Fall: Mythos des Katzenkönigs

Der 18-Jährige Thomas Domaradzki (D) kommt aus einem zerrütteten Elternhaus mit einem vom Alkohol abhängigen, gewalttätigen Vater und einer in Nachtclubs arbeitenden Mutter mit ständig wechselnden Liebhabern. In der Schule wegen seines Gewichts den permanenten Hänseleien und Übergriffen seiner Schulkameraden ausgesetzt, flüchtet sich D bereits in jungen Jahren in Traumwelten, um dem grausamem Alltag zu entfliehen. Mit der Zeit packt D schließlich doch der Ehrgeiz, sodass er durch beständiges Training im Fitnessstudio an Gewicht verliert und an Muskeln gewinnt. Daher macht D sich in kurzer Zeit - trotz seines einfachen Gemüts – aufgrund seiner Muskelkraft einen Namen und wird Mitglied einer Jugendgang. Dort lernt er alsbald die gewiefte Angelika (A) kennen, die es versteht den D in ihren Bann zu ziehen und ihn für ihre Zwecke zu missbrauchen. D, dem Charme der A völlig erlegen und in dem Glauben, die Liebe beruhe auf Gegenseitigkeit, durchschaut das Spiel der A selbst dann nicht, als diese ihn dazu bewegt, an den sogenannten Katzenkönig zu glauben, eine Gottheit, die seit Jahrtausenden das Böse der Welt verkörpere und die Menschheit bedrohe. D und A veranstalten gemeinsam kultische Handlungen, in welchen sie unter anderem Tiere opfern, um den Katzenkönig milde zu stimmen. D ist schließlich fest davon überzeugt, zusammen mit A dazu bestimmt zu sein, die Menschheit vor dem grausamen Katzenkönig zu bewahren.

Eines Tages erfährt A, dass ihr Ex-Freund mit ihrer besten Freundin (F) anbandelt und kann den Schmerz darüber kaum ertragen. Wut und Rachegedanken bewegen sie dazu, den naiven D für den Mord an ihrer ehemals besten Freundin einzuspannen. Die A macht den D Glauben, der Katzenkönig verlange ein Menschenopfer in Gestalt von F, denn nur so könne das Leben von Millionen von Menschen gerettet werden. Zwar plagt D, der trotz seiner bulligen Statur einen weichen Kern besitzt, sein Gewissen bei dem Gedanken, ein Menschenleben beenden zu müssen. Doch glaubt D angesichts der Millionen Menschenleben, welche er retten werde, dass seine Tat erlaubt sein müsse. Somit stimmt D dem Vorhaben der A zu in der Hoffnung, die Menschheit vor dem schrecklichen Katzenkönig zu bewahren.

F arbeitet halbtags in einem Supermarkt. Daher lauert D der F – wie von A angewiesen – nachdem sie ihre Schicht beendet hat, gegen 22 Uhr in Nähe des Supermarktes auf und verwickelt die F in ein Gespräch. Als die F sich anschickt zu gehen und dem D den Rücken zukehrt, sticht dieser mit einem Messer zweimal auf sie ein. Jedoch hatte D nicht mit zwei abendlichen Spaziergängern gerechnet, die das Geschehen beobachtet haben und sofort zu Hilfe eilen.

D lässt angesichts der herannahenden Männer von F ab, obwohl er bemerkt, dass diese noch am Leben ist. Allerdings ist D davon überzeugt, dass F alsbald an ihren Verletzungen versterben werde. Dank der schnellen Reaktion der Spaziergänger kann F jedoch umgehend in ein Krankenhaus gebracht werden, wo ihr Leben gerettet wird.

Wie haben sich die Beteiligten strafbar gemacht?


1. Teil: Strafbarkeit des D

A. Strafbarkeit gem. §§ 211, 22, 23 I StGB durch die Messerstiche
D könnte sich gem. §§ 211, 22, 23 I StGB wegen versuchten Mordes strafbar gemacht haben, indem er zwei mal mit dem Messer auf die F einstach.

