Fall: Das Rauchverbot
Der Bierwirt B betreibt in Hamburg-Pöseldorf seit Jahrzehnten den „Bierkrug“, eine kleine Gaststätte, die wirtschaftlich, ob der Lage, hervorragend läuft. Das Lokal wird bislang ganz überwiegend von Stammgästen besucht, rund 70 % von ihnen sind Raucher. Es besteht aus lediglich einem Gastraum, dessen Grundfläche einschließlich des Thekenbereichs 65 m² umfasst. Eine Aufteilung dieses Gastraums in verschiedene Räume ist aus baulichen Gründen nicht möglich. In der Gaststätte werden ausschließlich Getränke ausgeschenkt. Der B verfügt über kein fest angestelltes Personal, es werden allerdings zwischen sieben und zwölf Personen als studentische Aushilfen (rekrutiert an der nahegelegenen Uni) beschäftigt.
Im Juli 2014 wurde in Hamburg das (fiktive) Landesnichtraucherschutzgesetz (HmbNRSG) erlassen. § 1 HmbNRSG lautet:
(1) In Gaststätten ist das Rauchen untersagt, (..). Satz 1 gilt nicht für Bier-, Wein- und
Festzelte sowie die Außengastronomie und die im Reisegewerbe betriebenen
Gaststätten.
(2) Abweichend von Absatz 1 ist das Rauchen in vollständig abgetrennten Nebenräumen
zulässig, wenn und soweit diese Räume in deutlich erkennbarer Weise als
Raucherräume gekennzeichnet sind und die Belange des Nichtraucherschutzes dadurch
nicht beeinträchtigt werden. Satz 1 gilt nicht für Diskotheken.
Die Gaststättenbetreiber sind gemäß § 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 HmbNRSG für die Einhaltung des Rauchverbots in ihrer Gaststätte verantwortlich. Soweit ihnen Verstöße gegen das Rauchverbot in ihrer Gaststätte bekannt werden, haben sie die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um weitere Verstöße zu verhindern. Ein Verstoß gegen diese Pflicht ist indes nicht als Ordnungswidrigkeit sanktioniert. Ordnungswidrig handelt nach dem HmbNRSG nur, wer entgegen § 1 HmbNRSG in einer Gaststätte raucht.
Zur Begründung für das HmbNRSG gab die Landesregierung als Ziel des Gesetzes an, dass ein umfassender Schutz der Bevölkerung (insb. auch von Kindern und Jugendlichen) vor den Gefahren des Passivrauchens erreicht werden solle. Dazu sollten Gaststätten grundsätzlich rauchfrei gemacht werden. Nicht das Ziel des Gesetzes sei es, das Rauchen an sich zu verbieten. Ausnahmen für Raucher seien vertretbar, sofern die Belange des Nichtraucherschutzes dadurch nicht beeinträchtigt würden. In einem abgetrennten Raum, der nur die Funktion eines Raucherraums habe und daher freiwillig aufgesucht werden könne, bestehe die Problematik des Nichtraucherschutzes nicht. Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern, die bereits Rauchverbote für Gaststätten erlassen hätten, zeigten auch, dass zumindest mittelfristig keine Umsatzeinbußen in der Gastronomie eingetreten seien. Sollten die Umsätze dennoch zurückgehen, so müsse dies im Interesse des Gesundheitsschutzes hingenommen werden. Bei Raucherräumen dürfte es sich nur um Nebenräume handeln, neben dem Raucherraum müsse mindestens ein weiterer Gastraum für Nichtraucher vorhanden sein. Das vollständige (ausnahmslose) Rauchverbot für Diskotheken diene vor allem dem Schutz der Jugendlichen vor den Gefahren des Passivrauchens. Die Schadstoffkonzentration sei gerade in Diskotheken besonders hoch. Die durch das Tanzen in Diskotheken anzutreffende gesteigerte körperliche Aktivität der Gäste führe zu verstärkter Inhalation der schadstoffhaltigen Innenraumluft. Im Übrigen sei das ausnahmslose Rauchverbot in Diskotheken auch notwendig, weil bei Jugendlichen Nachahm- und Nachfolgeeffekte gerade auch im Umfeld von Diskotheken eine große Rolle spielten.
Der B ist dagegen der Ansicht, § 1 HmbNRSG schränke sein Hausrecht in unzulässiger Weise ein, insbesondere weil nun er verpflichtet sei, seinen Betrieb als Nichtraucherlokal zu betreiben und er Rauchern das Rauchen untersagen müsse. In seinem Fall, aber auch für andere Einraumkneipen, wirke sich das Rauchverbot faktisch als Berufszulassungsregel aus, da eine Abtrennung eines Raucherraums nicht möglich sei und der Betrieb einer Eckkneipe, wo nicht geraucht werden kann, unrentabel sei.
