Fall: Friesischer Dachschaden

Thomas Döpfner (T), wohnhaft in Hamburg Ottensen, hat sich 2012 einen langjährigen Traum erfüllt und ein Ferienhaus auf der Insel Sylt erstanden. Dieses Ferienhaus ist direkt am Strand gelegen und aus diesem Grund täglich dem rauen Nordseewetter ausgesetzt. In der Vergangenheit haben bereits heftige Frühjahrsstürme zu erheblichen Beschädigungen am Dach des Hauses geführt. Da T als viel beschäftigter Bänker lediglich an einigen Wochenenden im Jahr in den Genuss seines Ferienhauses und dessen wundervollen Ausblicks kommt, möchte er sichergehen, dass es in seiner Abwesenheit nicht zu weiteren Schäden am Dach und möglicherweise dem liebevoll maritim eingerichteten Inventar kommt.

T, der ohnehin seit langem der Meinung war, dass ein Reetdach seinem Häuschen den letzten friesischen Schliff geben würde, kontaktiert deshalb im Juni 2013 die Firma Quedens Reetdecker seit 1892 OHG (Q-OHG). Nach einigen Rücksprachen einigen sich T und A - einer der vertretungsbefugten Gesellschafter der Q-OHG - darauf, dass das Häuschen mit einem entsprechenden Reetdach aus ortsüblichem Schilfrohr zu einem Preis von 140.000 Euro ausgestattet werden soll. Hierbei weist T den A daraufhin, dass in den Frühjahrsmonaten Stürme und heftige Regenfälle keine Seltenheit seien und das Dach diesen Witterungsbedingungen selbstverständlich standhalten müsse. A erklärt daraufhin auch unter Hinweis auf die langjährige Tradition der Q-OHG im friesischen Reetbau, dass das von ihnen zu fertigende Reetdach geradezu für das raue Nordseeklima geschaffen sei und T deshalb hinsichtlich der von ihm genannten Witterungsbedingungen unbesorgt sein könne.
Der von T und der Q-OHG geschlossene Vertrag enthält folgende Bedingungen, die T bereits vor Vertragsschluss erhalten und gegengezeichnet hatte:

§ 4
Sollte das verwendete Material an qualitativen Mängeln leiden, welche durch die Herstellung bedingt sind, wird das mangelbehaftete Material kostenlos ausgetauscht bzw., sofern möglich, durch ebenfalls kostenlose Nacharbeit behoben. Hierüber hinausgehende Gewährleistungsrechte sind ausgeschlossen

§ 6
Alle aus diesem Vertrag resultierenden Ansprüche unterliegen einer Verjährungsfrist von einem Jahr.
Schon im Juli 2013 beginnt die Q-OHG mit den Arbeiten am Dach des Häuschens, so dass das Reetdach schließlich am 18.09.2013 fertig gestellt werden kann. Nach Begutachtung seines neuen Reethäuschens am 20.09.2013 ist T von dem Ergebnis begeistert und bedankt sich überschwänglich bei A für die meisterhafte Leistung.

Diese Begeisterung findet im April 2015 allerdings ein jähes Ende, als T über ein verlängertes Wochenende wieder einmal nach Sylt gereist war und feststellen musste, dass bei einem Gewitter der vergangenen Woche mit mäßigem Wind und starken Regenfällen das Dach erheblich beschädigt wurde. Dies teilt er umgehend der Q-OHG mit. Es stellt sich heraus, dass bei der Anpassung des Dachstuhls dem bei der Q-OHG beschäftigten Mitarbeiter M ein Fehler unterlaufen war, so dass die erforderliche Neigung des Dachstuhls nicht erreicht wurde. Reetdächer benötigen jedoch eine steilere Dachkonstruktion als Ziegeldächer, um das Regenwasser besser abweisen zu können. Die fehlerhafte Anpassung hatte dementsprechend zur Folge, dass das viele Regenwasser nicht vollständig ablaufen konnte, so dass die Reetdeckung an einigen Stellen derart stark aufweichte, dass das Regenwasser in die Wohnräume eindringen konnte.

Dies führte dazu, dass das im Ferienhaus verlegte Parkett aus Kirschholz an einigen Stellen unansehnlich aufquoll und der kürzlich erstandene Fernseher einen Kurzschluss erlitt und infolgedessen unbrauchbar wurde. Insgesamt entstand ein Schaden i.H.v. 9.800 Euro.

