Fall: Out of this world
Marlene (M) und Tobias (T) haben sich im Verlauf ihres Jura-Studiums auf dem Hurricane-Festival in Scheeßel kennen- und lieben gelernt. Noch während der Studienzeit konnte eine Besiegelung ihrer grenzenlosen Liebe nicht warten, so dass M und T kurzerhand im Mai 2012 heirateten. Mittlerweile ist M erfolgreiche Strafverteidigerin und arbeitet für eine stadtbekannte Kanzlei. T hatte hingegen schon während seines Studiums nur Flausen im Kopf und kümmerte sich lieber hingebungsvoll um seine Plattensammlung und den Gelegenheitsjob als Discjockey. Da es mit einer Karriere als international bekanntem Schallplattenunterhalter nicht so ganz klappen wollte und er sowohl das erste als auch das zweite Staatsexamen mehr schlecht als recht hinter sich gebracht hat, sind die Jobaussichten des T im Jahr 2017 eher trübe. Da jedoch der Verdienst der M für den Unterhalt beider Eheleute ausreichend ist und M, die sich als emanzipierte Frau des 21. Jahrhunderts versteht, nichts dagegen einzuwenden hat, vorübergehend die Alleinverdienerin der Familie zu sein, genießt T das Leben und fühlt sich nicht gezwungen, einen der wenig lukrativen Nebenjobs anzunehmen.
Auch wenn M die Erwerbslosigkeit des T toleriert und beide Ehepartner die Leidenschaft der Rockmusik teilen, missfallen ihr zunehmend die zuletzt stark ausschweifenden Schallplattenkäufe des T. Jedoch genießt sie nach wie vor das nostalgische Musikhören zu zweit und ist selbst stolz auf die von beiden Ehepartnern gemeinsam erweiterte Plattensammlung, so dass sie erst einmal abwarten möchte, wie sich die Erwerbssituation des T in der Zukunft gestalten wird.
Als T eines Tages M um Geld für eine neue Winterjacke bittet, händigt M dem T 200 Euro aus. T konzentriert sich beim Bummeln durch die Innenstadt zunächst primär auf die Wintermode der Saison. Bald wird er auch in Form einer marineblauen, gut gefütterten Steppjacke inklusive pelzbesetzter Kapuze fündig. Da die Jacke auf einen Preis von 149,99 Euro heruntergesetzt ist, mag T noch nicht nach Hause fahren und streift weiter durch die Straßen. Zufällig führt ihn sein Weg auch an seinem Lieblingsplattenladen vorbei. T denkt sich, dass ein bisschen Stöbern doch nicht verkehrt sein könne, und betritt einer inneren Eingebung folgend den Laden. Bereits nach kurzer Sichtung der neuen Ware stößt T auf das von ihm bereits lang gesuchte Album "Out of this World“ von der Rockband Europe. Hierbei handelt es sich um eine streng limitierte Auflage in rotem Vinyl zu einem Preis von 150 Euro. Ein Muss für jeden Sammler. T, der vermutet, dass M bei einem solchen Liebhaberstück vor Begeisterung ausflippen werde, will die Platte kurzentschlossen kaufen. Schließlich hat M dem T schon des Öfteren wertvolle Schallplatten zum Geschenk gemacht und auch außerhalb der Reihe seine Sammlung mit Liebhaberexemplaren vervollständigt.
Da T jedoch gerade einmal 50 Euro von dem Jackenkauf verblieben sind, vereinbart er mit Guido Runghold (G), dem Inhaber des Ladens und einem alten Bekannten von T und M, dass er den Restkaufpreis am Ende des Monats begleichen solle.
Als T der M voller Stolz seine Errungenschaften präsentiert, reißt M trotz eines wehmütigen Blicks auf das Cover der Platte der Geduldsfaden. Was T sich eigentlich einbilde. Jeden Tag schufte sie in der Kanzlei und erledige abends noch den Haushalt, während er teure Platten kaufe und das Leben genieße. Von welchem Geld er das eigentlich bezahlen wolle. Sie sei nach den letzten Plattenschnäppchen des T jedenfalls nicht mehr gewillt auch nur noch einen einzigen Vinylkauf finanziell zu unterstützen. Wenn er die Plattensammlung weiter vergrößern wolle, nur zu, dann solle er sich aber auch gefälligst einen Job suchen.
