Sonstige Kriterien

Überblick - Sonstige Kriterien

Zur Bestimmung der öffentlich-rechtlichen Natur einer Streitigkeit sind sonstige Kriterien heranzuziehen, wenn es nach der Sonderrechtstheorie eine streitentscheidende Norm nicht gibt. 

I. Typisch hoheiltliche Handlungsform

Sonstige Kriterien zur Bestimmung des Vorliegens einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit schließen die typisch hoheitlich Handlungsform mit ein. Beispiel: Ein Handeln durch Bescheid oder Verwaltungsakt.

II. Öffentlich-rechtlicher Sachzusammenhang

Weiterhin beziehen sich sonstige Kriterien auch auf den öffentlich-rechtlichen Sachzusammenhang und die Kehrseitentheorie. Letztere besagt, dass der actus contrarius, der gegenläufige Akt, die Rechtsnatur des Ausgangsaktes teilt. Beispiel: A äußert sich in seiner Funktion als Beamter ehrverletzend über B. B möchte den Widerruf der ehrverletzenden Äußerung. Eine aufdrängende Sonderzuweisung liegt nicht vor, da B nicht Beamter ist. Somit richtet sich die Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges nach der Generalklausel des § 40 I 1 VwGO. Hiernach müsste eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vorliegen. Diese bestimmt sich vorrangig nach der Sonderrechtstheorie, wonach die streitentscheidende Norm im öffentlichen Recht liegen muss. Hier geht es jedoch um einen staatshaftungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch, der nicht gesetzlich geregelt ist. Allerdings handelte A vorliegend in der Funktion als Beamter, es ist somit ein öffentlich-rechtlicher Sachzusammenhang gegeben.

III. Kehrseitentheorie

Zudem gilt nach der Kehrseitentheorie, dass der gegenläufige Akt die Rechtsnatur des Ausgangsaktes teilt. Wenn aufgrund des öffentlich-rechtlichen Sachzusammenhangs die Äußerung des A als öffentlich-rechtlich zu bewerten ist, ist auch der Widerruf öffentlich-rechtlich zu bewerten. Daher müssen zuweilen mehrere sonstige Kriterien zur Bestimmung der Natur der Streitigkeit kombiniert werden. 

IV. Zwei-Stufentheorie

Sonstige Kriterien betreffen darüber hinaus auch die Zwei-Stufentheorie in der Leistungsverwaltung. Danach ist das „Ob“ der Leistungsvergabe immer öffentlich-rechtlicher Natur, während das „Wie“ dem Privatrecht zuzuordnen ist. Beispiel: Die Entscheidung über das „Ob“ einer Subvention ist öffentlich-rechtlich. Dagegen ist die konkrete Ausgestaltung der Subvention (Darlehen, Stipendium etc.) in aller Regel dem Privatrecht zugehörig. 


V. Indizien

Sonstige Kriterien schließen auch Indizien für einen öffentlich-rechtlichen Sachzusammenhang mit ein. Ist eine Benutzungsordnung gegeben, spricht dies für einen öffentlich-rechtlichen Sachzusammenhang. Liegen hingegen AGB vor, geht es um einen privat-rechtlichen Kontext.

VI. Vermutungsregel

Lässt sich nach all diesen Kriterien immer noch nicht bestimmen, ob eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit gegeben ist, greift die Vermutungsregel, dass Hoheitsträger im Zweifel öffentlich-rechtlich handeln.
 

 

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