Die D, die Freundin des B, betreibt in Hamburg eine sog. Großraumdiskothek. Sie ist ebenfalls gegen das HmbNRSG und trägt vor, das absolute Rauchverbot für Diskotheken sei rechtswidrig. Sie sei ohne weiteres räumlich und tatsächlich jederzeit in der Lage, den rauchenden Gästen eigene Räume anzubieten. Daran dies zum Schutz der Nichtraucher zu tun, werde sie durch § 1 II HmbNRSG gehindert. Seit der Einführung des Rauchverbots sei der Umsatz um ca. 7 % zurückgegangen. Dies sei darauf zurückzuführen, dass etwa 50% der Gäste Raucher seien und seltener kämen bzw. kürzer blieben.
B und D erheben Verfassungsbeschwerde. Sind diese begründet?
Im Juli 2014 wurde in Hamburg das (fiktive) Landesnichtraucherschutzgesetz (HmbNRSG) erlassen. § 1 HmbNRSG lautet:
(1) In Gaststätten ist das Rauchen untersagt, (..). Satz 1 gilt nicht für Bier-, Wein- und
Festzelte sowie die Außengastronomie und die im Reisegewerbe betriebenen
Gaststätten.
(2) Abweichend von Absatz 1 ist das Rauchen in vollständig abgetrennten Nebenräumen
zulässig, wenn und soweit diese Räume in deutlich erkennbarer Weise als
Raucherräume gekennzeichnet sind und die Belange des Nichtraucherschutzes dadurch
nicht beeinträchtigt werden. Satz 1 gilt nicht für Diskotheken.
Die Gaststättenbetreiber sind gemäß § 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 HmbNRSG für die Einhaltung des Rauchverbots in ihrer Gaststätte verantwortlich. Soweit ihnen Verstöße gegen das Rauchverbot in ihrer Gaststätte bekannt werden, haben sie die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um weitere Verstöße zu verhindern. Ein Verstoß gegen diese Pflicht ist indes nicht als Ordnungswidrigkeit sanktioniert. Ordnungswidrig handelt nach dem HmbNRSG nur, wer entgegen § 1 HmbNRSG in einer Gaststätte raucht.
Zur Begründung für das HmbNRSG gab die Landesregierung als Ziel des Gesetzes an, dass ein umfassender Schutz der Bevölkerung (insb. auch von Kindern und Jugendlichen) vor den Gefahren des Passivrauchens erreicht werden solle. Dazu sollten Gaststätten grundsätzlich rauchfrei gemacht werden. Nicht das Ziel des Gesetzes sei es, das Rauchen an sich zu verbieten. Ausnahmen für Raucher seien vertretbar, sofern die Belange des Nichtraucherschutzes dadurch nicht beeinträchtigt würden. In einem abgetrennten Raum, der nur die Funktion eines Raucherraums habe und daher freiwillig aufgesucht werden könne, bestehe die Problematik des Nichtraucherschutzes nicht. Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern, die bereits Rauchverbote für Gaststätten erlassen hätten, zeigten auch, dass zumindest mittelfristig keine Umsatzeinbußen in der Gastronomie eingetreten seien. Sollten die Umsätze dennoch zurückgehen, so müsse dies im Interesse des Gesundheitsschutzes hingenommen werden. Bei Raucherräumen dürfte es sich nur um Nebenräume handeln, neben dem Raucherraum müsse mindestens ein weiterer Gastraum für Nichtraucher vorhanden sein. Das vollständige (ausnahmslose) Rauchverbot für Diskotheken diene vor allem dem Schutz der Jugendlichen vor den Gefahren des Passivrauchens. Die Schadstoffkonzentration sei gerade in Diskotheken besonders hoch. Die durch das Tanzen in Diskotheken anzutreffende gesteigerte körperliche Aktivität der Gäste führe zu verstärkter Inhalation der schadstoffhaltigen Innenraumluft. Im Übrigen sei das ausnahmslose Rauchverbot in Diskotheken auch notwendig, weil bei Jugendlichen Nachahm- und Nachfolgeeffekte gerade auch im Umfeld von Diskotheken eine große Rolle spielten.
Der B ist dagegen der Ansicht, § 1 HmbNRSG schränke sein Hausrecht in unzulässiger Weise ein, insbesondere weil nun er verpflichtet sei, seinen Betrieb als Nichtraucherlokal zu betreiben und er Rauchern das Rauchen untersagen müsse. In seinem Fall, aber auch für andere Einraumkneipen, wirke sich das Rauchverbot faktisch als Berufszulassungsregel aus, da eine Abtrennung eines Raucherraums nicht möglich sei und der Betrieb einer Eckkneipe, wo nicht geraucht werden kann, unrentabel sei.
