Fall: Das Sommermärchen

D wohnt in der Stadt H in einem kleineren Wohnblock im dritten Stock in einer Wohnung mit Balkon. Hinter dem Haus, in dem der D wohnt, befindet sich eine ca. 6 m breite Gartenanlage, an die sich dann der nächste Häuserblock, parallel zu demjenigen, in dem D wohnt, anschließt. In diesem Block wohnt der T genau gegenüber von D, allerdings im Erdgeschoss. T hat auch einen Balkon. Die Balkons beider Wohnungen liegen zu der Gartenanlage hin.

Während T glühender Anhänger der Fußballnationalmannschaft seines Heimatlandes ist, interessiert den D Fußball eher nicht, gleichwohl hängt er aber zu entsprechenden Ereignissen eine Deutschlandfahne am Balkongeländer auf. Während der letzten WM hat T es sich zur Angewohnheit gemacht, bei jedem Tor „seiner Mannschaft“, gelegentlich aber auch bei guten Aktionen, auf seinen Balkon zu eilen und die Stunde des Triumphs mit dem Abbrennen von Feuerwerkskörpern, insbesondere von für diesen Fall zurückgelegten Silvesterraketen, angemessen zu feiern. Hierbei kam es schon häufiger vor, dass die von T abgeschossenen Raketen auf den Balkon des D und von dort durch offene Fenster zum Teil auch in die Wohnung des D drangen und dort explodierten.

Als der D den T einmal persönlich traf, forderte er ihn unter Hinweis auf die Gesetzeslage auf, außer an Silvester, keinerlei Feuerwerkskörper mehr abzubrennen. T antwortete hierauf nicht und spielte statt dessen nur teilnahmslos scheinend an einem in diesem Zusammenhang hervorgezogenen Klappmesser herum. D entfernte sich.

Am nächsten Tag spielte die Mannschaft des T wieder und es kam erneut zu einer Reihe von Raketen-Abschüssen und auch Beinahe-Treffern der Wohnung des D. D meldete den Vorfall daher bei der zuständigen Ordnungsbehörde. Der Beamte Ü, selbst glühender Anhänger derselben Mannschaft wie der T, meinte, da könne er nichts machen. Bei besonderen Ereignissen wie Fußballspielen gelte das Feuerwerksverbot nicht und im Übrigen könne er ja solange drinnen bleiben, wenn die anderen feiern.

D weiß, dass die Mannschaft des T schon zwei Tage später wieder ein Spiel haben wird. Im Übrigen hat T, da es sich um ein besonders wichtiges Spiel handelt, das kann D von seinem Balkon aus sehen, eine ganze Batterie an Raketen und ähnlichen Feuerwerkskörpern bereits auf dem Balkon postiert, um schon auf alles vorbereitet zu sein.

D möchte nun von Ihnen wissen, ob er dem T bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache verbieten lassen kann, auf seinem Balkon außerhalb der Silvesterzeit Feuerwerk abzubrennen, um so zu verhindern, dass der T dann wieder Raketen auf seinen Balkon schießt.


§ 23 Abs. 2 der 1. SprengV lautet:
Pyrotechnische Gegenstände der Kategorie 2 dürfen in der Zeit vom 2. Januar bis 30. Dezember nur durch Inhaber einer Erlaubnis nach § 7 oder § 27, eines Befähigungsscheines nach § 20 des Gesetzes oder einer Ausnahmebewilligung nach § 24 Absatz 1 verwendet (abgebrannt) werden. Am 31. Dezember und 1. Januar dürfen sie auch von Personen abgebrannt werden, die das 18. Lebensjahr vollendet haben.

Anmerkung: Gehen Sie davon aus, dass handelsübliche Silvesterraketen der Kategorie 2 unterfallen.
Bei der Bearbeitung ist das Recht des Landes Thüringen zugrundezulegen.



Da das nächste Spiel bereits in zwei Tagen stattfinden wird, kommt als zweckmäßiges Vorgehen nur ein Vorgehen im Wege des gerichtlichen Eilrechtsschutzes in Betracht. Ein entsprechender Antrag des D hätte Erfolg, wenn er zulässig und begründet ist.

