<h2>Problem &ndash; Rosinentheorie</h2>

<p>Im Rahmen der Rechtsfolge der negativen Publizit&auml;t kann sich die Rosinentheorie als Problem stellen. Die Rosinentheorie betrifft die Frage, ob sich jemand in ein und demselben Lebenssachverhalt sowohl auf den tats&auml;chlichen Sachverhalt als auch auf &sect; 15 I HGB berufen kann, oder ob er sich durchg&auml;ngig und generell auf &sect; 15 I HGB hinsichtlich aller Aspekte eines Sachverhalts berufen muss. Beispiel f&uuml;r die Relevanz der Rosinentheorie: Eine KG hat zwei Komplement&auml;re, K1 und K2. Diese haften komplett und sind vertretungsbefugt. Vorliegend sind beide Komplement&auml;re nur gemeinschaftlich vertretungsbefugt. K2 scheidet aus der Gesellschaft aus. Danach schlie&szlig;t K1 im Namen der KG einen Kaufvertrag mit V. V ist gutgl&auml;ubig hinsichtlich des Ausscheidens des zweiten Komplement&auml;rs. V m&ouml;chte nun von K2 den Kaufpreis. Im Verlauf der Anspruchspr&uuml;fung wird sich die Relevanz der Rosinentheorie zeigen.</p>

<p><br />
V k&ouml;nnte gegen K2 einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung aus &sect; 433 II BGB i.V.m. den &sect;&sect; 161 II, 124, 128 HGB.</p>

<p>&sect; 161 II HGB verweist f&uuml;r die KG auf die Vorschriften der OHG. Nach &sect; 124 HGB kann die OHG selbst Anspruchsgegner, also Tr&auml;ger von Rechten und Pflichten sein. Nach &sect; 128 HGB haften die Gesellschafter der OHG auch pers&ouml;nlich, also akzessorisch.</p>

<h3>I. Anspruch entstanden</h3>

<h3>1. Gesellschaftsverbindlichkeit</h3>

<p>F&uuml;r die Entstehung des Anspruchs m&uuml;sste zun&auml;chst eine Gesellschaftsverbindlichkeit entstanden sein. Dies w&auml;re dann der Fall, wenn die KG wirksam durch K1 vertreten wurde.</p>

<h3>a) Eigene Willenserkl&auml;rung</h3>

<h3>b) Im fremden Namen</h3>

<p>Vorliegend hat K1 eine eigene Willenserkl&auml;rung im Namen der KG abgegeben.</p>

<h3>c) Im Rahmen der Vertretungsmacht</h3>

<p>Zudem m&uuml;sste er auch im Rahmen der Vertretungsmacht gehandelt haben. Diese kann rechtsgesch&auml;ftlich, gesetzlich oder kraft Rechtsscheins entstehen.</p>

<h3>aa) Rechtsgesch&auml;ftlich</h3>

<h3>bb) Gesetzlich</h3>

<p>Hier kommt eine gesetzliche Vertretungsmacht nach den &sect;&sect; 161 II, 125 II HGB in Betracht. &sect; 125 HGB sieht vor, dass eine gemeinschaftliche Vertretungsmacht gilt. Danach k&ouml;nnten nur die beiden Komplement&auml;re gemeinsam die KG vertreten. Vorliegend ist K2 jedoch ausgeschieden. Da K1 nunmehr der einzige Komplement&auml;r ist, kann er auch allein die KG vertreten.</p>

<h3>cc) &sect; 15 I HGB</h3>

<p>Jedoch ist &sect; 15 I HGB zu beachten, denn der Austritt des zweiten Komplement&auml;rs ist nicht ins Handelsregister eingetragen worden.</p>

<h3>(1) Voraussetzungen</h3>

<h3>(a) Einzutragende Tatsache</h3>

<p>Das Ausscheiden eines Komplement&auml;rs ist nach &sect; 143 II HGB eine einzutragende Tatsache.</p>

<h3>(b) Keine Eintragung</h3>

<p>Der Austritt des K2 wurde auch nicht ins Handelsregister eingetragen.</p>

<h3>(c) Keine Kenntnis des Gegners</h3>

<p>Dar&uuml;ber hinaus hatte V von dem Ausscheiden des zweiten Komplement&auml;rs keine Kenntnis.</p>

