<h2>Aufbau der Pr&uuml;fung - Vertragsverletzungsverfahren, Art. 258 ff. AEUV</h2>

<p>Das Vertragsverletzungsverfahren geh&ouml;rt zu den Verfahren vor dem EuGH und ist in den Art. 258 ff. AEUV geregelt. Beispiel 1: Die BRD setzt eine Richtlinie nicht um und die Kommission sieht darin eine Vertragsverletzung. Beispiel 2: Die BRD h&auml;lt an der Regelung &uuml;ber das Reinheitsgebot f&uuml;r Bier fest. Die Kommission erachtet dies f&uuml;r europarechtswidrig. In beiden F&auml;llen kommt ein Vertragsverletzungsverfahren in Betracht. Das Vertragsverletzungsverfahren wird in zwei Schritten gepr&uuml;ft: Zul&auml;ssigkeit und Begr&uuml;ndetheit.</p>

<h3>A. Zul&auml;ssigkeit</h3>

<h3>I. Zust&auml;ndigkeit</h3>

<p>Im Rahmen der Zul&auml;ssigkeit ist zun&auml;chst die Zust&auml;ndigkeit zu pr&uuml;fen. F&uuml;r das Vertragsverletzungsverfahren ist ausschlie&szlig;lich der EuGH zust&auml;ndig. Dies folgt aus Art. 258 AEUV und Art. 256 I AEUV, und zwar dort aus dem Umstand, dass das Gericht nicht zust&auml;ndig ist.</p>

<h3>II. Beteiligtenf&auml;higkeit</h3>

<p>Weiterhin verlangt das Vertragsverletzungsverfahren die Beteiligtenf&auml;higkeit.</p>

<h3>1. Aktiv</h3>

<p>Aktiv beteiligtenf&auml;hig sind die Kommission und andere Mitgliedsstaaten. Das Vertragsverletzungsverfahren kann somit durch die Kommission nach Art. 258 AEUV eingeleitet werden. Allerdings k&ouml;nnen auch andere Mitgliedsstaaten das Vertragsverletzungsverfahren einleiten, vgl. Art. 259 AEUV.</p>

<h3>2. Passiv</h3>

<p>Passiv beteiligtenf&auml;hig ist der einzelne Mitgliedsstaat.</p>

<h3>III. Klagegegenstand</h3>

<p>Das Vertragsverletzungsverfahren hat einen Versto&szlig; gegen Verpflichtungen aus dem Vertrag, also eine Vertragsverletzung zum Gegenstand. Erfasst sind sowohl Verletzungen des Prim&auml;rrechts als auch des Sekund&auml;rrechts. Beispiele: Wenn die BRD die Regelung &uuml;ber das Reinheitsgebot nicht an die Warenverkehrsfreiheit anpasst, w&auml;re dies potentiell ein Versto&szlig; gegen das Prim&auml;rrecht. Wenn eine Richtlinie nicht oder nicht rechtzeitig umgesetzt wird, geht es in der Sache um Sekund&auml;rrecht.</p>

<h3>IV. Klageberechtigung</h3>

<p>Ferner erfordert das Vertragsverletzungsverfahren eine Klageberechtigung. In dieser Hinsicht verlangt Art. 258 AEUV, dass die Kommission oder der Mitgliedsstaat von der Vertragsverletzung &uuml;berzeugt ist.</p>

<h3>V. Ordnungsgem&auml;&szlig;es Vorverfahren</h3>

<p>Dar&uuml;ber ist Voraussetzung f&uuml;r das Vertragsverletzungsverfahren die ordnungsgem&auml;&szlig;e Durchf&uuml;hrung des Vorverfahrens.</p>

<h3>1. Art. 258 AEUV</h3>

<p>Leitet die Kommission das Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 258 AEUV ein, beginnt das Vorverfahren damit, dass die Kommission den Mitgliedsstaat anh&ouml;rt. Sie gibt dem Mitgliedsstaat folglich die Gelegenheit zur Stellungnahme und setzt ihm hierf&uuml;r eine Frist. Nach Ablauf dieser Frist nimmt die Kommission ihrerseits begr&uuml;ndet Stellung. An dieser Stelle wird wiederum eine Frist gesetzt, in der dem Mitgliedsstaat die Gelegenheit gegeben wird, die Verletzung abzustellen. An dieser Stelle stellt sich das Problem der Verpflichtung der Kommission. Fraglich ist mithin, ob die Kommission ein solches Vorverfahren einleiten muss oder dies nur tun kann.</p>

<h3>2. Art. 259 AEUV</h3>

<p>Wird das Vertragsverletzungsverfahren durch einen Mitgliedsstaat gem&auml;&szlig; Art. 259 AEUV eingeleitet, muss zun&auml;chst ein Antrag des Mitgliedsstaates bei der Kommission erfolgen. Sodann hat die Kommission den Mitgliedsstaat anzuh&ouml;ren, der potentiell eine Verletzung begangen hat, um in der Folge eine eigene Stellungnahme abzugeben.</p>

