<h2>Problem - R&uuml;ckwirkung von Gesetzen</h2>

<p>Im Rahmen der Rechtssicherheit als Teil des Rechtsstaatsprinzips kann sich das Problem der R&uuml;ckwirkung von Gesetzen stellen.<br />
Bei der R&uuml;ckwirkung von Gesetzen ist zwischen der beg&uuml;nstigenden und belastenden R&uuml;ckwirkung von Gesetzen zu differenzieren.</p>

<h3>I. Beg&uuml;nstigende R&uuml;ckwirkung</h3>

<p>Beispiel: A nimmt an den Pr&uuml;fungen des ersten Examens Teil und erzielt ein Ergebnis von 3,5 Punkten. Nach derzeitiger Rechtslage hat A nicht bestanden. Nun wird ein Gesetz erlassen zur nachtr&auml;glichen Absenkung der Bestehensschwelle auf 3,0. Erfasst werden auch vergangene Durchg&auml;nge, insbesondere der Durchgang des A. Die beg&uuml;nstigende R&uuml;ckwirkung von Gesetzen ist stets zul&auml;ssig.</p>

<h3>II. Belastende R&uuml;ckwirkung</h3>

<p>Problematisch ist hingegen die belastende R&uuml;ckwirkung von Gesetzen. Beispiel: Wie oben. Jedoch erzielt A 4,5 Punkte und hat nach derzeitiger Rechtslage knapp bestanden. Nun wird ein Gesetz zur Anhebung der Bestehensschwelle auf 5 Punkte. Dies wird auch r&uuml;ckwirkend geregelt und erfasst den Durchgang des A.</p>

<h3>1. Strafrecht, Art. 103 II GG</h3>

<p>Im Strafrecht gilt hinsichtlich einer belastenden R&uuml;ckwirkung von Gesetzen nach Art. 103 II GG ein absolutes R&uuml;ckwirkungsverbot (nulla poena sine lege). Dies spielte bei den Mauersch&uuml;tzenf&auml;llen eine Rolle. Denn nach damalig geltendem DDR-Recht war das Abschie&szlig;en von Fl&uuml;chtigen kein strafrechtlich bew&auml;hrtes Verhalten. Nach der Wiedervereinigung wollte man eine nachtr&auml;gliche Anwendung des westdeutschen Rechts, also eine partielle R&uuml;ckwirkung von Gesetzen, vornehmen. Gel&ouml;st wurde das Problem jedoch dadurch, dass man das DDR-Strafrecht bereits bei einer verst&auml;ndigen W&uuml;rdigung zu damaliger Zeit so h&auml;tte verstehen m&uuml;ssen, dass dies strafbares Verhalten war.</p>

<h3>2. Sonstige Rechtsgebiete</h3>

<p>Innerhalb der sonstigen Rechtsgebiete muss bei der belastenden R&uuml;ckwirkung von Gesetzen dahingehend differenziert werden, ob eine echte oder eine unechte R&uuml;ckwirkung von Gesetzen vorliegt. In der Terminologie des Bundesverfassungsgerichts hei&szlig;t die echte R&uuml;ckwirkung von Gesetzen auch &bdquo;R&uuml;ckbewirkung von Rechtsfolgen&ldquo; und die unechte R&uuml;ckwirkung von Gesetzen auch &bdquo;tatbestandliche R&uuml;ckankn&uuml;pfung&ldquo;. Die <strong>echte R&uuml;ckwirkung</strong> von Gesetzen betrifft bereits abgeschlossene Sachverhalte, also Lebenssachverhalte, die in der Vergangenheit begonnen haben und auch schon abgeschlossen sind. Die <strong>unechte R&uuml;ckwirkung</strong> von Gesetzen betrifft noch laufende Lebenssachverhalte, also solche, die in der Vergangenheit begonnen haben, aber noch nicht abgeschlossen sind.</p>