A. Zulässigkeit
Der Antrag des D müsste zunächst zulässig sein.

I. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, § 40 I VwGO
Zunächst müsste der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sein. Eine aufdrängende Spezialzuweisung ist nicht ersichtlich, so dass der Rechtsweg nach § 40 I VwGO eröffnet sein könnte. Dies setzt voraus, dass es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handelt, die keinem anderen Gericht zugewiesen ist. Streitentscheidende Normen sind hier solche des TPAG. Diese Normen berechtigen und verpflichten ausschließlich einen Träger hoheitlicher Gewalt. Sie sind mithin öffentlich-rechtlicher Natur, so dass auch die Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Art ist. Da keine Verfassungsorgane über Verfassungsrecht streiten, ist die Streitigkeit auch nichtverfassungsrechtlicher Art. Das Eingreifen einer abdrängenden Sonderzuweisung ist nicht ersichtlich, so dass der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist.

II. Statthafte Antragsart
Die statthafte Antragsart richtet sich gem. §§ 122, 88 VwGO nach dem Begehren des Antragstellers. D begehrt vorliegend ein ordnungsbehördliches Einschreiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, da ein langwieriges Hauptsacheverfahren seinem Hauptziel, der Verhinderung des Abschießens von Raketen schon beim nächsten Spiel, nicht gerecht wird. Diesem Begehren könnte der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 I VwGO entsprechen. Dies setzt nach der Abgrenzungsregel des § 123 V VwGO voraus, dass in der Hauptsache nicht die Anfechtungsklage die statthafte Klageart ist. In der Hauptsache wäre eine Klage des D darauf zu richten, dem T dauerhaft zu untersagen, von seinem Balkon Feuerwerkskörper, außer an Silvester, abzuschießen. Bei einem solchen ordnungsbehördlichen Verbot handelt es sich um einen VA im Sinne des § 35 S. 1 VwVfG. Die Klage des D wäre mithin auf den Erlass eines VA gerichtet. Statthafte Klageart in der Hauptsache ist damit die Verpflichtungsklage nach § 42 I 2. Fall. Damit ist im Eilverfahren der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 I VwGO die statthafte Antragsart. Da es dem D um die Sicherung der Verwirklichung bisher bereits vorhandener Rechte und nicht um die Erweiterung seines Rechtskreises geht, handelt es sich dabei um eine sog. Sicherungsanordnung, § 123 I 1 VwGO.

III. Antragsbefugnis, § 42 II VwGO analog
D müsste nach § 42 II VwGO analog auch antragsbefugt sein. Die Antragsbefugnis liegt vor, wenn die Möglichkeit besteht, dass der Antragsteller in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt ist. Hier besteht die Möglichkeit, dass D einen Anspruch auf ordnungsbehördliches Einschreiten gemäß § 12 I TPAG hat und durch dessen Nichtvornahme in seinen Rechten verletzt ist. Dazu müsste § 12 I TPAG ein subjektiv-öffentliches Recht zugunsten des D beinhalten können. Fraglich ist, ob dieser Norm überhaupt Anspruchsqualität zukommt. Dies ist nach dem Wortlaut nicht der Fall. Die Vorschrift enthält danach vielmehr nur die Befugnis der Behörde, die entsprechenden Maßnahmen zu treffen. Nach der sog. Schutznormtheorie beinhaltet eine Norm jedoch dann ein subjektiv-öffentliches Recht, wenn die Norm nach dem Willen des Gesetzgebers nicht nur den öffentlichen Interessen, sondern zugleich auch den Individualinteressen eines abgrenzbaren Personenkreises Dritter zu dienen bestimmt ist. § 12 I TPAG dient dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Die öffentliche Sicherheit umfasst dabei, neben der Unversehrtheit des geschriebenen Rechts und des Schutzes des Staates und seiner Einrichtungen, auch den Schutz von Individualgütern. Indem § 12 I TPAG auch Individualgüter (Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen) schützt, dient die Norm neben dem Schutz von Allgemeininteressen auch dem Schutz von Individualinteressen. § 12 I TPAG kann damit auch ein subjektiv-öffentliches Recht und damit einen Anspruch begründen. D ist damit antragsbefugt.

