Nacherfüllung, §§ 437 Nr. 1, 439 BGB
1. Examen/ZR/Schuldrecht BT 1
Prüfungsschema: Nacherfüllung, §§ 437 Nr. 1, 439 BGB
I. Anspruch entstanden
1. Wirksamer Kaufvertrag
2. Mangel
- Mangel ist die negative Abweichung der Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit.
a) Sachmangel, § 434 BGB
- Ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung, § 434 I 1 BGB
- Vertraglich vorausgesetzte Verwendung, § 434 I 2 Nr. 1 BGB
- Gewöhnliche Verwendung/übliche Beschaffenheit, § 434 I 2 Nr. 2 BGB (Beachte: § 434 I 3 BGB)
- Montagefehler, § 434 II 1 BGB
- Fehlerhafte Montageanleitung, § 434 II 2 BGB ("IKEA-Klausel“)
- Aliud-Lieferung, § 434 III 1. Fall BGB. Voraussetzung: Lieferung muss erkennbar der Erfüllung des Vertrages dienen (genehmigungsfähiges Aliud). Abgrenzung: irrtümliche Lieferung.
- Zuwenig-Lieferung, § 434 III 2. Fall BGB
b) Rechtsmangel, § 435 BGB
- Beispiel: Verkauf eines Grundstücks, das mit einer Hypothek belastet ist.
3. Maßgeblicher Zeitpunkt
- Der Mangel muss bei Gefahrübergang vorgelegen haben.
- Übergabe an den Käufer, § 446 S. 1 BGB
- Annahmeverzug, § 446 S. 3 BGB
- Übergabe an Transportperson beim Versendungskauf, § 447 BGB
- Grundsatz: der Käufer trägt die Beweislast.
- Ausnahme: Beweislastumkehr beim Verbrauchsgüterkauf, § 477 BGB.
- Problem: Umfang der Beweislastumkehr
- aA: nur in zeitlicher Hinsicht, d.h., es wird nur vermutet, dass der (zu beweisende) Grundmangel bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen habe; Arg.: Wortlaut des § 477 BGB.
- hM: auch in sachlicher Hinsicht, d.h., auch das Vorliegen eines Grundmangels zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs wird vermutet; Arg.: Sinn und Zweck des § 476 BGB (Verbraucherschutz).
4. Nacherfüllungsverlangen
- Wahlrecht des Käufers zwischen Nacherfüllung in Gestalt der Nachbesserung oder Nachlieferung, § 439 I 1. und 2. Fall BGB.
- Bei Einbau/Ausbau: Aufwendungersatz, § 439 III 1 BGB - Ausbau der mangelhaften Sache - Einbau der mangelfreien Sache - Nicht: Einbau der mangelhaften Sache - Beachte: Vorschuss, § 475 VI BGB
5. Kein Ausschluss
a) Vertraglich
aa) Auslegung, §§ 133, 157 BGB
bb) Wirksamkeit
- Bei arglistiger Täuschung oder Garantie: 444 BGB
- Bei Verbrauchsgüterkauf: § 476 BGB
- Ansonsten: AGB-Kontrolle, §§ 305 ff. BGB
b) Kenntnis, §§ 442 BGB
c) Verletzung der Rügeobliegenheit, § 377 HGB
II. Anspruch nicht erloschen
- Problem: Unmöglichkeit der Lieferung bei der Stückschuld, § 275 I BGB
- aA: (+), Ausnahme: aliud-Lieferung, § 434 III 1. Fall BGB; Arg.: Vorrang der Vereinbarung
- hM: (-), Ausnahme: Unikat; Arg.: Wortlaut des § 439 I BGB ("einer“); Systematik (keine Differenzierung zwischen Stück- und Gattungsschuld im Kaufrecht)
III. Anspruch durchsetzbar
1. Verjährung, § 438 BGB
- Beginn: Ablieferung bzw. Übergabe, § 438 III BGB
- Dauer: Regelmäßig zwei Jahre, § 438 I Nr. 3 BGB
2. Unverhältnismäßigkeit, § 439 IV BGB
- Absolute Unverhältnismäßigkeit: Vergleich der Kosten für die Nacherfüllung mit dem Wert der mangelfreien Sache.
- Beim schuldlosen Verkäufer: ab 100 % Überschreitung
- Bei Verschulden des Verkäufers: ab 130 % Überschreitung
- Relative Unverhältnismäßigkeit: Vergleich der Kosten für die Nachbesserung mit den Kosten für die Nachlieferung. Ab ca. 10 % Überschreitung.
Sonstige Rechtsfolgen der Nacherfüllung
- Verkäufer hat die durch die Nacherfüllung entstehenden Mehraufwendungen zu tragen, § 439 II BGB.
- Bei Nachlieferung hat der Käufer die mangelhafte Sache nach Maßgabe der §§ 346-348 BGB zurückzugewähren, § 439 V BGB. Beim Verbrauchsgüterkauf wird dabei keine Nutzungsherausgabe geschuldet, § 475 III BGB