Fall: Jungtier-Pelze
Unternehmer U hat am 17.08.2014 in einem Gewerbegebiet in Kiel von dem Eigentümer E aufgrund mündlicher Absprache für 15 Monate ein Grundstück samt Geschäftsräumen gemietet. Auf diesem Grundstück betreibt er seitdem als Einzelkaufmann mit seinem bei ihm angestellten Sohn S die Herstellung von und den Handel mit Pelz- und Lederwaren. Am 19.09.2014 bietet der F, ein alter Freund und Geschäftspartner des U, dem S Jungtier-Pelze zu einem Preis von 60.000 Euro, der dem tatsächlichen Wert der Pelze entspricht, zum Kauf an. U hat schon öfter von F Pelze gekauft, auch zu höheren Beträgen. S weiß nicht, dass F die am 19.09.2014 angebotenen Jungtier-Pelze zuvor aus dem Lager des L entwendet hat. Weil der S dem Freund seines Vaters vertraut, sieht er auch keinen Anlass für weitere Nachforschungen und erwirbt die Jungtier-Pelze, die sofort übergeben werden. Die Angestellten des U verarbeiten in den folgenden Wochen die Jungtier-Pelze zu Mänteln mit einem Verkehrswert von insgesamt 130.000 Euro, die U in seinem Lager aufbewahrt.
Hat L gegen U einen Anspruch auf Zahlung von 60.000 Euro für die verarbeiteten Pelze?
Hat L gegen U einen Anspruch auf Zahlung von 60.000 Euro für die verarbeiteten Pelze?
A. Anspruch L gegen U auf Schadensersatz i.H.v. 60.000 Euro aus den §§ 687 II, 678 BGB
L könnte gegen U einen Anspruch auf Schadensersatz i.H.v. 60.000 Euro aus den §§ 687 II, 678 BGB wegen angemaßter Eigengeschäftsführung haben. Ein solcher Anspruch scheidet zumindest mangels Bösgläubigkeit des U aus. L hat gegen U mithin keinen Anspruch auf Schadensersatz i.H.v. 60.000 Euro aus den §§ 687 II, 678 BGB.
B. Anspruch L gegen U auf Schadensersatz i.H.v. 60.000 Euro nach den §§ 989, 990 I BGB
L könnte gegen U jedoch einen Anspruch auf Schadensersatz i.H.v. 60.000 Euro nach den §§ 989, 990 I BGB haben.
I. Vindikationslage
Hierfür müsste zunächst eine Vindikationslage bestehen.
1. Besitz des U
Hier war U nach Übergabe der Pelze von F an S aufgrund der Besitzdienerstellung des S als Angestellter des U i.S.d. § 855 BGB unmittelbarer Besitzer der Jungtierpelze i.S.d. § 854 I BGB.
2. Eigentum des L
Weiterhin müsste L auch Eigentümer der Jungtierpelze gewesen sein.
a) Ursprünglich
Ursprünglich war L Eigentümer der Jungtierpelze.
b) Eigentumserwerb des U nach § 929 S. 1 BGB
Hier könnte U, vertreten durch S nach Maßgabe der §§ 164 ff. BGB, das Eigentum an den Jungtierpelzen jedoch von F nach § 929 S. 1 BGB erworben haben. F hatte die Pelze jedoch aus dem Lager des L gestohlen und war damit nicht zur Eigentumsübertragung berechtigt. Ein gutgläubiger Eigentumserwerb des U nach den §§ 929 S. 1, 932 BGB scheitert vorliegend daran, dass L die Jungtierpelze gestohlen und damit abhanden gekommen sind, vgl. § 935 BGB. U hat mithin kein Eigentum an den Jungtieren durch Rechtsgeschäft erworben.
c) Ergebnis
L war somit bis zur Verarbeitung der Jungtierpelze noch Eigentümer derselben.
3. Kein Recht zum Besitz
U dürfte zudem kein Recht zum Besitz i.S.d. § 986 BGB haben. Ein solches Recht ist vorliegend nicht ersichtlich.