IV. Antragsgegner, § 78 I VwGO analog
Der Antragsgegner richtet sich nach § 78 I VwGO analog.

V. Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis
Bedenken hinsichtlich des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses bestehen nicht. Insbesondere hat D zuvor einen Antrag bei der zuständigen Behörde gestellt.

Der Antrag ist zulässig.


B. Begründetheit
Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung ist begründet, wenn der Antragsteller Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat.

I. Anordnungsanspruch
Zunächst müsste ein Anspruch auf das begehrte Verwaltungshandeln, hier auf den Erlass einer entsprechenden Ordnungsverfügung bestehen.

1. Anspruchsgrundlage
Ein solcher Anspruch könnte sich hier mangels spezialgesetzlicher Anspruchsgrundlagen aus § 12 I TPAG ergeben.

2. Formelle Voraussetzungen
Vorliegend hat D bei der zuständigen Behörde einen Antrag gestellt. Weitere Bedenken gegen das Vorliegen der formellen Voraussetzungen bestehen nicht.


3. Materielle Voraussetzungen
Es müssten auch die Voraussetzungen des § 12 I TPAG vorliegen, d.h. es müsste eine bevorstehende Gefahr für ein Schutzgut des § 12 I TPAG bestehen. Zudem müsste T der richtige Adressat der Ordnungsverfügung sein.

a. Schutzgut
Zunächst müsste ein Schutzgut betroffen sein. Schutzgüter des § 12 I TPAG sind die öffentliche Sicherheit und die öffentliche Ordnung. Vorliegend könnte die öffentliche Sicherheit betroffen sein. Das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit umfasst den Schutz von Individualgütern, den Schutz des gesamten geschriebenen Rechts und den Schutz des Bestands des Staates und seiner Einrichtungen.
In Betracht kommt hier ein Verstoß gegen das geschriebene Recht und eine Beeinträchtigung von Individualgütern. Insoweit ist zu beachten, dass sich bei Drittkonstellationen der Anspruch (wie z.B. hier der Anspruch eines Dritten auf behördliches Einschreiten) nur aus dem Verstoß gegen drittschützende Vorschriften ergeben kann.
T verstößt mit dem Abbrennen von Feuerwerk außerhalb der Silvesterzeit gegen § 23 II 1. SprengV (Erste Verordnung zum Sprengstoffgesetz), an dessen Rechtmäßigkeit keine Zweifel bestehen. Allerdings handelt es sich hierbei „nur“ um objektives Recht, das Dritten keinen Anspruch auf ein Einschreiten gewährt, so dass der vorliegende Verstoß gegen das geschriebene Recht, hier nicht geeignet ist, dem D ein subjektiv-öffentliches Recht, mithin einen Anspruch, zu gewähren.
D könnte jedoch in seinen Individualinteressen beeinträchtigt sein. Vorliegend sind schon häufiger Raketen, die der T abgeschossen hat, in die Wohnung des D geflogen und dort sogar explodiert. Die Explosion einer Silvesterrakete kann zu erheblichen Verbrennungen und/oder anderen typischen Explosionsverletzungen führen. Es liegt daher eine Gefahr für die Gesundheit des D, mithin ein durch Art. 2 II 1 GG geschütztes Individualinteresse vor. D gehört hier als unmittelbar Betroffener auch zum Kreis der Geschützten, so dass er sich auf den Verstoß auch berufen kann. Damit ist ein Schutzgut des § 12 I TPAG betroffen.

