§ 823 I BGB
1. Examen/ZR/Deliktsrecht
Prüfungsschema: § 823 I BGB
A. Voraussetzungen
I. Tatbestand
1. Rechtsgutsverletzung
a) Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit
b) Eigentum
- Beispiele: Substanzverletzung, Entziehung, Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit
- Problem: Weiterfressender Mangel; Voraussetzung: "Stoffungleichheit“ zwischen defektem Teil und intakter Restsache. Stoffungleichheit liegt vor, wenn das defekte Teil funktional abgrenzbar und wirtschaftlich leicht austauschbar ist.
c) Sonstige Rechte
- Insbesondere sog. "Rahmenrechte“: Allgemeines Persönlichkeitsrecht, Art. 2 I i.V.m. 1 I GG und Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, Art. 14 I GG
2. Verletzungshandlung
- Erfasst sind Tun und Unterlassen.
3. Zurechung
a) Kausalität
- äquivalenztheorie: Kausal ist jede Ursache, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non).
b) Adäquanz
- Beispiele: Atypischer Kausalverlauf, eigenverantwortliche Selbstgefährdung, Dazwischentreten Dritter, Risikoverringerung
- Problem: Verfolgerfälle. Voraussetzungen: Herausforderung in vorwerfbarer Weise, Annahme eines Verfolgungsrechts, Realisierung des typischen Verfolgungsrisikos, Verhältnismäßigkeit zwischen Verfolgungszweck und Verfolgungsrisiko
c) Zurechnungszusammenhang
- Bei Unterlassungsdelikten: Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht
- Verkehrssicherungspflichten können sich ergeben aus: Gesetz, Vertrag, faktischer Übernahme
- Insbesondere Produzentenhaftung: Konstruktionspflichten, Fabrikationspflichten, Instruktionspflichten, Produktbeobachtungspflichten
II. Rechtswidrigkeit
- Grundsatz: Indiziert, d.h., nur bei Eingreifen von Rechtfertigungsgründen prüfen.
- Ausnahme: Rahmenrechte. Dort ist eine umfassende Interessenabwägung erforderlich.
III. Verschulden
1. Verschuldensfähigkeit, §§ 827, 828 BGB
- Bei Minderjährigen kommt es entscheidend auf die Einsichtsfähigkeit an, § 828 III BGB.
2. § 276 BGB
- Grundsatz: Nachzuweisen
- Ausnahme: Vermutet (Beweislastumkehr) bei Verletzung von Verkehrssicherungspflichten
- § 278 BGB ist nicht anwendbar. Arg.: § 831 BGB lex specialis
B. Rechtsfolge: Schadensersatz, §§ 249 ff. BGB
C. Kein Ausschluss
I. Mitverschulden, § 254 BGB
- § 254 II 2 BGB gilt auch für § 254 I BGB.
II. Gesetzlich
- Beispiel: Personenschäden im Betrieb, §§ 104 ff. SGB VII
III. Grundsätze der gestörten Gesamtschuld
- Problem: Rechtsfolgen der gestörten Gesamtschuld
- aA: Wortlautlösung. Volle Haftung des Schädigers im Außenverhältnis. Kein Regress im Innenverhältnis der Schädiger.
- aA: Lehre von der fingierten Gesamtschuld. Volle Haftung im Außenverhältnis. Regress im Innenverhältnis der Schädiger, § 426 BGB analog.
- hM (Rspr.): Kürzung im Außenverhältnis. In dem Umfang, wie die anderen Schädiger von der Haftung befreit sind, wird die Haftung des Schädigers im Außenverhältnis gekürzt. Arg.: Gerechter Interessenausgleich.
IV. Grundsätze der betrieblich veranlassten Tätigkeit
- Einfache Fahrlässigkeit des Arbeitnehmers: keine Haftung des Arbeitnehmers
- Mittlere Fahrlässigkeit: hälftige Haftung
- Grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz: Volle Haftung