Fall: Ärger mit der Rückgabe

K kaufte bei V, einem Kraftfahrzeughändler, mit Vertrag vom 26.06.2022 einen gebrauchten Pkw Audi A4 Avant mit einer Laufleistung von 92.300 km für 11.500 Euro. Nach dem vierwöchigen Familienurlaub in Österreich, bei dem er mit dem Fahrzeug insgesamt rund 3.500 km zurücklegte, brachte er das Fahrzeug zur Inspektion. Diese ergab, dass das Fahrzeug einen unfallbedingten Rahmenschaden hatte. Weder K noch V wussten von diesem Vorschaden. K verlangt nun von V die Lieferung eines vergleichbaren Fahrzeuges, und zwar Zug-um-Zug gegen Rückgabe des schadhaften Fahrzeuges. V hat tatsächlich ein vergleichbares Fahrzeug auf Lager und ist auch grundsätzlich bereit, ein solches Fahrzeug nachzuliefern. Er macht die Nachlieferung allerdings abhängig von der Zahlung einer angemessenen „Nutzungsgebühr“ von – der Höhe nach angemessenen – 0,08 Euro je gefahrenen Kilometer. Zu Recht?

1. Abwandlung

Wie ist der Ausgangsfall zu beurteilen, wenn K das Fahrzeug für seinen Lieferservice gekauft und eingesetzt hat?

2. Abwandlung

Wie der Ausgangsfall. K setzt aber diesmal – vergeblich – eine Frist zur Nacherfüllung. Daraufhin erklärt er den Rücktritt und verlangt den Kaufpreis zurück. Wiederum macht V eine "Nutzungsgebühr“ geltend. K entgegnet, er verlange dann auch die von V gezogenen Zinsen auf den Kaufpreis. Wie ist die Rechtslage?

3. Abwandlung

Nach der Inspektion ruft K den V wütend an und erklärt ihm, dass der Wagen einen unfallbedingten Rahmenschaden hätte und fordert ihn auf, ihm einen neuen, gleichwertigen Audi A4 Avant zu besorgen. V ist überrascht und sagt dem aufgebrachten K, dass er keinen anderen Audi A4 Avant mehr hätte. Überhaupt hätte er von dem Schaden selbst nichts gewusst und wäre demnach auch nicht bereit, noch irgendeinen Handschlag in dieser Sache zu tun. Daraufhin macht sich K verärgert auf den Heimweg. Gerade in Zuständen der emotionalen Erregung neigt K üblicherweise zu einer schnellen, ungeduldigen Fahrweise. Hierbei ist es schon des Öfteren zu kleineren Auffahrunfällen gekommen. Als K nun hinter einem kleinen Renault Twingo an einem Zebrastreifen zum Stehen kommt und der den Zebrastreifen überquerende Fußgänger gerade auf der anderen Straßenseite angekommen ist, wird K ungeduldig und fährt vorschnell an. Dies führt dazu, dass er dem vor ihm befindlichen Twingo auffährt. Aufgrund des Aufpralls werden die Beleuchtung des A4 beschädigt sowie die Motorhaube verbogen. Auch die Stoßstange wurde leicht eingedrückt. Insgesamt entsteht ein Schaden von 2.175 Euro. K, dem nun endgültig der Geduldsfaden reißt, will sich nach diesen Ereignissen schnellstmöglich von dem Unglücksfahrzeug trennen und erklärt deshalb am darauffolgenden Tag gegenüber V den Rücktritt vom Kaufvertrag. V ist von dem Zustand des Fahrzeugs entsetzt und fordert K auf, den entstandenen Schaden zu ersetzen. Außerdem hätte V den Wagen mit einem Gewinn von 1.000 Euro an seinen Kunden X weiter veräußern können. K behauptet hingegen, dass er für diesen bereits bei Vertragsschluss mangelhaften Wagen keinen Cent zahlen werde.

Welche Ansprüche hat V gegen K?

Hinweis: Da der Vertragsschluss zwischen V und K am 26.06.2022 und damit nach dem 31.12.2021 erfolgte, findet das Kaufrecht in seiner ab dem 01.01.2022 gültigen Fassung Anwendung (Art. 229 § 58 EGBGB).

A. Anspruch K gegen V auf Nacherfüllung nach den §§ 437 Nr. 1, 439 I BGB

K könnte gegen V einen Anspruch auf Nacherfüllung nach den §§ 437 Nr. 1, 439 BGB haben.

I. Anspruch entstanden

1. Wirksamer Kaufvertrag

Hierfür müsste zunächst ein wirksamer Kaufvertrag i.S.d. § 433 BGB vorliegen. Hier haben sich K und V wirksam über den Kauf eines gebrauchten Audi A4 Avant zu einem Preis von 11.500 Euro geeinigt. Ein wirksamer Kaufvertrag i.S.d. § 433 BGB liegt mithin vor.

2. Sachmangel

Der Wagen müsste zudem an einem Mangel leiden. In Betracht kommt ein Sachmangel i.S.v. § 434 BGB. Nach § 434 I BGB ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht.

Nach § 434 II 1 BGB entspricht die Kaufsache den subjektiven Anforderungen (i.S.v. § 434 I BGB), wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit hat (Nr. 1), sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (Nr. 2) und mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen, einschließlich Montage- und Installationsanleitungen, übergeben wird (Nr. 3). An die Annahme einer Beschaffenheitsvereinbarung i.S.v. § 434 II 1 Nr. 1 BGB sind, schon um den Anwendungsbereich des § 434 II 1 Nr. 2 BGB und des § 434 III BGB nicht auszuhöhlen, hohe Anforderungen zu stellen. Sie muss eindeutig feststellbar sein. Dies spricht gegen die Annahme einer (besonderen) Beschaffenheitsvereinbarung zwischen K und V in Bezug auf den gebrauchten Audi A4 Avant. Es könnte jedoch eine nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung i.S.v. § 434 II 1 Nr. 2 BGB gegeben haben. Dabei reicht – im Gegensatz zur Beschaffenheitsvereinbarung i.S.v. § 434 II 1 Nr. 1 BGB – bereits eine konkludente Übereinstimmung der Parteien aus, um einen bestimmten Verwendungszweck in den Vertrag einzubeziehen. Allerdings muss es sich um einen besonderen Verwendungszweck handeln, der von dem gewöhnlichen Verwendungszweck abweicht. Dies folgt im Wege systematischer Gesetzesauslegung aus einem Vergleich zu § 434 III Nr. 1 BGB, der auf die gewöhnliche Verwendung rekurriert. Dass zwischen K und V ein über die gewöhnliche Verwendung hinausgehender Verwendungszweck vereinbart worden wäre, ist nicht ersichtlich. Deshalb sind keine subjektiven Anforderungen der Kaufsache ersichtlich, denen der Audi A4 Avant nicht genügt.