Nach dem Streit packt T das schlechte Gewissen, weshalb er die Platte nicht mehr bezahlen will. G wendet sich deshalb an M, die den Zahlungsanspruch jedoch entrüstet zurückweist.
Von wem kann G die Zahlung des Restkaufpreises i.H.v. 100 Euro verlangen?
ABWANDLUNG 1
Wie obig, nur dass M von ihrem Verdienst eine Dolby Surround Stereoanlage bei einem einschlägigen Elektrowarenfachgeschäft für den gemeinsamen Haushalt ersteht. Bei diesem Kauf erwähnt M gegenüber der Verkäuferin E mit keinem Wort ihren Ehemann. T, der die Anlage auch aufgrund der ihm zur Verfügung stehenden Freizeit überwiegend nutzt und glaubt, M habe die Anlage hauptsächlich für ihn angeschafft, gerät eines Tages mit M in einen Streit darüber, wem die Anlage nun eigentlich gehöre. Wer hat das Eigentum an der Anlage erworben?
ABWANDLUNG 2
Wie im Ausgangsfall. Nachdem M und T wieder einmal aufgrund der anhaltenden Erwerbslosigkeit und gleichzeitig stattfindenden Schallplattenanschaffungsorgien des T in Streit geraten sind, verkauft M wutentbrannt die Stereoanlage an K zu einem Preis von 600 Euro. T, entsetzt von der Tatsache, dass ihm nur noch das spartanische Küchenradio verbleibt, will sich rächen und von dem Geld einen Plattenspieler erstehen. T verlangt von K die Zahlung des Kaufpreises. Zu Recht?
ABWANDLUNG 3
K zahlt ahnungslos die 600 Euro an T. Als M dies spitz kriegt, ist sie empört und verlangt von K erneute Zahlung, zur Not an beide Ehegatten gemeinsam. Zu Recht?
Von wem kann G die Zahlung des Restkaufpreises i.H.v. 100 Euro verlangen?
ABWANDLUNG 1
Wie obig, nur dass M von ihrem Verdienst eine Dolby Surround Stereoanlage bei einem einschlägigen Elektrowarenfachgeschäft für den gemeinsamen Haushalt ersteht. Bei diesem Kauf erwähnt M gegenüber der Verkäuferin E mit keinem Wort ihren Ehemann. T, der die Anlage auch aufgrund der ihm zur Verfügung stehenden Freizeit überwiegend nutzt und glaubt, M habe die Anlage hauptsächlich für ihn angeschafft, gerät eines Tages mit M in einen Streit darüber, wem die Anlage nun eigentlich gehöre. Wer hat das Eigentum an der Anlage erworben?
ABWANDLUNG 2
Wie im Ausgangsfall. Nachdem M und T wieder einmal aufgrund der anhaltenden Erwerbslosigkeit und gleichzeitig stattfindenden Schallplattenanschaffungsorgien des T in Streit geraten sind, verkauft M wutentbrannt die Stereoanlage an K zu einem Preis von 600 Euro. T, entsetzt von der Tatsache, dass ihm nur noch das spartanische Küchenradio verbleibt, will sich rächen und von dem Geld einen Plattenspieler erstehen. T verlangt von K die Zahlung des Kaufpreises. Zu Recht?
ABWANDLUNG 3
K zahlt ahnungslos die 600 Euro an T. Als M dies spitz kriegt, ist sie empört und verlangt von K erneute Zahlung, zur Not an beide Ehegatten gemeinsam. Zu Recht?
A. Ansprüche G gegen T
I. Anspruch G gegen T auf Zahlung des Restkaufpreises i.H.v. 100 Euro aus Kaufvertrag gemäß § 433 II BGB
G könnte gegen T einen Anspruch auf Zahlung des Restkaufpreises i.H.v. 100 Euro aus Kaufvertrag gemäß § 433 II BGB haben.
1. Einigung
Hierfür müssten sich G und T zunächst geeinigt haben. Eine Einigung setzt zwei sich deckende Willenserklärungen, Angebot und Annahme voraus, vgl. §§ 145 ff. BGB. Vorliegend haben sich G und T über den Kauf einer Schallplatte zu einem Preis von 150 Euro geeinigt. Eine Einigung i.S.d. §§ 145 ff. BGB liegt somit vor.
2. Wirksamkeit
Der Einigung von G und T stehen auch keine rechtshindernden Einwendungen entgegen, so dass sich G und T wirksam über den Kauf der Schallplatte zu einem Preis von 150 Euro geeinigt haben.