Erzürnt darüber, dass sein friesischer Traum derart schnell zerplatzt war, fordert T die Q-OHG auf, die Reetdeckung des Häuschens vollständig zu erneuern und eine Anpassung der Dachkonstruktion vorzunehmen, da das Dach nicht mehr dicht halte und durch die Beschädigung auch Stürmen nicht mehr standhalten könne. Tatsächlich kann eine partielle Nachbesserung des Reets aufgrund der mangelhaften Dachkonstruktion die Wetterfestigkeit des Daches nicht gewährleisten.

Die Q-OHG lehnt eine komplette Erneuerung des Reetdaches sowie die Anpassung der Dachkonstruktion vehement ab. Ob T überhaupt wisse, was das kosten würde. Hierfür müsse die Q-OHG mindestens 100.000 Euro aufbringen, was in Anbetracht des Schadens unverhältnismäßig sei. Überhaupt habe T die Konstruktion genehmigt und könne folglich keine Ansprüche geltend machen. Im Übrigen solle T doch einmal einen Blick in die Vertragsbedingungen werfen, die er schließlich selbst gegengezeichnet habe.

T sucht nun bei einem befreundeten Anwalt Rat und fragt, ob er von der Q-OHG

1. die vollständige Erneuerung des Reetdaches inklusive erneuter Anpassung der Dachkonstruktion verlangen kann?

2. die Schäden an Parkett und Fernseher ersetzt bekommt?



1. Teil: Ansprüche T gegen die Q-OHG auf Erneuerung des Reetdaches sowie Anpassung der Dachkonstruktion

A. Anspruch T gegen die Q-OHG auf Erneuerung des Reetdaches sowie Anpassung der Dachkonstruktion gemäß § 631 I BGB
T könnte gegen die Q-OHG einen Anspruch auf Erneuerung des Reetdaches sowie Anpassung der Dachkonstruktion gemäß § 631 I BGB haben.

I. Anspruch entstanden

1. Wirksamer Werkvertrag
Hierfür müsste zunächst ein wirksamer Werkvertrag i.S.d. § 631 BGB geschlossen worden sein.

a) Einigung
Dies erfordert eine Einigung i.S.d. §§ 145 ff. BGB. Eine Einigung setzt wiederum zwei sich deckende Willenserklärungen, Angebot und Annahme, voraus. Vorliegend haben sich T und die Q-OHG über die Erstellung eines Reetdaches zu einem Preis von 140.000 Euro geeinigt. Hierbei wurde die OHG, welche nach § 124 HGB rechtsfähig ist, wirksam von A als vertretungsbefugtem Gesellschafter gemäß den §§ 164 ff. BGB i.V.m. § 125 I HGB vertreten. Einzig fraglich ist, ob es sich hierbei um eine Einigung mit dem Inhalt eines Werkvertrags handelt oder über § 651 S. 1 BGB Kaufrecht anwendbar ist. Bei der Erstellung des Dachs wird dieses Teil des Gebäudes und damit auch Teil des Grundstücks des Bestellers, vgl. § 94 I, II BGB. Die Bauleistung ist somit vielmehr ein Teil der Werkleistung, so dass letztlich ein Erfolg und nicht eine bewegliche Sache geschuldet wird. Mithin haben sich T und die Q-OHG mit dem Inhalt eines Werkvertrags i.S.d. § 631 BGB geeinigt.

b) Wirksamkeit
Zudem sind rechtshindernde Einwendungen vorliegend nicht ersichtlich, so dass die Einigung auch wirksam ist.

2. Mangel
Weiterhin müsste für einen Anspruch auf Neuherstellung des Reetdaches das Werk an einem Mangel gemäß § 633 BGB leiden. Mangel ist jede Abweichung der Ist- von der Soll-Beschaffenheit. Vorliegend könnte das Dach an einem Sachmangel i.S.d. § 633 II BGB leiden. Nach § 633 II 1 BGB liegt zunächst ein Sachmangel vor, wenn das Werk nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist. Hier hat T die Q-OHG ausdrücklich daraufhin gewiesen, dass das Dach Stürmen und heftigen Regenfällen standhalten müsse. Hieraufhin erwiderte die Q-OHG, dass Reetdächer für derartige Witterungsbedingungen wie geschaffen seien und sich T hinsichtlich der Wetterfestigkeit des Daches keine Sorgen machen müsse. Mithin liegt eine Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich der Wetterfestigkeit des Reetdaches vor. Das Reetdach wurde jedoch aufgrund der fehlerhaften Anpassung der Dachkonstruktion bereits bei mäßigem Wind und heftigen Regenfällen schwer beschädigt, so dass Wasser in die Wohnräume eindringen konnte. Folglich litt die Reetdachkonstruktion an einem Mangel i.S.d. § 633 II 1 BGB.

