<h2>Aufbau der Pr&uuml;fung - Wahlfeststellung</h2>

<p>Im Rahmen der Wahlfeststellung sind zwei Arten zu unterscheiden: die unechte und die echte Wahlfeststellung.</p>

<h3>I. Die unechte Wahlfeststellung</h3>

<p>Die Situation der<strong> unechten Wahlfeststellung</strong> ist die folgende.</p>

<h3>1. Sachverhaltsungewissheit</h3>

<p>Es kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden, durch welche von zwei oder mehreren alternativ fragestehenden Handlungen ein auf jeden Fall verwirklichter Tatbestand erf&uuml;llt wurde. Dies wird Sachverhaltsungewissheit genannt. Beispiel: A hat einen Meineid begangen, vgl. &sect; 154 StGB. Es bleibt jedoch unklar, an welchem Tag der A falsch geschworen hat. Er k&ouml;nnte den Meineid am 4.5. oder 15.5. begangen haben. In diesem Fall wird A wegen Meineides verurteilt. Es kommt nicht darauf an, an welchem genauen Tag er diesen begangen hat.</p>

<h3>2. Normungewissheit</h3>

<p>Zweiter Fall ist die Normungewissheit. Hierbei sind mindestens zwei Konstellationen zu unterscheiden.</p>

<h3>a) Stufenverh&auml;ltnis</h3>

<p>Zum einen k&ouml;nnen die Straftatbest&auml;nde in einem Stufenverh&auml;ltnis stehen. Beispielsweise kann nicht gekl&auml;rt werden, ob das&nbsp; Delikt &uuml;ber das Versuchsstadium hinausgelangt ist. Hieraus ergibt sich eine Bestrafung aus der niedrigeren Stufe, hier dem Versuchsdelikt. Gleiches gilt, wenn nicht gekl&auml;rt werden kann, ob eine Verabredung stattgefunden hat oder bereits in das Versuchsstadium eingetreten wurde. Denn dann wird der Betroffene wegen der Verabredung verurteilt, sofern diese strafbar ist. Weiteres Beispiel ist eine Unsicherheit bez&uuml;glich der Tatbeteiligung. Es ist in diesem Fall nicht klar, ob der Beschuldigte T&auml;ter oder Teilnehmer ist. Stellt sich also die unbeantwortete Frage, ob der Beschuldigte Beihilfe geleistet hat oder doch bereits Mitt&auml;ter war, wird er nur aufgrund der Beihilfe verurteilt.</p>

<h3>b) Auffangtatbestand</h3>

<p>Eine weitere Konstellation betrifft den Auffangtatbestand, der nicht unbedingt technisch gemeint sein muss. Beispiel 1: Es steht fest, dass A den Tod des B verursacht hat. Allerdings bleibt unklar, ob A mit Vorsatz gehandelt hat. A wird folglich nicht wegen Totschlags gem&auml;&szlig; &sect; 212 StGB, sondern wegen des Auffangtatbestands des &sect; 222 StGB verurteilt. Beispiel 2: Es ist gesichert, dass A vor einer Beh&ouml;rde einen anderen falsch verd&auml;chtig hat. Es bleibt jedoch offen, ob A die f&uuml;r &sect; 164 StGB erforderliche Absicht hatte. Deshalb wird er wegen Vort&auml;uschen einer Straftat nach &sect; 145d StGB verurteilt.</p>

<h3>c) Postpendenzfeststellung</h3>

<p>Eine weitere Fallgestaltung betrifft die <strong>Postpendenzfeststellung</strong>. Hierbei steht von zwei rechtlich relevanten Sachverhalten der sp&auml;tere fest. Der fr&uuml;here Sachverhalt ist nur m&ouml;glicherweise gegeben. Beispiel: A kauft in Kenntnis der Herkunft eine gestohlene Sache an und hat sich damit der Hehlerei strafbar gemacht. Allerdings kann nicht gekl&auml;rt werden, ob A auch als Mitt&auml;ter an dem Diebstahl der Sache beteiligt war, vgl. &sect;&sect; 242 I, 25 II StGB. War A an dem Diebstahl beteiligt, kann er nicht Hehler sein. Steht jedoch das Nachtatverhalten in Form des Ankaufens fest, wohingegen das Vortatverhalten offen bleibt, wird nur wegen des Nachtatverhaltens, hier der Hehlerei, verurteilt.</p>

<h3>d) Pr&auml;pendenzfeststellung</h3>

<p>Als Gegenst&uuml;ck ist die ebenfalls umstrittene <strong>Pr&auml;pendenzfeststellung</strong> zu beachten. Diese betrifft den umgekehrten Fall. Das bedeutet, dass von zwei rechtlich relevanten Sachverhalten nur der fr&uuml;here feststeht. Der sp&auml;tere Sachverhalt ist dagegen nur m&ouml;glicherweise gegeben. Beispiel: Es steht fest, dass A Mitt&auml;ter bei einem Diebstahl war, vgl. &sect;&sect; 242 I, 25 II StGB. Unklar bleibt jedoch, ob er in der Kenntnis der Herkunft die Sache von seinem Mitt&auml;ter angekauft hat, vgl. &sect; 259 StGB. In diesem Fall wird A nur wegen des gesicherten Vortatverhaltens verurteilt. Die Klausurrelevanz der bisher vorgestellten Institute ist &auml;u&szlig;erst gering.</p>