Die D, die Freundin des B, betreibt in Hamburg eine sog. Großraumdiskothek. Sie ist ebenfalls gegen das HmbNRSG und trägt vor, das absolute Rauchverbot für Diskotheken sei rechtswidrig. Sie sei ohne weiteres räumlich und tatsächlich jederzeit in der Lage, den rauchenden Gästen eigene Räume anzubieten. Daran dies zum Schutz der Nichtraucher zu tun, werde sie durch § 1 II HmbNRSG gehindert. Seit der Einführung des Rauchverbots sei der Umsatz um ca. 7 % zurückgegangen. Dies sei darauf zurückzuführen, dass etwa 50% der Gäste Raucher seien und seltener kämen bzw. kürzer blieben.
B und D erheben Verfassungsbeschwerde. Sind diese begründet?
Die Verfassungsbeschwerden von B und D sind begründet, soweit sie durch die angegriffene Regelung des § 1 HmbNRSG in ihren Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten verletzt sind (vgl. i.S.d. Art. 93 I Nr. 4a GG i.V.m. § 90 I BVerfGG).
A. Verfassungsbeschwerde des B
Hinsichtlich der Verfassungsbeschwerde des B kommen Verletzungen von Art. 12 I GG (Berufsfreiheit) und Art. 14 I GG (Eigentumsgarantie) in Betracht.
I. Verletzung des Art. 12 I GG
B könnte durch das grundsätzliche Rauchverbot in Gaststätten § 1 I 1 HmbNRSG in seinem Grundrecht auf freie Berufsausübung, mithin in Art. 12 I 1 GG, verletzt sein. Dazu müsste die Regelung des § 1 I 1 HmbNRSG dem Schutzbereich von Art 12 I GG unterfallen und einen verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigten Eingriff darstellen.
1. Schutzbereich betroffen
Zunächst müsste der Schutzbereich des Art. 12 I GG betroffen sein.
a) Persönlicher Schutzbereich
In persönlicher Hinsicht ist Art. 12 I 1 GG ein Deutschen-Grundrecht. Es schützt daher alle Deutschen. Mangels gegenteiliger Angaben ist davon auszugehen, dass der B Deutscher ist.
b) Sachlicher Schutzbereich
In sachlicher schützt Art. 12 I GG die Freiheit der Berufswahl und der Berufsausübung. Beruf in diesem Sinne ist jede auf Dauer angelegte, mit Gewinnerzielungsabsicht betriebene Tätigkeit, die nicht von vornherein auf Gemeinschädlichkeit angelegt ist. Hierzu gehört auch der Betrieb einer Eck- bzw. Einraumkneipe.
2. Eingriff
Ferner müsste ein Eingriff in den Schutzbereich vorliegen. Dieses ist nach dem sog. modernen Eingriffsbegriffs der Fall, wenn eine Verkürzung des Schutzbereichs vorliegt. Problematisch ist hier, dass sich das Rauchverbot primär an die Gäste (diesen ist es verboten zu rauchen) und nicht den Gastwirt richtet. Dabei ist aber zu beachten, dass die Freiheit der Berufsausübung durch Art. 12 I GG umfassend geschützt wird. Der durch Art. 12 I GG gewährte Schutz erstreckt sich auch auf das Recht, Art und Qualität der am Markt angebotenen Güter und Leistungen selbst festzulegen und damit den Kreis der angesprochenen Interessenten selbst auszuwählen. Unter diesem Gesichtspunkt beeinträchtigt das Rauchverbot die freie Berufsausübung der Gastwirte, so dass das Rauchverbot aus § 1 I 1 HmbNRSG einen Eingriff in Art. 12 I GG darstellt.
3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
Der Eingriff müsste verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein.
a) Bestimmung der Schranke
Art. 12 I GG unterliegt einem einfachen Gesetzesvorbehalt, vgl. Art. 12 I 2 GG.
b) Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgrundlage (des eingreifenden Gesetzes)
Das eingreifende Gesetz, hier § 1 I 1 HmbNRSG, müsste auch in formeller und
materieller Hinsicht verfassungsgemäß sein.
aa) Formelle Verfassungsmäßigkeit
Zunächst müsste § 1 I 1 HmbNRSG formell verfassungsgemäß sein, das heißt, Zuständigkeit, Verfahren und Form müssten bei Erlass des Gesetzes gewahrt worden sein. Hier ist allein die Zuständigkeit der Hamburger Bürgerschaft für den Erlass des Gesetzes fraglich (Gesetzgebungskompetenz).
