prim&auml;r im Rahmen der Unterlassungsdelikte eine Rolle spielt.</p>

<p>&nbsp;</p>


Die Einwilligung ist die vorherige Zustimmung (§ 183 BGB).

<h2>Problem &ndash; Tat i.S.d. &sect; 127 StPO</h2>

<p>Es ist streitig, was unter dem Begriff Tat i.S.d. &sect; 127 StPO zu verstehen ist. Beispiel: Der Eigent&uuml;mer eines uralten Porsches aus den 70er Jahren parkt diesen nachts um drei in einem Wohngebiet, kommt sp&auml;ter angeheitert aus einer Kneipe und stellt fest, dass er seinen Fahrzeugschl&uuml;ssel verloren hat. Daraufhin versucht er, die T&uuml;r des Porsches aufzubrechen, wird allerdings von jemandem gesehen. Der Beobachter denkt, der Porsche soll entwendet werden und rast daher wie ein Irrsinniger aus dem Haus und packt den Eigent&uuml;mer, um ihn der Polizei zuzuf&uuml;hren. Dies k&ouml;nnte die Tatbest&auml;nde der Freiheitsberaubung und der K&ouml;rperverletzung erf&uuml;llen. Es stellt sich folglich die Frage nach der Rechtfertigung des Festnehmenden.</p>

<h3>I. Eine Ansicht (BGH)</h3>

<p>Der BGH l&auml;sst f&uuml;r eine Tat i.S.d. &sect; 127 StPO einen dringenden Tatverdacht ausreichen, sodass im vorliegenden Fall der Festnehmende gerechtfertigt w&auml;re. Als Argument wird herangezogen, es d&uuml;rfe keine &Uuml;berforderung des Festnehmenden geben, denn dann w&uuml;rde dieser im Zweifel gar nicht eingreifen. Mithin solle die Zivilcourage gerade gef&ouml;rdert werden. Au&szlig;erdem wird eine Wertung aus &sect; 127 StPO herangezogen. Denn in Absatz 2 sind erh&ouml;hte Anforderungen an den Festnehmenden geregelt, welche in Absatz 1 gerade fehlen.</p>

<h3>II. Andere Ansicht (h.L.)</h3>

<p>Die Gegenauffassung fordert f&uuml;r eine Tat i.S.d. &sect; 127 StPO hingegen eine Straftat. Im Beispielsfall l&auml;ge somit keine Rechtfertigung nach dem Festnahmerecht vor. Argumentiert wird damit, dass ansonsten die Rechtfertigungsgr&uuml;nde des Festgenommenen abgeschnitten werden. Denn, wenn der Festnehmende gerechtfertigt sei, k&ouml;nne der Festgenommene nicht seinerseits &ndash; wie hier etwa durch Notwehr - gerechtfertigt sein, wodurch ihm Rechtfertigungsgr&uuml;nde abgeschnitten w&uuml;rden. Au&szlig;erdem k&ouml;nne es, wenn f&uuml;r eine Tat i.S.d. &sect; 127 StPO ein dringender Tatverdacht ausreiche, keinen Erlaubnistatbestandsirrtum geben. Dieser w&uuml;rde leer laufen, wenn man den Festnehmenden bereits objektiv rechtfertigt, obwohl dieser nur denkt, er sei gerechtfertigt.</p>

<p>&nbsp;</p>


Ein dringender Tatverdacht liegt vor, wenn die hohe Wahrscheinlichkeit der Tatbeteiligung besteht, vgl. § 112 I 1 StPO.

Problem - Tat i.S.d. § 127 StPO

<h2>&Uuml;berblick - Zwangsma&szlig;nahmen</h2>

<p>Dieser Exkurs behandelt Zwangsma&szlig;nahmen und sonstige Grundrechtseingriffe. Die Strafprozessordnung kennt eine Vielzahl von Zwangsma&szlig;nahmen. Dieser Exkurs beschr&auml;nkt sich auf die 12 wichtigsten Zwangsma&szlig;nahmen.</p>

<h3>I. Unterbringung zur Beobachtung, &sect; 81 StPO</h3>

<p>Zu den Zwangsma&szlig;nahmen geh&ouml;rt zun&auml;chst die in &sect; 81 StPO geregelte Unterbringung zur Beobachtung. Hier wird der Beschuldigte zwangsweise auf seinen psychischen Zustand untersucht.</p>

<h3>II. K&ouml;rperliche Untersuchung, &sect; 81a StPO</h3>

<p>Weiterhin umfassen die Zwangsma&szlig;nahmen auch die k&ouml;rperliche Untersuchung. Zentral ist dabei die Blutentnahme, vgl. &sect; 81a StPO.</p>