<h3>VI. Rechtsschutzbed&uuml;rfnis</h3>

<p>Letzte Zul&auml;ssigkeitsvoraussetzung im Vertragsverletzungsverfahren ist das Rechtsschutzbed&uuml;rfnis. Dies entf&auml;llt beispielsweise dann, wenn der Mitgliedsstaat vor Ablauf der gesetzten Frist die Vertragsverletzung abgestellt hat. Dann gibt es keine Veranlassung mehr, ein Vertragsverletzungsverfahren vor dem EuGH durchzuf&uuml;hren. Die Einhaltung einer Frist ist f&uuml;r das Vertragsverletzungsverfahren hingegen nicht erforderlich.</p>

<h3>B. Begr&uuml;ndetheit</h3>

<p>Das Vertragsverletzungsverfahren ist ferner begr&uuml;ndet, wenn tats&auml;chlich eine Vertragsverletzung vorliegt. An dieser Stelle sind Verletzungen der Vorschriften des Prim&auml;rrechts oder Sekund&auml;rrechts zu pr&uuml;fen. Im &Uuml;brigen ist es nicht relevant, wenn der Mitgliedsstaat vorbringt, er k&ouml;nne nichts f&uuml;r die Verletzung aufgrund innerstaatlicher Uneinigkeit. Denn der Mitgliedsstaat hat daf&uuml;r zu sorgen, dass er beispielsweise eine Richtlinie rechtzeitig umsetzt. Ebenfalls stellt es kein relevantes Vorbringen dar, wenn der Mitgliedsstaat vortr&auml;gt, dass die anderen Mitgliedsstaaten ihrerseits Vertragsverletzungen begingen. Denn es gibt keine Gleichheit im Unrecht. Zudem besteht&nbsp; zwischen den einzelnen mitgliedsstaatlichen Verpflichtungen kein Austauschverh&auml;ltnis. Jeder Mitgliedsstaat muss den Vertrag selbst einhalten.</p>

<p>Im Vertragsverletzungsverfahren ergeht ein Feststellungsurteil. Dies ergibt sich aus Art. 260 I AEUV. Es erfolgt also beispielsweise keine Aufhebung einer mitgliedsstaatlichen Ma&szlig;nahme. Dar&uuml;ber hinaus gibt es die M&ouml;glichkeit, dass der EuGH einen Pauschalbetrag oder ein Zwangsgel auf Antrag der Kommission festsetzt, vgl. Art. 260 II AEUV.</p>

<p>&nbsp;</p>


Öffentliches Recht

Europarecht

Verfahren vor dem EuGH, Art. 258 ff. AEUV

Vertragsverletzungsverfahren, Art. 258 ff. AEUV

<h2>Aufbau der Pr&uuml;fung - Urkundenprozess (Behandlung des Vorverfahrens im Gutachten)</h2>

<p>Dieser Exkurs behandelt das Vorverfahren des Urkundenprozesses im Gutachten. Der Urkundenprozess ist ein Spezialverfahren, vgl. &sect;&sect; 592 ff. ZPO. Beim Urkundenprozess geht es um die Verfahrensbeschleunigung durch die Beschr&auml;nkung von Beweismitteln. Der Urkundenprozess ist in zwei Verfahrensabschnitte unterteilt: das Vorverfahren und das Nachverfahren. Im Vorverfahren gilt die Beschr&auml;nkung der Beweismittel auf Urkunden, wohingegen im Nachverfahren mit allen Beweismitteln agiert werden kann. Beispiel: A vermietet eine Wohnung an B. B zahlt A die Miete in bar. A vergisst die Zahlung und bemerkt in seinen Unterlagen einen Zahlungsr&uuml;ckstand. A entscheidet sich, im Urkundenprozess die Mietzahlung einzuklagen. Dies ist dem A deshalb m&ouml;glich, da er den Mietvertrag hat, aus dem sich ergibt, dass B ihm die Miete schuldet. Da im Prozess nur Urkunden zul&auml;ssig sind, kann sich B nicht auf die Zahlung berufen, wenn A ihm keine Quittung ausgestellt hat. Mithin wird B das Vorverfahren verlieren. Im Nachverfahren kann B sich jedoch beispielsweise auf einen Zeugen st&uuml;tzen, der gesehen hat, wie B dem A das Geld in die Hand gedr&uuml;ckt hat. Das Gutachten wir beim Vorverfahren im Urkundenprozess in zwei Schritten aufgebaut: Zul&auml;ssigkeit und Begr&uuml;ndetheit der Klage. Zun&auml;chst wird somit die Zul&auml;ssigkeit der Klage er&ouml;rtert.</p>

<h3>I. Zul&auml;ssigkeit</h3>

<h3>1. Allgemeine Sachurteilsvoraussetzungen</h3>

<p>Die Zul&auml;ssigkeitspr&uuml;fung beginnt wie &uuml;blich mit den allgemeinen Sachurteilsvoraussetzungen.</p>