3. Ergebnis
Mithin hat G gegen T einen Anspruch auf Zahlung des Restkaufpreises i.H.v. 100 Euro aus Kaufvertrag gemäß § 433 II BGB.
B. Ansprüche G gegen M
I. Anspruch G gegen M auf Zahlung des Restkaufpreises aus Kaufvertrag nach § 433 II BGB
G könnte zudem gegen M einen Anspruch auf Zahlung des Restkaufpreises aus Kaufvertrag nach § 433 BGB haben.
1. Einigung
Hierfür müssten sich G und M zunächst wirksam geeinigt haben. Vorliegend haben sich G und M nicht unmittelbar geeinigt, da T den Kauf der Schallplatte getätigt hat. Eine Einigung zwischen G und M könnte somit lediglich nach den Regeln der Stellvertretung zustande gekommen sein, vgl. §§ 164 ff. BGB. Jedoch hat T zu keiner Zeit erwähnt, dass er die Platte im Namen der M kaufen wolle. Mithin mangelt es für eine wirksame Stellvertretung bereits am Offenkundigkeitsprinzip. Eine Einigung zwischen M und G liegt somit nicht vor.
2. Ergebnis
Mangels Einigung hat G gegen M keinen Anspruch auf Zahlung des Restkaufpreises aus Kaufvertrag nach § 433 II BGB.
II. Anspruch G gegen M auf Zahlung des Restkaufpreises i.H.v. 100 Euro gemäß § 433 II i.V.m.
§ 1357 I 2 BGB
G könnte gegen M jedoch einen Anspruch auf Zahlung des Restkaufpreises i.H.v. 100 Euro gemäß § 433 II i.V.m. § 1357 I 2 BGB haben.
1. Wirksame Ehe, §§ 1303 ff. BGB
Hierfür müsste eine wirksame Eheschließung i.S.v. § 1303 ff. BGB vorliegen. Hier haben M und T im Mai 2012 geheiratet. Diese Eheschließung ist auch wirksam. Mithin liegt eine wirksame Ehe i.S.v. § 1303 ff. BGB vor.
2. Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs, § 1357 I 1 BGB
Weiterhin müsste ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs gemäß § 1357 I 1 BGB getätigt worden sein. Ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs liegt immer dann vor, wenn das Geschäft in der Regel ohne vorherige Abstimmung von einem Ehegatten selbständig erledigt werden darf. Hierbei ist jedoch auf den jeweils vorliegenden Zuschnitt der Ehe abzustellen, sogenannte konkret-objektive Betrachtungsweise. Hier hat T eine Schallplatte zu einem Preis von 150 Euro getätigt. Fraglich ist also zunächst, ob der Kauf einer Schallplatte ein Geschäft zur Deckung des Lebensbedarfs darstellt. Vorliegend sammelt T Schallplatten. Hierbei wird er von M durch Geschenke und Anschaffungen außerhalb der Reihe unterstützt, wobei hierunter auch des Öfteren teurere Sammlerstücke fallen. Zudem nutzen T und M die Schallplattensammlung gemeinsam zum nostalgischen Musikhören. Mithin kann unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse der Ehe von T und M davon ausgegangen werden, dass der Kauf einer teureren Schallplatte durchaus ein Geschäft zur Deckung des Lebensbedarfs darstellt. Weiterhin ist lediglich fraglich, ob dieses Geschäft im konkreten Fall auch angemessen i.S.d. § 1357 I 2 BGB ist. Hier hat M dem T zwar nur Geld für einen Jackenkauf gegeben. Auch hat T neben der Jacke eine Schallplatte zu einem Preis gekauft, der das von M zur Verfügung gestellte Budget weit überschreitet. Jedoch beurteilt sich die Angemessenheit eines solchen Geschäfts nicht nach individuellen Absprachen, sondern nach dem Zuschnitt des Haushalts, der sich einem objektiver Betrachter bietet. Vorliegend hat T gegenüber G mit keinem Wort erwähnt, dass ihm das Geld für den Kauf einer Winterjacke von M zur Verfügung gestellt wurde. Es ist weiterhin auch nicht ungewöhnlich, dass M und T die Platten jeweils selbständig ohne vorherige Abstimmung mit dem anderen Ehepartner erstehen. Mithin ist aus Sicht eines objektiven Beobachters nicht davon auszugehen, dass das vorliegende Geschäft als unangemessen zu werten ist. Folglich liegt ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs i.S.d. § 1357 I 1 BGB vor.
