Gegenwärtig ist ein Angriff i.S.d. § 32 StGB, wenn er unmittelbar bevorsteht, gerade stattfindet oder noch andauert. Gegenwärtig ist die Gefahr i.S.v. § 34 StGB, wenn sie jederzeit in einen Schaden umschlagen kann.

<h2>Problem &ndash; Extensiver Notwehrexzess</h2>

<p>Fraglich ist, ob auch der extensive Notwehrexzess von &sect; 33 StGB erfasst wird. Beispiel: Der T&auml;ter verteidigt sich gegen eine andere Person im Rahmen der Notwehr. Allerdings ist der Angriff nicht mehr gegenw&auml;rtig oder noch nicht gegenw&auml;rtig. Ob dieser Fall &ndash; n&auml;mlich der extensive Notwehrexzess - auch erfasst wird, ist streitig.</p>

<h3>I. Eine Ansicht</h3>

<p>Eine Ansicht vertritt die Auffassung, dass der extensive Notwehrexzess auch von &sect; 33 StGB erfasst wird. Dies wird mit dem Wortlaut der Norm begr&uuml;ndet. Dort sei von &bdquo;Grenzen&ldquo; die Rede, dies meine auch die zeitlichen Grenzen, also die Gegenw&auml;rtigkeit des Angriffs.</p>

<h3>II. Andere Ansicht (h.M.)</h3>

<p>Die herrschende Meinung, einschlie&szlig;lich der Rechtsprechung, geht hingegen davon aus, dass der extensive Notwehrexzess nicht von der ma&szlig;geblichen Norm erfasst wird, da mit dem Begriff &bdquo;&Uuml;berschreitung der Notwehr&ldquo; nur das Erforderliche der Notwehr gemeint sein k&ouml;nne. Neben dem Wortlautargument f&uuml;hrt diese Ansicht zudem als historisches Argument an, dass der Gesetzgeber ausdr&uuml;cklich nur den intensiven und nicht den extensiven Notwehrexzess von &sect; 33 StGB erfasst haben wollte.</p>

<p>&nbsp;</p>


Strafrecht

Notwehrexzess, § 33 StGB

Strafrecht AT 2

Schuld

Problem - Extensiver Notwehrexzess

<h2>Aufbau der Pr&uuml;fung - Notwehr, &sect; 32 StGB</h2>

<p>Die Notwehr ist in &sect; 32 StGB geregelt und geh&ouml;rt zu den wichtigsten Rechtfertigungsgr&uuml;nden. &sect; 32 StGB hat einen dreistufigen Aufbau. Die Notwehr besteht aus einer Notwehrlage, einer Notwehrhandlung und dem Notwehr- bzw. Verteidigungswillen.</p>

<h3>I. Notwehrlage</h3>

<p>Innerhalb der Notwehr setzt die Notwehrlage einen gegenw&auml;rtigen, rechtswidrigen Angriff voraus.<strong> </strong></p>

<h3>1. Angriff</h3>

<p><strong>Angriff</strong> ist jede drohende Beeintr&auml;chtigung rechtlich gesch&uuml;tzter Interessen. Beispiel: Leib, Leben, aber auch der Parkplatz.</p>

<h3>2. Gegenw&auml;rtigkeit</h3>

<p><strong>Gegenw&auml;rtig</strong> ist ein Angriff i.S.d. &sect; 32 StGB, wenn er unmittelbar bevorsteht, gerade stattfindet oder noch andauert.</p>

<h3>3. Rechtswidrigkeit</h3>

<p>Die <strong>Rechtswidrigkeit des Angriffs</strong> liegt hingegen vor, wenn der Angreifer seinerseits nicht gerechtfertigt ist. Hier ist innerhalb der Notwehr ggf. inzident die Rechtfertigung des Angreifers zu pr&uuml;fen.</p>

<h3>II. Notwehrhandlung</h3>

<p>Als weiteres Merkmal der Notwehr folgt die Notwehrhandlung, welche erforderlich und geboten sein muss.</p>

<h3>1. Erforderlichkeit</h3>

<p><strong>Erforderlich ist eine Handlung</strong> i.S.d. &sect; 32 StGB, wenn sie zur Abwehr des Angriffs geeignet ist und das mildeste Mittel darstellt.</p>

