§ 123 I VwGO (Begründetheit)
Aufbau der Prüfung - Begründetheit des § 123 I VwGO
§ 123 I VwGO regelt den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
B. Begründetheit
Der Antrag nach § 123 I VwGO ist begründet, wenn Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden sind.
I. Anordnungsanspruch
Beim Anordnungsanspruch geht es darum, das geltend gemachte Recht zu prüfen. Beispiel: A ist Beamter und äußert sich ehrverletzend über B. B möchte den schnellen Widerruf dieser Äußerung und stellt daher einen Antrag gemäß § 123 I VwGO. In der Begründetheit ist zunächst zu erörtern, ob B einen materiell-rechtlichen Anspruch darauf hat, dass die ehrverletzenden Äußerungen widerrufen werden. Dies setzt eine Anspruchsgrundlage voraus, die in formeller und materieller Hinsicht geprüft werden muss. Im Beispielsfall wäre die Anspruchsgrundlage das Institut des staatshaftungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs.
II. Anordnungsgrund
Bei dem Anordnungsgrund geht es in der Sache um die Eilbedürftigkeit. Es stellt sich an dieser Stelle die Frage, warum einstweiliger und nicht endgültiger Rechtsschutz begehrt wird. Es müssen daher Umstände vorliegen, die anzeigen, weshalb es nicht zumutbar ist, lediglich Klage zu erheben. Die Formulierung für die Eilbedürftigkeit kann § 123 I 1 oder 2 VwGO entnommen werden, je nachdem ob eine Regelungs- oder eine Sicherungsanordnung bejaht wurde.
III. Glaubhaftmachung, §§ 123 VwGO; 920 II, 294 ZPO
Weiterhin verlangt § 123 I VwGO in der Begründetheit die Glaubhaftmachung von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund. Bezüglich der Art der Glaubhaftmachung verweist § 123 III VwGO unter anderem auf die §§ 920 II, 294 ZPO. Dort ist das typische Mittel der Glaubhaftmachung genannt, die eidesstattliche Versicherung. Für die Glaubhaftmachung genügt daher die eidesstattliche Versicherung. Für die Klausurwirklichkeit bedeutet dies nur, dass höchstenfalls erwähnt wird, dass man davon ausgeht, dass die Umstände entsprechend glaubhaft gemacht worden sind.
IV. Gerichtliche Entscheidung
Das Gericht trifft im Rahmen der einstweiligen Anordnung nach § 123 I VwGO eine eigene Ermessensentscheidung.
1. Grundsatz
Bei dieser Ermessensentscheidung hat das Gericht den Grundsatz zu beachten, dass keine Vorwegnahme der Hauptsache stattfinden darf. Würde bereits jetzt all das zugesprochen werden, was man im Idealfall in der späteren Klage erreichen kann, müsste nicht mehr geklagt werden. Schlimmstenfalls können zudem irreparable Schäden entstehen, wenn bereits jetzt alles zugesprochen wird, obwohl in der Hauptsache anders zu entscheiden ist. Das Gericht darf nach § 123 I VwGO somit nur soviel zusprechen, wie einstweilen erforderlich ist, um Schlimmeres bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu verhindern. Beispiel: A will einen Geldbetrag von der Behörde wiederhaben, weil er der Auffassung ist, dass die Behörde das Geld ohne Rechtsgrund erlangt hat, kann das Gericht einen Teilbetrag zusprechen, soviel wie einstweilen erforderlich ist, um die Insolvenz des A bis zur Entscheidung in der Hauptsache abzuwenden.
2. Ausnahme
Einzige Ausnahme ist der effektive Rechtsschutz nach Art. 19 IV GG. In bestimmten Konstellationen kann nur effektiv Rechtsschutz gewährt werden, indem man bereits im einstweiligen Rechtsschutz alles zuspricht. Hieran sind hohe Anforderungen zu stellen. Bei ehrverletzenden Äußerungen kann es im Einzelfall angezeigt sein, schon jetzt vollständig den Eindruck zu beseitigen auf die Gefahr hin, dass alles was geäußert wurde, wahr ist. Beispiel: Die Bundeskanzlerin äußert sich in der Tagesschau zur besten Sendezeit über B, indem sie sagt, er sei durch das erste Examen gefallen und habe die Vogelgrippe. B möchte, dass die Äußerung widerrufen wird. Die Kanzlerin weigert sich jedoch. Deshalb stellt B einen Antrag gemäß § 123 I VwGO. Der Anwurf ist so schwerwiegend, dass es angezeigt sein kann, die Kanzlerin aufzufordern, die Äußerung zu widerrufen. Wenn Ihre Äußerung erwiesenermaßen wahr ist, soll sie die Äußerung noch einmal tätigen dürfen.