3. Ergebnis
Der Anspruch des T gegen die Q-OHG auf Erneuerung des Reetdaches sowie Anpassung der Dachkonstruktion aus § 631 I BGB ist somit zunächst wirksam entstanden.

II. Anspruch nicht erloschen
Zudem dürfte der Anspruch des T gegen die Q-OHG nicht untergegangen sein. Vorliegend könnte der Anspruch des T gegen die Q-OHG auf Erneuerung des Reetdaches sowie Anpassung der Dachkonstruktion durch eine Abnahme des Werkes gemäß § 640 I BGB erloschen sein. Abnahme i.S.d. § 640 BGB ist die Übergabe des Werks sowie die Erklärung des Bestellers, dass er das Werk als in der Hauptsache vertragsgemäß billige. Vorliegend hat T nach Errichtung der Reetdachkonstruktion seine Begeisterung kundgetan und sich bei dem vertretungsbefugten Gesellschafter der Q-OHG für die meisterhafte Leistung bedankt. Hierin kann nur eine Entgegennahme des Werkes sowie die Billigung des Werkes als in der Hauptsache vertragsgemäß erblickt werden. Mithin liegt eine Abnahme des Werkes i.S.d. § 640 I BGB vor.

III. Ergebnis
Folglich hat T gegen die Q-OHG keinen Anspruch auf Erneuerung des Reetdaches sowie Anpassung der Dachkonstruktion gemäß § 631 I BGB.

B. Anspruch T gegen die Q-OHG auf Erneuerung des Reetdaches sowie Anpassung der Dachkonstruktion nach den §§ 634 Nr. 1, 635 I BGB
T könnte gegen die Q-OHG jedoch einen Anspruch auf Erneuerung des Reetdaches sowie Anpassung der Dachkonstruktion nach den §§ 634 Nr. 1, 635 I BGB.

I. Anspruch entstanden

1. Wirksamer Werkvertrag
Hier wurde zwischen T und der Q-OHG ein wirksamer Werkvertrag i.S.d. § 631 BGB geschlossen (s.o.).

2. Mangel
Zudem leidet die Reetdachkonstruktion an einem Sachmangel i.S.d. § 633 II 1 BGB (s.o.).

3. Zum maßgeblichen Zeitpunkt
Zudem müsste das Werk bereits vor Gefahrübergang an dem in Frage stehenden Mangel gelitten haben. Beim Werkvertrag geht die Gefahr des zufälligen Untergangs oder der zufälligen Verschlechterung des Werks mit der Abnahme des Werks durch den Besteller auf diesen über, vgl. § 644 I 1 BGB. Vorliegend folgte der Mangel bereits aus der fehlerhaften Anpassung der Dachkonstruktion. Mithin lag der Mangel bereits bei Gefahrübergang vor.

4. Nacherfüllungsverlangen des T
Zudem müsste T über das erforderliche Nacherfüllungsverlangen verfügen. Hier fordert T eine vollständige Erneuerung des Reetdaches sowie eine Anpassung der Dachkonstruktion. Mithin verlangt T die Nacherfüllung in Form der Neuherstellung des Werkes. Fraglich ist lediglich, ob T die Nacherfüllung in Form der Neuherstellung fordern kann. Denn nach § 635 I BGB kann der Unternehmer, sofern der Besteller Nacherfüllung verlangt, nach seiner Wahl den Mangel beseitigen oder ein neues Werk herstellen. Somit kann grundsätzlich die Q-OHG die Art der Nacherfüllung auswählen. Vorliegend ist die Nacherfüllung in Form der Nachbesserung laut Sachverhalt jedoch nicht möglich, da dies aufgrund der mangelhaften Dachkonstruktion die Wetterfestigkeit des Daches nicht gewährleisten kann. Infolgedessen ist die Q-OHG in ihrer Wahl vorliegend auf die Neuherstellung des Werkes beschränkt.

5. Kein Ausschluss
Überdies dürfte der Anspruch des T gegen die Q-OHG auf Nacherfüllung aus den §§ 634 Nr. 1, 635 BGB nicht ausgeschlossen sein.

a) Vertraglich
Vorliegend könnte der Anspruch des T gegen die Q-OHG auf Nacherfüllung aus den §§ 634 Nr. 1, 635 BGB vertraglich durch § 4 der Vertragsbedingungen ausgeschlossen worden sein.

