<h2>Aufbau der Pr&uuml;fung - Verkehrsunfall</h2>

<p>Dieser Exkurs behandelt die Klausursituation des Verkehrsunfalls. Der Verkehrsunfall ist h&auml;ufig Gegenstand von Klausuren des zweiten Staatsexamens. In diesem Exkurs werden&nbsp; vier materielle Themenbereiche der Klausursituation des Verkehrsunfalls dargestellt: die Haftung des Halters, vgl. &sect; 7 I StVG, die Haftung des Fahrers, vgl. &sect; 18 I StVG, der Direktanspruch gegen die Haftpflichtversicherung, vgl. &sect; 115 S. 1 VVG und die Gesamtschuldnerschaft nach &sect; 115 S. 4 VVG.</p>

<h3>I. &sect; 7 I StVG (gegen&uuml;ber Halter)</h3>

<p>&sect; 7 I StVG regelt somit den Anspruch gegen den Halter des Fahrzeugs. Ein erfolgreicher Anspruch gegen den Halter setzt folgende Punkte voraus: Rechtsgutsverletzung, Verursachung durch ein Fahrzeug oder einen Anh&auml;nger, bei Betrieb, Halter als Anspruchsgegner, kausaler Schaden, kein Ausschluss wegen h&ouml;herer Gewalt und Zurechnung eigenen Verhaltens.</p>

<h3>1. Rechtsgutsverletzung &sect; 7 I StVG</h3>

<p>Die in Betracht kommenden Rechtsgutsverletzungen sind in &sect; 7 I StVG normiert.</p>

<h3>2. Durch ein Kraftfahrzeug oder Anh&auml;nger</h3>

<p>Weiterhin muss die Rechtsgutsverletzung durch ein Kraftfahrzeug oder einen Anh&auml;nger verursacht worden sein. Der Begriff des Kraftfahrzeugs ist in &sect; 1 II StVG legal definiert. Ausnahmen hierzu befinden sich in &sect; 8 Nr. 1 StVG. Der Anh&auml;nger muss dazu bestimmt sein, von einem Kraftfahrzeug mitgef&uuml;hrt zu werden.</p>

<h3>3. Bei &quot;Betrieb&quot; des Kraftfahrzeugs</h3>

<p>Zudem muss die Rechtsgutsverletzung bei Betrieb des Kraftfahrzeugs stattgefunden haben.&nbsp; Es geht hierbei mithin um eine objektive Zurechnung. Ein Kraftfahrzeug ist nicht in Betrieb, wenn es au&szlig;erhalb des &ouml;ffentlichen Verkehrsraumes ruht. Dies gilt insbesondere dann, wenn es ordnungsgem&auml;&szlig; abgestellt ist. Ferner ist ein Kraftfahrzeug auch dann nicht in Betrieb, wenn sich keine von der Nutzung ausgehende Gefahr realisiert hat. Dieses Merkmal ist sehr weit zu verstehen und nur in Ausnahmef&auml;llen abzulehnen. Ein Kraftfahrzeug ist beispielsweise auch beim Be- und Entladen in Betrieb.</p>

<h3>4. Halter</h3>

<p><strong>Halter </strong>im Sinne des &sect; 7 I StVG ist der wirtschaftliche Eigent&uuml;mer. Das ist derjenige, der das Kraftfahrzeug auf eigene Rechnung betreibt und die tats&auml;chliche Gewalt dar&uuml;ber aus&uuml;bt.</p>

<h3>5. Kausaler Schaden</h3>

<p>Dar&uuml;ber hinaus verlangt die Haftung des Halters das Vorliegen eines kausalen Schadens. Insofern ist nach den Schadensarten zu differenzieren: Sachsch&auml;den, K&ouml;rpersch&auml;den und Schmerzensgeld. Hinsichtlich der Sachsch&auml;den verweist &sect; 16 StVG auf das Schadensersatzrecht der &sect;&sect; 249 ff. BGB. K&ouml;rpersch&auml;den werden hingegen nach den &sect;&sect; 10 StVG ersetzt. Au&szlig;erdem sieht &sect; 11 S. 2 StVG eine Spezialregelung bez&uuml;glich des Schmerzensgeldes vor. Es darf somit nicht auf die allgemeine Regelung des &sect; 253 BGB zur&uuml;ckgegriffen werden.</p>