<h3>II. Echte Wahlfeststellung</h3>

<p>H&ouml;her liegt aufgrund der neuen Rechtsprechung die M&ouml;glichkeit der echten Wahlfeststellung. Die <strong>echte Wahlfeststellung</strong> hat drei Voraussetzungen.</p>

<h3>1. Voraussetzungen</h3>

<h3>a) Eindeutige Tatsachenfeststellung nicht m&ouml;glich</h3>

<p>Zun&auml;chst ist eine eindeutige Tatsachenfeststellung nicht m&ouml;glich.</p>

<h3>b) Sicher, dass Beschuldigter sich durch jede der beiden (oder mehreren) Alternativen strafbar gemacht h&auml;tte</h3>

<p>Weiterhin steht fest, dass sich der Beschuldigte durch jede der beiden oder mehreren Alternativen strafbar gemacht h&auml;tte.</p>

<h3>c) Rechtsethische und psychologische Vergleichbarkeit</h3>

<p>Zuletzt m&uuml;ssen die beiden Delikte rechtsethisch und psychologisch vergleichbar sein. <strong>Rechtsethische Vergleichbarkeit</strong> meint vergleichbares Rechtsgut und vergleichbarer Strafrahmen. Unter der <strong>psychologischen Vergleichbarkeit</strong> versteht man die gleiche Schuldform (Vorsatz und Fahrl&auml;ssigkeit). Danach k&ouml;nnen Vorsatzdelikte nur mit Vorsatzdelikten und Fahrl&auml;ssigkeitsdelikte nur mit Fahrl&auml;ssigkeitsdelikten verglichen werden. Hinzu kommt zudem die vergleichbare Vergehensweise. Diese vier Voraussetzungen m&uuml;ssen kumulativ vorliegen. Beispiel 1: Es ist ungekl&auml;rt, ob die Gegenst&auml;nde, die im Keller des A gefunden wurden, von ihm selbst entwendet wurden oder ob A diese Gegenst&auml;nde in Kenntnis ihrer Herkunft aus einem Diebstahl angekauft hat. In diesem Fall wird A wegen Diebstahl oder Hehlerei verurteilt, vgl. &sect;&sect; 242, 259 StGB. Beispiel 2: Es ist gekl&auml;rt, dass A an Sachen unter Einsatz von N&ouml;tigungsmitteln gelangt ist. Hierbei bleibt jedoch unklar, ob er diese Gegenst&auml;nde weggenommen hat oder sich diese hat geben lassen. In diesem Fall wird A wegen Raub oder r&auml;uberischer Erpressung verurteilt, vgl. &sect;&sect; 249, 255 StGB. Beispiel 3: A ist im Zustand der Fahrunt&uuml;chtigkeit Auto gefahren. Unklar ist, ob A soviel getrunken hat, dass er schuldunf&auml;hig war. Bei Schuldf&auml;higkeit w&auml;re A wegen Trunkenheit im Verkehr zu verurteilen. L&auml;ge diese nicht vor, w&auml;re &sect; 323a StGB einschl&auml;gig. Diese Delikte sind schon bereits wegen ihrer unterschiedlichen Schutzg&uuml;ter nicht vergleichbar. Au&szlig;erdem handelt es sich bei Trinken und Fahren um unterschiedliche Begehungsweisen.</p>

<h3>2. Rechtsfolge</h3>

<p>Umstritten ist aufgrund einer Meinungsverschiedenheit zweier Senate des BGH, ob die Wahlfeststellung noch verfassungsgem&auml;&szlig; ist. Dieses Problem der Verfassungswidrigkeit der echten Wahlfeststellung wird in einem gesonderten Exkurs behandelt.</p>

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Eine unechte Wahlfestellung liegt vor, wenn nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann, durch welche von zwei oder mehreren alternativ fragestehenden Handlungen ein auf jeden Fall verwirklichter Tatbestand erfüllt wurde. Dies wird Sachverhaltsungewissheit genannt.

Präpendenzfeststellung bedeutet, dass von zwei rechtlich relevanten Sachverhalten nur der frühere feststeht. Der spätere Sachverhalt ist dagegen nur möglicherweise gegeben.

Bei der Postpendenzfeststellung steht von zwei rechtlich relevanten Sachverhalten der spätere fest. Der frühere Sachverhalt ist nur möglicherweise gegeben.

Rechtsethische Vergleichbarkeit im Rahmen der echten Wahlfeststellung meint vergleichbares Rechtsgut und vergleichbarer Strafrahmen.

Unter psychologischer Vergleichbarkeit versteht man im Rahmen der echten Wahlfeststellung die gleiche Schuldform (Vorsatz und Fahrlässigkeit).

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