aa) Auslegung der Klausel
Vor einer Kontrolle der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist die in Frage stehende Klausel jedoch auszulegen. § 4 S. 1 der Vertragsbedingungen besagt, dass, sofern das Material an herstellungsbedingten Mängeln leidet, ein kostenloser Austausch des mangelbehafteten Materials stattfindet oder der Mangel durch kostenlose Nacharbeit behoben wird. Hierüber hinausgehende Gewährleistungsrechte sind laut § 4 S. 2 der Vertragsbedingungen ausgeschlossen. Vorliegend beruht die mangelnde Wetterfestigkeit des Reetdaches jedoch nicht auf einem durch die Herstellung bedingten Mangel am verwendeten Schilfrohr, sondern auf der fehlerhaften Anpassung der Dachkonstruktion. Mithin wäre nach § 4 S. 2 der Vertragsbedingungen die Nacherfüllung in Form der Neuherstellung im vorliegenden Fall ausgeschlossen. Mithin ergibt die Auslegung der Klausel einen Ausschluss des Neuherstellungsanspruchs des T.

bb) AGB Kontrolle

(1) Sachlicher Anwendungsbereich
Im Rahmen der AGB-Kontrolle müsste es sich bei den Vertragsbedingungen zunächst um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) i.S.d. § 305 I 1 BGB handeln. Hiernach sind AGB alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, welche eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Vorliegend wurden die vorformulierten Vertragsbedingungen einseitig von der Q-OHG bei Vertragsschluss gestellt. Zudem ist davon auszugehen, dass diese Bedingungen für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert wurden. Mithin sind die Vertragsbedingungen als AGB i.S.d. § 305 I 1 BGB zu charakterisieren.

(2) Persönlicher Anwendungsbereich
Jedoch müsste die Klausel weiterhin auch wirksam in den Vertrag einbezogen worden sein, vgl. § 305 II BGB. Grundsätzlich werden Allgemeine Geschäftsbedingungen nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender die andere Vertragspartei ausdrücklich bei Vertragsschluss auf die AGB hinweist, vgl. § 305 II Nr. 1 BGB. Vorliegend hatte die Q-OHG T die Vertragsbedingungen vor Vertragsschluss zugesandt und dieser zeichnete sie daraufhin gegen. Mithin wurde T ausdrücklich auf die AGB hingewiesen, so dass die Klausel wirksam in den Vertrag miteinbezogen wurde.

(3) Inhaltskontrolle
Eine Inhaltskontrolle findet statt, sofern von den Bestimmungen des BGB abgewichen oder ergänzende Regelungen vereinbart werden, vgl. § 307 III BGB. Vorliegend könnte § 4 der Vertragsbedingungen gegen § 309 Nr. 8 lit. b. bb. BGB verstoßen. § 309 Nr. 8 lit. b. bb. BGB besagt, dass in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Bestimmung, durch die bei Verträgen über Lieferungen neu hergestellter Sachen und über Werkleistungen die Ansprüche gegen den Verwender insgesamt oder bezüglich einzelner Teile auf ein Recht auf Nacherfüllung beschränkt werden, sofern dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich das Recht vorbehalten wird, bei Fehlschlagen der Nacherfüllung zu mindern oder, wenn nicht eine Bauleistung Gegenstand der Mängelhaftung ist, nach seiner Wahl vom Vertrag zurückzutreten, unwirksam sind. Laut § 4 der Vertragsbedingungen ist eine Minderung im Falle des Fehlschlagens einer Form der Nacherfüllung nicht vorgesehen. Zudem ist die Nacherfüllung auf qualitative Mängel des Materials beschränkt; eine komplette Neuherstellung des Werkes ist hingegen ausgeschlossen. Mithin verstößt § 4 der Vertragsbedingungen gegen § 309 Nr. 8 lit. b. bb. BGB.

(4) Rechtsfolge
Nach § 306 I, II BGB ist bei Verstoß gegen eine der in den §§ 308, 309 BGB genannten Bestimmungen die Klausel grundsätzlich insgesamt unwirksam, wobei der Vertrag hiervon unberührt bleibt und anstelle der Klausel die gesetzlichen Bestimmungen gelten. Eine geltungserhaltende Reduktion ist nach Sinn und Zweck ausgeschlossen, da Verwender von AGB die die andere Vertragspartei am härtesten treffenden Bestimmungen in der Sicherheit vorschreiben könnten, dass im Notfall der rechtlich nicht zu missbilligende Teil der AGB erhalten bliebe. Dies ist insbesondere aus Verbraucherschutzgründen geboten. Nach § 306 III BGB ist jedoch ausnahmsweise auch der Vertrag unwirksam, wenn das Festhalten an ihm für eine Vertragspartei eine unzumutbare Härte darstellen würde. Hier ist jedoch nicht ersichtlich, dass ein Recht zur Minderung im Falle des Fehlschlagens der Nacherfüllung für die Q-OHG eine unzumutbare Härte darstellen würde. Insbesondere sieht § 309 Nr. 8 lit. b. bb. BGB vor, dass eine Beschränkung auf ein Recht der Nacherfüllung zulässig ist, sofern die Möglichkeit der Minderung gegeben ist. Mithin ist § 4 der Vertragsbedingungen unwirksam.