<h3>a) Geeignetheit</h3>

<h3>b) Mildestes Mittel</h3>

<p>Das <strong>mildeste Mittel</strong> setzt voraus, dass bei gleicher Eignung ein Mittel gew&auml;hlt wurde, dass per se milder ist als die anderen zur Verf&uuml;gung stehenden Mittel. Innerhalb des &sect; 32 StGB ist an dieser Stelle beim Einsatz hochgef&auml;hrlicher Gegenst&auml;nde, wie bspw. bei einem Schusswaffeneinsatz, eine Abstufung vorzunehmen. Im Falle eines Einsatzes einer Schusswaffe m&uuml;ssen &uuml;blicherweise vier Stufen beachtet werden: Zun&auml;chst muss der Schusswaffengebrauch verbal angedroht werden. Dann hat ein Warnschuss zu erfolgen. Daraufhin kann auf K&ouml;rperregionen geschossen werden, die nicht zu lebensgef&auml;hrlichen Verletzungen f&uuml;hren (Fuss, Knie) und als letztes ist die Abgabe eines t&ouml;dlichen Schusses als ultima ratio zul&auml;ssig. Diese Abstufung muss im Rahmen der Notwehr jedoch nur dann vorgenommen werden, wenn dem Angegriffenen eine solche M&ouml;glichkeit verbleibt. Bspw. kann die Abgabe eines Warnschusses, wenn nur eine Patrone vorhanden ist, nicht zugemutet werden.</p>

<h3>2. Gebotenheit</h3>

<p>Weiterhin muss die Notwehrhandlung auch <strong>geboten</strong> sein. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Notwehr nicht sozial-ethisch eingeschr&auml;nkt ist. Grunds&auml;tzlich erfolgt keine Einschr&auml;nkung des Notwehrrechts. Es haben sich nach herrschender Meinung jedoch f&uuml;nf Fallgruppen der Einschr&auml;nkung des Notwehrrechts herausgebildet.</p>

<h3>a) Krasses Missverh&auml;ltnis</h3>

<p>Die Notwehr ist nach &sect; 32 StGB zum einen dann eingeschr&auml;nkt, wenn ein krasses Missverh&auml;ltnis zwischen einzelnen Rechtsg&uuml;tern besteht. Beispiel: Ein Junge, der Kirschen von dem Baum seines Nachbarn, welcher im Rollstuhl sitzt, stiehlt, wird von dem Nachbarn erschossen. Hier steht das Rechtsgut Leben dem Eigentum an ein paar Kirschen gegen&uuml;ber.</p>

<h3>b) Angriff erkennbar schuldlos Handelnder</h3>

<p>Zum anderen erfolgt eine Einschr&auml;nkung der Notwehr bei Angriffen erkennbar schuldlos Handelnder. Beispiel: Angriffe von Kindern, Geistesgest&ouml;rten oder Irrenden (Erlaubnistatbestandsirrtum/ Verbotsirrtum).</p>

<h3>c) Familie</h3>

<p>Weiterhin ist die Notwehr bei Vorf&auml;llen innerhalb der Familie oder bei sonst enger Verbundenheit eingeschr&auml;nkt, beispielsweise bei Geschwistern oder Ehegatten.</p>

<h3>d) Bagatellangriffe</h3>

<p>Auch erf&auml;hrt das Notwehrrecht gem&auml;&szlig; &sect; 32 StGB eine Einschr&auml;nkung im Fall von Bagatellangriffen. Dies sind solche Angriffe, welche eine sehr geringe Rechtsgutsbeeintr&auml;chtung mit sich f&uuml;hren, zum Beispiel ein leichtes Anrempeln/Umschubsen.</p>

<h3>e) Provokation</h3>

<p>Der letzte Fall einer Einschr&auml;nkung der Notwehr ist die sogenannte Notwehrprovokation. Sie ist der wohl klausurtr&auml;chtigste Fall und unterscheidet zwischen der Absichtsprovokation und der Fahrl&auml;ssigkeitsprovokation.</p>