II. Rechtshängigkeit/ Bösgläubigkeit des U
Überdies müsste U nach Maßgabe der §§ 989, 990 I BGB entweder verklagt oder hinsichtlich seines Besitzes bösgläubig gewesen sein. Hier wurde U nicht wegen unrechtmäßigen Besitzes an den Jungtierpelzen verklagt. Auch war S, auf dessen Kenntnis es vorliegend nach § 166 I BGB ankommt, hinsichtlich der Fehlerhaftigkeit des Besitzerwerbs nicht bösgläubig i.S.d. § 990 I BGB. Hier hat S den Aussagen des F Glauben geschenkt. Anlass für ein begründetes Misstrauen gegenüber der Eigentümerstellung des F bestand nicht, zumal dieser ein guter Freund der Familie war. U, dem die Gutgläubigkeit des S zugerechnet wird und der selbst über kein besseres Wissen verfügte, war bezüglich des Besitzerwerbs in gutem Glauben.
III. Ergebnis
Mangels Rechtshängigkeit und Bösgläubigkeit des U hat L gegen U keinen Anspruch auf Schadensersatz i.H.v. 60.000 Euro gemäß den §§ 989, 990 BGB.
C. Anspruch L gegen U auf Schadensersatz i.H.v. 60.000 Euro gemäß § 992 i.V.m. § 823 I BGB
L könnte gegen U allerdings einen Anspruch auf Schadensersatz i.H.v. 60.000 Euro gemäß § 992 i.V.m. § 823 I BGB haben. Dies ist allerdings nur dann der Fall, wenn U den Besitz durch verbotene Eigenmacht oder durch eine Straftat erlangt hat. Hier hat U die Pelze weder gestohlen, noch den Besitz an diesen durch verbotene Eigenmacht erlangt. Auch muss sich U den fehlerhaften Besitz des F nach § 858 II 2 BGB nicht zurechnen lassen, da er von der Fehlerhaftigkeit des Besitzes keine Kenntnis hatte. L hat gegen U mithin keinen Anspruch auf Schadensersatz i.H.v. 60.000 Euro gemäß § 992 i.V.m. § 823 I BGB.
D. Anspruch L gegen U auf Schadensersatz i.H.v. 60.000 Euro aus § 823 I BGB
Hier könnte jedoch ein Anspruch des L gegen U auf Schadensersatz i.H.v. 60.000 Euro aus § 823 I BGB in Betracht kommen. Fraglich ist, ob § 823 I BGB vorliegend überhaupt anwendbar ist. Bis zur Verarbeitung der Jungtierpelze bestand zwischen L und U eine Vindikationslage. Für diese Fälle stellen die §§ 987 ff. BGB bezüglich der Ansprüche des Eigentümers gegen den Besitzer auf Schadensersatz und/oder Nutzungsherausgabe grundsätzlich abschließende Regelungen dar. Dies folgt insbesondere aus der Formulierung des § 993 I 2. HS BGB, welcher eine weitergehende Haftung des redlichen Besitzers in Bezug auf Schadensersatz und Nutzungsherausgabe ausschließt. § 823 I BGB ist vorliegend mithin bereits gar nicht anwendbar, so dass L gegen U keinen Anspruch auf Schadensersatz i.H.v. 60.000 Euro aus § 823 I BGB hat.
E. Anspruch L gegen U auf Wertersatz i.H.v. 60.000 Euro nach § 951 I 1 i.V.m. § 812 I 1 2. Fall BGB
L könnte gegen U jedoch einen Anspruch auf Wertersatz i.H.v. 60.000 Euro nach § 951 I 1 i.V.m. § 812 I 1 2. Fall BGB haben.
I. Anwendbarkeit der §§ 951 I 1, 812 I 1 2. Fall BGB
Fraglich ist, ob die §§ 951 I 1, 812 I 1 2. Fall BGB vorliegend überhaupt anwendbar sind. Wie oben gilt, dass die §§ 987 ff. BGB im Bereich der Vindikation abschließende Regelungen bezüglich der Haftung des redlichen Besitzers enthalten. Die §§ 987 ff. BGB entfalten somit grundsätzlich eine Sperrwirkung gegenüber anderen Ersatzansprüchen. Dies kann hingegen nur für die in den §§ 987 ff. BGB geregelten Ersatzansprüche, namentlich Schadensersatz- und Nutzungsherausgabeansprüche gelten. Bei § 951 I 1 BGB i.V.m. § 812 I 1 2. Fall BGB handelt es sich jedoch um einen Wertersatzanspruch, der von der Sperrwirkung ausgenommen werden muss. Nach § 951 I 2 BGB soll der ursprüngliche Eigentümer zwar kein Recht auf eine Wiederherstellung des alten Zustands zugestanden werden. Der neue Eigentümer soll jedoch auch nicht den Wert, den er möglicherweise durch Eingriff in eine fremde Rechtsposition erlangt hat, behalten dürfen. Mithin ist der Anspruch auf Wertersatz aus § 951 I 1 i.V.m. § 812 I 1 2. Fall BGB neben den Regelungen des EBV anwendbar.