I. Vorprüfung
Da die F überlebt hat, liegt Nichtvollendung vor. Gem. §§ 12 I, 23 I, 211 StGB ist der Versuch strafbar.

II. Tatbestand

1. Tatentschluss
D müsste Tatentschluss gehabt haben. Tatentschluss ist der Vorsatz gerichtet auf sämtliche Merkmale des objektiven Tatbestands sowie sonstiger subjektiver Merkmale. Vorsatz ist Wissen und Wollen im Hinblick auf die Verwirklichung sämtlicher objektiver Tatbestandsmerkmale.

a) Bezüglich der Tötung eines anderen Menschen
Zunächst müsste D Tatentschluss bezüglich der Tötung eines anderen Menschen gehabt haben. D wollte die F töten. Er handelte also vorsätzlich. D hatte somit Tatentschluss bezüglich der Tötung eines anderen Menschen.

b) Bezüglich Heimtücke
D müsste zudem auch Tatentschluss bezüglich der Verwirklichung eines Mordmerkmals gehabt haben. In Betracht kommt hier das Mordmerkmal der Heimtücke. Einigkeit besteht zunächst darüber, dass heimtückisch nur handelt, wer in feindseliger Willensrichtung die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tötung ausnutzt. Arglos ist, wer sich in der unmittelbaren Tatsituation keines Angriffs des Täters versieht. Aufgrund dieser Arglosigkeit muss das Opfer wehrlos sein. Wehrlos ist das Opfer dann, wenn es keine oder nur eine reduzierte Verteidigungsmöglichkeit besitzt. D stellte sich vor, der F aufzulauern und sie dann in ein Gespräch zu verwickeln, um sie dann zu erstechen. Nach seiner Vorstellung sollte die F sich keines Angriffs versehen und somit arglos sein. Gerade aufgrund dieser Arglosigkeit sollte sie nach Vorstellung des D keine Verteidigungsmöglichkeit haben, also wehrlos sein. Dies wollte D auch in feindseliger Willensrichtung bewusst zur Tötung ausnutzen. Die genannten Voraussetzungen sind also erfüllt. Umstritten ist jedoch, ob darüber hinaus zusätzliche Anforderungen an die Heimtücke zu stellen sind.

aa) Eine Ansicht (hL)
Eine Ansicht verlangt für Heimtücke zusätzlich noch einen besonderen Vertrauensbruch. Der Täter D und das Opfer F kannten sich überhaupt nicht, sodass keinerlei Vertrauensbeziehung zwischen ihnen bestand und deshalb auch ein Vertrauensbruch nicht gegeben sein kann. Nach dieser Ansicht wäre Heimtücke also abzulehnen.

bb) Weitere Ansicht (BGH)
Nach einer weiteren Ansicht sind an die Heimtücke keine zusätzlichen Anforderungen zu stellen. Auch hiernach läge also Heimtücke vor.

cc) Stellungnahme
Der ersten Meinung ist insofern zuzustimmen, dass es angesichts der hohen Strafandrohung des § 211 StGB geboten erscheint, die Mordmerkmale restriktiv auszulegen. Allerdings lässt sich dem entgegen halten, dass hiernach der klassische Fall des sog. „Heckenschützen“, d.h. die Tötung des Opfers aus dem Hinterhalt, in aller Regel keine Heimtücke darstellen würde, obwohl diese Form der Tötung dem typischen Leitbild des als besonders verwerflich eingestuften Meuchelmordes entspricht. Für die zweite Auffassung spricht weiterhin, dass, sollte im Einzelfall wegen der etwas weiteren Auslegung des Tatbestands ein unbilliges Ergebnis drohen, immer noch eine Korrektur über eine Strafrahmenverschiebung nach § 49 I Nr. 1 StGB analog erfolgen könnte. Zu folgen ist somit der zweiten Meinung. D stellte sich vor, F heimtückisch zu töten. Er hatte somit auch Tatentschluss bezüglich des Mordmerkmals der Heimtücke.

