Fall: Motor hin, Motor her

Die Firma A-GmbH & Co. KG (A) handelt als Großhändler mit Industrieelektromotoren, die sie im Wesentlichen von der Firma-B GmbH (B) bezieht. A erhält von B im Januar 2014 zwei Elektromotoren mit den Fabrikationsnummern 01 und 02 zum Weiterverkauf vereinbarungsgemäß unter erweitertem Eigentumsvorbehalt geliefert. Der Kaufpreis für die beiden Elektromotoren betrug jeweils 5.000 Euro, den B in zwei getrennten Rechnungen jeweils mit Datum vom 22. Januar 2014 A in Rechnung gestellt hat. A hat bislang an B lediglich einen Betrag in Höhe von 7.000 Euro gezahlt, ohne auf dem Überweisungsträger eine nähere Angabe gemacht zu haben, welcher Rechnungsbetrag damit beglichen werden soll.

Weiter wurde zwischen A und B vereinbart, dass auf Wunsch von A die B einen Testmotor für Kunden von A zur Verfügung stellen soll. Für diesen zusätzlichen Service musste A zwar nichts bezahlen, dafür sollte aber der Testmotor im Eigentum von B verbleiben und nicht weiterverkauft werden dürfen.

Da die Geschäfte nicht so gut liefen, wie A ursprünglich angenommen hatte, übereignete sie die Motoren (Fa.-Nr. 01 und 02) im März 2014 an F zur Sicherheit für ein ihr von F gewährtes Darlehen. Zwischen F und A wurde vereinbart, dass diese die Motoren weiter besitzen und ordnungsgemäß verwahren und lagern sollte. F seinerseits übereignete den Motor mit der Fa-Nr. 02 im April 2014 an die S gleichfalls zur Sicherheit weiter, indem er seinen Herausgabeanspruch gegen A an S abtrat.

Überraschend tat sich auch für den Testmotor mit der Fa.-Nr. 03, der über eine höhere Leistung verfügte, im Mai 2014 eine Verkaufsgelegenheit auf. Die Zwischenhändlerin M zeigte sich an dem Testmotor aufgrund seiner besonderen Leistungsfähigkeit interessiert, weil sie ihrerseits in T einen Abnehmer für diesen Motor gefunden hatte. A ergriff sofort diese Gelegenheit, den Testmotor an M zu veräußern. A teilte B mit, dass diese den Testmotor bitte der Zwischenhändlerin M kurzfristig zu Testzwecken zur Verfügung stellen sollte. M gelang es ihrerseits, den Testmotor an T zu verkaufen. Kurz bevor B den Testmotor Ende Mai 2014 zu M anliefern wollte, teilte M der B als neue Lieferanschrift für den Motor mit der Fa.-Nr. 03 die ihres Kunden T mit, an welche B den Motor auch anlieferte.

Nachdem T den Motor einige Tage in Gebrauch hatte, stellte er fest, dass der Motor für seine Zwecke doch nicht geeignet war. Auf der Suche nach einem Käufer stieß T auf A, die sich, um ein gutes Geschäft zu machen, bereit erklärte, den Testmotor Fa.-Nr. 03 für 2.500 Euro zu kaufen. Der Motor wurde von T unmittelbar A gegen Kaufpreiszahlung im Juni 2014 übergeben.


B hat den Überblick verloren und wendet sich deshalb an ihren Rechtsanwalt.


Bearbeitervermerk:
In einem Gutachten ist die Stellungnahme des Anwalts vorzubereiten. In dem Gutachten ist aufzuzeigen, wie sich die dinglichen Rechtspositionen von A, B, F, S, M und T an den Elektromotoren entwickelt haben.



1. Teil: Motor mit der Fabrikationsnummer 01

I. Ursprünglich
Ursprünglich war B Eigentümerin des Motors 01.

II. Eigentumserwerb der A von B nach § 929 S. 1 BGB
Hier könnte A jedoch das Eigentum an dem Motor 01 nach § 929 S. 1 BGB von B erworben haben.