II. Voraussetzungen des § 951 I 1 BGB
1. Rechtsverlust infolge der §§ 946 bis 950 BGB
L müsste zunächst einen Rechtsverlust infolge der §§ 946 bis 950 BGB erlitten haben. Hier kommt ein Eigentumsverlust infolge der Verarbeitung der Jungtierpelze zu Mänteln nach § 950 I BGB in Betracht.
a) Verarbeitung
Hierfür müsste U die Pelze einer Verarbeitung i.S.d. § 950 I 1 BGB unterzogen haben. Verarbeitung bedeutet die Veränderung eines Stoffes durch menschlich gesteuerte Arbeitskraft. Hier hat die Angestellte des U die Pelze, wohl mit maschineller Hilfe, zu Mänteln umgestaltet. Eine Verarbeitung liegt mithin vor.
b) Herstellung einer neuen beweglichen Sache
U müsste durch die Verarbeitung zudem eine neue bewegliche Sache hergestellt haben. Dies beurteilt sich nach der Verkehrsauffassung. Indizien für das Bestehen einer neuen beweglichen Sache sind ein neuer Name, eine höhere Produktionsstufe sowie eine neue Funktion der Sache. Vorliegend haben die Pelze mit der Bezeichnung „Mantel“ einen neuen Namen erhalten. Auch stellen Pelzmäntel eine höhere Produktionsstufe im Vergleich zu den bloßen Pelzen dar. Zudem verfügen die Pelze als Mäntel nun über eine neue Funktion als Kleidungsstücke. Es handelt sich bei den Mänteln somit um einen neue bewegliche Sache i.S.d. § 950 I 1 BGB.
c) Kein Ausschluss
Der Eigentumserwerb ist jedoch nach § 950 I 1 BGB ausgeschlossen, wenn der Wert der Verarbeitung erheblich geringer als der Wert des Stoffes ist. Hier betrug der Wert der Pelze 60.000 Euro, der Wert der Verarbeitung hingegen 70.000 Euro. Der Wert der Verarbeitung übersteigt mithin den Wert der Jungtierpelze, weshalb der Eigentumserwerb vorliegend nicht ausgeschlossen ist.
d) Hersteller
Nach § 950 I 1 BGB erwirbt der Hersteller das Eigentum an den verarbeiteten Stoffen. U müsste somit Hersteller i.S.d. § 950 I 1 BGB sein. Hersteller der neuen beweglichen Sache ist, wer die Produktionshoheit über den Produktionsprozess inne hat. Hier ist somit U und nicht die unmittelbar an der Verarbeitung beteiligte Angestellte des U Eigentümer der Mäntel geworden.
e) Ergebnis
Folglich hat U als Hersteller das Eigentum an den Mänteln nach § 950 I 1 BGB erworben, so dass L sein Eigentum an den Jungtierpelzen verloren und damit einen Rechtsverlust i.S.d. § 951 I 1 BGB erlitten hat.
2. Rechtsfolge: Wertersatz nach Bereicherungsrecht
Nach § 951 I 1 BGB kann derjenige, der aufgrund der §§ 946 bis 950 BGB einen Rechtsverlustes erleidet, Vergütung in Geld nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verlangen. Fraglich ist, ob es sich hierbei um einen Rechtsgrund- oder einen Rechtsfolgenverweis handelt. Da vorliegend noch Merkmale des Bereicherungsrechts zu prüfen sind, handelt es sich vorliegend um einen Rechtsgrundverweis. Für einen Wertersatzanspruch des L müssten somit weiterhin die Voraussetzungen des § 812 I 1 2. Fall BGB vorliegen.
a) Etwas erlangt
Hierfür müsste U zunächst etwas erlangt haben. Dies ist jeder vermögenswerte Vorteil. Hier hat U durch die Verarbeitung der Pelze zu Mänteln das Eigentum an den Pelzmänteln nach § 950 I BGB erworben und damit etwas i.S.d. § 812 I 1 2. Fall BGB erlangt.