<h3>6. Kein Ausschluss wegen h&ouml;herer Gewalt, &sect; 7 II StVG</h3>

<p>Des Weiteren setzt die Halterhaftung voraus, dass kein Ausschluss wegen h&ouml;herer Gewalt gegeben ist. Dies ergibt sich aus &sect; 7 II StVG. Danach ist <strong>h&ouml;here Gewalt</strong> ein von au&szlig;erhalb des Stra&szlig;enverkehrs kommendes Ereignis, das selbst bei &auml;u&szlig;erster Sorgfalt weder vorhersehbar noch vermeidbar ist. Die h&ouml;here Gewalt darf nicht mit dem unabwendbaren Ereignis gem&auml;&szlig; &sect; 17 III StVG verwechselt werden.</p>

<h3>7. Zurechenbares Verhalten des Anspruchstellers</h3>

<p>Letzter Pr&uuml;fungspunkt ist das zurechenbare Verhalten des Anspruchsstellers. Unter diesem Punkt wird gepr&uuml;ft, inwieweit der Anspruchssteller sich selbst eigenes zurechenbares Verhalten anrechnen lassen muss. Bei Verkehrsunf&auml;llen geht es dabei regelm&auml;&szlig;ig um die Betriebsgefahr. Im Rahmen des zurechenbaren Verhaltens sind zwei Konstellationen zu unterscheiden: der Anspruchsteller ohne Kraftfahrzeug und der Anspruchsteller mit eigenem Kraftfahrzeug.</p>

<h3>a) Anspruchsteller ohne Kraftfahrzeug, &sect;&sect; 9 StVG, 254 I, 276 BGB</h3>

<p>Der Anspruchsteller ohne Kraftfahrzeug betrifft F&auml;lle, in denen ein Fu&szlig;g&auml;nger oder Radfahrer am Unfall beteiligt ist. In diesem Fall richtet sich die Zurechnung nach den &sect;&sect; 9 StVG, 254, 276 BGB. Es geht mithin um das Mitverschulden des Anspruchstellers. Dies f&uuml;hrt zu einer Haftungsquotenberechnung, in welcher die Beitr&auml;ge von Halter und Anspruchsteller ermittelt werden. Auf Seiten des Halters ist die Betriebsgefahr in die Abw&auml;gung einzustellen. Zudem ist zu pr&uuml;fen, ob den Halter StVO- oder StVG-Verst&ouml;&szlig;e und gegebenenfalls ein Verschulden treffen. Da &sect; 7 StVG eine verschuldensunabh&auml;ngige Haftung ist, meint dies ein dar&uuml;ber hinausgehendes Verschulden, das unabh&auml;ngig vom Anspruch besteht. Auf Seiten des Anspruchstellers ist hingegen das eigene Verschulden in die Abw&auml;gung einzustellen. Nach der Abw&auml;gung wird die Haftungsquote gebildet. Beispiel: Der Halter haftet zu 60 % und der Anspruchsteller zu 40 %.</p>