1. Einigung
Insofern müssten sich A und B über den Übergang des Eigentums wirksam nach § 929 S. 1 BGB geeinigt haben. Hier hat B den Motor 01 jedoch laut Sachverhalt unter Eigentumsvorbehalt an A geliefert, so dass das Eigentum nach § 449 I BGB unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung nach den §§ 929 S. 1, 158 I BGB übertragen wird. Folglich mangelt es bis zum Bedingungseintritt an einer wirksamen Einigung über den Eigentumsübergang von A und B. Fraglich ist, ob die Bedingung vorliegend mit der Zahlung der 7.000 Euro von A an B der Kaufpreis für den Motor 01 bezahlt worden und damit die Bedingung eingetreten ist. Hier liegen zwischen A und B zwei verschiedene Kaufverträge bezüglich der Motoren 01 und 02 vor. Diese hat B auch getrennt in Rechnung gestellt. Somit könnte A mit der Zahlung allein die Schuld hinsichtlich des Motors 01 beglichen haben. Grundsätzlich hat der Schuldner nach § 366 I BGB das Recht zu einer Tilgungsbestimmung. Eine solche Tilgungsbestimmung hat A vorliegend jedoch nicht vorgenommen. Folglich gilt § 366 II BGB, wonach zunächst unter mehreren Schulden die fällige, unter mehreren fälligen Schulden die sicherste, unter mehreren gleich sicheren Schulden die lästigste, unter mehreren gleich lästigen Schulden die älteste Schuld und unter mehreren gleich alten Schulden jede Schuld verhältnismäßig getilgt wird. Hier sind die Forderungen bezüglich Motor 01 und Motor 02 fällig, gleich sicher, gleich lästig und auch gleich alt, so dass A mit der Zahlung von 7.000 Euro an B nach § 366 II BGB jede Schuld verhältnismäßig getilgt hat. Folglich hat A jeweils 3.500 Euro auf die Forderungen gezahlt, so dass der Kaufpreis für den Motor 01 noch nicht vollständig gezahlt worden ist. Folglich ist die Bedingung vorliegend nicht eingetreten. Es mangelt für den Eigentumserwerb folglich an einer wirksamen Einigung über den Eigentumsübergang zwischen A und B gemäß § 929 S. 1 BGB.

2. Ergebnis
Mangels wirksamer Einigung hat A von B mithin kein Eigentum an dem Motor 01 gemäß § 929 S. 1 BGB erworben.


III. Eigentumserwerb des F von A gemäß den §§ 929 S. 1, 930 BGB
Hier könnte F jedoch von A das Eigentum an dem Motor 01 nach den §§ 929 S. 1, 930 BGB erworben haben.

1. Einigung
Hierfür müssten sich A und F zunächst wirksam über den Eigentumsübergang i.S.d. § 929 S. 1 BGB geeinigt haben. Hier haben sich A und F über den Übergang des Eigentums an dem Motor 01 geeinigt. Eine wirksame Einigung i.S.d. § 929 S. 1 BGB liegt mithin vor.

2. Übergabesurrogat i.S.d. § 868 BGB
Weiterhin müssten A und B als Übergabesurrogat ein Besitzmittlungsverhältnis i.S.d. § 868 BGB vereinbart haben, vgl. § 930 BGB. Laut Sachverhalt haben A und F eine Sicherungsübereignung gestützt auf ein Verwahrungsverhältnis vornehmen wollen. Die Verwahrung ist ein Besitzmittlungsverhältnis i.S.v. § 868 BGB. Folglich liegt hier ein Besitzkonstitut als Übergabesurrogat vor.

3. Einigsein
A und F waren sich zudem bei der Vereinbarung des Besitzmittlungsverhältnisses auch über den Eigentumsübergang einig.

4. Berechtigung
A müsste überdies zur Eigentumsübertragung auch berechtigt gewesen sein. Vorliegend ist A nicht Eigentümer des Motors 01 geworden. Auch war A von B nicht zur Eigentumsübertragung nach § 185 I BGB berechtigt. Somit hat A als Nichtberechtigter über das Eigentum an dem Motor 01 verfügt.

5. Gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten gemäß den §§ 929 S. 1, 930, 933 BGB
Vorliegend könnte F das Eigentum an dem Motor 01 nach den §§ 929 S. 1, 930, 933 BGB jedoch gutgläubig von A erworben haben.

a) Rechtsgeschäft i.S.e. Verkehrsgeschäfts
Hierfür müsste zunächst ein Rechtsgeschäft i.S.e. Verkehrsgeschäfts vorliegen. Hier stehen sich auf Veräußerer- und Erwerberseite mit A und F zwei verschiedene Personen gegenüber. Die Einigung zwischen A und F ist mithin ein Rechtsgeschäft i.S.e. Verkehrsgeschäfts.

b) Rechtscheinstatbestand
Weiterhin müsste der Rechtscheinstatbestand des § 1006 I BGB gegeben sein. Vorliegend war A im unmittelbaren Besitz des Motors 01. Folglich gilt zugunsten der A grundsätzlich die Eigentumsvermutung des § 1006 I BGB. Nach § 933 BGB müsste allerdings aufgrund des Besitzmittlungsverhältnisses zur Erfüllung des Rechtscheinstatbestands auch eine Übergabe des Motors von A an B erfolgt sein. Hier hat eine solche Übergabe nicht stattgefunden. Folglich mangelt es am Rechtscheinstatbestand des § 1006 I BGB.

c) Ergebnis
F hat somit von A kein Eigentum an dem Motor 01 gemäß den §§ 929 S. 1, 930, 933 BGB erworben.

IV. Erwerb eines Anwartschaftsrechts gemäß den §§ 929 S. 1, 930 BGB analog
F könnte jedoch ein Anwartschaftsrecht an dem Motor 01 gemäß den §§ 929 S. 1, 930 BGB analog erworben haben.

1. Anwartschaftsrecht der A
Vorliegend hat A als Vorbehaltseigentumskäufer ein Anwartschaftsrecht an dem Motor 01 erworben.

2. Übertragung des Anwartschaftsrechts an F
Weiterhin müsste A das Anwartschaftsrecht an F übertragen haben.

a) Einigung
Hierfür müssten sich A und F zunächst wirksam über den Übergang des Anwartschaftsrechts geeinigt haben. Hier liegt eine Einigung von A und B lediglich bezüglich des Eigentumsübergangs vor. Allerdings könnte diese Einigung nach § 140 BGB derart umgedeutet werden, dass sie sich auf das Anwartschaftsrecht bezieht. Das Anwartschaftsrecht stellt ein wesensgleiches Minus zum Vollrecht dar. Folglich sind die §§ 929 ff. BGB zumindest analog auf die Übertragung eines Anwartschaftsrecht anwendbar. Vorliegend ist anzunehmen, dass F, wenn er schon nicht das Volleigentum erwirbt, zumindest das Anwartschaftsrecht als Sicherheit erwerben möchte. Mithin kann die Einigung von A und B nach § 140 BGB dahin umgedeutet werden, dass sie sich auf das Anwartschaftsrecht bezieht. Eine wirksame Einigung liegt somit vor.

b) Übergabesurrogat i.S.d. § 868 BGB
Weiterhin haben A und F vorliegend mit der Verwahrung auch ein Besitzmittlungsverhältnis i.S.d. § 868 BGB vereinbart. Ein zulässiges Übergabesurrogat i.S.d. § 930 BGB liegt mithin vor.

c) Einigsein
A und F waren sich zudem zum Zeitpunkt der Vereinbarung des Besitzmittlungsverhältnisses auch über den Eigentumsübergang einig.

d) Berechtigung
Als Inhaber des Anwartschaftsrechts war A auch zu dessen Übertragung berechtigt.

