Aufrechnung, §§ 387 ff. BGB

Aufbau der Prüfung - Aufrechnung, §§ 387 ff. BGB

Die Aufrechnung ist in den §§ 387 ff. BGB geregelt. Beispiel: A verkauft B etwas und erzielt damit eine Kaufpreisforderung i.H.v. 1.000 Euro. B verkauft dem A etwas und hat ebenfalls eine Kaufpreisforderung i.H.v. 1.000 Euro. Nun könnte A an B und B an A jeweils 1.000 Euro zahlen. Dies könnte jedoch auch mittels Aufrechnung geregelt werden.

A. Voraussetzungen

Die Aufrechnung ist ein Gestaltungsrecht und setzt daher Folgendes voraus: Aufrechnungslage, Aufrechnungserklärung, kein Ausschluss. 

I. Aufrechnungslage, § 387 BGB

Zunächst setzt die Aufrechnung eine Aufrechnungslage voraus, § 387 BGB.

1. Gegenseitige Forderungen

Hiernach verlangt eine Aufrechnung zunächst gegenseitige Forderungen. Mithin muss jeder Gläubiger und Schuldner des anderen sein. Ausnahmen gelten für die Aufrechnung lediglich innerhalb der schuldnerschützenden Vorschriften über die Abtretung, vgl. §§ 406, 407 BGB. Beispiel: A hat gegen B eine Forderung und tritt diese, ohne dass B davon weiß, an C ab. B hat seinerseits eine Forderung gegenüber A. Hier kann B gegenüber A aufrechnen, auch wenn dieser nicht mehr Inhaber der Forderung ist.

2. Gleichartigkeit

Weiterhin ist für eine Aufrechnung die Gleichartigkeit der Forderungen erforderlich. Dies bedeutet in der Praxis, dass beide Forderungen auf Geld gerichtet sein müssen.

3. Fälligkeit und Durchsetzbarkeit der Gegenforderung

Darüber hinaus fordert die Aufrechnung im Rahmen der Aufrechnungslage die Fälligkeit und Durchsetzbarkeit der Gegenforderung. Gegenforderung ist hierbei immer die Forderung, die man zum Zwecke der Aufrechnung einsetzt. Fälligkeit ist der Zeitpunkt, zu dem geleistet werden muss. Durchsetzbarkeit betrifft dagegen Einreden des Aufrechnungsgegners. Beispiel: Eine verjährte Forderung kann nicht zum Zwecke der Aufrechnung eingesetzt werden.

4. Erfüllbarkeit der Hauptforderung

Ferner ist für die Aufrechnungslage die Erfüllbarkeit der Hauptforderung notwendig. Hauptforderung ist dabei die Forderung, die man mit der Aufrechnung zum Erlöschen bringen möchte. Erfüllbarkeit liegt dann vor, wenn geleistet werden darf. 

II. Aufrechnungserklärung, § 388 BGB

Da die Aufrechnung ein Gestaltungsrecht ist, muss auch sie erklärt werden, vgl. § 388 BGB. Aus Satz 2 der Norm ergibt sich darüber hinaus, dass die Aufrechnung – wie alle Gestaltungsrechte – bedingungsfeindlich ist. Einzige Ausnahme ist die Eventualaufrechnung im Zivilprozess. Beispiel: Der Beklagte bestreitet das Bestehen des Anspruchs. Für den Fall, dass das Gericht dies anders sieht, erklärt er hilfsweise die Aufrechnung mit einer Forderung, die ihm gegenüber dem Kläger zusteht. Diese innerprozessuale Bedingung ist zulässig. 

III. Kein Ausschluss

Zuletzt darf die Aufrechnung nicht ausgeschlossen sein.

1. Vertraglich

Gründe für einen vertraglichen Ausschluss der Aufrechnung können beispielsweise komplexe Dauerschuldverhältnisse mit vielen gegenseitigen Geldforderungen sein, da eine Aufrechnung in diesen Fällen zu Intransparenz führen würde.

2. Gesetzlich

Gesetzlich ist die Aufrechnung gemäß den §§ 392 ff. BGB ausgeschlossen. Fallbeispiel: A fährt B absichtlich eine Beule in dessen Auto. B steigt aus, haut auf das Auto des B und sagt: „Stimmt so!“ und will der Sache nach aufrechnen. Dies geht nach § 393 BGB nicht. Hiernach ist eine Aufrechnung gegen eine Hauptforderung aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung unzulässig. Durch diese Regelung soll Selbstjustiz vermieden werden. Fallbeispiel: Wenn B Inhaber einer Forderung gegen A aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung ist und weiß, dass A kein Geld hat, kann es für ihn interessant sein, Genugtuung dadurch zu erlangen, dass er gegenüber A eine unerlaubte Handlung begeht und eine weitere Forderung provoziert, um mit dieser aufzurechnen. 

B. Rechtsfolge: Erlöschen ex tunc

Die Rechtsfolge der Aufrechnung ist das Erlöschen der Forderungen, soweit sie sich decken, und zwar ab dem Zeitpunkt, in dem sie sich erstmalig aufrechenbar gegenüberstanden (ex tunc Wirkung). Die Aufrechnung ist demnach bei „Anspruch nicht erloschen“ zu prüfen.

 

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