3. Keine Offenbarung als Eigengeschäft, § 1357 I 2 BGB
Eine Offenbarung als Eigengeschäft i.S.d. § 1357 I 2 BGB liegt hier nicht vor.
4. Keine Beschränkung/Aufhebung, §§ 1357 II, 1412 BGB
Hier könnte die Berechtigung des T, Geschäfte mit Wirkung für M zu besorgen, jedoch beschränkt worden sein, vgl. §§ 1357 II, 1412 BGB. Hier hatten M und T abgesprochen, dass T von den 200 Euro eine Winterjacke kaufen solle. Hierin kann die Vereinbarung gesehen werden, dass T keine anderen Gegenstände von dem Geld erwerben und den ausgehändigten Betrag nicht überschreiten darf. Selbst wenn in der Hingabe des Geldes eine solche Vereinbarung gesehen werden könnte, entfaltet eine derartige Beschränkung gegenüber Dritten jedoch nur ihre Wirkung, wenn sie im Güterrechtsregister eingetragen ist oder dem Dritten bekannt war, vgl. §§ 1357 II, 1412 BGB. Hier wusste G nichts von einer derartigen Absprache. Auch ist die Beschränkung nicht im Güterrechtsregister eingetragen. Mithin liegt eine Beschränkung i.S.d. §§ 1357 II, 1412 BGB nicht vor.
5. Kein Getrenntleben, §§ 1357 III, 1567 BGB
Auch leben M und T nicht getrennt, vgl. §§ 1357 III, 1567 BGB.
6. Rechtsfolge des § 1357 I 2 BGB
Nach § 1357 I 2 BGB werden im Falle der Tätigung eines Geschäfts zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs beide Ehepartner berechtigt und verpflichtet.
Mithin ist M nach § 1357 I 2 BGB ebenso wie T verpflichtet, den Restkaufpreis an G zu zahlen.
7. Ergebnis
Folglich hat G gegen M einen Anspruch auf Zahlung des Restkaufpreises i.H.v. 100 Euro gemäß § 433 II i.V.b. § 1357 I 2 BGB.
Abwandlung 1
A. Eigentumserwerb von M und T nach § 1357 I 2 BGB
M und T könnten beide das Eigentum an der Musikanlage nach § 1357 I 2 BGB erworben haben.
I. Dingliche Wirkung des § 1357 I 2 BGB
Hierfür müsste § 1357 I 2 BGB dingliche Wirkung entfalten. Dies ist hingegen strittig.
Eine Ansicht bejaht die dingliche Wirkung des § 1357 I 2 BGB. Hiernach führt der rechtsgeschäftliche Übereignungstatbestand in der Person des einen Ehegatten (§§ 929 ff. BGB) kraft Gesetzes zu Miteigentum der Eheleute. Nach dieser Auffassung hätten T und M nach § 1357 I 2 BGB hälftiges Miteigentum an der Musikanlage erworben.
Die gegenteilige Ansicht lehnt indes eine dingliche Wirkung des § 1357 I 2 BGB ab und wendet im Gegenzug die allgemeinen sachenrechtlichen Regeln an. Die Ablehnung der dinglichen Wirkung des § 1357 I 2 BGB wird damit begründet, dass der Wortlaut der Norm eine solche Auslegung nicht zulasse und eine dingliche Wirkung des § 1357 I 2 BGB zu einer Kollision mit dem Güterrecht führen würde. Zum einen würde im Falle der Gütertrennung und bei gesetzlichem Güterstand der Zugewinngemeinschaft entgegen dem güterrechtlichen System Miteigentum begründet. Dies hätte beim gesetzlichen Güterstand auch Auswirkungen auf den Ausgleichsanspruch nach § 1378 BGB. Zum anderen würde im Falle der Gütergemeinschaft Miteigentum der Ehegatten in Widerspruch zur Gesamthandsberechtigung nach §§ 1416 I, 1419 I BGB eintreten. Nach dieser Ansicht könnte ein dinglicher Erwerb von Miteigentum mithin nur nach den allgemeinen sachenrechtlichen Regeln stattgefunden haben. Vorliegend kann T jedoch eigentlich kein Miteigentum nach den §§ 929 S. 1, 164 ff. BGB erlangt haben, da es mangels Wahrung des Offenkundigkeitsprinzips an einer wirksamen Stellvertretung durch M fehlt. Aufgrund derartiger Konstellationen hält der überwiegende Teil dieser Auffassung in Fällen wie diesen die Grundsätze des Geschäfts für den, den es angeht, anwendbar. Vorausgesetzt wird hierbei, dass der handelnde Ehegatte auch Miteigentum erwerben will und insoweit über Vertretungsmacht verfügt. Das sei bei dem Erwerb von Hausratsgegenständen, die zur gemeinsamen Nutzung angeschafft werden, stets der Fall. Vorliegend handelt es sich bei der Musikanlage um einen Haushaltsgegenstand, der von M auch zur gemeinsamen Nutzung angeschafft wurde. Mithin hätte T nach dieser Ansicht Miteigentum nach den §§ 929 S. 1, 164 ff. BGB erworben.