3. Ergebnis
F hat von A das Anwartschaftsrecht an dem Motor 01 gemäß den §§ 929 S. 1, 930 BGB erworben.

V. Ergebnis
B ist mithin immer noch Eigentümerin des Motors 01.


2. Teil: Motor mit der Fabrikationsnummer 02

I. Ursprünglich
Ursprünglich war B Eigentümerin des Motors 02.

II. Eigentumserwerb der A
Wie auch bereits hinsichtlich des Motors 01 hat A aufgrund des Eigentumsvorbehalts und des mangelnden Bedingungseintritts kein Eigentum an dem Motor 02 nach § 929 S. 1 BGB erworben (s.o.).

III. Eigentumserwerb des F
F hat vorliegend auch an dem Motor 02 lediglich ein Anwartschaftsrecht nach den §§ 929 S. 1, 930 BGB erworben (s.o.).


IV. Eigentumserwerb der S nach den §§ 929 S. 1, 931 BGB
Vorliegend könnte allerdings S das Eigentum an dem Motor 02 von F nach den §§ 929 S. 1, 931 BGB erworben haben.

1. Einigung
Hier haben sich F und S wirksam über den Eigentumsübergang nach § 929 S. 1 BGB geeinigt.

2. Übergabesurrogat gemäß § 931 BGB
Eine Übergabe des Motors hat vorliegend nicht stattgefunden. F und S könnten hier jedoch ein Übergabesurrogat i.S.d. § 931 BGB vereinbart haben. Hier hat F i.S.d. § 931 BGB einen Herausgabeanspruch gegen A an S abgetreten, vgl. § 398 BGB. Fraglich ist, ob F aufgrund der mangelnden Sicherungsübereignung überhaupt einen Herausgabeanspruch erlangt hat. Hier ergibt sich der Herausgabeanspruch jedoch nicht aus einem möglichen Sicherungseigentum, sondern aus der schuldrechtlichen Verwahrungsvereinbarung. Selbst wenn unter Missachtung des Abstraktionsprinzips davon ausgegangen würde, dass sich ein solcher Herausgabeanspruch aus der Sicherungsübereignung ergeben müsse, so würde ein Herausgabeanspruch vorliegend zumindest aus dem Anwartschaftsrecht des F folgen. In der Abtretung dieses Herausgabeanspruchs liegt mithin ein Übergabesurrogat i.S.d. § 931 BGB.

3. Einigsein
S und F waren sich zudem zum Zeitpunkt der Abtretung des Herausgabeanspruchs über den Eigentumsübergang einig.

4. Berechtigung
Überdies müsste F zur Eigentumsübertragung berechtigt gewesen sein. Hier hat F lediglich ein Anwartschaftsrecht an dem Motor 02 von A erworben. Da eine Zustimmung zur Veräußerung von B nicht vorliegt, war F zur Eigentumsübertragung nicht berechtigt.

5. Gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten nach den §§ 929 S. 1, 931, 934 BGB
S könnte das Eigentum jedoch gutgläubig von F erworben haben, vgl. die §§ 929 S. 1, 931, 934 BGB.

a) Rechtsgeschäft i.S.e. Verkehrsgeschäfts
Die Einigung von F und S stellt ein Rechtsgeschäft i.S.e. Verkehrsgeschäfts dar.

b) Rechtscheinstatbestand
Hier ist F nicht im unmittelbaren Besitz des Motors. § 934 1. Fall fordert deshalb, dass für einen gutgläubigen Erwerb der Veräußerer mittelbarer Besitzer der Sache ist und der Herausgabeanspruch abgetreten wurde. Hier wurde der Herausgabeanspruch nach § 398 BGB von F an S abgetreten. Auch ist F aufgrund der Verwahrung mittelbarer Besitzer des Motors. Fraglich ist, ob einem gutgläubigen Eigentumserwerb der S, die durch die Abtretung mittelbare Besitzerin des Motors 02 geworden ist, die Stellung der B als Vorbehaltseigentumsverkäuferin entgegensteht. Denn aus dem potentiellen Herausgabeanspruch der B gegen A aus den §§ 449 II, 323, 346 I BGB folgt ein Recht zum mittelbaren Besitz an dem Motor 02. Folglich liegt hier in Bezug auf S und B ein Fall des Nebenbesitzes vor. Welche Rechtsfolgen sich hieraus ergeben, ist strittig.