(5) Ergebnis
Folglich wurde der Anspruch des T gegen die Q-OHG auf Erneuerung des Reetdaches sowie Anpassung der Dachkonstruktion gemäß den §§ 634 Nr. 1, 635 I BGB nicht vertraglich ausgeschlossen.

b) Gesetzlich
Allerdings könnte der Anspruch des T gegen die Q-OHG auf Erneuerung des Reetdaches und Anpassung der Dachkonstruktion gemäß den §§ 634 Nr. 1, 635 I BGB gesetzlich nach § 640 II BGB ausgeschlossen sein. Danach stehen dem Besteller die in § 634 Nr. 1 bis 3 BGB bezeichneten Rechte nicht zu, wenn er das Werk in Kenntnis seiner Mangelhaftigkeit abnimmt, sofern er sich die Rechte bzgl. des Mangels nicht bei der Abnahme vorbehält. Vorliegend hat T das Werk zwar i.S.d. § 640 I BGB abgenommen. Jedoch hatte er keine Kenntnis von der Mangelhaftigkeit des Reetdaches, so dass sein Anspruch auf Erneuerung des Reetdaches und Anpassung der Dachkonstruktion nach den §§ 634 Nr. 1, 635 I BGB nicht gemäß § 640 II BGB ausgeschlossen ist.

6. Ergebnis
Mithin ist der Anspruch des T gegen die Q-OHG auf Erneuerung des Reetdaches und Anpassung der Dachkonstruktion nach den §§ 634 Nr. 1, 635 I BGB zunächst wirksam entstanden.

II. Anspruch nicht erloschen
Vorliegend sind rechtsvernichtende Einwendungen nicht ersichtlich, so dass der Anspruch des T gegen die Q-OHG auf Erneuerung des Reetdaches und Anpassung der Dachkonstruktion nach den §§ 634 Nr. 1, 635 I BGB nicht erloschen ist.

III. Anspruch durchsetzbar
Der Anspruch des T gegen die Q-OHG auf Erneuerung des Reetdaches und Anpassung der Dachkonstruktion gemäß den §§ 634 Nr. 1, 635 I BGB könnte jedoch nicht durchsetzbar sein.

1. § 635 III BGB
Zunächst könnte der Anspruch des T gegen die Q-OHG auf Erneuerung des Reetdaches und Anpassung der Dachkonstruktion aufgrund eines Leistungsverweigerungsrechts der Q-OHG gemäß § 635 III BGB nicht durchsetzbar sein. Hiernach kann der Unternehmer die Nacherfüllung verweigern, wenn die Neuherstellung des Werkes nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Vorliegend kommt als Nacherfüllung lediglich die Form der Neuherstellung des Werkes in Betracht, so dass nur eine absolute Unverhältnismäßigkeit zur Hemmung des Anspruchs führen könnte. Absolute Unverhältnismäßigkeit i.S.d. § 635 III BGB liegt immer dann vor, wenn die Kosten der Nacherfüllung außer Verhältnis zum objektiven Wert des Werkes in mangelfreiem Zustand stehen. Wann eine absolute Unverhältnismäßigkeit vorliegt, ist jedoch umstritten. Eine solche Unverhältnismäßigkeit wird sowohl bei Nacherfüllungskosten in Höhe von 150 % des Wertes des Werkes im mangelfreien Zustand, wie auch in Höhe von 100 % des Wertes des Werkes im mangelfreien Zustand angenommen. Jedoch muss es dem Unternehmer, welcher die Leistungsstörung verursacht hat, bis zu einer gewissen Schwelle zuzumuten sein, den vertragsgemäßen Zustand herzustellen. Diese Schwelle muss dementsprechend angehoben werden, wenn nur eine Art der Nacherfüllung möglich ist, da der Gläubiger sonst auf den vertragsgemäßen Zustand verzichten und andere Rechtsinstrumente wie Minderung oder Schadensersatzansprüche in Anspruch nehmen müsste. Angesichts der Tatsachen, dass hier der vertragsgemäße Zustand lediglich durch die Neuherstellung des Werkes erreicht werden kann und sich die Kosten i.H.v. 100.000 Euro für diese Neuherstellung unter dem Wert bewegen, den das Werk in mangelfreiem Zustand hätte, ist die Grenze der absoluten Unverhältnismäßigkeit vorliegend noch nicht erreicht. Mithin ist der Anspruch des T gegen die Q-OHG auf Erneuerung des Reetdaches und Anpassung der Dachkonstruktion nicht gemäß § 635 III BGB ausgeschlossen.