Da T nach beiden Ansichten Miteigentum an der Musikanlage erworben hat, ist eine Streitentscheidung entbehrlich.
II. Höhe der Miteigentumsanteile
Fraglich ist lediglich, in welcher Höhe T und M jedenfalls Miteigentum an der Musikanlage erworben haben. Nach § 742 BGB ist im Falle einer Bruchteilsgemeinschaft im Zweifel anzunehmen, dass den Teilhabern gleiche Anteile zustehen. Etwas anderes könnte sich vorliegend jedoch daraus ergeben, dass M die Musikanlage aus eigenen Mitteln erworben hat. Nach dem sogenannten Gegenleistungsprinzip wird derjenige Ehegatte, mit dessen Mitteln der Erwerb des Hausratsgegenstands finanziert wird, das Eigentum an der erworbenen Sache. Der andere Ehegatte dürfe diesen Gegenstand zwar mitbenutzen. Für den Erwerb von Miteigentum sieht diese Ansicht jedoch keinen Anlass. Eine solche Unterscheidung kennt das Recht der Zugewinngemeinschaft allerdings nicht. Vielmehr werden Erwerbstätigkeit und Haushaltsführung gleichgestellt, vgl. § 1360 S. 2 BGB, so dass es bei der Anschaffung von Haushaltsgegenständen nicht darauf ankommt, wessen Mittel für die Anschaffung verwendet werden. Vielmehr ist maßgeblich, dass der Gegenstand für den gemeinsamen Haushalt erworben und damit zur gemeinsamen Nutzung angeschafft wird. Mithin erwirbt der das Rechtsgeschäft tätigende Ehegatte den Gegenstand zumeist nicht für sich selbst, sondern für den gemeinsamen Haushalt. Die in den §§ 1356, 1357 I BGB zu Tage tretende Gleichberechtigung kann somit zu keinem anderen Ergebnis, als dem des § 742 BGB führen.
III. Ergebnis
Folglich haben T und M hälftiges Miteigentum an der Musikanlage erworben.
Abwandlung 2
A. Anspruch T gegen K auf Zahlung des Kaufpreises i.H.v. 600 Euro aus Kaufvertrag nach § 433 II BGB
T könnte gegen K einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises i.H.v. 600 Euro aus Kaufvertrag nach § 433 II BGB haben. Vorliegend haben T und K keinen wirksamen Kaufvertrag geschlossen. Auch wurde T nicht durch M nach den §§ 164 ff. BGB vertreten, da es hierfür am Offenkundigkeitsprinzip mangelt. Mangels wirksamem Kaufvertrag hat T folglich keinen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises aus Kaufvertrag nach § 433 II BGB.
B. Anspruch T gegen K auf Zahlung des Kaufpreises i.H.v. 600 Euro gemäß § 433 II BGB i.V.m. § 1357 I 2 BGB
T könnte gegen K jedoch einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises i.H.v. 600 Euro gemäß § 433 II BGB i.V.m. § 1357 I 2 BGB haben.
I. Wirksamer Kaufvertrag zwischen M und K
Hierfür müssten M und K zunächst einen wirksamen Kaufvertrag geschlossen haben.
1. Einigung
Dies erfordert vorerst eine Einigung i.S.d. §§ 145 ff. BGB. Vorliegend haben sich K und M über den Kauf der Stereoanlage zu einem Preis von 600 Euro geeinigt. Eine Einigung i.S.d. §§ 145 ff. BGB liegt somit vor.