2. Unmittelbares Ansetzen
D müsste auch zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar angesetzt haben, § 22 StGB. Der Täter setzt dann unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung an, wenn er die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschreitet. Dies ist der Fall, wenn er Handlungen vornimmt, die nach seiner Vorstellung ohne wesentliche Zwischenschritte in die Tatvollendung einmünden sollen und deswegen aus seiner Sicht bereits eine konkrete Gefährdung des geschützten Rechtsguts eingetreten ist. Mit den Stichen waren nach der Vorstellung des D keine weiteren wesentlichen Zwischenschritte zur Tötung der F erforderlich und ihr Leben auch bereits konkret gefährdet. D hat also unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt.

3. Ergebnis
Der Tatbestand ist erfüllt.

III. Rechtswidrigkeit
D müsste auch rechtswidrig gehandelt haben. Dann dürften keine Rechtfertigungsgründe eingreifen.

1. Notwehr, § 32 StGB
D könnte zunächst durch Notwehr gem. § 32 StGB gerechtfertigt sein. Dann müsste jedoch eine Notwehrlage, d.h. ein gegenwärtiger, rechtswidriger Angriff, vorliegen. Hierbei muss der Angriff von dem ausgehen, in dessen Rechtsgüter eingegriffen wird. Ein Angriff der F liegt nicht vor. Es fehlt somit an einer Notwehrlage. Eine Rechtfertigung durch Notwehr gem. § 32 StGB scheidet daher aus.

2. Rechtfertigender Notstand, § 34 StGB
D könnte allerdings durch einen rechtfertigenden Notstand gem. § 34 StGB gerechtfertigt sein. Dann müsste eine Notstandslage, d.h. eine gegenwärtige Gefahr für ein Rechtsgut, vorliegen. Eine Gefahr ist ein Zustand, in welchem nach den konkreten Umständen der Eintritt eines Schadens wahrscheinlich ist. Der „Katzenkönig“ existiert nicht. Der Eintritt eines Schadens war nach den konkreten Umständen also nicht wahrscheinlich. Es lag somit keine Gefahr vor. Eine Notstandslage war nicht gegeben. Auch eine Rechtfertigung durch einen rechtfertigenden Notstand gem. § 34 StGB scheidet also aus.

3. Ergebnis
Es greifen keine Rechtfertigungsgründe. D handelte rechtswidrig.

IV. Schuld
D müsste auch schuldhaft gehandelt haben. Dann dürften keine Schuldausschließungs- oder Entschuldigungsgründe vorliegen.

1. Schuldunfähigkeit, § 20 StGB
D könnte zunächst schuldunfähig i.S.d. § 20 StGB gewesen sein. Dann müsste D bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig gewesen sein, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, § 20 StGB. Der Sachverhalt bietet für das Vorliegen von Störungen dieser Art keine Anhaltspunkte. Eine Schuldunfähigkeit i.S.d. § 20 StGB kann nicht angenommen werden.

2. Entschuldigender Notstand, § 35 I StGB
In Betracht kommt weiterhin ein entschuldigender Notstand gem. § 35 I StGB. Hier liegt jedoch keine Gefahr für eines der in § 35 StGB genannten Rechtsgüter vor (s.o.). Es fehlt somit bereits an einer Notstandslage. Ein entschuldigender Notstand gem. § 35 I StGB ist nicht gegeben.

3. Übergesetzlicher Notstand
Es könnte auch ein übergesetzlicher Notstand vorliegen. Dieser kommt bei nahezu unlösbaren Pflichtenkollisionen dann in Betracht, wenn das vom Rettungszweck bestimmte Handeln unter den gegebenen Umständen das einzige Mittel darstellt, größeres Unheil für Rechtsgüter von höchstem Wert zu verhindern. Voraussetzung für einen übergesetzlichen Notstand ist jedoch wiederum eine Gefahr. An einer solchen fehlt es hier (s.o.). Auch ein übergesetzlicher Notstand liegt also nicht vor.