Das Fahrzeug entspricht allerdings nicht den objektiven Anforderungen des § 434 III BGB. Die Kaufsache entspricht nämlich nur dann den objektiven Anforderungen, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet (§ 434 III Nr. 1 BGB) und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer unter Berücksichtigung der Art der Sache erwarten kann (§ 434 III Nr. 2 lit. a) BGB). Ein unfallbedingter Rahmenschaden, der die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs aufhebt und dessen Zulassung zum Straßenverkehr entgegensteht, ist auch bei älteren Gebrauchtfahrzeugen weder üblich noch zu erwarten. Deshalb leidet der Audi A4 Avant gemäß § 434 III Nrn. 1 und 2 lit. a) BGB an einem Sachmangel.

3. Zum maßgeblichen Zeitpunkt

Dieser Mangel müsste, um Gewährleistungsrechte des K auszulösen, nach § 434 I BGB bereits „bei Gefahrübergang“ vorgelegen haben. Grundsätzlich geht die Gefahr des zufälligen Untergangs oder der zufälligen Verschlechterung der Sache nach § 446 S. 1 BGB mit der Übergabe der Sache auf den Käufer über. Der Audi A4 Avant leidet an einem unfallbedingten Rahmenschaden, der bereits bei einem Vorbesitzer des Wagens eingetreten ist. Mithin lag der Sachmangel auch bereits bei Gefahrübergang vor.

4. Kein Ausschluss

Zudem dürfte der Anspruch des K auf Nacherfüllung nach den §§ 437 Nr. 1, 439 I BGB nicht ausgeschlossen sein. K und V haben den Anspruch auf Nacherfüllung nicht vertraglich ausgeschlossen. Auch ist nicht ersichtlich, dass K von dem unfallbedingten Rahmenschaden des Audi A4 Avant Kenntnis hatte oder diesen Mangel fahrlässig nicht kannte, vgl. § 442 I BGB. Dies gilt umso mehr, als der Mangel erst im Rahmen einer Inspektion von einem Fachmann entdeckt wurde und V selbst keine Kenntnis von dem Mangel hatte. Zudem ist § 377 HGB nicht einschlägig, da K kein Kaufmann und der Kauf deshalb nicht für beide Teile ein Handelsgeschäft ist. Der Anspruch des K gegen V auf Nacherfüllung nach den §§ 437 Nr. 1, 439 I BGB ist mithin nicht ausgeschlossen.

5. Nacherfüllungsverlangen des K

K müsste zudem ein Nacherfüllungsverlangen geäußert haben. Hier fordert K von V die Lieferung eines vergleichbaren Audi A4. Er verlangt mithin Nacherfüllung in Form der Nachlieferung. K kann zudem zwischen Nachbesserung und Nachlieferung wählen, vgl. § 439 I BGB. Somit liegt ein Nacherfüllungsverlangen des K vor.

6. Ergebnis

Der Anspruch des K gegen V auf Nachlieferung eines vergleichbaren Audi A4 nach den §§ 437 Nr. 1, 439 I BGB ist wirksam entstanden.

II. Anspruch nicht erloschen

Dieser Anspruch dürfte jedoch auch nicht wieder erloschen sein. Es handelt es sich bei dem gebrauchten Audi A4 um eine Stückschuld, da sich das Schuldverhältnis von Beginn an auf diese eine, nach objektiven Kriterien abgrenzbare Sache beschränkt hat. Hierbei ist fraglich, ob die Nachlieferung im Falle einer Stückschuld überhaupt möglich ist.

1. Eine Ansicht

Nach einer Ansicht ist eine Nachlieferung bei einer Stückschuld nach § 275 I BGB unmöglich, da das Schuldverhältnis von vornherein nach der Parteivereinbarung auf die in Frage stehende Sache beschränkt war. Schließlich handele es sich bei dem Nacherfüllungsanspruch lediglich um eine Modifikation des Primäranspruchs (Erfüllungsanspruchs), so dass der Nacherfüllungsanspruch nicht weiter reichen könne, als der ursprüngliche Erfüllungsanspruch, da das Schuldverhältnis noch bestehe. Hiernach wäre V vorliegend die Nachlieferung eines vergleichbaren Audi A4 Avant nach § 275 I BGB unmöglich.

2. Andere Ansicht

Nach einer anderen Ansicht ist eine Nachlieferung im Falle einer Stückschuld zumindest dann möglich, wenn es sich bei der Sache um eine vertretbare Sache i.S.d. § 91 BGB handelt. Nach § 91 BGB liegt eine vertretbare Sache vor, wenn es sich um bewegliche Sachen handelt, die im Verkehr nach Zahl, Maß und Gewicht bestimmt wird. Grundsätzlich existieren mehrere vergleichbare Audi A4 Avant desselben Alters. Bei dem in Frage stehenden Wagen könnte es sich mithin um eine vertretbare Sache i.S.d. § 91 BGB handeln. Im Falle eines Gebrauchtwagenkaufs handelt es sich bei dem PKW um ein Unikat und damit nicht um eine vertretbare Sache i.S.d. § 91 BGB, wenn der Wagen Probe gefahren wurde, da der Käufer den Kauf aufgrund des durch die Probefahrt entstandenen Gesamteindrucks tätige. Dieser Gesamteindruck könne jedoch bei keinem Wagen gleich sein. Hier hat eine Probefahrt des K nicht stattgefunden. Weiterhin verfügt V über ein vergleichbares Modell, so dass ihm die Nachlieferung auch tatsächlich möglich wäre. Mithin wäre V die Lieferung eines vergleichbaren Fahrzeugs nicht nach § 275 I BGB unmöglich.