2. § 275 II BGB
Der Q-OHG könnte jedoch ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 275 II 1 BGB zustehen. Danach kann der Schuldner die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Angesichts dessen, dass vorliegend noch nicht einmal die Schwelle der absoluten Unverhältnismäßigkeit erreicht wurde, ist im Rahmen eines Erst-Recht-Schlusses davon auszugehen, dass die Voraussetzungen des § 275 II BGB nicht vorliegen, da diese Norm Missverhältnisse betreffen soll, welche der Unmöglichkeit des § 275 I BGB gleichkommen. Vorliegend stellen die Kosten für die Neuherstellung des Reetdaches zwar einen erheblichen Kostenfaktor dar, erreichen jedoch nicht eine Unverhältnismäßigkeit, welche der Unmöglichkeit gleichkommt. Daher steht der Q-OHG auch nach § 275 II BGB kein Leistungsverweigerungsrecht zu.

3. § 214 I BGB
Allerdings könnte der Anspruch des T gegen die Q-OHG gemäß § 214 I BGB verjährt sein. Nach § 634 a I Nr. 2 BGB verjähren Ansprüche bei einem Bauwerk und einem Werk, dessen Erfolg in der Erbringung von Planungs- oder Überwachungsleistungen hierfür besteht, in fünf Jahren. Vorliegend hat der Werkvertrag die Errichtung eines Reetdaches zum Inhalt. Dieses Dach wird Teil des Ferienhauses und ist zudem unerlässlich für den Bestand des Gebäudes. Mithin handelt es sich um Arbeiten an einem Bauwerk, so dass grundsätzlich die fünfjährige Verjährungsfrist des § 634 a I Nr. 2 BGB gilt. Fraglich ist jedoch, ob diese fünfjährige Frist nach § 6 der Vertragsbedingungen wirksam auf ein Jahr verkürzt wurde, da sonst der Anspruch des T, welcher diesen erst im Frühjahr 2015 geltend macht, verjährt wäre.
Vorliegend handelt es sich bei § 6 der Vertragsbedingungen um eine AGB i.S.d. § 305 BGB. Diese AGB wurde wie auch § 4 wirksam in den Vertrag einbezogen (s.o.). Allerdings weicht die Klausel von der fünfjährigen Verjährungsfrist des § 634 a I Nr. 2 BGB ab, so dass ein Verstoß gegen § 309 Nr. 8 lit. b. ff BGB vorliegen könnte. Hiernach ist eine AGB unwirksam, wenn sie eine Bestimmung enthält, durch die bei neu hergestellten Sachen und über Werkleistungen die Verjährung von Ansprüchen gegen den Verwender wegen eines Mangels in den Fällen des § 438 I Nr. 2 und des § 634 a I Nr. 2 BGB erleichtert. Somit liegt ein Verstoß gegen § 309 Nr. 8 lit. b. ff BGB vor. Mithin ist die Klausel unwirksam, so dass die reguläre Verjährungsfrist des § 634 a I Nr. 2 BGB gilt. Folglich ist der Anspruch des T gegen die Q-OHG auf Erneuerung des Reetdaches und Anpassung der Dachkonstruktion nach den §§ 634 Nr. 1, 635 I BGB nicht verjährt.

4. Ergebnis
Der Anspruch des T gegen die Q-OHG auf Erneuerung des Reetdaches und Anpassung der Dachkonstruktion nach den §§ 634 Nr. 1, 635 I BGB ist durchsetzbar.

IV. Ergebnis
Somit hat T gegen die Q-OHG einen Anspruch auf Erneuerung des Reetdaches und Anpassung der Dachkonstruktion gemäß den §§ 634 Nr. 1, 635 I BGB.

2. Teil: Ansprüche T gegen die Q-OHG auf Schadensersatz für das beschädigte Parkett und den Fernseher i.H.v. 9.800 Euro

A. Anspruch T gegen die Q-OHG auf Schadensersatz i.H.v. 9.800 Euro nach den §§ 634 Nr. 4, 280 I BGB
T könnte gegen die Q-OHG einen Anspruch auf Schadensersatz i.H.v. 9.800 Euro gemäß den §§ 634 Nr. 4, 280 I BGB haben.

I. Anspruch entstanden

1. Wirksamer Werkvertrag
Hier haben T und die Q-OHG einen wirksamen Werkvertrag i.S.d. § 631 BGB geschlossen (s.o.).

2. Mangel
Auch leidet das Werk an einem Mangel i.S.d. § 633 II 1 BGB (s.o.).

3. Zum maßgeblichen Zeitpunkt
Weiterhin lag der Mangel auch bereits vor der Abnahme des Werkes vor, vgl. § 644 I BGB (s.o.).