4. Erlaubnistatbestandsirrtum
D könnte sich allerdings in einem Erlaubnistatbestandsirrtum befunden haben. Ein Erlaubnistatbestandsirrtum liegt vor, wenn der Täter sich Umstände vorstellt, bei deren Vorliegen sein Handeln gerechtfertigt wäre. Es stellt sich die Frage, ob eine abergläubisch eingebildete Gefahr überhaupt zu einem Erlaubnistatbestandsirrtum führen kann. Diese Frage kann offen bleiben, wenn bereits die Voraussetzungen eines Erlaubnistatbestandsirrtums nicht vorliegen.

a) Bezüglich Notwehr gem. § 32 StGB
Zunächst könnte ein Erlaubnistatbestandsirrtum bezüglich Notwehr gem. § 32 StGB vorliegen. Hier ging der Angriff auch nach Vorstellung des D jedoch nicht von F aus. Ein Erlaubnistatbestandsirrtum bezüglich § 32 StGB ist nicht gegeben.

b) Bezüglich rechtfertigenden Notstandes gem. § 34 StGB
Es könnte jedoch ein Erlaubnistatbestandsirrtum bezüglich eines rechtfertigenden Notstands gem. § 34 StGB vorliegen. D glaubte irrig, ein Angriff auf die Menschheit durch den „Katzenkönig“ stehe unmittelbar bevor. Wäre diese Vorstellung richtig, läge eine gegenwärtige Gefahr für die Menschheit vor. Diese wäre auch nicht anders als durch die Tötung der F abwendbar. Allerdings verbietet sich im Rahmen der Interessenabwägung eine Abwägung Leben gegen Leben. D unterlag auch im Hinblick auf § 34 StGB keinem Erlaubnistatbestandsirrtum.

5. Verbotsirrtum, § 17 StGB
Er könnte jedoch einem Verbotsirrtum i.S.d. § 17 StGB unterlegen haben. Dann müsste ihm bei Begehung der Tat die Einsicht gefehlt haben, Unrecht zu tun und dieser Irrtum müsste unvermeidbar gewesen sein. D dachte, er müsse F töten, um die Menschheit zu retten. Insoweit fehlte ihm die Einsicht, Unrecht zu tun. Allerdings hätte D unter Berücksichtigung seiner individuellen Fähigkeiten bei gehöriger Gewissensanspannung und der ihm zumutbaren Befragung einer Vertrauensperson die rechtliche Unzulässigkeit seines Handelns erkennen können. Der Irrtum war somit vermeidbar. Es liegt somit auch kein Verbotsirrtum i.S.d. § 17 StGB vor.

6. Irrtum über rechtfertigenden Notstand, § 35 II StGB
Es könnte ein Irrtum über einen rechtfertigenden Notstand gem. § 35 StGB vorliegen. Jedoch setzt auch dieser die Unvermeidbarkeit des Irrtums voraus. Der Irrtum war jedoch vermeidbar (s.o.). Ein Irrtum des D über die Voraussetzungen eines rechtfertigenden Notstands gem. § 35 II StGB kommt also ebenfalls nicht in Betracht.

7. Irrtum über übergesetzlichen Notstand
Es könnte ein Irrtum über einen übergesetzlichen Notstand vorliegen. Allerdings setzt auch dieser eine Unvermeidbarkeit des Irrtums voraus. Auch ein Irrtum über einen übergesetzlichen Notstand scheidet daher aus.

8. Ergebnis
D handelte schuldhaft.

V. Rücktritt, § 24 StGB
D könnte jedoch gem. § 24 I StGB strafbefreiend vom Versuch zurückgetreten sein.

1. Kein fehlgeschlagener Versuch
Dann dürfte zunächst kein fehlgeschlagener Versuch vorliegen. Der Versuch ist fehlgeschlagen, wenn der Täter glaubt, dass er den tatbestandlichen Erfolg entweder gar nicht oder zumindest nicht ohne zeitliche Zäsur herbeiführen kann. D ging davon aus, er könne den Tod der F ohne weitere zeitliche Zäsur herbeiführen. Der Versuch war somit nicht fehlgeschlagen.