3. Stellungnahme

Die zweite Ansicht ist vorzugswürdig. Für sie spricht, dass § 439 I BGB nicht zwischen einer Gattungs- und einer Stückschuld differenziert. Insbesondere muss der Schuldner, sofern gleichwertige Sachen existieren, aufgrund seiner Schlechtleistung dazu verpflichtet sein, den Zustand herzustellen, der bestünde, wenn er ordnungsgemäß erfüllt hätte. Dies gilt umso mehr, wenn – wie hier – die Nacherfüllung in Form der Nachbesserung nicht möglich ist. Sofern dem Schuldner die Nacherfüllung tatsächlich möglich ist, muss er bis zur Schwelle der §§ 275 II, 439 IV BGB alles unternehmen, um den vertragsgemäßen Zustand herzustellen. Mithin ist V die Nachlieferung eines vergleichbaren Audi A4 Avant nicht nach § 275 I BGB unmöglich.

Der Nacherfüllungsanspruch des K gegen V ist mithin nicht erloschen.

III. Anspruch durchsetzbar

Überdies müsste der Anspruch des K gegen V auch Nacherfüllung nach den §§ 437 Nr. 1, 439 I BGB auch durchsetzbar sein. Hier könnte dem Anspruch des K das Verlangen des V nach einer „Nutzungsgebühr“ entgegenstehen- Dem V könnte diesbezüglich ein Zurückbehaltungsrecht nach den §§ 439 VI 1, 346 I, 348, 320 BGB zusteht.

Nach § 439 VI 1 BGB kann der Verkäufer, welcher zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache liefert, “nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 BGB“ Rückgewähr der mangelhaften Sache vom Käufer verlangen. Nach § 346 I BGB sind die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben. Nutzungen sind nach § 100 BGB die Früchte einer Sache oder eines Rechts sowie die Vorteile, welche der Gebrauch der Sache oder des Rechts gewährt. Die zurückgelegten Fahrten mit dem Pkw sind als Gebrauchsvorteile i.S.v. § 100 Var. 3 BGB anzusehen. Diese sind mit ihrem objektiven Wert – hier: 0,08 Euro pro Kilometer – anzusetzen und, da sie nicht in Natur herausgegeben werden können, gemäß § 346 II 1 Nr. 1 BGB durch Geldzahlung zu ersetzen (Wertersatz).

Bei einem Verbrauchsgüterkauf ist § 439 VI BGB allerdings gemäß § 475 III 1 BGB mit der Maßgabe anzuwenden, dass Nutzungen nicht herauszugeben oder durch ihren Wert zu ersetzen sind. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass der Verbraucher durch die Verpflichtung zum Nutzungsersatz nicht von der Geltendmachung seines Nacherfüllungsanspruchs abgehalten wird. Zudem stünde der Verbraucher (Käufer) andernfalls schlechter als der Unternehmer (Verkäufer), da der Verbraucher nicht einmal die vom Unternehmer gezogenen Zinsen auf den Kaufpreis erhielte, im Gegenzug aber zur Nutzungsherausgabe verpflichtet wäre. Die Verpflichtung des K zum Wertersatz für die durch ihn gezogenen Nutzungen entfiele also, wenn es sich bei dem zwischen ihm und V geschlossenen Vertrag um einen Verbrauchsgüterkaufvertrag handelt.

Verbrauchsgüterkäufe sind nach § 474 I 1 BGB Verträge, durch die ein Verbraucher i.S.v. § 13 BGB von einem Unternehmer i.S.v. § 14 BGB eine Ware i.S.v. § 241a I BGB kauft. K hat den Audi A4 Avant zum privaten Gebrauch gekauft und ist damit Verbraucher i.S.v. § 13 BGB. V handelte demgegenüber bei Abschluss des Rechtsgeschäfts in Ausübung seiner gewerblichen bzw. selbständigen beruflichen Tätigkeit und ist somit gemäß § 14 I BGB Unternehmer. Waren sind nach § 241a I BGB bewegliche Sachen, die nicht auf Grund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder anderen gerichtlichen Maßnahmen verkauft werden; dies trifft auf den Audi A4 zu. Es liegt somit ein Verbrauchsgüterkaufvertrag i.S.d. § 474 I 1 BGB vor.

Dementsprechend hat K nach § 475 III 1 BGB für die Nutzung des Wagens keinen Ersatz nach den §§ 439 VI 1 , 346 I, II 1 Nr. 1 BGB zu leisten. Der Anspruch des K gegen V auf Nacherfüllung nach den §§ 437 Nr. 1, 439 I BGB ist somit auch durchsetzbar. Dies allerdings nur Zug-um-Zug gegen Rückgabe – auf Kosten des V (vgl. § 439 VI 2 BGB) – und Rückübereignung des ursprünglich übergebenen und übereigneten Audi A4; insoweit bleibt die durch §§ 439 VI 1, 346 I BGB angeordnete Rückgewährverpflichtung durch § 475 III 1 BGB unberührt.

B. Ergebnis

K hat gegen V einen Anspruch auf Nachlieferung eines gleichwertigen Audi A4 Avant nach den § 437 Nr. 1, 439 I BGB.

Abwandlung 1

1. Anspruch K gegen V auf Nachlieferung eines gleichwertigen Audi A4 Avant nach den §§ 437 Nr. 1, 439 I BGB

I. Anspruch entstanden

Wie im Ausgangsfall ist der Anspruch des K gegen V auf Nachlieferung eines vergleichbaren Audi A4 Avant nach den §§ 437 Nr. 1, 439 I BGB wirksam entstanden (s.o.).