2. Wirksamkeit
Weiterhin müsste die Einigung auch wirksam sein.
a) Einwilligung
Die Wirksamkeit des zwischen M und K geschlossenen Kaufvertrags könnte vorliegend an § 1369 I BGB scheitern. Hiernach bedarf eine Verfügung über Haushaltsgegenstände der Einwilligung des anderen Ehegatten. Vorliegend handelt es sich bei der Stereoanlage um einen Haushaltsgegenstand. Auch ist von § 1369 I BGB bereits die Verpflichtung zur Verfügung über einen Haushaltsgegenstand einwilligungsbedürftig, um den Erhalt der Haushalts- und Lebensgrundlage zu gewährleisten. Eine solche vorherige Zustimmung hat T vorliegend nicht erteilt. Fraglich ist jedoch, ob der vorliegende Fall überhaupt unter § 1369 I BGB zu subsumieren ist, da dieser nur die Verfügung bzw. Verpflichtung zur Verfügung über Haushaltsgegenstände erfasst, die im Alleineigentum des verfügenden Ehegatten stehen. Die Verpflichtung zur Verfügung von Haushaltsgegenständen, die im Miteigentum beider Ehegatten stehen, ist hingegen nicht ausdrücklich geregelt. Allerdings kann auch im Falle der Verfügung über Miteigentum nach Sinn und Zweck des § 1369 BGB – Bestandsschutz des ehelichen Hausrats – nichts anderes gelten. Allerdings muss hier zwischen den jeweiligen Miteigentumsanteilen unterschieden werden. Hinsichtlich der Verpflichtung zur Verfügung über den eigenen Miteigentumsanteil ist die Willenserklärung nach § 1369 I BGB unwirksam, wohingegen die Unwirksamkeit der Verpflichtung zur Verfügung über den fremden Miteigentumsanteil aus § 139 BGB folgt. Mithin ist die Willenserklärung der M mangels Einwilligung des T grundsätzlich nach den §§ 1369 I, 139 BGB unwirksam.
b) Genehmigung nach § 1369 III BGB i.V.m. § 1366 I BGB
Allerdings besteht für die Wirksamkeit des Kaufvertrags noch die Möglichkeit der nachträglichen Genehmigung der Willenserklärung der M durch T, vgl. § 1369 III BGB i.V.m. § 1366 I BGB. Vorliegend hat T die Willenserklärung der M nicht ausdrücklich genehmigt. Jedoch verlangt T von K die Zahlung des Kaufpreis i.H.v. 600 Euro. Hierin kann eine konkludente Genehmigung der Willenserklärung der M gesehen werden.
c) Ergebnis
Aufgrund der konkludenten Genehmigung der Verpflichtungserklärung der M durch T ist der zwischen M und K geschlossene Kaufvertrag somit auch wirksam.
II. Mitberechtigung des T nach § 1357 I 2 BGB
Weiterhin müsste T nach § 1357 I 2 BGB wirksam mitberechtigt worden sein.
1. Wirksame Ehe, §§ 1303 ff. BGB
Eine wirksame Ehe liegt wie im Ausgangsfall vor.
2. Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs, § 1357 I 1 BGB
Auch handelt es sich bei dem Verkauf der Stereoanlage um ein Geschäft zur Deckung des angemessenen Lebensbedarfs i.S.d. § 1357 I BGB.
3. Keine Offenbarung als Eigengeschäft, § 1357 I 2 BGB
Eine Offenbarung als Eigengeschäft i.S.d. § 1357 I 2 BGB liegt nicht vor.
4. Keine Beschränkung/Aufhebung, §§ 1357 II, 1412 BGB
Zudem liegen Beschränkungen oder eine Aufhebung nicht vor.
5. Kein Getrenntleben, §§ 1357 III, 1567 BGB
Auch leben M und T nicht getrennt, vgl. §§ 1357 III, 1567 BGB.
6. Rechtsfolge des § 1357 I 2 BGB
Nach § 1357 I 2 BGB werden im Falle der Tätigung eines Geschäfts zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs beide Ehepartner berechtigt und verpflichtet.
Mithin ist T nach § 1357 I 2 BGB ebenso wie M berechtigt, den Kaufpreis i.H.v. von K zu verlangen.
III. Ergebnis
Folglich hat T gegen K einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises i.H.v. 600 Euro gemäß § 433 II BGB i.V.m. § 1357 I 2 BGB.