2. Rücktrittsanforderungen
Es müssten auch die jeweiligen Rücktrittsanforderungen erfüllt sein. Diese richten sich danach, ob der Versuch beendet oder unbeendet ist. Ein beendeter Versuch liegt vor, wenn der Täter glaubt, alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan zu haben. D glaubte, dass B in Kürze an den Messerstichen sterben würde. Somit handelte es sich um einen beendeten Versuch i.S.d. § 24 I 1, 2. Fall StGB. D müsste demnach die Vollendung der Tat verhindert haben. Dies ist der Fall, wenn er willentlich eine neue, entgegenstehende Kausalreihe in Gang setzt. D hat keine lebensrettenden Sofortmaßnahmen unternommen. Er hat also keine neue, entgegenstehende Kausalreihe in Gang gesetzt. Er hat die Vollendung der Tat somit nicht verhindert. Die Rücktrittsanforderungen des § 24 I 1, 2. Fall sind demnach nicht erfüllt.

3. Ergebnis
D ist nicht gem. § 24 I 1, 2. Fall StGB strafbefreiend vom Versuch zurückgetreten.

VI. Ergebnis
D hat sich gem. §§ 211, 22, 23 I StGB strafbar gemacht.

B. Strafbarkeit gem. §§ 223 I, 224 I Nr. 2, 5 StGB durch die Messerstiche
Durch dieselbe Handlung könnte D sich gem. §§ 223 I, 224 I Nr. 2, 5 StGB wegen gefährlicher Körperverletzung strafbar gemacht haben. Durch den Messerstich hat D die F übel und unangemessen behandelt. Zudem führte er einen pathologischen Zustand herbei. Er hat sie also körperlich misshandelt und sie an der Gesundheit geschädigt. D handelte mit Tötungsvorsatz (s.o.). Dieser enthält als Durchgangsstadium den Körperverletzungsvorsatz. Mit dem Messer benutzte er einen Gegenstand, der in der konkreten Art der Anwendung geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen und somit ein gefährliches Werkzeug i.S.d. § 224 I Nr. 2 StGB. Wie bereits festgestellt, war die Behandlung auch lebensgefährlich i.S.d. § 224 I Nr. 5 StGB. D handelte auch rechtswidrig und schuldhaft. Er hat sich gem. §§ 223 I, 224 I Nr. 2, 5 StGB strafbar gemacht.

C. Konkurrenzen
Die gefährliche Körperverletzung gem. §§ 223 I, 224 I Nr. 2, 5 StGB tritt – aus Klarstellungsgründen (es ist tatsächlich ein Mensch verletzt worden) – nicht hinter dem versuchten Mord gem. §§ 211, 22, 23 I StGB zurück, sondern steht dazu in Tateinheit, § 52 StGB. D hat sich demnach gem. §§ 211, 22, 23 I; 223 I, 224 I Nr. 2, 5; 52 StGB strafbar gemacht.

2. Teil: Strafbarkeit der A

A. Strafbarkeit gem. §§ 211, 22, 23 I, 25 I, 2. Fall StGB durch das Bewegen des D zur Tötung der F
A könnte sich gem. §§ 211, 22, 23I, 25 I, 2. Fall StGB wegen versuchten Mordes in mittelbarer Täterschaft strafbar gemacht haben, indem sie den D dazu bewegte, die F zu töten.

I. Vorprüfung
Die Tat war nicht vollendet (s.o.). Der versuchte Mord ist gem. §§ 12 I, 23 I, 211 StGB strafbar.

II. Tatbestand

1. Tatentschluss

a) Bezüglich Tötung eines anderen Menschen
A müsste Tatentschluss bezüglich der Tötung eines anderen Menschen gehabt haben. A wollte, dass D die F tötet. Sie hatte somit Tatentschluss bezüglich der Tötung eines anderen Menschen.

b) Bezüglich Zurechnung der Tathandlung des D
A müsste auch Tatentschluss bezüglich der Umstände gehabt haben, die eine Zurechnung der Tathandlung des D nach § 25 I, 2. Fall StGB begründen.

aa) Werkzeugqualität des D
A müsste sich zunächst die Werkzeugqualität des D vorgestellt haben. Dann müsste sie sich vorgestellt haben, dass D tatbestandslos, vorsatzlos, rechtmäßig oder schuldlos handeln würde. Wie bereits festgestellt, handelte D tatbestandsmäßig, rechtswidrig und schuldhaft. Dies war A auch bewusst. Tatentschluss bezüglich der Werkzeugqualität des D wäre hiernach zu verneinen. Allerdings unterlag D, wie A ebenfalls bewusst war, einem vermeidbaren Verbotsirrtum. Ob bei Vorliegen eines vermeidbaren Verbotsirrtums mittelbare Täterschaft gegeben sein kann, ist umstritten.