II. Anspruch nicht erloschen

Dem V ist die Nachlieferung eines gleichwertigen Audi A4 Avant nach zutreffender Ansicht (s.o.) auch noch möglich, weshalb der Anspruch des K auf Nacherfüllung nach den §§ 437 Nr. 1, 439 I BGB nicht gemäß § 275 I BGB erloschen ist .

III. Anspruch durchsetzbar

Der Anspruch des K gegen V auf Nachlieferung eines gleichwertigen Audi A4 Avant müsste allerdings auch durchsetzbar sein. Hier könnte V jedoch einen Anspruch auf Nutzungsersatz nach den §§ 439 VI 1, 346 I, II 1 Nr. 1 BGB haben, welcher ihm nach den §§ 348, 320 BGB ein Zurückbehaltungsrecht zugestehen würde. Hier hat K wie im Ausgangsfall durch die Nutzung des PKW Gebrauchsvorteile i.S.d. § 100 BGB erlangt und damit Nutzungen i.S.d. § 346 I BGB gezogen. Fraglich ist jedoch, ob K nach den §§ 439 VI 1, 346 I, II 1 Nr. 1 BGB verpflichtet ist, Nutzungsersatz zu leisten. Vorliegend handelt es sich bei dem zwischen K und V geschlossenen Kaufvertrag aufgrund der Unternehmereigenschaft des K i.S.d. § 14 I BGB nicht um einen Verbrauchsgüterkauf i.S.d. § 474 I 1 BGB, so dass § 475 III 1 BGB nicht anwendbar ist. Auch die Argumente hinsichtlich des Schutzes des Verbrauchers greifen hier nicht. Vielmehr verweist § 439 VI 1 BGB ausdrücklich auf die §§ 346 bis 348 BGB und damit auch auf die Pflicht zur Nutzungsherausgabe nach § 346 I BGB. Es ist mithin nicht davon auszugehen, dass der Ausschluss des Nutzungsersatzes nach § 475 III 1 BGB auch für den Unternehmer gelten soll. Denn hätte der Gesetzgeber den Ausschluss des Anspruchs auf Nutzungsersatz sowohl für den Verbrauchsgüter- als auch für den Unternehmerkauf gewollt, so hätte er nicht § 475 III 1 BGB eingefügt, sondern den § 439 VI 1 BGB dahingehend formuliert, dass eine Herausgabe der Nutzungen ausgeschlossen ist. Auch wäre der Verweis des § 439 VI 1 auf § 347 BGB unsinnig, wenn eine Nutzungsherausgabe grundsätzlich ausgeschlossen wäre. Zudem ist der Unternehmer, welcher neben dem bloßen Gebrauchsvorteil auch noch einen unternehmerischen Nutzen aus der Sache zieht, weniger schutzbedürftig als ein Verbraucher. Mithin ist im Falle eines Unternehmerkaufs dem Verkäufer ein Anspruch auf Wertersatz für gezogene Nutzungen nach den §§ 439 VI 1, 346 I, II 1 Nr. 1 BGB zuzugestehen.

V hat gegen K mithin einen Anspruch auf Nutzungsersatz nach den §§ 439 VI 1, 346 I, II 1 Nr. 1 BGB, weshalb ihm zugleich ein Zurückbehaltungsrecht nach den §§ 348, 320 BGB zusteht.

B. Ergebnis

K hat gegen V einen Anspruch auf Nachlieferung eines vergleichbaren Audi A4 Avant nach den §§ 437 Nr. 1, 439 I BGB, jedoch nur Zug-um-Zug gegen Leistung von Wertersatz i.H.v. 0,08 Euro pro gefahrenen Kilometer nach den §§ 439 VI 1, 346 I, II 1 Nr. 1 BGB.

Abwandlung 2

A. Anspruch K gegen V auf Rückgewähr des Kaufpreises aus den §§ 437 Nr. 2, 323 I 2. Fall, 346 I BGB

K könnte gegen V einen Anspruch auf Rückgewähr des Kaufpreises aus den §§ 437 Nr. 2, 323 I 2. Fall, 346 I BGB haben.

I. Anspruch entstanden

1. Wirksamer Kaufvertrag

Hier haben K und V einen wirksamen Kaufvertrag geschlossen (s.o.).

2. Mangel bei Gefahrübergang

Zudem hat ein Sachmangel i.S.v. § 434 BGB bereits bei Gefahrenübergang i.S.v. § 446 S. 1 BGB vorgelegen (s.o.).

3. Leistungsaufforderung mit angemessener Fristsetzung

K hat dem V auch vergeblich eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt.

4. Kein Ausschluss

Gründe, die den Rücktritt des K ausschließen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere handelt es sich bei dem unfallbedingten Rahmenschaden auch nicht um eine unerhebliche Pflichtverletzung gemäß § 323 V 2 BGB.

5. Rücktrittserklärung

K hat gegenüber V den gem. § 349 BGB den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt.

6. Keine Einrede der Unwirksamkeit

Schließlich liegt auch keine Einrede der Unwirksamkeit gem. § 218 BGB vor.

7. Ergebnis

Also ist der Anspruch auf Rückgewähr des Kaufpreises entstanden.

II. Anspruch nicht erloschen

Der Anspruch des K müsste zudem auch nicht erloschen sein. Hier könnte der Anspruch des K gegen V auf Rückgewähr des Kaufpreises durch eine wirksame Aufrechnung des V nach § 389 BGB erloschen sein.

1. Aufrechnungserklärung

Hierfür müsste V zunächst die Aufrechnung nach § 388 BGB erklärt haben. V hat dem Anspruch des K auf Rückgewähr des Kaufpreises einen potenziellen Anspruch auf eine Nutzungsgebühr entgegenhalten. Damit macht V deutlich, dass er den Kaufpreis zumindest nicht voller Höhe zurückgewähren will. Eine (konkludente) Aufrechnungserklärung i.S.d. § 388 BGB liegt mithin vor.