b. Gefahr
Es müsste auch eine konkrete Gefahr für das Schutzgut gegeben sein. Eine solche liegt vor, wenn aufgrund der Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass bei ungestörtem Fortgang des Geschehens eine Rechtsgutsbeeinträchtigung eintreten wird. Vorliegend ist es bereits mehrfach zum Explodieren von Feuerwerkskörpern in der Wohnung des D gekommen. Dass bislang, davon ist mangels gegenteiligen Vortrags auszugehen, niemand verletzt wurde, beruht offenbar auf einem Zufall. Da ein Fußballspiel unmittelbar bevorsteht und T schon eine Batterie an Feuerwerkskörpern zu diesem Zweck auf dem Balkon deponiert hat, ist mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass T diese auch abschießen wird, so dass auch wahrscheinlich ist, dass wieder Raketen auf den Balkon und in die Wohnung des D fliegen und dort explodieren. Hier zündet T die Feuerwerkskörper auch ohne entsprechende Ausnahmegenehmigung und ohne jedwede Sicherungsvorkehrungen mitten im Jahr. Er gefährdet damit Dritte, insbesondere auch weil diese, anders als an Silvester, mitten im Jahr nicht ständig damit rechnen können, dass jemand von irgendwo eine Rakete abfeuert. Es liegt mithin eine Gefahr vor.
c. Richtiger Adressat (Störer)
T müsste auch Störer und damit richtiger Adressat der Ordnungsverfügung sein. T könnte hier Verhaltensstörer im Sinne des § 7 I TPAG sein. Verhaltensstörer ist, wessen Verhalten unmittelbar die Gefahrgrenze überschreitet. Durch das Anzünden der Feuerwerkskörper setzt T die zeitlich letzte Ursache und überschreitet damit auch unmittelbar und selbst die Gefahrgrenze. Er ist daher Verhaltensverantwortlicher im Sinne des § 7 I TPAG.

Damit liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 12 I TPAG vor.

2. Rechtsfolge
Als Rechtsfolge sieht § 12 I TPAG Ermessen vor. Dabei ist zwischen dem Entschließungs- und dem Auswahlermessen zu unterscheiden. Damit D einen Anspruch auf ein ordnungsbehördliches Verbot hat, müssten sowohl das Entschließungs- als auch das Auswahlermessen auf Null reduziert sein.

a. Entschließungsermessen
Das Entschließungsermessen wäre fehlerfrei ausgeübt und damit schon ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung erloschen, wenn die Entscheidung nicht einzuschreiten, ermessensfehlerfrei war.
Beim Entschließungsermessen geht es um die Frage des „Ob“ des ordnungsbehördlichen bzw. polizeilichen Einschreitens. Diese Frage müsste die Behörde ermessensfehlerhaft entschieden haben, damit der Anspruch noch nicht erloschen ist. Vorliegend hat sich die Behörde dafür entschieden, nicht gegen die erkannten Gefahren einzuschreiten, da „bei besonderen Ereignissen wie Fußballspielen das Feuerwerksverbot nicht gelte“. Hierin könnte ein Ermessensfehler in der Form des Ermessensausfalls liegen. Ein Ermessensausfall liegt vor, wenn die Behörde von ihrem Ermessen überhaupt keinen Gebrauch macht. Vorliegend hat die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen tatsächlich keinen Gebrauch gemacht, weil sie, möglicherweise irrtümlich davon ausging, dass das Feuerwerksverbot bei Fußballspielen und ähnlichen Ereignissen nicht gelte.
Unabhängig davon, dass diese Begründung ein Nichteinschreiten bei konkreten Gefahren nicht tragen würde, da auch dann, wenn kein Verbot zum Abrennen von Feuerwerk besteht (z.B. an Silvester), niemand dadurch gefährdet werden darf, trifft dies auch in der Sache nicht zu. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 23 II S. 1 1. SprengV ist vielmehr das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände der Kategorie 2, wozu nach § 6 VI 1. SprengV auch Silvesterraketen gehören, in der Zeit vom 2. Januar bis 30. Dezember nur durch Inhaber einer Erlaubnis nach § 7 oder § 27 1. SprengV, eines Befähigungsscheines nach § 20 1. SprengV oder einer Ausnahmebewilligung nach § 24 Absatz 1 1. SprengV erlaubt. T hat keine Erlaubnis, Ausnahmebewilligung oder Ähnliches, so dass er nicht berechtigt ist, Feuerwerksraketen außerhalb der durch § 23 II 1 S. 2 1. SprengV ausgenommenen Zeiträume, insbesondere auch nicht während oder nach Fußballspielen, abzubrennen.
Es lag daher ein Verstoß gegen objektives Recht vor, den die Behörde rechtlich falsch gewürdigt hat. Ein Verstoß gegen objektives Recht alleine vermittelt indes keinen Anspruch auf behördliches Handeln (s.o.). Folgt aus ihm aber die Gefährdung eines Individualinteresses, dann folgt aus ihm auch ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung bzgl. des Einschreitens. Nimmt die Behörde aber wie vorliegend an, gar kein Ermessen zu haben, dann liegt schon darin ein Ermessensausfall.
Liegt damit hier ein Ermessensfehler vor, so reicht dies alleine für das (Fort-) Bestehen eines Anspruchs auf ermessensfehlerfreie Entscheidung aus, es gibt aber noch keinen Anspruch auf Einschreiten. Es müsste dafür auch eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegen. Eine solche liegt vor, wenn nach den Umständen des Einzelfalls nur eine einzige Entscheidung rechtmäßig ist. Dies ist bzgl. § 12 I TPAG in der Regel nur dann der Fall, wenn eine hohe Gefahrintensität oder eine Gefahr für ein hochrangiges Schutzgut gegeben ist. Vorliegend ist es in den letzten Tagen bereits mehrfach zu einer Art „Raketenbeschuss“ der Wohnung des D gekommen, wobei auch schon Raketen in die Wohnung des D gedrungen sind. Insofern ist eine hinreichende Intensität gegeben. Überdies sind auch schon Raketen in der Wohnung des D explodiert, so dass dadurch die Gesundheit des D und damit auch ein hochrangiges Schutzgut konkret gefährdet ist. Damit liegen die Voraussetzungen einer Ermessensreduzierung auf Null hier vor. Damit hatte D einen Anspruch auf ordnungsbehördliches Einschreiten. Indem die Behörde sich entschloss, nichts zu unternehmen, hat sie damit ihr Entschließungsermessen fehlerhaft ausgeübt.