4. Voraussetzungen des § 280 I BGB
Zudem müssten die Voraussetzungen des § 280 I BGB vorliegen.

a) Wirksames Schuldverhältnis
Mit dem zwischen T und der Q-OHG geschlossenen Werkvertrag liegt ein wirksames Schuldverhältnis vor.

b) Pflichtverletzung
Zudem müsste die Q-OHG eine Pflichtverletzung begangen haben, vgl. § 280 I 1 BGB. Vorliegend hat die Q-OHG ein mangelhaftes Werk hergestellt, was dazu führte, dass das Parkett wie auch der Fernseher beschädigt wurde. Daher hat die Q-OHG die Pflicht verletzt, ein mangelfreies Werk herzustellen und Mangelfolgeschäden zu vermeiden. Mithin liegt eine Pflichtverletzung i.S.d. § 280 I 1 BGB vor.

c) Vertretenmüssen
Überdies müsste die Q-OHG die Pflichtverletzung zu vertreten haben, vgl. § 280 I 2 BGB. Hierfür gilt der Maßstab der §§ 276, 278 BGB. Vorliegend war die Q-OHG zwar nicht selbst für den Mangel und die dadurch entstandenen Folgeschäden verantwortlich, da diese Schäden auf dem Versehen des M beruhen. Jedoch könnte der Q-OHG das fahrlässige Handeln ihres Beschäftigten nach § 278 BGB zugerechnet werden. Hierfür müsste M Erfüllungsgehilfe i.S.d. § 278 BGB sein. Erfüllungsgehilfe ist, wer mit Wissen und Wollen des Geschäftsherrn zur Erfüllung einer Verbindlichkeit desselben tätig wird. Hier war M für die Q-OHG tätig, um ihr bei der Herstellung des Reetdaches behilflich zu sein, also die Verbindlichkeit aus dem mit T geschlossenen Werkvertrag zu erfüllen. Somit ist M Erfüllungsgehilfe der Q-OHG, so dass dessen Fahrlässigkeit nach § 276 I, II BGB der Q-OHG gemäß § 278 BGB zugerechnet wird. Mithin hat die Q-OHG die Pflichtverletzung auch zu vertreten, vgl. § 280 I 2 BGB.

d) Rechtsfolge: §§ 249 ff. BGB
Folglich kann T von der OHG Schadensersatz i.H.v. 9.800 Euro gemäß § 249 I, II 1 BGB verlangen.

5. Kein Ausschluss
Der Anspruch des T gegen die Q-OHG könnte jedoch vertraglich gemäß § 4 S. 2 der Vertragsbedingungen ausgeschlossen sein. Unabhängig von der Frage, ob der Anspruch aus den §§ 634 Nr. 4, 280 I BGB überhaupt unter die Klausel fällt, ist § 4 der Vertragsbedingungen nach § 309 Nr. 8 lit. b. bb BGB unwirksam (s.o.), so dass ein vertraglicher Ausschluss des Anspruchs aus den §§ 634 Nr. 4, 280 I BGB nicht in Betracht kommt.

6. Ergebnis
Mithin ist der Anspruch des T gegen die Q-OHG auf Schadensersatz i.H.v. 9.800 Euro gemäß den §§ 634 Nr. 4, 280 I BGB zunächst wirksam entstanden.

II. Anspruch nicht erloschen
Vorliegend sind rechtsvernichtende Einwendungen nicht ersichtlich, so dass der Anspruch des T gegen die Q-OHG auf Schadensersatz i.H.v. 9.800 Euro nach den §§ 634 Nr. 4, 280 I BGB nicht erloschen ist.

III. Anspruch durchsetzbar
Dieser Anspruch könnte allerdings aufgrund von Verjährung nicht durchsetzbar sein. Zwar war die vertragliche Verkürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr nach § 309 Nr. 8 lit. b. ff BGB unwirksam, so dass grundsätzlich die fünfjährige Verjährungsfrist des § 634 a I Nr. 2 BGB gilt. Allerdings ist fraglich, ob § 634 a I Nr. 2 BGB auch für Mangelfolgeschäden i.S.d. §§ 634 Nr. 4, 280 I BGB gilt, da es sich hierbei nicht um einen gewährleistungsspezifischen Anspruch handelt. § 634 a I BGB verweist jedoch ausdrücklich auf § 634 Nr. 1, 2 und 4 und somit auch auf den in § 634 Nr. 4 BGB aufgelisteten § 280 I BGB, so dass die gewährleistungsspezifische Verjährung des § 634 a I Nr. 2 BGB anstelle der allgemeinen Verjährungsvorschriften gilt. Zudem wäre auch im Falle einer Geltung der §§ 194 ff. BGB die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB noch nicht verstrichen, so dass in keinem Falle eine Verjährung des Anspruchs vorläge.
Der Anspruch des T gegen die Q-OHG auf Schadensersatz i.H.v. 9.800 Euro gemäß den §§ 634 Nr. 4, 280 I BGB ist somit auch durchsetzbar.