aa) Eine Ansicht
Nach einer Ansicht existiert eine Rechtsfigur des sogenannten Nebenbesitzes nicht, da sich hierfür keine Stütze im Gesetz findet. Einem gutgläubigen Eigentumserwerb der S stünde vorliegend somit nichts entgegen.

bb) Andere Ansicht
Nach einer anderen Ansicht kommt es hingegen auf den Vergleich der Rechtsstellungen an. Hat der eine Nebenbesitzer zusätzlich zu einem Recht zum mittelbaren Besitz auch noch das Recht am Eigentum der Sache, so hindert dies den gutgläubigen Eigentumserwerb des anderen Nebenbesitzers. Dies wird damit begründet, dass der wahre Eigentümer, der zudem noch mittelbarer Besitzer der Sache ist, näher an dieser dran und damit schützenswerter sei.

cc) Stellungnahme
Diese zuletzt genannte Ansicht ist vorzugswürdig. Verfügen zwei Personen über das Recht zum mittelbaren Besitz einer Sache, so muss derjenige, der zudem noch Eigentümer der Sache ist, aufgrund des rechtlichen Gewichts des Vollrechts stärker geschützt werden. Mithin steht dem gutgläubigen Erwerb des Motors 02 durch S der Nebenbesitz der B als Vorbehaltseigentümerin entgegen.

6. Ergebnis
Folglich hat S von F das Eigentum an dem Motor 02 nicht gutgläubig nach Maßgabe der §§ 929 S.1, 931, 934 BGB erworben.

V. Erwerb eines Anwartschaftsrechts
S hat vorliegend jedoch aufgrund einer Umdeutung der Einigung nach § 140, der Vereinbarung eines Übergabesurrogats nach § 931 BGB und der Berechtigung des F als Inhaber des Anwartschaftsrecht ein Anwartschaftsrecht an dem Motor 02 nach den §§ 929 S. 1, 931 BGB analog erworben (s.o.).

VI. Ergebnis
B ist mithin immer noch Eigentümerin des Motors 02.


3. Teil: Motor mit der Fabrikationsnummer 03

I. Ursprünglich
Ursprünglich war B Eigentümerin des Motors 03.

II. Eigentumserwerb der M von A gemäß § 929 S. 1 BGB
Vorliegend könnte M jedoch das Eigentum an dem Motor 03 von A gemäß § 929 S. 1 BGB erworben haben.

1. Einigung
Hier haben sich A und M wirksam über den Übergang des Eigentums nach § 929 S. 1 BGB geeinigt.

2. Übergabe
Weiterhin müsste der Motor 03 auch von A an M übergeben worden sein.

a) Vollständiger Besitzverlust
Hierfür müsste bei A, einer Hilfs- oder Geheißperson der A, vollständiger Besitzverlust eingetreten sein. Hier hat A, da er nie im Besitz des Motors war, keinen Besitz an demselben verloren. Allerdings wurde B von A angewiesen, den Motor 03 M zur Verfügung zu stellen. B ist als nicht von den Weisungen der A abhängig mithin Geheißperson der A. Mit der Lieferung an T hat B den Besitz an dem Motor 03 vollständig verloren.

b) Unmittelbarer Besitzerwerb
Weiterhin müsste M oder eine Hilfs- oder Geheißperson der M unmittelbaren Besitz an dem Motor 03 erlangt haben. Vorliegend hat M keinen unmittelbaren Besitz an dem Motor 03 erlangt. Hier ist T allerdings Geheißperson der M, so dass diese zumindest für eine logische Sekunde mit Erlangung des Besitzes bei T Eigentum an dem Motor 03 erworben haben könnte, wenn die weiteren Voraussetzungen hierfür vorliegen. Es liegt mithin ein Fall des doppelten Geheißerwerbs vor.

c) Zur Vollziehung der Übereignung
Dies geschah auch zur Vollziehung der Übereignung.