2. Aufrechnungslage

Zudem müsste eine Aufrechnungslage i.S.v. § 387 BGB bestehen. Erforderlich ist das Gegenübertreten gegenseitiger gleichartiger Ansprüche, wobei die Hauptforderung erfüllbar und die Gegenforderung durchsetzbar sein muss.

a) Gegenseitige Forderungen

V müsste eine (Gegen-)Forderung gegen K zustehen. Hier ist durch die Rücktrittserklärung des K zwischen K und V nach den §§ 437 Nr. 2, 323 I 2. Fall, 346 I BGB ein Rückgewährschuldverhältnis entstanden. Da K den Audi A4 Avant während des Urlaubs 3.500 km genutzt hat, sind ihm Gebrauchsvorteile i.S.d. § 100 BGB entstanden. Diese gezogenen Nutzungen hat er grundsätzlich nach § 346 I, II 1 Nr. 1 BGB dem V zu ersetzen. Auch ist § 475 III BGB 1 nicht einschlägig. Schließlich hat der Verbraucher im Gegenzug aus § 346 I BGB einen Anspruch auf Herausgabe der gezogenen Zinsen. Mithin hat V gegen K einen Anspruch auf Nutzungsersatz i.H.v. 0,08 Euro pro gefahrenen Kilometer aus den §§ 437 Nr. 2, 323 I 2. Fall, 346 I, II 1 Nr. 1 BGB. Die Forderungen von V und K stehen somit in einem Gegenseitigkeitsverhältnis i.S.d. § 387 BGB.

b) Gleichartigkeit der Forderungen

Beide Forderungen sind auf Geldzahlung gerichtet und damit gleichartig.

c) Fälligkeit und Durchsetzbarkeit der Gegenforderung

Die (Gegen-)Forderung des V gegen K auf Nutzungsersatz gemäß den §§ 437 Nr. 2, 323 I 2. Fall, 346 I, II 1 Nr. 1 BGB ist nach § 271 I BGB fällig und – mangels entgegenstehender Einreden – auch durchsetzbar.

d) Erfüllbarkeit der Hauptforderung

Überdies ist die (Haupt-)Forderung des K gegen V auf Rückzahlung des Kaufpreises nach den §§ 437 Nr. 2, 323 I 2. Fall, 346 I BGB gemäß § 271 I BGB erfüllbar.

3. Kein Ausschluss

Ausschlussgründe sind vorliegend nicht ersichtlich.

4. Rechtsfolge

Nach § 389 BGB gelten die Forderungen von K und V, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen, in dem sie sich erstmalig aufrechenbar gegenüber standen.

III. Anspruch durchsetzbar

Der Anspruch des K gegen V auf Rückgewähr des Kaufpreises gemäß den §§ 437 Nr. 2, 323 I 2. Fall, 346 I BGB ist auch durchsetzbar.

IV. Ergebnis

K hat gegen V einen Anspruch auf Rückgewähr des Kaufpreises gemäß den §§ 437 Nr. 2, 323 I 2. Fall, 346 I BGB, jedoch abzüglich des dem V nach den §§ 437 Nr. 2, 323 I 2. Fall, 346 I, II 1 Nr. 1 BGB geschuldeten Nutzungsersatzes.

B. Anspruch K gegen V auf Herausgabe der gezogenen Zinsen nach §§ 437 Nr. 2, 323 I 2. Fall, 346 I BGB

K könnte zudem gegen V einen Anspruch auf Herausgabe der gezogenen Zinsen nach den §§ 437 Nr. 2, 323 I 2. Fall, 346 I BGB haben. V hat Zinsen als Früchte des angelegten Kaufpreises i.S.d. §§ 99, 100 BGB gezogen. Aufgrund des durch die Rücktrittserklärung des K entstandenen Rückgewährschuldverhältnisses ist V mithin verpflichtet, K diese von ihm gezogenen Nutzungen herauszugeben. Folglich hat K gegen V zudem einen Anspruch auf Herausgabe der gezogenen Zinsen nach den §§ 437 Nr. 2, 323 I 2. Fall, 346 I BGB.

Abwandlung 3

A. Anspruch des V gegen K auf Wertersatz gemäß den §§ 437 Nr. 2, 323 I 2. Fall BGB, 346 I, II 1 Nr. 3 BGB

V könnte gegen K einen Anspruch auf Wertersatz gemäß den §§ 437 Nr. 2, 323 I 2. Fall, 346 I, II 1 Nr. 3 BGB haben.

I. Wirksamer Rücktritt

Hierfür müsste K zunächst wirksam den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt haben.

1. Wirksamer Kaufvertrag

Dies erfordert vorerst einen wirksamen Kaufvertrag. K und V haben sich über den Kauf des Audi A4 Avant i.S.d. §§ 145 ff. BGB geeinigt. Diese Einigung ist mangels rechtshindernder Einwendungen auch wirksam. Ein wirksamer Kaufvertrag liegt mithin vor.

2. Mangel

Der Audi A4 Avant leidet an einem Sachmangel i.S.v. § 434 III Nrn. 1 und 2 lit. a) BGB (vgl. oben).

3. Zum maßgeblichen Zeitpunkt

Auch lag dieser Mangel auch schon bei Übergabe und damit gemäß § 446 S. 1 BGB bei Gefahrübergang vor (vgl. oben).

4. Leistungsaufforderung mit angemessener Fristsetzung

Zudem müsste eine Leistungsaufforderung mit angemessener Fristsetzung erfolgt sein. K hat V zwar auf den Rahmenschaden aufmerksam gemacht und ihn aufgefordert, einen neuen, gleichwertigen Audi A4 zu beschaffen. Allerdings hat er es unterlassen, eine angemessene Fristsetzung vorzunehmen. Diese Fristsetzung könnte jedoch nach § 323 II Nr. 1 BGB entbehrlich sein, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert. V hat erklärt, dass er von dem Schaden nichts gewusst habe und deshalb in dieser Sache keinen Handschlag mehr tun werde. Dies lässt erkennen, dass V die Leistung nicht mehr erbringen möchte, sie also ernsthaft und endgültig verweigert. Mithin ist die Fristsetzung nach § 323 II Nr. 1 BGB entbehrlich.