IV. Ergebnis
Folglich hat T gegen die Q-OHG einen Anspruch auf Ersatz der an dem Parkett und dem Fernseher eingetretenen Schäden i.H.v. 9.800 Euro gemäß den §§ 634 Nr. 4, 280 I BGB.

B. Anspruch T gegen die Q-OHG auf Schadensersatz i.H.v. 9.800 Euro nach § 831 I BGB
T könnte gegen die Q-OHG zusätzlich einen Anspruch auf Schadensersatz i.H.v. 9.800 Euro nach § 831 I BGB haben.

I. Verrichtungsgehilfe
Hierfür müsste zunächst ein Verrichtungsgehilfe der Q-OHG gehandelt haben. Hier könnte M Verrichtungsgehilfe der Q-OHG sein. Verrichtungsgehilfe ist, wer mit Wissen und Wollen des Geschäftsherrn in dessen Geschäftskreis weisungsabhängig tätig ist. Hier ist M bei der Errichtung des Reetdaches mit Wissen und Wollen im Geschäftskreis der Q-OHG tätig gewesen. Da die Q-OHG die Arbeit des M jederzeit beenden oder beschränken kann, ist M auch von den Weisungen der Q-OHG abhängig. Mithin ist M Verrichtungsgehilfe der Q-OHG i.S.d. § 831 I 1 BGB.

II. Unerlaubte Handlung
Zudem müsste M nach § 831 I BGB auch eine rechtswidrige unerlaubte Handlung begangen haben. Vorliegend könnte M eine unerlaubte Handlung gemäß § 823 I BGB begangen haben.

1. Rechtsgutsverletzung
Hierfür müsste zunächst eines der in § 823 I BGB genannten Rechtsgüter des T verletzt worden sein. Hier führte das Eindringen des Regenwassers dazu, dass das Parkett sowie der Fernseher des T beschädigt wurden. Mithin wurde das Eigentum des T an Parkett und Fernseher verletzt. Eine Rechtsgutsverletzung i.S.d. § 823 I BGB liegt somit vor.

2. Verletzungshandlung
Weiterhin müsste M eine Verletzungshandlung vorgenommen haben. Hier ist M bei der Anpassung des Dachstuhls ein Fehler unterlaufen, so dass das Dach nicht die notwendige Neigung aufwies und das Reetdach derart durchfeuchtet wurde, dass Regen in das Ferienhaus eindringen konnte. Eine Verletzungshandlung liegt mithin vor.

3. Haftungsbegründende Kausalität
Zudem war die Verletzungshandlung des M auch adäquat-kausal für die bei T eingetretene Rechtsverletzung.

4. Rechtswidrigkeit
Mangels eingreifender Rechtsfertigungsgründe handelte M auch rechtswidrig.

5. Ergebnis
Folglich hat M rechtswidrig eine unerlaubte Handlung gemäß § 823 I BGB begangen.

III. In Ausführung der Verrichtung
M hat die unerlaubte Handlung zudem auch in Ausführung der Verrichtung begangen.

IV. Verschulden der Q-OHG
Weiterhin müsste die Q-OHG auch ein Auswahl- bzw. Kontrollverschulden treffen, vgl. 831 I BGB. Dieses Verschulden wird grundsätzlich vermutet. Der Geschäftsherr hat jedoch nach § 831 I 2 BGB die Möglichkeit, sich zu exkulpieren. Vorliegend hat eine solche Exkulpation durch die Q-OHG allerdings nicht stattgefunden. Mithin trifft die Q-OHG ein Auswahl- bzw. Kontrollverschulden i.S.d. § 831 I BGB.

V. Rechtsfolge: §§ 249 ff. BGB
Mithin hat die Q-OHG die T an Parkett und Fernseher entstandenen Schäden i.H.v. 9.800 Euro gemäß § 249 II 1 BGB zu ersetzen.

VI. Ergebnis
Folglich hat T gegen die Q-OHG einen Anspruch auf Schadensersatz i.H.v. 9.800 Euro aus § 831 I BGB.