<h3>b) Anspruchsteller mit Kraftfahrzeug, &sect; 17 II, I StVG</h3>

<p>Sind an einem Verkehrsunfall zwei Kraftfahrzeuge beteiligt, richtet sich der gegenseitige Ausgleich nach &sect; 17 II, I StVG. Hier ist zu beachten, dass &sect; 17 StVG nur dann einschl&auml;gig ist, wenn die Voraussetzungen des &sect; 7 I StVG auch f&uuml;r den Anspruchsteller gelten. F&uuml;r die Haftungsquotenberechnung kommt es insofern auf die Verursachungsbeitr&auml;ge an. Seitens des Halters sind - wie im Rahmen der anderen Konstellation - die Betriebsgefahr, StVO- oder StVG-Verst&ouml;&szlig;e und gegebenenfalls ein Verschulden in die Abw&auml;gung einzustellen. Seitens des Anspruchstellers gilt dasselbe (Betriebsgefahr, StVO- oder StVG-Verst&ouml;&szlig;e und gegebenenfalls ein Verschulden). Beispiel: Zwei Kraftfahrzeuge kollidieren auf einer Kreuzung. Anschlie&szlig;end macht der Anspruchsteller Anspr&uuml;che gegen den Halter geltend. Hinterher stellt sich heraus, dass der Halter bei Rot &uuml;ber die Ampel gefahren ist, w&auml;hrend der Anspruchsteller die Kreuzung ordnungsgem&auml;&szlig; bei Gr&uuml;n passierte. F&uuml;hrten beide Unfallbeteiligten ein normales Kraftfahrzeug ist auf beiden Seiten die Betriebsgefahr in die Abw&auml;gung einzustellen. Vorliegend hat der Halter einen schwerwiegenden StVO-Versto&szlig; begangen. Der Anspruchsteller hat selbst keinen Versto&szlig; begangen, sodass eine Quote von 100/0 gebildet wird. Ist hingegen unklar, ob bzw. wer einen StVO-Versto&szlig; begangen hat, f&uuml;hrt dies zu einer 50/50 Haftung. Hinsichtlich der Haftungsquotenbildung ist anzumerken, dass stets glatte Quoten gebildet werden (50/50, 60/40, 75/25). Beachte: Es darf sowohl f&uuml;r den Halter als auch f&uuml;r den Anspruchsteller kein Ausschluss nach &sect; 17 III StVG gegeben sein. Nach dieser Norm ist der Anspruch ausgeschlossen, wenn auch ein Idealfahrer den Unfall nicht h&auml;tte verhindern k&ouml;nnen. Beim unabwendbaren Ereignis handelt es sich anders als bei der h&ouml;heren Gewalt um ein aus dem Stra&szlig;enverkehr kommendes Ereignis.</p>

<h3>II. &sect; 18 I StVG (gegen&uuml;ber Fahrer)</h3>

<p>Der gegen den Fahrer des Fahrzeugs gerichtet Anspruch folgt aus &sect; 18 I StVG. Hiernach ist die Haftung wie im Rahmen des &sect; 7 I StVG zu bestimmen. Allerdings ist &sect; 18 I StVG im Vergleich zu &sect; 7 StVG eine verschuldensabh&auml;ngige Haftung. Mithin tritt das Verschulden als Pr&uuml;fungspunkt hinzu. Dieses wird jedoch vermutet. Jedoch besteht eine Exkulpationsm&ouml;glichkeit. Hierbei ist zu ber&uuml;cksichtigen, dass der Fahrer in aller Regel nicht st&auml;rker haften darf als der Halter. Beachte: Sind Fahrer und Halter dieselbe Person, ist nur die Haftung gem&auml;&szlig; &sect; 7 I StVG zu pr&uuml;fen.</p>

<h3>III. &sect; 115 S. 1 VVG (Direktanspruch gegen&uuml;ber Haftpflichtversicherung)</h3>

<p>Neben den Anspruchsgrundlagen der &sect;&sect; 7, 18 StVG bietet &sect; 115 S. 1 VVG einen Direktanspruch gegen die Haftpflichtversicherung. Die Haftung entspricht der Haftung gem&auml;&szlig; &sect; 7 I StVG. Aus taktischen gr&uuml;nden ist die Pr&uuml;fung daher stets mit dem N&auml;chsten am Tatgeschehen zu beginnen. So kann im Rahmen der Pr&uuml;fung des &sect; 115 StVG nach oben verwiesen werden. Die Versicherung wird neben dem Halter und ggf. dem Fahrer mit verklagt.</p>

<h3>IV. &sect; 115 S. 4 VVG (Gesamtschuldnerschaft)</h3>

<p>Gem&auml;&szlig; &sect; 115 S. 4 VVG haften die Versicherung, der Halter und gegebenenfalls auch der Fahrer als Gesamtschuldner. Es handelt sich hierbei um einfache Streitgenossen.</p>

<p>&nbsp;</p>


Betriebsgefahr ist die einem KfZ stets innewohnende Gefahr.

Fahrzeugführer i.S.v. § 18 StVG ist derjenige, der das Fahrzeug zumindest vorübergehend nutzt. Führer eines Fahrzeugs i.S.v. § 316a StGB ist immer nur derjenige, der das Fahrzeug in Bewegung setzt, es in Bewegung hält oder mit dem Betrieb eines Fahrzeugs befasst ist. 

Fahrzeugalter i.S.v. § 7 StVG ist, wer das Fahrzeug auf eigene Rechnung hält und die Verfügungsgewalt darüber hat. 

Kraftfahrzeuge sind Landfahrzeuge, die durch Maschinenkraft bewegt werden, ohne an Bahngleise gebunden zu sein, § 1 II StVG.

§ 115 S. 4 VVG

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