5. Kein Ausschluss

Ausschlussgründe sind vorliegend nicht ersichtlich.

6. Rücktrittserklärung

Überdies müsste eine Rücktrittserklärung i.S.d. § 349 BGB erfolgt sein. K hat den Rücktritt gegenüber V erklärt. Eine Rücktrittserklärung liegt somit vor.

7. Keine Einrede der Unwirksamkeit

Letztlich liegt auch keine Einrede der Unwirksamkeit des Rücktritts gemäß § 218 BGB vor.

8. Ergebnis

Folglich hat K wirksam den Rücktritt vom Vertrag erklärt.

II. Verschlechterung i.S.d. § 346 II Nr. 3 BGB

Nach § 346 II 1 Nr. 3 BGB hat der Rückgewährschuldner anstelle der Herausgabe Wertersatz zu leisten, soweit der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht. Eine Verschlechterung in diesem Sinne liegt vor, wenn eine nachteilige Veränderung der Substanz oder Funktionstauglichkeit der Sache eingetreten ist. Hier wurde unfallbedingt die Motorhaube des Audi A4 verbogen, sowie die Stoßstange leicht eingedrückt. Zudem wurde die Beleuchtung beschädigt. Mithin ist eine Verschlechterung des Fahrzeugs i.S.d. § 346 II 1 Nr. 3 BGB eingetreten. Hierbei ist diese Verschlechterung auch nicht durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch der Sache gemäß § 346 II 1 Nr. 3 2. HS BGB entstanden.

III. Kein Ausschluss nach § 346 III 1 Nr. 3 BGB

Der Anspruch auf Wertersatz könnte jedoch gemäß § 346 III 1 Nr. 3 BGB ausgeschlossen sein. Hiernach entfällt die Pflicht zum Wertersatz, wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt, vgl. auch § 277 BGB (diligentia quam in suis). K neigt gerade in Zuständen der emotionalen Erregung üblicherweise zu einer schnellen, ungeduldigen Fahrweise, sodass es hierbei schon des Öfteren zu kleineren Auffahrunfällen gekommen ist. Mithin hat K in der vorliegenden Situation die für ihn übliche Fahrweise an den Tag gelegt, sodass der Unfall eingetreten ist, obwohl K die eigenübliche Sorgfalt beobachtet hat. § 346 III 1 Nr. 3 BGB ist auch im Straßenverkehr anwendbar. Mithin wäre der Anspruch auf Wertersatz grundsätzlich nach § 346 III 1 Nr. 3 BGB ausgeschlossen.

Fraglich ist jedoch, in welchem Zeitpunkt § 346 III 1 Nr. 3 BGB Anwendung findet. Dies wird unterschiedlich beurteilt:

1. Eine Ansicht

Nach einer Ansicht ist § 346 III 1 Nr. 3 BGB in den Fällen teleologisch zu reduzieren, in welchen er Kenntnis von den Umständen erhält, die ihn zum Rücktritt berechtigen. Die Existenz des § 346 III 1 Nr. 3 BGB sei dadurch bedingt, dass der Erwerber einer Sache im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts darauf vertraue, dass diese endgültig seinem Vermögen angehöre. Aus diesem Grund solle mit der Sache so verfahren dürfen, wie er es gewohnt sei. Dies könne jedoch nicht für den Fall gelten, in welchem der Berechtigte Kenntnis von Umständen erlangt, die ihn zum Rücktritt berechtigen. Denn zu diesem Zeitpunkt müsse der Erwerber damit rechnen, dass er die Sache möglicherweise zurückzugewähren habe. Eine teleologische Reduktion des § 346 III 1 Nr. 3 BGB wird unter anderem auch damit begründet, dass der gesetzlich zum Rücktritt Berechtigte bei uneingeschränkter Anwendung des § 346 III 1 Nr. 3 BGB in derartigen Fällen gegenüber dem vertraglich zum Rücktritt Berechtigten unangemessen privilegiert würde, obwohl eine gleiche Interessenlage gegeben sei. Vorliegend wusste K zum Zeitpunkt des Auffahrunfalls bereits um den Rahmenschaden an dem Audi A4 Avant. Mithin hatte er Kenntnis von dem Mangel, welcher ihn zum Rücktritt berechtigt. Nach dieser Ansicht würde somit die teleologische Reduktion des § 346 III 1 Nr. 3 BGB greifen, sodass die Pflicht des K zum Wertersatz nicht entfiele.

2. Andere Ansicht

Die gegenteilige Ansicht geht hingegen von einer uneingeschränkten Anwendung des § 346 III 1 Nr. 3 BGB aus. Der Veräußerer sei hinreichend über einen (verschuldensabhängigen) Schadensersatzanspruch nach § 346 IV BGB geschützt, sodass es keiner teleologischen Reduktion des § 346 III 1 Nr. 3 BGB bedarf. Nach dieser Ansicht würde der Wertersatzanspruch des V gegen K also nicht entfallen.

3. Stellungnahme

Die erstgenannte Ansicht ist vorzugswürdig. Es ist nicht ersichtlich, warum eine Privilegierung des Erwerbers der Sache auch für den Fall gelten soll, in welchem er Kenntnis von den Umständen hat, die ihn zum Rücktritt berechtigen. Denn die Privilegierung des § 346 III 1 Nr. 3 BGB beruht gerade darauf, dass der Berechtigte glaubt, dauerhaft Eigentümer der Sache geworden zu sein und deshalb nach Belieben mit der Sache verfahren zu dürfen. Dies kann jedoch dann nicht mehr gelten, wenn der Berechtigte weiß, dass er die Sache womöglich zurückgewähren muss.