3. Einigsein
A und M waren sich bei Übergabe auch über den Übergang des Eigentums an dem Motor 03 einig.

4. Berechtigung
Zudem müsste A auch zur Eigentumsübertragung berechtigt gewesen sein. Hier hat A zu keiner Zeit Eigentum an dem Motor 03 erlangt. Auch war A ausdrücklich nicht zur Veräußerung des Motors 03 berechtigt. A war mithin nicht zur Übertragung des Eigentums an M berechtigt.

5. Gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten gemäß den §§ 929 S. 1, 932 BGB
M könnte das Eigentum an dem Motor 03 jedoch gutgläubig von A gemäß den §§ 929 S. 1, 932 BGB erworben haben.

a) Rechtsgeschäft i.S.e. Verkehrsgeschäfts
Vorliegend stellt die Einigung von A und M ein Rechtsgeschäft i.S.e. Verkehrsgeschäfts dar.

b) Rechtscheinstatbestand
Weiterhin müsste der Rechtscheinstatbestand des § 1006 I BGB vorliegen. Hier war A jedoch nicht im Besitz des Motors 03. Allerdings ist grundsätzlich auch im Falle des doppelten Geheißerwerbs ein gutgläubiger Eigentumserwerb möglich. Fraglich ist, ob einem gutgläubigen Erwerb vorliegend entgegensteht, dass B den Motor an M in dem Glauben geliefert hat, dies erfolge zu Testzwecken, nicht jedoch zu Verkaufszwecken, da A die B über den wahren Grund der Lieferung getäuscht hatte. Ob es auf den subjektiven Willen, für den Veräußerer als Geheißperson zu fungieren, bei einer sogenannten Scheingeheißperson ankommt, ist umstritten.

aa) Eine Ansicht
Nach einer Ansicht besteht in den Fällen, in denen die Geheißperson von ihrer Funktion als solche nichts weiß, lediglich der Glaube an einen Rechtscheinsträger. Gerade wenn der Rechtschein des Besitzes fehle, könne eine aufgrund einer Täuschung tätig werdende Geheißperson keinen gutgläubigen Eigentumserwerb ermöglichen. Somit könnte M vorliegend das Eigentum an dem Motor 03 nicht gutgläubig erwerben, weil es an dem erforderlichen Rechtscheinstatbestand fehlen würde.

bb) Andere Ansicht
Die gegenteilige Ansicht stellt das Tätigwerden einer Geheißperson dem Besitz als Rechtscheinsträger gleich. Aus der Sicht des gutgläubigen Erwerbers könne es schließlich keinen Unterschied machen, dass ihm der nicht berechtigt Verfügende den Besitz verschafft und der ursprüngliche Eigentümer den Besitz freiwillig aufgegeben hat. Sofern der Eigentümer den Besitz durch Täuschung aufgebe, liege gerade kein Abhandenkommen i.S.d. § 935 I BGB vor.

cc) Stellungnahme
Der zuletzt genannten Ansicht ist zuzustimmen. Zum einen kommt es im Rechtscheinstatbestand gerade auf eine objektive Betrachtungsweise an. Die innere Willenseinstellung der Geheißperson kann für deren Funktion mithin keine Rolle spielen. Zum anderen vermag es vorliegend keinen Unterschied zu machen, ob B zunächst den Testmotor an A aufgrund des Hinweises der A liefert, er wolle den Testmotor dem M zu Testzwecken zur Verfügung stellen, oder ob er gleich B bittet, den Testmotor zu Testzwecken an M zu liefern.
Folglich ist die Unterordnung der B unter den Geheiß der A dem Rechtscheinsträger Besitz gleichgestellt.

c) Gutgläubigkeit der M
Zudem müsste M auch gutgläubig i.S.d. § 932 I BGB gewesen sein. Gutgläubig ist, wer nicht bösgläubig ist, folglich keine Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis von der mangelnden Berechtigung des Veräußerers hat, vgl. § 932 II BGB. Hier hat M keine Kenntnis von der mangelnden Berechtigung der A zur Veräußerung des Motors. Mithin war M auch gutgläubig i.S.d. § 932 I BGB.

d) Kein Abhandenkommen nach § 935 I BGB
Der Motor 03 ist B überdies auch nicht nach § 935 I BGB abhanden gekommen (s.o.).

