Wirksamkeit der Willenserklärung eines Minderjährigen, §§ 106 ff. BGB
Aufbau der Prüfung - Wirksamkeit der Willenserklärung eines Minderjährigen, §§ 106 ff. BGB
Die Wirksamkeit der Willenserklärung eines Minderjährigen, der in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, wird in den §§ 106 ff. BGB geregelt. Es gibt vier Möglichkeiten, die Wirksamkeit der Willenserklärung eines Minderjährigen zu erreichen: Das Geschäft ist lediglich rechtlich vorteilhaft, die gesetzlichen Vertreter haben eingewilligt oder genehmigt oder es liegt ein Sonderfall der §§ 110-113 BGB vor.
I. Lediglich rechtlich vorteilhaft, § 107 BGB
Die Willenserklärung eines Minderjährigen ist wirksam, wenn das Rechtsgeschäft lediglich rechtlich vorteilhaft ist, vgl. § 107 BGB. Ein Rechtsgeschäft ist nach § 107 BGB lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn es nicht unmittelbar rechtlich nachteilig ist. Es kommt nicht auf rechtliche Vorteile an, sondern nur darauf, dass kein rechtlicher Nachteil besteht. Somit fallen auch rechtlich neutrale Geschäfte in die Definition. Dies ist auch dem Rechtsgedanken des § 165 BGB zu entnehmen. Dort ist die Wirksamkeit der Willenserklärung eines Minderjährigen, der als Stellvertreter handelt, geregelt. Wenn ein Minderjähriger als Stellvertreter handelt, so verpflichtet er nicht sich selbst, sondern einen Dritten. Unmittelbar rechtlich nachteilig ist ein Rechtsgeschäft immer dann, wenn der Minderjährige persönlich verpflichtet wird oder Rechte des Minderjährigen aufgehoben oder beschränkt werden. Eine Verpflichtung liegt beispielsweise bei einem Kaufvertrag vor: Wenn der Minderjährige ein Fahrrad verkauft, dann (persönlich) verpflichtet ist der Minderjährige zur Übereignung der Sache verpflichtet. Genauso rechtlich nachteilig wäre die anschließende Übereignung des Fahrrades. Das wäre insoweit die Aufhebung eines Rechts des Minderjährigen, als er durch die Übereignung der sein Eigentum an dem Fahrrad verlöre.
II. Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, § 107 BGB
Die Wirksamkeit der Willenserklärung eines Minderjährigen kann auch durch die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters vor dem Abschluss des Rechtsgeschäfts eintreten. Eine solche Wirksamkeit der Willenserklärung des Minderjährigen ergibt sich aus § 107 BGB.
1. Einwilligung
Zunächst bedarf es einer Einwilligung. Die Einwilligung ist in § 183 BGB legaldefiniert und meint die vorherige Zustimmung. Der Minderjährige darf also auch nicht lediglich rechtlich vorteilhafte Rechtsgeschäfte schließen, wenn die Eltern zuvor einverstanden sind.
2. Gesetzlicher Vertreter
Gesetzliche Vertreter sind üblicherweise die Eltern des Minderjährigen, vgl. §§ 1626, 1629 BGB. Wenn die Eltern also vorher dem Rechtsgeschäft zugestimmt haben, so ist dieses wirksam. Zu beachten sind jedochbestimmte Einschränkungen. Dies ist z.B. das sog. Insichgeschäft gem. §§ 1629 II, 1824 II, 181 BGB oder Fälle der §§ 1643, 1850 ff. BGB, bei dem das Familiengericht involviert werden muss(z.B. Grundstücksgeschäfte, Gründung einer Gesellschaft usw.).
III. Genehmigung des gesetzlichen Vertreters, § 108 BGB
Weiterhin kann die Wirksamkeit der Willenserklärung eines Minderjährigen gemäß § 108 BGB durch Genehmigung des gesetzlichen Vertreters erreicht werden. Die Genehmigung ist in § 184 BGB legaldefiniert und meint die nachträgliche Zustimmung. Wenn ein Minderjähriger also ein Rechtsgeschäft abschließt, das nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist, und die Eltern haben nicht bereits im Vorhinein zugestimmt, dann ist das Rechtsgeschäft durch eine nachträgliche Zustimmung wiederrum wirksam.
IV. Sonderfälle
Zuletzt kann die Wirksamkeit der Willenserklärung eines Minderjährigen in den Sonderfällen der § 110, 112 und 113 BGB eintreten.
1. § 110 BGB
§ 110 BGB ist der sogenannte Taschengeldparagraph. Die Wirksamkeit der Willenserklärung eines Minderjährigen hängt danach davon ab, dass der Minderjährige das Rechtsgeschäft mit seinem Taschengeld tätigt, wobei es nicht darauf ankommt, ob der Minderjährige das Geld zuvor von seinen Eltern oder mit deren Zustimmung von einem Dritten erhalten hat. Ausgenommen davon sind allerdings Ratenzahlungsgeschäfte. Beispiel: A ist 8 Jahre alt und bekommt einen Euro Taschengeld pro Woche und geht in einen Spielwarenladen, wo er ein Spielzeug für 20 Euro entdeckt. Der Inhaber des Spielwarenladens bietet dem A an, dass A 5 Euro anzahlt und den Rest mit dem wöchentlichen Taschengeld abstottern könne. Hier ist die Willenserklärung des Minderjährigen nicht wirksam. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 110 BGB. Dort steht „bewirkt“ und nicht „bewirken wird“, sodass ein zukünftiges Bewirken nicht von der Norm erfasst ist.
2. §§ 112 BGB
Im Übrigen sind für die Wirksamkeit der Willenserklärung eines Minderjährigen das selbständige Erwerbsgeschäft gemäß § 112 BGB zu beachten.
3. § 113 BGB
Schließlich gibt es noch den Sonderfall des Arbeits- oder Dienstverhältnis eines Minderjährigen nach § 113 BGB.