<h3>aa) Absichtsprovokation</h3>

<p>Eine <strong>Absichtsprovokation</strong> liegt dann vor, wenn der Verteidigende eine Notwehrsituation sehenden Auges schafft, also die Notwehr herbeif&uuml;hrt, um sich unter dem Deckmantel des &sect; 32 StGB verteidigen zu k&ouml;nnen. In einem solchen Fall entf&auml;llt nach ganz herrschender Meinung das Notwehrrecht vollst&auml;ndig.</p>

<h3>bb) Fahrl&auml;ssigkeitsprovokation</h3>

<p>Umstritten ist hingegen die Rechtsfolge bei einer sogenannten Fahrl&auml;ssigkeitsprovokation bzw. sonst vorwerfbaren Notwehrlage.</p>

<h3>III. Notwehrwille</h3>

<p>Als letztes Merkmal fordert die Notwehr einen sogenannten <strong>Notwehr- bzw. Verteidigungswillen</strong>. Dieser Verteidigungswille wird auch subjektives Rechtfertigungselement genannt. Dies setzt voraus, dass der T&auml;ter in Kenntnis der Notwehrlage handeln muss und die Notwehrhandlung den Zweck der Verteidigung hat. Hieraus ergibt sich das Problem der Rechtsfolge f&uuml;r den Fall, dass der Verteidigungswille fehlt.</p>

<p>&nbsp;</p>


Angriff ist jede drohende Beeinträchtigung rechtlich geschützter Interessen.

Erforderlichkeit liegt vor, wenn es kein milderes Mittel gleicher Eignung gibt.

Notwehr, § 32 StGB

Rechtfertigungsgründe (Überblick)

<h2>Aufbau der Pr&uuml;fung - Rechtfertigender Notstand, &sect; 34 StGB</h2>

<p>Der rechtfertigende Notstand ist in &sect; 34 StGB geregelt und hat - wie auch die &uuml;brigen Rechtfertigungsgr&uuml;nde - einen dreistufig Aufbau. Der rechtfertigende Notstand setzt somit eine Notstandslage, eine Notstandshandlung und einen Notstandswillen voraus.</p>

<h3>I. Notstandslage</h3>

<p>Als erstes Merkmal des &sect; 34 StGB muss eine Notstandslage vorliegen. Diese kennt zwei Voraussetzungen: Der Notstand verlangt zun&auml;chst eine Gefahr f&uuml;r ein Rechtsgut, die zudem gegenw&auml;rtig sein muss.</p>

<h3>1. Gefahr</h3>

<p><strong>Gefahr</strong> ist die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts.</p>

<h3>2. Gegenw&auml;rtig</h3>

<p><strong>Gegenw&auml;rtig</strong> ist die Gefahr &uuml;berdies, wenn sie jederzeit in einen Schaden umschlagen kann. Beim rechtfertigenden Notstand ist daher &ndash; im Gegensatz zur Notwehr - eine sogenannte Dauergefahr ausreichend. Beispiel: Bel&auml;stigt und drangsaliert jemand eine andere Person &uuml;ber Wochen oder gar Monate ist dies von &sect; 34 StGB als Dauergefahr erfasst.</p>

<h3>II. Notstandshandlung</h3>

<p>Weiterhin fordert der rechtfertigende Notstand neben der Notstandslage auch eine Notstandshandlung. Diese besteht aus der Pr&uuml;fung der Erforderlichkeit, einer Interessenabw&auml;gung und gegebenenfalls der Er&ouml;rterung der Angemessenheit.</p>

<h3>1. Erforderlichkeit</h3>

<p><strong>Erforderlich</strong> ist die Notstandshandlung, wenn die Gefahr nicht anders abwendbar ist. Daher muss die Abwehr zun&auml;chst geeignet sein und zudem das relativ mildeste Mittel darstellen.</p>

<h3>a) Geeignetheit</h3>

<h3>b) Mildestes Mittel</h3>

<h3>2. Interessenabw&auml;gung</h3>

<p>Ferner verlangt der rechtfertigende Notstand eine Interessenabw&auml;gung. Im Rahmen dieser Interessenabw&auml;gung wird gepr&uuml;ft, ob das gesch&uuml;tzte Interesse das beeintr&auml;chtigte Interesse wesentlich &uuml;berwiegt.</p>