<h3>2. Besondere Sachurteilsvoraussetzungen</h3>

<p>Sodann folgen die besonderen Sachurteilsvoraussetzungen des Urkundenprozesses. Diese ergeben sich aus den &sect;&sect; 592, 593 ZPO.</p>

<h3>a) Klage auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme, &sect; 592 S. 1 ZPO</h3>

<p>Gem&auml;&szlig; &sect; 592 ZPO muss sich die Klage auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme richten. Insbesondere ist es nicht m&ouml;glich, R&auml;umungsklagen oder Feststellungsklagen &uuml;ber einen Urkundenprozess durchzusetzen.</p>

<h3>b) Schl&uuml;ssigkeit der Klage</h3>

<p>Sodann wird die Schl&uuml;ssigkeit der Klage im Rahmen der Zul&auml;ssigkeit gepr&uuml;ft. Dies ist im Grunde genommen ein Systembruch,ergibt sich jedoch aus dem Wortlaut des &sect; 592 ZPO (&bdquo;wenn die s&auml;mtlichen zur Begr&uuml;ndung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen durch Urkunden bewiesen werden k&ouml;nnen.&ldquo;). Voraussetzung ist, dass mindestens eine Urkunde vorgelegt werden. Wendet sich der Gegner dagegen, muss der Kl&auml;ger f&uuml;r alle bestrittenen und anspruchsbegr&uuml;ndenden Tatsachen vorlegen. Zudem m&uuml;ssen die anspruchsbegr&uuml;ndenden Tatsachen mit Urkunden beweisbar sein.</p>

<h3>c) Erkl&auml;rung gem&auml;&szlig; &sect; 593 I ZPO</h3>

<p>Ferner muss gem&auml;&szlig; &sect; 593 ZPO die Erkl&auml;rung erfolgt sein, dass im Urkundenprozess geklagt wird.</p>

<h3>II. Begr&uuml;ndetheit</h3>

<p>An die Zul&auml;ssigkeit schlie&szlig;t sich die Begr&uuml;ndetheit der Klage an. Da die Schl&uuml;ssigkeit bereits in&nbsp; der Zul&auml;ssigkeit gepr&uuml;ft wurde, muss dies in der Begr&uuml;ndetheit nicht noch einmal wiederholt werden. Vielmehr kann an dieser Stelle nach oben verwiesen werden. Allerdings kann das Verhalten des Beklagten in der Begr&uuml;ndetheit einen Unterschied machen. Dem Beklagten stehen insofern verschiedene Optionen offen. Zum einen steht es ihm offen, sich gar nicht zu verteidigen. Dann ergeht gegen ihn ein Vers&auml;umnisurteil. Zum anderen hat der Beklagte jedoch auch die M&ouml;glichkeit,&nbsp; einen Widerspruch einzulegen, vgl. &sect; 599 I ZPO. Dies ist das Minimum einer Verteidigung, mit der verhindert werden kann, dass ein Vers&auml;umnisurteil ergeht. &Uuml;blicherweise wird bei einem einfachen Widerspruch des Beklagten ein Vorbehaltsurteil ergehen. Dann bleibt es dem Beklagten unbenommen, sich im Nachverfahren zu verteidigen. Das macht in einer Konstellation wie der des obigen Beispielsfalls Sinn. Denn in dieser Konstellation konnte B den Prozess im Vorverfahren nicht gewinnen, da A ihm keine Quittung &uuml;ber die Zahlung ausgestellt hatte. Zuletzt kann sich der Beklagte auch allgemein verteidigen, also beispielsweise seinerseits eine Urkunde zum Beweis strittiger Tatsachen vorlegen. Im Vorverfahren ist eine Widerklage nicht statthaft und steht dem Beklagten mithin nicht als Verteidigungsmittel zur Verf&uuml;gung. Ist eine Beweispr&uuml;fung im Vorverfahren erforderlich, muss der Kl&auml;ger den Beweis durch Urkunden f&uuml;hren. Muss der Beklagte etwas beweisen, kann er dies durch Urkunden oder &ndash; jedoch nur sehr eingeschr&auml;nkt &ndash; durch Parteivernehmung tun, vgl. &sect; 595 II ZPO. Zusammenfassung: Das Gutachten im Vorverfahren des Urkundenprozesses wird nach den allgemeinen Regeln aufgebaut. Allerdings findet eine Beschr&auml;nkung der Beweismittel auf Urkunden statt. Zudem wird die Schl&uuml;ssigkeitspr&uuml;fung bereits im Rahmen der Zul&auml;ssigkeitspr&uuml;fung durchgef&uuml;hrt, sodass die Begr&uuml;ndetheitspr&uuml;fung etwas knapper ausf&auml;llt.</p>

<p>&nbsp;</p>


Bei der Prüfung der Schlüssigkeit ist das tatsächliche Vorbringen des Klägers als zugestanden anzunehmen, vgl. § 331 ZPO.

Urkunde i.S.d. § 267 StGB ist jede verkörperte Gedankenerklärung, die den Aussteller erkennen lässt (Garantiefunktion) und zum Beweis im Rechtsverkehr bestimmt und geeignet ist.

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