b) In sonstiger Weise
U müsste das Eigentum an den Mänteln zudem in sonstiger Weise, also nicht durch Leistung erlangt haben. Nach dem Subsidiaritätsgrundsatz ist die Nichtleistungskondiktion ausgeschlossen, soweit ein vorrangiges Leistungsverhältnis vorliegt. Ob und gegebenenfalls auf welcher Grundlage der erlangte Vermögensvorteil bei Verwendungen auf abhanden gekommene Sachen kondiziert werden kann, ist umstritten.
aa) Modifizierte Subsidiaritätstheorie
Früher nahm eine Ansicht an, dass die Eingriffskondiktion nur dann nicht subsidiär gegenüber der condictio indebeti sei, wenn von gar keiner Seite geleistet worden wäre. Danach müsste hier in der Besitzübertragung des F an U über S als Besitzdiener i.S.d. § 855 BGB eine Leistung zu sehen sein, womit die Eingriffskondiktion vorliegend gesperrt wäre. Aufgrund ebensolcher Ergebnisse wurde diese Ansicht im Rahmen der modifizierten Subjekttheorie dahingehend korrigiert, dass die Eingriffskondiktion nur dann gesperrt sei, wenn derjenige, der den Rechtsverlust erlitten habe, die Sache durch Leistung in den Rechtsverkehr gebracht habe. Dies wird damit begründet, dass derjenige, der einen Gegenstand selbst durch Leistung in Verkehr gebracht hat, das Risiko einer vertragswidrigen Verwendung der Sache zugunsten eines Dritten tragen muss. Im Fall einer abhanden gekommenen Sache sei es hingegen billig, dass derjenige, der schon aufgrund von § 935 I BGB kein Eigentum an der Sache habe erwerben können, diese zumindest dem Wert nach herauszugeben habe. Vorliegend wurden L die Pelze gestohlen, so dass keine Leistung des L an F vorliegt. Mithin ist die Eingriffskondiktion vorliegend nicht durch die Besitzübertragung des F an U gesperrt.
bb) Theorie der genauen Bestimmung des Leistungsgegenstandes
Eine andere Ansicht stellt zur Beurteilung, ob eine vorrangige Leistungsbeziehung vorliegt, auf den Leistungsgegenstand ab. Dieser müsse mit dem zu kondizierenden Vermögensvorteil identisch sein. Hier fordert L von U Wertersatz für den von ihm erlittenen Eigentumsverlust an den Jungtierpelzen. F konnte mangels Berechtigung aufgrund des Diebstahls gemäß § 935 I BGB das Eigentum an den Jungtierpelzen nicht auf U übertragen (s.o.). F war hingegen lediglich zur Besitzverschaffung in der Lage. Somit sind das Eigentum an den Jungtierpelzen als Gegenstand des Wertersatzanspruchs sowie der Besitz an denselben als Gegenstand der Leistung des F an U nicht identisch. Mithin ist vorliegend keine vorrangige Leistungsbeziehung gegeben, die zu einer Sperrung der Eingriffskondiktion führen würde.
cc) Wertungsmodell der §§ 816, 932, 935 BGB
Eine dritte Ansicht stellt bei der Beurteilung, ob eine Sperrung der Eingriffskondiktion besteht, auf das Wertungsmodell der §§ 816, 932, 935 BGB ab. Lediglich § 816 I BGB enthalte einen Kondiktionsausschluss zugunsten des gutgläubigen entgeltlichen Erwerbers. Zwar erfasse § 816 I BGB nur den rechtsgeschäftlichen Erwerb. Es könne auch aufgrund der Einheitlichkeit der Rechtsordnung jedoch keinen Unterschied machen, ob das Eigentum an einer Sache rechtsgeschäftlich oder gesetzlich erworben wurde, da der Rechtsgrund, auf dem der Eigentumserwerb beruhe, zufallsbedingt sein könne.