<h3>a) Echte R&uuml;ckwirkung</h3>

<p>Beispielsfall: Die nachtr&auml;gliche Anhebung der Bestehensschwelle stellt eine echte R&uuml;ckwirkung von Gesetzen dar. Der Lebenssachverhalt &bdquo;A studiert Jura&ldquo; ist bereits mit der Endnote abgeschlossen. An diesen Lebenssachverhalt wird eine neue Rechtsfolge gekn&uuml;pft (&bdquo;nicht bestanden&ldquo;). Diese echte R&uuml;ckwirkung von Gesetzen ist grunds&auml;tzlich unzul&auml;ssig. Ausnahmen gelten jedoch beispielsweise bei Bagatellf&auml;llen. Beispiel: Es wird eine Bereinigung des Steuerrechts mit r&uuml;ckwirkender Kraft vorgenommen, sodass ein paar Cent-Betr&auml;ge hin- und hergeschoben werden m&uuml;ssen. Die Regelung bringt jedoch Grund ins deutsche Steuerrecht. Dar&uuml;ber hinaus ist eine echte R&uuml;ckwirkung von Gesetzen auch in den F&auml;llen ausnahmsweise zul&auml;ssig, in welchen der B&uuml;rger mit der r&uuml;ckwirkenden &Auml;nderung rechnen musste. Beispiel Examensfall: Vor dem Examensdurchgang des A h&auml;ngen &uuml;berall Notizen aus, dass die jetzigen Examenskandidaten nicht davon ausgehen k&ouml;nnten, mit 4 Punkten zu bestehen, da die BRD sich im Verzug mit der Umsetzung einer europarechtlichen Richtlinie zur Angleichung der Bestehensschwelle von Juristen befinde. Diese Richtlinie h&auml;tte bereits am heutigen Tag umgesetzt werden m&uuml;ssen, werde jedoch versp&auml;tet in zwei Monaten, dann aber mit r&uuml;ckwirkender Kraft umgesetzt. Professoren informieren mit Megafonen, Hubschrauber verbreiten die Information auf Bannern. Hier musste mit dieser R&uuml;ckwirkung gerechnet werden.</p>

<h3>b) Unechte R&uuml;ckwirkung</h3>

<p>Anders verh&auml;lt es sich bei der unechten R&uuml;ckwirkung von Gesetzen. Beispielsfall: A steht kurz vor dem Examen. Dann wird das Juristenausbildungsgesetz ge&auml;ndert. Nun muss man auch flie&szlig;end D&auml;nisch k&ouml;nnen, um sich zum Ersten Examen anmelden zu k&ouml;nnen. Dies w&auml;re eine unechte R&uuml;ckwirkung von Gesetzen, denn diese betrifft einen noch laufenden Sachverhalt. Die unechte R&uuml;ckwirkung von Gesetzen ist grunds&auml;tzlich zul&auml;ssig. Eine Ausnahme greift jedoch bei &uuml;berwiegendem schutzw&uuml;rdigen Vertrauen. Im Beispielsfall werden Personen besonders hart getroffen, die unmittelbar vor dem Examen stehen, da sie ihr Studienverhalten nicht nach dieser Regelung ausrichten konnten. Dies hat A im Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage nicht getan. Hier wird man f&uuml;r bestimmte Kandidaten ein &uuml;berwiegendes schutzw&uuml;rdiges Vertrauen annehmen k&ouml;nnen. Werden keine Regelungen getroffen, die diese H&auml;rte auffangen, verst&ouml;&szlig;t das Gesetz gegen das Rechtsstaatsprinzip. Zur Vermeidung dieses Versto&szlig;es k&ouml;nnen jedoch &Uuml;bergangsregelungen getroffen werden.</p>

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Eine unechte Rückwirkung von Gesetzen liegt vor, wenn an noch laufende Lebenssachverhalte, also solche, die in der Vergangenheit begonnen haben, aber noch nicht abgeschlossen sind, neue Rechtsfolgen geknüpft werden (tatbestandliche Rückanknüpfung).

Echte Rückwirkung von Gesetzen bedeutet, dass an bereits abgeschlossene Sachverhalte, also Lebenssachverhalte, die in der Vergangenheit begonnen haben und auch schon abgeschlossen sind, neue Rechtsfolgen geknüpft werden (Rückbewirkung von Rechtsfolgen).

Nulla poena sine lege

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