<h3>(3. Angemessenheit, &sect; 34 S. 2 StGB)</h3>

<p>Nur in bestimmten F&auml;llen ist es in der Pr&uuml;fung des &sect; 34 StGB notwendig, auf die Angemessenheit der Notstandshandlung einzugehen (siehe S. 2 der Norm). Die Angemessenheit spielt eine Rolle, wenn ein Eingreifen bestimmter Personengruppen &ndash; wie beispielsweise von Feuerwehr oder Polizei &ndash; vorliegt und gewinnt eine Bedeutung, wenn Grundrechte betroffen sind. Beispiel: Eine Person liegt schwer verletzt im Krankenhaus und braucht dringend eine Bluttransfusion, um zu &uuml;berleben. Ungl&uuml;cklicherweise hat der Verletzte eine seltene Blutgruppe, welche das Krankenhaus nicht vorr&auml;tig hat. Im Nebenzimmer liegt jedoch ein Patient mit derselben Blutgruppe. Dieser weigert sich jedoch auf Nachfrage, einen halben Liter Blut zu spenden. Daraufhin wird ihm zwangsweise Blut entnommen. In diesem Fall ist die Blutentnahme nicht gerechtfertigt, da sie gegen Art. 1 GG verst&ouml;&szlig;t.</p>

<h3>III. Notstandswille</h3>

<p>Zuletzt setzt der rechtfertigende Notstand nach &sect; 34 StGB einen Notstandswillen, auch Rettungswillen genannt, als subjektives Rechtfertigungselement voraus.</p>

<p>&nbsp;</p>


Gefahr ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritt.

Angemessenheit (Verhältnismäßigkeit i.e.S.) liegt vor, wenn das eingesetzte Mittel in einem vernünftigen Verhältnis zu dem verfolgten Zweck steht.

Rechtfertigender Notstand, § 34 StGB

<h3>Aufbau der Pr&uuml;fung - Notwehrexzess, &sect; 33 StGB</h3>

<p>Der Notwehrexzess ist in &sect; 33 StGB geregelt. Wie im Falle der Notwehr hat auch der Notwehrexzess einen dreistufigen Aufbau.</p>

<h3>I. Notwehrlage</h3>

<p>Er setzt zun&auml;chst eine Notwehrlage voraus, also einen gegenw&auml;rtigen, rechtswidrigen Angriff.</p>

<h3>1. Angriff</h3>

<h3>2. Gegenw&auml;rtig</h3>

<p>Problematisch ist hier, was unter einem Exzess zu verstehen ist, ob insbesondere auch der sogenannte extensive Notwehrexzess, welcher gesondert er&ouml;rtert wird, von &sect; 33 StGB erfasst ist.</p>

<h3>3. Rechtswidrig</h3>

<h3>II. Notwehrhandlung</h3>

<p>Der intensive Notwehrexzess setzt neben einem gegenw&auml;rtigen, rechtswidrigen Angriff auch eine Notwehrhandlung voraus.</p>

<h3>1. &Uuml;berschreitung der Notwehr</h3>

<p>Hier ist die &Uuml;berschreitung der Notwehr zu pr&uuml;fen. Dies bedeutet, dass der T&auml;ter sich bei bestehender Notwehrlage verteidigt, dabei aber &uuml;ber das erforderliche Ma&szlig; hinausgeht. Beispiel: Der T&auml;ter hat sich wirksam verteidigt, ist aber so durch den Wind, dass er, als das Opfer bereits am Boden liegt, noch einmal unn&ouml;tigerweise zutritt.</p>

<h3>2. Gebotenheit</h3>

<p>Weiterhin verlangt der Notwehrexzess dass die Notwehrhandlung auch geboten war.</p>

<h3>3. Verwirrung, Furcht, Schrecken</h3>

<p>Ferner muss der T&auml;ter aus den in &sect; 33 StGB genannten Gr&uuml;nden gehandelt haben. Dies sind - als abschlie&szlig;ender Katalog - Verwirrung, Furcht oder Schrecken.</p>

<h3>III. Notwehrwille</h3>

<p>Zuletzt setzt &sect; 33 StGB einen Verteidigungs- bzw. Notwehrwillen voraus.</p>


gegenwärtig

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