Der Wertungen der §§ 932 ff. BGB entsprechend sei nur der Eigentumserwerb kondiktionsfest, der auch nach den Regeln des rechtsgeschäftlichen Erwerbs kondiktionsfest sei. Eine Direktkondiktion scheide bei Bösgläubigkeit des Dritten, dem Erwerb einer abhanden gekommenen Sache sowie bei Unentgeltlichkeit des Erwerbs folglich aus. Vorliegend konnte U das Eigentum an den Pelzen aufgrund des Diebstahls nach § 935 I BGB nicht rechtsgeschäftlich erwerben. Die Eingriffskondiktion wäre vorliegend nicht gesperrt, so dass U das herausgeben müsste, was er auch rechtsgeschäftlich nicht behalten dürfe.
dd) Ergebnis
Mithin liegt nach allen Ansichten eine die Eingriffskondiktion des § 812 I 1 2. Fall BGB sperrende vorrangige Leistungsbeziehung nicht vor. Somit hat U das Eigentum an den Mänteln in sonstiger Weise, also nicht durch Leistung erlangt.
c) Auf Kosten des L
Dies geschah auch auf Kosten des L, der aufgrund der Verarbeitung der Pelze zu Mänteln nach § 950 I 1 BGB das Eigentum an denselben verloren hat, vgl. § 950 II BGB.
d) Ohne Rechtsgrund
Zudem müsste U das Eigentum an den Mänteln auch ohne Rechtsgrund erlangt haben.
aa) Kaufvertrag zwischen F und U
Vorliegend könnte der Kaufvertrag zwischen F und U, vertreten durch S nach den §§ 164 ff. BGB, einen Rechtsgrund für den Eigentumserwerb i.S.d. § 812 I 1 2. Fall BGB darstellen. Unabhängig davon, dass der Kaufvertrag lediglich einen Rechtsgrund für den im Übrigen gescheiterten Eigentumsübergang an den unverarbeiteten Pelzen darstellt, entfaltet der von F und U geschlossene Kaufvertrag aufgrund der Relativität von Schuldverhältnissen keine Rechtswirkungen gegenüber L. Er stellt mithin keinen Rechtsgrund i.S.d. § 812 I 1 2. Fall BGB dar.
bb) § 950 I BGB
Weiterhin könnte jedoch § 950 I 1 BGB gesetzlicher Rechtsgrund für den Eigentumserwerb an den Mänteln sein, da er den Eigentumserwerb des Herstellers an der infolge von Verarbeitung neu hergestellten beweglichen Sache vorsieht. § 950 I 1 BGB regelt jedoch lediglich den Eigentumserwerb. Die Rechtsfolgen werden hingegen gerade von § 951 I 1 BGB geregelt, welcher explizit auf das Bereicherungsrecht verweist. Wäre § 950 I 1 BGB allerdings Rechtsgrund i.S.d. § 812 I 1 2. Fall BGB, so wäre § 951 I 1 BGB obsolet. Somit ist auch er den gesetzlichen Eigentumserwerb durch Verarbeitung regelnde § 950 I 1 BGB kein Rechtsgrund i.S.d. § 812 I 1 2. Fall BGB.
cc) Ergebnis
U hat das Eigentum an den Mänteln folglich auch ohne Rechtsgrund erworben.
e) Rechtsfolge: Wertersatz
U schuldet L folglich für dessen Rechtsverlust nach §§ 951 I 1 i.V.m. § 812 I 1 2. Fall BGB Wertersatz i.H.v. 60.000 Euro.
f) Kein Ausschluss
Überdies dürfte der Anspruch auf Wertersatz vorliegend nicht ausgeschlossen sein. Hier könnte sich U eventuell auf die Einrede der Entreicherung des § 818 III BGB berufen, da er für den gescheiterten Eigentumserwerb an den Jungtierpelzen einen Kaufpreis an F i.H.v. 60.000 Euro entrichtet hat, der dem tatsächlichen Wert der Pelze entspricht. Allerdings entspricht es gerade dem Risiko eines jeden Kaufs, eine abhanden gekommene Sache i.S.d. § 935 I BGB zu erwerben, dass der Erwerber zwar den Kaufpreis zahlt, jedoch kein Eigentum an der Sache erwirbt und diese dann herausgeben bzw. Wertersatz leisten muss. Hier muss sich U hinsichtlich des gezahlten Kaufpreises wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Übereignung an F halten und von diesem Schadensersatz fordern. U kann sich gegenüber L somit nicht auf Entreicherung nach § 818 III BGB berufen. Der Anspruch auf Wertersatz ist mithin nicht ausgeschlossen.
III. Ergebnis
L hat gegen U folglich einen Anspruch auf Wertersatz i.H.v. 60.000 Euro gemäß § 951 I 1 i.V.m. § 812 I 1 2. Fall BGB.