(1) Eine Ansicht
Nach einer Ansicht endet die Möglichkeit einer mittelbaren Täterschaft nach dem „Verantwortungsprinzip“ dort, wo das Werkzeug selbst als vorsätzlicher Täter verantwortlich ist. Nach dieser Ansicht wäre ein Tatentschluss bezüglich der Werkzeugqualität des D also zu verneinen.

(2) Weitere Ansicht
Nach einer weiteren Ansicht liegt im Fall eines Verbotsirrtums mittelbare Täterschaft vor, unabhängig davon, ob dieser vermeidbar war oder nicht. Nach dieser Auffassung wäre ein Tatentschluss bezüglich der Werkzeugqualität zu bejahen.

(3) Stellungnahme
Die Ansichten kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Es ist also eine Stellungnahme erforderlich. Für die erste Ansicht spricht das Selbstverantwortungsprinzip. Wenn bereits eine Person strafrechtlich voll verantwortlich ist, erscheint es widersprüchlich, noch einen „Zweitverantwortlichen“ im Sinne einer mittelbaren Täterschaft anzunehmen. Zudem lässt sich anführen, dass der Hintermann im Fall des vermeidbaren Verbotsirrtums des Vordermanns nach § 26 StGB wegen Anstiftung strafbar ist und damit gleich einem Täter bestraft wird. Für die Annahme einer mittelbaren Täterschaft gibt es somit kein Bedürfnis. Für die zweite Ansicht spricht jedoch, dass im Fall eines vermeidbaren Verbotsirrtums des Vordermanns dieser jederzeit austauschbar ist. Dem Vordermann fehlt es an einem Unrechtsbewusstsein und weist somit einen Mangel auf, aufgrund dessen der Hintermann ihn „in der Hand hat“. Zu folgen ist daher der zweiten Ansicht. A hatte Tatentschluss bezüglich der Werkzeugqualität des D.

bb) Überlegenes Wissen oder Wollen
A müsste auch überlegenes Wissen oder Wollen gegenüber D gehabt haben. A wusste, dass der Katzenkönig nicht existiert und eine Rettung der Menschheit durch die Tötung der F nicht notwendig ist. Sie hatte somit gegenüber D überlegenes Wissen. Dies war ihr auch bewusst. A hatte also auch Tatentschluss bezüglich ihres überlegenen Wissens.

cc) Ergebnis
A hatte Tatentschluss bezüglich der Umstände, die eine Zurechnung der Tathandlung des D nach § 25 I, 2. Fall StGB begründen.

c) Heimtücke
A müsste auch Tatentschluss bezüglich einer heimtückischen Tötung der F gehabt haben. Das Vorgehen des D beruht auf den Anweisungen der A. A hatte also auch Tatentschluss bezüglich der heimtückischen Tötung der F.

d) Niedrige Beweggründe
Darüber hinaus könnte A auch aus niedrigen Beweggründen gehandelt haben. Niedrige Beweggründe sind Motive, die auf sittlich tiefster Stufe stehen und geradezu verachtenswert sind. A handelte aus Wut und Rache. Diese Motive sind in der konkreten Situation nicht nachvollziehbar. Sie stehen also auf sittlich tiefster Stufe und sind geradezu verachtenswert. A handelte aus niedrigen Beweggründen.

e) Ergebnis
A hatte Tatentschluss.