Abwandlung 3
A. Anspruch M gegen K auf Zahlung des Kaufpreises i.H.v. 600 Euro gemäß § 433 II BGB
M könnte gegen K einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises i.H.v. 600 Euro gemäß § 433 II BGB haben.
I. Anspruch entstanden
1. Einigung
Hier haben sich M und K über den Kauf der Stereoanlage zu einem Preis von 600 Euro geeinigt. Eine Einigung i.S.d. § 145 ff. BGB liegt somit vor (s.o.).
2. Wirksamkeit
Diese Einigung ist auch wirksam (s.o.,).
3. Ergebnis
Mithin hat M gegen K einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises i.H.v. 600 Euro nach § 433 II BGB.
II. Anspruch nicht erloschen
Dieser Anspruch könnte jedoch durch die Zahlung der 600 Euro von K an T nach § 362 I BGB i.V.m. § 428 S. 1 aE BGB erloschen sein. Hierfür ist jedoch entscheidend, dass M und T Gesamtgläubiger i.S.d. § 428 S. 1 BGB sind. M und T könnten jedoch auch Mitgläubiger i.S.d. § 432 I BGB sein, so dass K an T allein nicht schuldbefreiend hätte leisten können. Welche Gläubigerstellung Ehegatten im Rahmen des § 1357 I 2 BGB haben, ist allerdings umstritten.
Nach einer Ansicht sind die Ehegatten im Rahmen des § 1357 I 2 BGB gemeinschaftliche Gläubiger i.S.d. § 432 BGB, so dass der Schuldner schuldbefreiend nur an beide Ehegatten gemeinsam leisten kann. Dies wird damit begründet, dass die Gleichberechtigung des § 1357 I 2 BGB in Verpflichtung und Berechtigung beider Ehegatten und zudem die Gleichstellung im Eigentumserwerb in Form von Miteigentum eine Mitgläubigerschaft i.S.d. § 432 BGB nahe lege. Zudem könne so gewährleistet werden, dass auch wirklich beide Ehegatten die Leistung erhalten. Hiernach könnte K nur an M und T gemeinsam schuldbefreiend leisten, vgl. § 432 I BGB.
Die gegenteilige Ansicht nimmt im Rahmen des § 1357 I 2 BGB hingegen eine Gesamtgläubigerschaft der Ehegatten i.S.d. § 428 BGB an. Begründet wird diese Ansicht mit der Schutzbedürftigkeit des Schuldners und der Praktikabilität der Gesamtschuldnerschaft. Hiernach wäre der Anspruch der M gegen K auf Zahlung des Kaufpreises i.H.v. 600 Euro nach § 362 I BGB i.V.m. § 428 S. 1 BGB erloschen.
Die zweitgenannte Ansicht ist vorzugswürdig. Mag die Übertragung der Gleichstellung der Ehegatten im Rahmen des § 1357 I 2 BGB auf die Gläubigerstellung zunächst zwar nahe liegen, so erscheint die erste Ansicht jedoch wenig praktikabel. Sie würde nämlich zu einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners. Dieser könnte erst dann seine kaufvertraglichen Pflichten erfüllen, wenn er beide Ehegatten gemeinschaftlich vorfindet. Dies wird jedoch nur selten der Fall sein, so dass diese Lösung wenig verkehrsgerecht erscheint. Zudem widerspräche dies auch dem Sinn und Zweck des § 1357 BGB, der die Deckung des ehelichen Lebensbedarfs erleichtern soll. Letztlich ist § 432 BGB nach seinem Wortlaut gegenüber § 428 BGB subsidiär. Sollte ein Ehegatte die Entgegennahme der Leistung missbrauchen, so stellt dies ein internes Problem der Eheleute dar, welches zwischen den Ehegatten gelöst werden muss.
Mithin ist im Rahmen des § 1357 BGB eine Gesamtgläubigerschaft der Ehegatten anzunehmen, so dass M die Zahlung des K an T nach § 362 I BGB i.V.m. § 428 S. 1 BGB gegen sich gelten lassen muss.
III. Ergebnis
Der Anspruch der M gegen K auf Zahlung des Kaufpreises i.H.v. 600 Euro nach § 433 II BGB ist gemäß § 362 I BGB i.V.m. § 428 S. 1 BGB erloschen. Folglich hat M gegen K keinen Anspruch auf Kaufpreiszahlung aus § 433 II BGB.