<h2>Aufbau der Pr&uuml;fung - Relative Beweisverwertungsverbote</h2>

<p><strong>Relative Beweisverwertungsverbote</strong> sind solche Beweisverwertungsverbote, die nicht ausdr&uuml;cklich im Gesetz geregelt sind. Relative Beweisverwertungsverbote m&uuml;ssen daher hergeleitet werden. F&uuml;r die Herleitung der relativen Beweisverwertungsverbote wird die <strong>modifizierte Rechtskreistheorie </strong>zugrunde gelegt. Danach ist zu fragen, ob die Vorschrift, die verletzt wurde, den Rechtskreis des Beschuldigten betrifft. Oft steht dies in der betroffenen Norm, mitunter muss dies herausgelesen werden. F&uuml;r relative Beweisverwertungsverbote ist zudem erforderlich, dass der Beschuldigte in essentiellen Rechten betroffen ist. Die Modifizierung der Rechtskreistheorie ergibt sich aus den neu dazu gekommenen Abw&auml;gungsgesichtspunkten. F&uuml;r relative Beweisverwertungsverbote muss danach das Strafverfolgungsinteresse des Staates gegen die Grundrechte des Beschuldigten abgewogen werden. Je schwerwiegender die Straftat, desto eher ist eine Verwertung zul&auml;ssig.</p>

<p>Relative Beweisverwertungsverbote werden in zwei Schritten gepr&uuml;ft. Zun&auml;chst muss ein Beweiserhebungsverbot vorliegen. Weiterhin ist zu pr&uuml;fen, ob dies auch zu einem Beweisverwertungsverbot f&uuml;hrt.</p>

<h3>I. &sect; 136 I StPO</h3>

<h3>1. Beweiserhebungsverbot</h3>

<p>Relative Beweisverwertungsverbote werden beispielsweise im Rahmen des &sect; 136 StPO relevant. Dieser gilt unmittelbar nur f&uuml;r den Richter. F&uuml;r die Staatsanwaltschaft und die Polizei muss die Vorschrift des &sect; 163a StPO herangezogen werden, vgl. &sect; 163a III 2 und IV 2 StPO. Der Beschuldigte wird in diesen F&auml;llen nicht dar&uuml;ber belehrt, dass er nicht aussagen muss.</p>

<h3>2. Beweisverwertungsverbot</h3>

<p>Ob und unter welchen Voraussetzungen dies zu einem Beweisverwertungsverbot f&uuml;hrt, wird in einem gesonderten Exkurs erl&auml;utert.</p>

<h3>II. &sect; 52 III 1 StPO</h3>

<h3>1. Beweiserhebungsverbot</h3>

<p>Relative Beweiserhebungsverbote betreffen auch &sect; 52 StPO. Danach m&uuml;ssen Zeugnisverweigerungsberechtigte darauf hingewiesen werden, dass sie nicht aussagen m&uuml;ssen. Beispiel: Ehegatte, Verlobte, Verwandte etc.</p>

<h3>2. Beweisverwertungsverbot</h3>

<p>Konsequenz eines Versto&szlig;es gegen diese Norm ist ein Beweisverwertungsverbot.&nbsp; Die Begr&uuml;ndung ist in der Rechtskreistheorie zu finden. Denn diese Norm sch&uuml;tzt den Rechtskreis des Beschuldigten. Dieser soll von seinem Angeh&ouml;rigen nicht belastet werden (&bdquo;Familienbande&ldquo;).</p>

<h3>III. &sect; 55 II StPO</h3>

<h3>1. Beweiserhebungsverbot</h3>

<p>Relative Beweisverwertungsverbote werden auch im Rahmen des &sect; 55 II StPO relevant. Hiernach muss der auskunftsverweigerungsberechtigte Zeuge dar&uuml;ber belehrt werden, dass er nicht aussagen muss, wenn er sich dadurch selbst belastet.</p>

<h3>2. Beweisverwertungsverbot</h3>

<p>Dies f&uuml;hrt nicht zu einer Unzul&auml;ssigkeit der Verwertung, da die Vorschrift den auskunftsverweigerungsberechtigten Zeugen sch&uuml;tzen soll, nicht jedoch den Beschuldigten. Wird allerdings gegen diesen Zeugen ein Verfahren eingeleitet, kann die Aussage nicht gegen ihn selbst verwendet werden.</p>

<h3>IV. &sect; 57 I StPO</h3>

<h3>1. Beweiserhebungsverbot</h3>

<p>Relative Beweisverwertungsverbote spielen auch im Zusammenhang mit &sect; 57 StPO eine Rolle. Nach dieser Norm m&uuml;ssen alle Zeugen darauf hingewiesen werden, dass sie die Wahrheit zu sagen haben.</p>

<h3>2. Beweisverwertungsverbot</h3>

<p>Bei Versto&szlig; f&uuml;hrt dies nicht zu Beweisverwertungsverboten, da es sich laut BGH nur um eine blo&szlig;e Ordnungsvorschrift handelt. Auch nach der Rechtskreistheorie ist die Aussage verwertbar, da die Vorschrift den Zeugen sch&uuml;tzen soll, nicht den Beschuldigten.</p>

<h3>V. &sect; 252 StPO</h3>

<p>Ebenfalls relative Beweisverwertungsverbote betreffend wird &sect; 252 StPO aufgrund seiner Relevanz in einem gesonderten Exkurs erl&auml;utert.</p>

<h3>VI. &sect; 81a I StPO</h3>

<h3>1. Beweiserhebungsverbot</h3>

<p>Ferner sind relative Beweisverwertungsverbote auch im Rahmen des &sect; 81a StPO relevant.</p>