<h3>(d) Vorgang im Gesch&auml;ftsverkehr</h3>

<p>Zuletzt liegt mit dem Kaufvertrag auch ein Vorgang im Gesch&auml;ftsverkehr vor.</p>

<h3>(2) Rechtsfolge: negative Publizit&auml;t</h3>

<p>Die Rechtsfolge des &sect; 15 I HGB ist die negative Publizit&auml;t des Handelsregisters. Das, was nicht im Handelsregister steht, gilt danach als nicht geschehen. Das Ausscheiden des K2 w&uuml;rde mithin als nicht geschehen gelten. Das hie&szlig;e ja bei Gesamtvertretungsmacht, dass K1 keine Vertretungsmacht gehabt hat. V m&ouml;chte allerdings, dass der Vertrag zustande kommt. Hierzu ist die Freiwilligkeit im Rahmen des &sect; 15 HGB zu beachten. V muss sich nicht auf &sect; 15 I HGB berufen. Dies ist eine Schutzvorschrift, deren Schutz er nicht in Anspruch nehmen muss. Es bleibt mithin bei der gesetzlichen Vertretungsmacht.</p>

<h3>2. Gesellschafterstatus</h3>

<p>Ferner m&uuml;sste neben der Gesellschaftsverpflichtung auch der Gesellschafterstatus des K2 gegeben sein. Dieser ist jedoch ausgeschieden. Auch an dieser Stelle k&ouml;nnte man &sect; 15 I HGB in Erw&auml;gung ziehen, was dazu f&uuml;hren w&uuml;rde, dass das Ausscheiden als nicht geschehen gelten w&uuml;rde. An dieser Stelle taucht das Problem der Rosinentheorie auf. Denn noch oben hat V f&uuml;r die Frage, ob eine Vertretungsmacht vorliegt, auf den Schutz des &sect; 15 I HGB verzichtet und will diesen nun bez&uuml;glich des Gesellschafterstatus des K2 in Anspruch nehmen. Fraglich ist, ob dies m&ouml;glich ist, ob also eine solche Rosinentheorie anwendbar ist.</p>

<h3>a) Eine Ansicht</h3>

<p>Eine Ansicht verneint die Anwendbarkeit der Rosinentheorie. Man m&uuml;sse sich schon f&uuml;r eine Variante entscheiden. Zwar habe der Betroffene ein Wahlrecht, er m&uuml;sse dieses jedoch konsequent aus&uuml;ben. Als Argument gegen die Rosinentheorie wird die ansonsten zutage tretende Widerspr&uuml;chlichkeit angef&uuml;hrt. Daher m&uuml;sse man sich f&uuml;r die wahre Rechtslage oder die Rechtsscheinslage entscheiden. Eine Rosinentheorie, nach der man nach Lust und Laune w&auml;hlen k&ouml;nne, sei unzul&auml;ssig.</p>

<h3>b) Andere Ansicht (h.M.)</h3>

<p>Die herrschende Meinung bejaht hingegen die Rosinentheorie. &sect; 15 I HGB sei eine Schutzvorschrift und solle den Rechtsverkehr sch&uuml;tzen. Komme nur zuf&auml;llig in ein und demselben Sachverhalt zweimal die Frage des &sect; 15 HGB auf, d&uuml;rfe dies nicht zum Nachteil des gesch&uuml;tzten Rechtsverkehrs gereichen. &Uuml;berall dort, wo der Gegner des Schutzes bed&uuml;rfe, k&ouml;nne er sich auf &sect; 15 I HGB berufen. Folgt man der herrschenden Meinung und bejaht die Rosinentheorie, gilt &sect; 15 I HGB f&uuml;r den Gesellschafterstatus des K2.</p>

<h3>II. Anspruch nicht erloschen</h3>

<h3>III. Anspruch durchsetzbar</h3>

<p>Da der Anspruch dar&uuml;ber hinaus nicht erloschen und auch durchsetzbar ist, hat V gegen K2 einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung aus &sect; 433 II BGB i.V.m. &sect; 161 II, 124, 128 HGB.</p>

<p>&nbsp;</p>


Negative Publizität des Handelsregisters

§ 143 II HGB

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