6. Ergebnis
M hat von A folglich gutgläubig das Eigentum an dem Motor 03 gemäß den §§ 929 S. 1, 932 BGB erworben.

III. Eigentumserwerb des T von M nach § 929 S. 1 BGB
Weiterhin könnte T das Eigentum an dem Motor 03 von M nach § 929 S. 1 BGB erworben haben.

1. Einigung
Hier haben sich T und M wirksam über den Übergang des Eigentums nach § 929 S. 1 BGB geeinigt.

2. Übergabe
Weiterhin müsste der Motor 03 auch von M an T übergeben worden sein.

a) Vollständiger Besitzverlust
Hierfür müsste bei B, einer Hilfs- oder Geheißperson der M, vollständiger Besitzverlust eingetreten sein. Hier hat M, da sie nie im Besitz des Motors war, keinen Besitz an demselben verloren. Allerdings wurde B von M angewiesen, den Motor 03 an T zu liefern. B ist als nicht von den Weisungen der M abhängig mithin Geheißperson der M. Mit der Lieferung an T hat B den Besitz an dem Motor 03 vollständig verloren.

b) Unmittelbarer Besitzerwerb
Hier hat T auch den unmittelbaren Besitz an dem Motor 03 durch Übergabe erworben.

c) Zur Vollziehung der Übereignung
Dies geschah auch zur Vollziehung der Übereignung.

3. Einigsein
T und M waren sich zum Zeitpunkt der Übergabe auch über den Eigentumsübergang einig.

4. Berechtigung
M war als Eigentümerin des Motors 03 auch zur Übertragung des Eigentums berechtigt.

5. Ergebnis
Mithin hat T das Eigentum an dem Motor nach § 929 S. 1 BGB von M erworben.

IV. Eigentumserwerb der A von T nach § 929 S. 1 BGB
Hier könnte letztlich A das Eigentum von T nach § 929 S. 1 BGB erworben haben.

1. Einigung
Hier haben sich A und T wirksam über den Übergang des Eigentums nach § 929 S. 1 BGB geeinigt.

2. Übergabe
Weiterhin wurde der Motor 03 auch von T an A übergeben.

3. Einigsein
A und T waren sich auch im Zeitpunkt der Übergabe des Motors 03 über den Übergang des Eigentums einig.

4. Berechtigung
T war als Eigentümer des Motors 03 auch zur Übertragung des Eigentums berechtigt.

5. Kein Ausschluss
Der Eigentumserwerb der A könnte jedoch dadurch ausgeschlossen sein, dass durch den Erwerb von T als Berechtigtem der Rückerwerb des Eigentums bei B eintritt. Dies würde dazu führen, dass anstelle der A die B wieder das Eigentum an der Sache erworben hat, da A damals als Nichtberechtigter verfügt hatte. Es stellt sich beim Rückerwerber die Frage, ob nicht das Eigentum statt an den ursprünglich unberechtigt Verfügenden an den ursprünglichen Eigentümer zurückfallen soll. Dies wird zumindest angenommen, wenn der Rückerwerb im Rahmen der Abwicklung des gutgläubigen Erwerbs erfolgt, wenn der Eigentumserwerb von vornherein nur vorläufig sein sollte und wenn der Rückerwerb bereits anfänglich beabsichtigt war. Hier ist keine dieser Fallgruppen einschlägig. Somit ist der Eigentumserwerb der A vorliegend nicht ausgeschlossen.

6. Ergebnis
Folglich hat A von T das Eigentum an dem Motor 03 nach § 929 S. 1 BGB erworben.

V. Ergebnis
B hat das Eigentum an dem Motor 03 mithin an A verloren.