<h3>2. Beweisverwertungsverbot</h3>

<p>Fraglich ist insbesondere, was passiert, wenn ein Nicht-Arzt eine Blutentnahme durchf&uuml;hrt, beispielsweise eine Krankenschwester oder ein Medizinstudent? Diese Blutprobe kann nach herrschender Meinung verwertet werden. Die Norm will lediglich sicherstellen, dass der Eingriff m&ouml;glichst harmlos gestaltet wird, soll jedoch nicht der Sicherung von Verfahrensrechten dienen. Ein solcher Eingriff wird grunds&auml;tzlich auch von Krankenschwestern oder Medizinstudenten fachm&auml;nnisch durchgef&uuml;hrt, daher steht dies einer Verwertung der Blutprobe nicht entgegen. Verst&ouml;&szlig;e gegen Vorschriften der Durchf&uuml;hrung von sonstigen Zwangsma&szlig;nahmen k&ouml;nnen einem gesonderten Exkurs entnommen werden.</p>

<p>&nbsp;</p>


Nach der Rechtskreistheorie liegt ein (relatives) Beweisverwertungsverbot vor, wenn die Vorschrift, die verletzt wurde, den Rechtskreis des Beschuldigten betrifft. 

Relative Beweisverwertungsverbote sind solche Beweisverwertungsverbote, die nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt sind. Relative Beweisverwertungsverbote müssen daher hergeleitet werden.

Strafrecht

Beweisverwertungsverbote

Relative Beweisverwertungsverbote

StPO

<h2>Aufbau der Pr&uuml;fung - Beweisverwertungsverbot bei &sect; 136 I StPO</h2>

<p>Auch im Rahmen des &sect; 136 I StPO ist zun&auml;chst zu fragen, ob ein Beweiserhebungsverbot vorliegt und ob dies dann zu einem Beweisverwertungsverbot f&uuml;hrt.</p>

<h3>I. Beweiserhebungsverbot</h3>

<p>Das Beweiserhebungsverbot ergibt sich aus &sect; 136 I StPO unmittelbar nur f&uuml;r den Ermittlungsrichter. Dies folgt aus der systematischen Stellung der Norm. F&uuml;r die Staatsanwaltschaft und die Polizei bedarf es einer Verweisung nach &sect; 163a III 2, IV 2 StPO.</p>

<h3>II. Beweisverwertungsverbot</h3>

<h3>1. Grundsatz</h3>

<p>Grunds&auml;tzlich f&uuml;hrt ein Versto&szlig; gegen &sect; 136 I StPO auch zu einem Beweisverwertungsverbot, da sich die Norm an den Beschuldigten wendet und er in essentiellen Rechten betroffen ist, wenn er nicht dar&uuml;ber belehrt wird, dass er nicht aussagen muss (nemo tenetur se ipso accusare).</p>

<h3>2. Ausnahme</h3>

<p>Von diesem Grundsatz gibt es jedoch auch Ausnahmen.</p>

<h3>a) Kenntnis des Beschuldigten</h3>

<p>Ein Beweisverwertungsverbot besteht zun&auml;chst nicht, wenn eine Kenntnis des Beschuldigten gegeben ist. Kennt der Beschuldigte seine Rechte, ist er nicht sch&uuml;tzenswert. Beispiele: Strafverteidiger, Steuerstrafrechtler, Polizeibeamten.</p>

<h3>b) Widerspruchsl&ouml;sung (&sect; 257 StPO)</h3>

<p>Ebenfalls liegt ein Beweisverwertungsverbot nach der Widerspruchsl&ouml;sung des BGH nicht vor. Wird gegen &sect; 136 I StPO im Ermittlungsverfahren versto&szlig;en, schweigt der Angeklagte im Hauptverfahren und wird das, was er damals gesagt hat, dennoch durch den damalig Vernehmenden als Zeugen vom H&ouml;rensagen eingebracht, dann kann diese vom Polizeibeamten gemachte Aussage verwertet werden, wenn der verteidigte Angeklagte nicht rechtzeitig widerspricht. <strong>Rechtzeitig</strong> hei&szlig;t bis zum Abschluss der jeweiligen Beweisaufnahme i.S.d. &sect; 257 StPO.</p>

<h3>c) Qualifizierte Belehrung</h3>

<p>Zuletzt f&uuml;hrt das Beweiserhebungsverbot des &sect; 136 I StPO auch dann nicht zu einem Beweisverwertungsverbot, wenn eine qualifizierte Belehrung erfolgt. Beispiel: Jemand wird vernommen und nicht darauf hingewiesen, dass er nicht aussagen muss. In der zweiten Vernehmung wird er jedoch darauf hingewiesen, dass die erste Vernehmung unter einem Versto&szlig; zustande gekommen ist und er nicht aussagen muss. Stimmt der Beschuldigte zu, kann die Aussage, die er damals get&auml;tigt hat, verwertet werden. Ein Beweisverwertungsverbot besteht dann nicht.</p>

<p>&nbsp;</p>


Die Widerspruchslösung des Bundesgerichtshofs besagt, dass ein Verfahrensfehler, der bei Belehrungs- oder Benachrichtigungsvorschriften auftritt, rechtzeitig, also bis zum Abschluss der jeweiligen Beweisaufnahme gerügt werden muss. 

Die Prozessmaxime nemo tenetur (se ipsum accusare) bedeutet Selbstbelastungsfreiheit. Danach darf niemand gewungen werden, sich selbst anzuklagen, vgl. §§ 55 II, 136 I StPO.

§ 163a III 2 StPO

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