b. Auswahlermessen
Weiterhin müsste das Auswahlermessen auf Null reduziert sein. Dies ist der Fall, wenn nur eine bestimmte Maßnahme geeignet ist, die Gefahr für die betroffenen Rechtsgüter des D zu beseitigen. Hier will D beantragen, es dem T zu verbieten, auf seinem Balkon außerhalb der Silvesterzeit Feuerwerk abzubrennen. Denkbar wäre insoweit auch, die Feuerwerkskörper des T beschlagnahmen zu lassen. Dies würde aber nicht sicher verhindern, dass T nicht neue besorgt und diese dann zu einem der nächsten Spiele abbrennt. Ein anderes geeignetes Mittel ist nicht ersichtlich, so dass das Verbot hier allein geeignet ist, die Gefahr abzuwehren. Damit ist das Ermessen auch hinsichtlich des Auswahlermessens reduziert.

Der D hat damit bei summarischer Prüfung einen Anordnungsanspruch bzgl. eines Verbots des Abbrennens von Feuerwerkskörpern ggü. T.

II. Anordnungsgrund
Es müsste ferner ein Anordnungsgrund vorliegen. Ein solcher liegt bei der Sicherungsanordnung nach § 123 I 1 VwGO vor, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Vorliegend besteht die Möglichkeit, dass D durch eine Rakete verletzt wird. Dies würde ihn erheblich in seinem Recht auf körperliche Unversehrtheit beeinträchtigen und damit eine Ausübung seines Grundrechts aus Art. 2 II 1 GG vereiteln. Damit liegt ein Anordnungsgrund nach § 123 I 1 VwGO vor.

III. Glaubhaftmachung
D müsste Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund auch glaubhaft machen, § 123 III VwGO i.V.m. §§ 920 II, 294 ZPO. Dies kann etwa durch eidesstattliche Versicherung erfolgen.



IV. Gerichtliche Entscheidung
Das Gericht trifft grundsätzliche eine eigene Ermessensentscheidung. Insofern ist hinsichtlich des Entschließungs- und des Auswahlermessens zu unterscheiden.