K wusste von dem unfallbedingten Rahmenschaden, bevor es zu dem Auffahrunfall kam. Mithin gilt aufgrund der teleologischen Reduktion nicht die Haftungsprivilegierung des § 346 III 1 Nr. 3 BGB, sondern der allgemeine Haftungsmaßstab des § 276 BGB. Hier hat K aufgrund seiner schnellen und ungeduldigen Fahrweise den Auffahrunfall verursacht und handelte damit zumindest fahrlässig i.S.d. § 276 I, II BGB. Mithin entfällt die Wertersatzpflicht nicht gemäß § 346 III 1 Nr. 3 BGB.

IV. Ergebnis

V hat gegen K einen Anspruch auf Wertersatz i.H.v. 2.175 Euro gemäß den §§ 437 Nr. 2, 323 I 2. Fall, 346 II 1 Nr. 3 BGB.

B. Anspruch des V gegen K auf Schadensersatz gemäß den §§ 346 IV, 280 I, III, 281 BGB

V könnte gegen K zudem einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß den §§ 346 IV, 280 I, III, 281 BGB haben.

I. Rückgewährschuldverhältnis

Dies erfordert zunächst ein Rückgewährschuldverhältnis. Ein solches liegt zwischen K und V aufgrund der Rücktrittserklärung des K vor (s.o.).

II. Pflichtverletzung

Zudem müsste K eine Pflicht aus dem Rückgewährschuldverhältnis verletzt haben. Eine solche Pflichtverletzung könnte in der Verursachung des Auffahrunfalls und der damit einhergehenden Beschädigung des Fahrzeugs liegen. Allerdings hatte K zu diesem Zeitpunkt sein Rücktrittsrecht noch nicht ausgeübt, sodass ein Rückgewährschuldverhältnis zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht entstanden war. Fraglich ist deshalb, ob die Pflicht zur Rückgewähr bereits vor Erklärung des Rücktritts verletzt werden kann. Dies ist umstritten:

1. Eine Ansicht

Nach einer Ansicht wird das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs in derartigen Fällen bejaht, da die Pflichtverletzung nicht in der Beschädigung der Sache selbst liege, sondern darin zu sehen sei, dass der Gegenstand nach Entstehung des Rückgewährschuldverhältnisses nur in verschlechtertem Zustand zurückgewährt werden könne. Danach läge die Pflichtverletzung des K vorliegend darin, dass K den Audi A4 nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren kann.

2. Andere Ansicht

Die gegenteilige Ansicht geht davon aus, dass die Schadensersatzpflicht aus § 346 IV BGB die Verletzung einer Pflicht aus § 346 I BGB voraussetzt. Diese Pflicht entstehe allerdings erst mit der Erklärung des Rücktritts, mit welcher das Schuldverhältnis erst in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt werde. Wisse der Vertragspartner bei Vertragsschluss bereits um ein bestehendes Rücktrittsrecht, so habe er lediglich auf die Interessen des anderen Teils Rücksicht zu nehmen und schulde gegebenenfalls Schadensersatz nach den §§ 280 I, 241 II BGB. Hiernach hätte K keine Pflicht verletzt, die einen Schadensersatzanspruch aus den §§ 346 IV, 280 I, III, 281 BGB begründen könnte, da eine Pflichtverletzung erst mit der Begründung des Rückgewährschuldverhältnisses durch eine Rücktrittserklärung möglich würde.

3. Stellungnahme

Der zweiten Ansicht ist zu folgen. Eine Pflichtverletzung zu bejahen, obwohl zur Zeit der Veräußerung des Gegenstandes das Rückgewährschuldverhältnis noch gar nicht bestand, erscheint nicht sachgerecht. Dies gilt umso mehr, als die Bejahung einer Pflichtverletzung nur durch eine künstliche Vorverlagerung des Zeitpunktes der Pflichtverletzung erreicht wird. Haftungslücken werden hingegen durch einen Rückgriff auf den Schadensersatzanspruch gemäß den §§ 280 I, 241 II BGB vermieden. K hat infolgedessen keine Pflicht i.S.d. §§ 280 I, III, 281 BGB verletzt.

III. Ergebnis

Folglich hat V gegen K mangels Pflichtverletzung keinen Anspruch auf Schadensersatz gemäß den §§ 346 IV, 280 I, III, 281 BGB.

C. Anspruch V gegen K auf Schadenersatz gemäß §§ 280 I, 241 II BGB

V könnte gegen K jedoch einen Anspruch auf Schadensersatz wegen der entstandenen Sachschäden und des entgangenen Gewinns gemäß den §§ 280 I, 241 II BGB haben.

I. Anwendbarkeit der §§ 280 I, 241 II BGB

Fraglich ist, ob die §§ 280 I, 241 II BGB vor Entstehung des Rückgewährschuldverhältnisses anwendbar sind. Dies wird unterschiedlich beurteilt:

1. Eine Ansicht

Nach einer Ansicht sind die §§ 280 ff. BGB erst nach Ausübung des Rücktrittsrechts und nur über den Verweis in § 346 IV BGB anwendbar. Dies wird damit begründet, dass § 346 IV BGB die Verletzung einer Pflicht nach § 346 I BGB vorsieht, eine solche Pflichtverletzung jedoch erst mit Entstehung des Rückgewährschuldverhältnisses möglich ist. Hiernach wären die §§ 280, 241 II BGB vorliegend nicht anwendbar.

2. Andere Ansicht

Nach einer anderen Ansicht können die §§ 280 ff. BGB bereits ab positiver Kenntnis von der Rücktrittsmöglichkeit Anwendung finden. Denn im Rahmen eines Vertrags ist nach § 241 II BGB zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichtet. Mithin ist der Käufer einer Sache im Rahmen eines Kaufvertrags ab Kenntnis der Umstände, welche ihn zum Rücktritt berechtigen, dazu verpflichtet, pfleglich mit der Kaufsache umzugeben, um sie unversehrt zurückgeben zu können. Durch den Rücktritt erstarke dann die Nebenpflicht zu einer leistungsbezogenen Pflicht. Hiernach wären die §§ 280 ff. BGB anwendbar, da K zu dem Zeitpunkt des Auffahrunfalls bereits Kenntnis von seiner Rücktrittsmöglichkeit hatte.