<h3>III. Lichtbilder und Fingerabdr&uuml;cke, &sect; 81b StPO</h3>

<p>Zwangsma&szlig;nahmen betreffen zudem auch das Abnehmen von Lichtbildern und Fingerabdr&uuml;cken, vgl. &sect; 81b StPO.</p>

<h3>IV. Beschlagnahme, &sect; 94 StPO</h3>

<p>Teil der klausurtr&auml;chtigen Zwangsma&szlig;nahmen ist die Beschlagnahme. Oberbegriff ist die Sicherstellung. Von der <strong>Sicherstellung</strong> im engeren Sinne spricht man, wenn Gegenst&auml;nde freiwillig herausgegeben werden. Werden Gegenst&auml;nde unfreiwillig herausgegeben, liegt eine <strong>Beschlagnahme</strong> i.S.d. &sect; 94 II StPO vor.</p>

<h3>V. Telefon&uuml;berwachung, &sect; 100a StPO</h3>

<p>Zwangsma&szlig;nahmen erfassen ferner auch die &Uuml;berwachung der Telekommunikation, normiert in &sect; 100a StPO.</p>

<h3>VI. Gro&szlig;er Lauschangriff, &sect; 100c StPO</h3>

<p>Ebenfalls zu den Zwangsma&szlig;nahmen geh&ouml;rt der sogenannte <strong>&bdquo;Gro&szlig;e Lauschangriff&ldquo;</strong>. Dies ist ein nicht gesch&uuml;tzter, aber &uuml;blicher Begriff, der das Abh&ouml;ren des gesprochenen Wortes innerhalb der Wohnung meint, &sect; 100c StPO.</p>

<h3>VII. Kleiner Lauschangriff, &sect; 100f StPO</h3>

<p>Der <strong>&bdquo;kleine Lauschangriff&ldquo;</strong>, auch zu den Zwangsma&szlig;nahmen geh&ouml;rig, betrifft hingegen das Abh&ouml;ren des gesprochenen Wortes au&szlig;erhalb der Wohnung, &sect; 100f StPO. Beispiele: Das Abh&ouml;ren auf der Stra&szlig;e, im Auto oder im Gewerbebetrieb.</p>

<h3>VIII. Wohnungsdurchsuchung, &sect; 102 StPO</h3>

<p>Dar&uuml;ber hinaus ist auch die Wohnungsdurchsuchung gem&auml;&szlig; &sect; 102 StPO Teil der Zwangsma&szlig;nahmen.</p>

<h3>IX. Untersuchungshaft, &sect; 112 StPO</h3>

<p>Besonders wichtig im Rahmen der Zwangsma&szlig;nahmen ist die Untersuchungshaft. Diese ist in &sect; 112 StPO geregelt und wird in einem gesonderten Exkurs erl&auml;utert.</p>

<h3>X. Vorl&auml;ufige Festnahme, &sect; 127 II StPO</h3>

<p>Schlie&szlig;lich umfassen Zwangsma&szlig;nahmen auch die vorl&auml;ufige Festnahme f&uuml;r Polizeibeamte gem&auml;&szlig; &sect; 127 II StPO.</p>

<h3>XI. Verdeckte Ermittler, &sect; 110a StPO</h3>

<p>Zudem auch den Einsatz verdeckter Ermittler (&bdquo;V-Mann&ldquo;), vgl. &sect; 110a StPO.</p>

<h3>XII. Identit&auml;tsfeststellung, &sect;&sect; 163b, 163c StPO</h3>

<p>Zuletzt regeln die Zwangsma&szlig;nahmen auch die Identit&auml;tsfeststellung, vgl. die &sect;&sect; 163b, 163c StPO.</p>

<h3>XIII. Rechtsbehelfe</h3>

<p>Gegen alle diese Zwangsma&szlig;nahmen gibt es Rechtsbehelfe, welche in einem gesonderten&nbsp; Exkurs erl&auml;utert werden.</p>

<p>&nbsp;</p>


Eine Beschlagnahme i.S.d. § 94 II StPO liegt vor, wenn die Gegenstände unfreiwillig herausgegeben werden.

Der „Große Lauschangriff“ ist ein nicht geschützter, aber üblicher Begriff, der das Abhören des gesprochenen Wortes innerhalb der Wohnung meint, § 100c StPO.


Der „kleine Lauschangriff“ betrifft das Abhören des gesprochenen Wortes außerhalb der Wohnung, § 100f StPO.

§ 127 StPO

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