2. Unmittelbares Ansetzen
A müsste auch unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt haben, § 22 StGB. Wann bei einer mittelbaren Täterschaft ein unmittelbares Ansetzen vorliegt, ist umstritten.

a) Erste Ansicht
Eine erste Ansicht lässt ein Einwirken auf das Werkzeug ausreichen. A hat den D glauben gemacht, er müsse die F zur Rettung der Menschheit töten. Sie hat also auf ihn eingewirkt. Hiernach läge ein unmittelbares Ansetzen vor.

b) Zweite Ansicht
Nach einer zweiten Ansicht liegt ein unmittelbares Ansetzen nur dann vor, wenn auch das Werkzeug unmittelbar angesetzt hat. Ein unmittelbares Ansetzen des D ist gegeben (s.o.). Auch hiernach läge ein unmittelbares Ansetzen vor.

c) Dritte Ansicht
Eine dritte Ansicht zieht eine Parallele zu § 25 I, 1. Fall StGB und nimmt ein unmittelbares Ansetzen dementsprechend dann an, wenn der Hintermann dergestalt auf das Werkzeug eingewirkt hat, dass es aus seiner Sicht keiner wesentlichen Zwischenschritte mehr zur Tatbestandsverwirklichung durch den Vordermann bedarf. A hatte, wie bereits erwähnt, bereits auf den D eingewirkt. Aus ihrer Sicht bedurfte es hiermit keiner wesentlichen Zwischenschritte mehr zur Tatbestandsverwirklichung durch den D. Auch hiernach ist ein unmittelbares Ansetzen der A also gegeben.

d) Stellungnahme
Alle Ansichten kommen zum selben Ergebnis. Eine Stellungnahme ist daher entbehrlich. A hat i.S.d. § 22 StGB unmittelbar angesetzt.

3. Ergebnis
Der Tatbestand ist erfüllt.

III. Rechtswidrigkeit und Schuld
A handelte auch rechtswidrig und schuldhaft.

IV. Ergebnis
A hat sich gem. §§ 211, 22, 23 I, 25 I, 2. Fall StGB strafbar gemacht.

B. Strafbarkeit gem. §§ 223 I, 224 I Nr. 2, 5, 25 I, 2. Fall StGB durch das Bewegen des D zur Tötung der F
A könnte sich durch dieselbe Handlung auch gem. §§ 223 I, 224 I Nr. 2, 5, 25 I, 2. Fall StGB wegen gefährlicher Körperverletzung in mittelbarer Täterschaft strafbar gemacht haben. A handelte mit Vorsatz bezüglich der Tötung der F (s.o.). Dieser enthält als Durchgangsstadium den Körperverletzungsvorsatz. A hatte also auch bezüglich der gefährlichen Körperverletzung Tatentschluss. Auch ein unmittelbares Ansetzen war gegeben (s.o.). A hat sich somit auch gem. §§ 223 I, 224 I Nr. 2, 5, 25 I, 2. Fall StGB strafbar gemacht.

C. Strafbarkeit gem. §§ 211, 22, 23 I, 26 StGB durch das Bewegen des D zur Tötung der F
A könnte sich durch dieselbe Handlung auch wegen Anstiftung zum Mord gem. §§ 211, 22, 23 I, 26 StGB strafbar gemacht haben. Dadurch, dass A den D glauben machte, er müsse die F zur Rettung der Menschheit töten, rief sie bei ihm den Tatentschluss hervor. Ein Bestimmen ist also gegeben. A handelte bezüglich der Haupttat und des Bestimmens auch mit Tatentschluss. Sie hat sich somit auch gem. §§ 211, 22, 23 I, 26 StGB strafbar gemacht.

D. Strafbarkeit gem. §§ 223 I, 224 I Nr. 2, 5, 26 StGB durch das Bewegen des D zur Tötung der F
Durch dieselbe Handlung hat sich A auch wegen Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung gem. §§ 223 I, 224 I Nr. 2, 5, 26 StGB strafbar gemacht.

E. Konkurrenzen
§§ 223 I, 224 I Nr. 2, 5, 25 I, 2. Fall StGB steht aus Klarstellungsgründen gem. § 52 StGB in Tateinheit zu §§ 211, 22, 23 I, 25 I, 2. Fall StGB. Die Anstiftung tritt aus Gründen der Gesetzeskonkurrenz (Subsidiarität) zurück. A hat sich gem. §§ 211, 22, 23 I, 25 I, 2. Fall; 223 I, 224 I Nr. 2, 5, 25 I, 2. Fall; 52 StGB strafbar gemacht.