3. Weitere Ansicht

Nach einer weiteren Ansicht greifen die §§ 280 ff. BGB bereits ab dem Zeitpunkt, ab welchem der Erwerber die Möglichkeit zum Rücktritt kennen müsste. Dies wird mit einer Parallele zur Rechtsfigur der culpa in contrahendo (§ 311 II BGB) und der Vermeidung der Privilegierung des unsorgfältig Rücktrittsberechtigten begründet. Auch nach dieser Ansicht wären die §§ 280 ff. BGB anwendbar.

4. Stellungnahme

Die erstgenannte Ansicht ist abzulehnen. Das Rückgewährschuldverhältnis ist eine Kehrseite des ursprünglich abgeschlossenen (Kauf-)Vertrags. Auch im Rahmen des Rückgewährschuldverhältnisses bestehen die Pflichten aus § 241 II BGB. Hat der Erwerber der Kaufsache jedoch Kenntnis von dem Umstand, welcher ihn zum Rücktritt berechtigt, ist die Rückabwicklung des Vertrags bereits in greifbarer Nähe. Mithin besteht ab diesem Zeitpunkt ein erhöhtes Interesse des Vertragspartners an dem pflegsamen Umgang mit der Kaufsache, damit diese unbeschadet zurückgewährt werden kann. Mithin besteht auch vor Ausübung des Rücktritts bereits die Notwendigkeit, dass die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Vertragspartners geschützt werden. Dies gilt umso mehr, als der Rücktrittsberechtigte den Rücktritt hinauszögern kann und der Wertersatzanspruch in seiner Höhe meist hinter dem Schadensersatzanspruch zurückbleibt. Zudem ist auch den §§ 160, 820 S. 2, 989 BGB zu entnehmen, dass eine Pflicht der Vertragsparteien besteht, während einer Schwebelage potentielle Rückgewährpflichten sicherzustellen. Mithin ist die erstgenannte Ansicht abzulehnen. Die weiteren Auffassungen kommen zu demselben Ergebnis, sodass eine weitere Streitentscheidung nicht erforderlich ist. Folglich sind die §§ 280, 241 II BGB vorliegend anwendbar.

II. Weitere Voraussetzungen der §§ 280 I, 241 II BGB

Zudem müssen die weiteren Voraussetzungen der §§ 280 I, 241 II BGB gegeben sein.

1. Schuldverhältnis

Ein Schuldverhältnis liegt hier in dem zwischen K und V geschlossenen Kaufvertrag.

2. Pflichtverletzung

Zudem müsste K eine Pflicht aus dem Kaufvertrag verletzt haben. Vorliegend folgt aus § 241 II BGB die Pflicht, auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils Rücksicht zu nehmen. Hier hatte K ab dem Zeitpunkt, in welchem er Kenntnis von der Rücktrittsmöglichkeit erlangt hat, die Pflicht, sorgsam mit der Kaufsache umzugehen, damit er diese im Falle des Rücktritts unbeschadet zurückgewähren kann. Obwohl K von dem Rahmenschaden und damit von dem Mangel wusste, der ihn zum Rücktritt berechtigt, ist er gewohnt schnell und ungeduldig gefahren, sodass es zu dem Auffahrunfall kam. Mithin hat er seine Pflicht aus § 241 II BGB, sorgsam mit der Kaufsache umzugehen, verletzt. Eine Pflichtverletzung i.S.d. §§ 280 I, 241 II BGB liegt somit vor.

3. Vertretenmüssen

Weiterhin müsste K diese Pflichtverletzung zu vertreten haben, wobei das Vertretenmüssen vermutet wird und K sich lediglich exkulpieren kann (vgl. § 280 I 2 BGB). K fuhr im Straßenverkehr schnell und ungeduldig und hat damit zumindest die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen, sodass K fahrlässig i.S.d. § 276 I, II BGB handelte. Jedoch könnte eine Haftungsprivilegierung nach § 346 III 1 Nr. 3 BGB (analog) zugunsten des K greifen. Nach Wortlaut und systematischer Stellung des § 346 III 1 Nr. 3 BGB ist dieser nicht auf Schadensersatzansprüche anwendbar. Auch eine analoge Anwendung kommt nicht in Betracht, da § 346 III 1 Nr. 3 BGB nach seinem Sinn und Zweck nur auf die Fälle angewendet werden kann, in welchen dem Berechtigten das Rücktrittsrecht unbekannt ist. K hat die Pflichtverletzung mithin zu vertreten und kann sich somit nicht exkulpieren.

4. Schaden

Zudem müsste V auch ein Schaden i.S.d. § 280 I BGB entstanden sein. Hier ist es aufgrund des pflichtwidrigen Verhaltens des K zu einem Auffahrunfall gekommen, wobei der PKW erheblich beschädigt wurde, sodass der Minderwert des Audi A4 2.175 Euro beträgt. Zudem hätte V den Wagen an seinen Kunden X mit einem Gewinn von 1.000 Euro weiterverkaufen können. Ihm ist somit ein Gewinn i.H.v. 1.000 Euro entgangen. § 280 I BGB erfasst das Integritätsinteresse und damit auch Mangelfolgeschäden und mittelbare Schäden, wozu auch der entgangene Gewinn (§ 252 BGB) zählt. Mithin ist der entgangene Gewinn von 1.000 Euro von § 280 I BGB erfasst wird, sodass dem V ein ersatzfähiger Schaden i.H.v. insgesamt 3.175 Euro entstanden ist.

III. Ergebnis

V hat gegen K einen Anspruch auf Schadensersatz i.H.v. 3.175 Euro gemäß den §§ 280 I, 241 II BGB.