1. Entschließungsermessen
Nach einer Ansicht steht dem Gericht auch bei der Sicherungsanordnung ein Entschließungsermessen zu. Wegen § 123 III VwGO i.V.m. § 938 I ZPO habe, ebenso wie bei der Regelungsanordnung, auch bei der Sicherungsanordnung eine Interessenabwägung stattzufinden. Dabei wäre die Sicherungsanordnung zu erlassen, wenn das private Interesse des Antragstellers das öffentliche Interesse überwiegt. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn aufgrund der bei § 123 I VwGO gebotenen summarischen Prüfung die Klage in der Hauptsache offensichtlich begründet ist. Vorliegend ergibt die summarische Prüfung, dass ein Anordnungsspruch besteht (s.o.), so dass danach die Hauptsacheklage begründet wäre. Danach wäre nach dieser Ansicht ein gerichtliches Einschreiten in Form des Erlasses einer einstweiligen Anordnung geboten.
Nach anderer Ansicht besteht bei der Sicherungsanordnung kein Entschließungs- sondern nur ein Auswahlermessen. Begründet wird dies damit, dass es dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 IV GG widerspreche, den Erlass einer einstweiligen Anordnung selbst dann abzulehnen, wenn deren Erlass nach summarischer Prüfung notwendig ist.
Da für den vorliegenden Fall beide Ansichten dazu kommen, dass ein gerichtliches Einschreiten, mithin der Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlich ist, bedarf es keines Streitentscheids.

2. Auswahlermessen / Keine Vorwegnahme der Hauptsache
Hinsichtlich des Auswahlermessens, mithin des Inhalts (des „Wie“) der gerichtlichen Maßnahme, kann das Gericht grundsätzlich Maßnahmen nach freiem Ermessen anordnen, § 123 III i.V.m. § 938 ZPO. Dieser Grundsatz wird beschränkt durch den Antrag des Antragstellers, d.h. das Gericht darf auch im Rahmen der Ermessensentscheidung nicht mehr zusprechen, als vom Antragsteller beantragt. Vorliegend hat D beantragt, dem T bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zu verbieten, auf seinem Balkon außerhalb der Silvesterzeit Feuerwerk abzubrennen. Fraglich ist allein, ob in dem Erlass dieser Anordnung eine Ermessensüberschreitung wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht, insbesondere den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gegeben ist. Das von D beantragte Verbot zukünftigen Abbrennens von Feuerwerk ist zum Schutz der Rechte des D geeignet und mangels anderer milderer und zugleich mindestens gleich effektiver Maßnahmen auch erforderlich. Ferner müsste auch die Zweck-Mittel-Relation gewahrt sein. Dem Interesse des T, Raketen zum Vergnügen und zur Bekundung von Freude abzubrennen, das sich grundrechtlich auf Art. 2 I GG stützen kann, steht hier das Interesse des D an körperlicher Unversehrtheit gegenüber, das grundrechtlich in Art. 2 II GG verbürgt ist. Da es sich bei der Gesundheit um ein hohes Gut handelt, hat dieses gegenüber der allgemeinen Handlungsfreiheit Vorrang. Der Hinweis des Ü, drinnen zu bleiben geht insoweit ebenfalls fehl, da von D nicht zu verlangen ist, dass er sich zum Schutze seiner Gesundheit in seiner Wohnung verbarrikadiert, damit andere rechtswidrigen Handlungen nachgehen können. Das Verbot ist daher auch angemessen und damit insgesamt verhältnismäßig. Ein Ermessensfehler liegt in dem Erlass daher nicht.
Ferner dürfte der Erlass des Verbots die Hauptsache nicht vorwegnehmen. Dies folgt aus dem Charakter des einstweiligen Rechtsschutzes als Sicherungsverfahren, dessen Gegenstand nicht die Entscheidung der Hauptsache, sondern nur die Sicherung eines entsprechenden Anspruchs ist. Vorliegend begehrt D in der Hauptsache ein dauerhaftes Verbot des Abbrennens von Feuerwerk außerhalb der Silvesterzeiten. Demgegenüber stellt der Antrag des D hier ein Minus dar, denn das beantragte Verbot soll gerade nur bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache gelten und entsprechend auch nur bis dahin den Hauptsacheanspruch sichern und über diesen mithin nicht endgültig entscheiden. Damit ist die Hauptsache gerade nicht vorweggenommen, so dass die Entscheidung auch insoweit ermessensfehlerfrei ist.

C. Endergebnis
Der von D zu stellende Antrag wäre zulässig und begründet. Er hat Aussicht auf Erfolg. Das Gericht wird daher die von D begehrte Anordnung erlassen.