Grundsätzlich sind die Länder für den Erlass von Gesetzen zuständig, Art. 70 GG, es sei denn es besteht eine Ausnahme im Sinne der Art. 71 ff. GG. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor: Ob der Bund aufgrund einer Regelungsmaterie der konkurrierenden Gesetzgebung (Art. 74 GG) ein Rauchverbot für Gaststätten anordnen könnte, muss hier nicht entschieden werden, denn von solch etwaigen Zuständigkeit hat der Bund keinen oder zumindest keinen umfassenden Gebrauch gemacht, so dass die Sperrwirkung des Art. 72 I GG landesgesetzlichen Bestimmungen hier nicht entgegensteht.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 74 I Nr. 12 GG. Zwar hat der Bund auf der Grundlage seiner Gesetzgebungskompetenz für den Arbeitsschutz (Art. 74 I Nr. 12 GG) mit den Vorschriften über den Erlass betrieblicher Rauchverbote in § 5 der Verordnung über Arbeitsstätten (ArbStättV) Regelungen zum Schutz der nicht rauchenden Beschäftigten (vgl. § 5 I 1 ArbStättV) getroffen, nicht aber auch - wie dies beim HmbNRSG der Fall ist - mit dem Ziel des Schutzes der Bevölkerung insgesamt und damit insbesondere der Besucher von Gaststätten vor Gesundheitsgefährdungen durch Passivrauchen.
Damit bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Gesetzgebungskompetenz der Hamburger Bürgerschaft für das HmbNRSG, so dass gegen dessen formelle Verfassungsmäßigkeit insgesamt keine Bedenken bestehen.
bb) Materielle Verfassungsmäßigkeit
§ 1 I 1 HmbNRSG müsste überdies auch materiell verfassungsgemäß sein.
(1) Verhältnismäßigkeit
§ 1 I 1 HmbNRSG müsste auch das aus Art. 20 III GG folgende Gebot der
Verhältnismäßigkeit beachten. Das heißt, § 1 I 1 HmbNRSG müsste einen legitimen Zweck verfolgen, geeignet, erforderlich und angemessen sein.
(a) Legitimer Zweck
Das Gesetz müsste einen legitimen Zweck verfolgen. Die Gesetzesbegründung nennt als Ziel den Schutz der Bevölkerung vor den Gesundheitsgefahren durch Passivrauchen. Der Schutz der Bevölkerung vor Gesundheitsgefahren zählt zu den überragend wichtigen Gemeinschaftsgütern, so dass § 1 I 1 HmbNRSG einen legitimen Zweck verfolgt.
(b) Geeignetheit
§ 1 I 1 HmbNRSG müsste zudem auch geeignet, das heißt, dem Zweck förderlich, sein, wobei die Möglichkeit der Förderlichkeit bereits genügt. Das Rauchverbot in Gaststätten trägt zu einer Verminderung der Tabakrauchexposition der Gäste bei und reduziert damit das Ausmaß des Passivrauchens und damit zugleich die mit ihm verbundenen Gesundheitsrisiken. Damit ist das Rauchverbot dem Zweck des Schutzes der Bevölkerung vor Gesundheitsgefahren durch Passivrauchen förderlich. Es ist mithin geeignet.
(c) Erforderlichkeit
Das Rauchverbot müsste zur Erreichung des Zwecks zudem erforderlich sein, das heißt, es dürfte kein milderes, zur Zweckerreichung gleich geeignetes Mittel geben. Milder wäre insofern beispielsweise eine Selbstverpflichtung der Gaststätten, für Nichtraucher eine ausreichende Zahl an rauchfreien Plätzen zur Verfügung zu stellen.
Fraglich ist aber, ob dieses Vorgehen auch gleich geeignet wäre. Insoweit ist zu beachten, dass eine entsprechende Selbstverpflichtung des Gaststätten- und Hotelverbandes in der Vergangenheit bereits abgegeben, aber nicht im zugesicherten Maße umgesetzt wurde. Insofern bestehen jedenfalls berechtigte Zweifel daran, dass eine nochmalige Selbstverpflichtung des Hotel- und Gaststättenverbandes zuverlässig zu einer Zurverfügungstellung einer ausreichenden Anzahl an rauchfreien Plätzen führen würde. Bei der diesbezüglichen Einschätzung steht dem Gesetzgeber ein Beurteilungsspielraum zu, dessen Grenzen hier jedenfalls mit der Annahme dass eine Selbstverpflichtung nicht ausreicht, nicht überschritten ist. Damit sind Selbstverpflichtungen hier nicht als gleich geeignet anzusehen. Ferner wäre milder, den Gastwirten die freie Entscheidung darüber zu belassen, ob sie ein Raucher- oder Nichtraucherlokal führen wollen. Auch insoweit liegt allerdings die Annahme nahe, dass die überwiegende Zahl der Gaststättenbetreiber mit Rücksicht auf ihre geschäftlichen Interessen nicht bereit sein wird, die Attraktivität ihres Lokals für rauchende Gäste zu schmälern. Bezüglich dieser Einschätzung steht dem Gesetzgeber wiederum eine Einschätzungsprärogative zu. Auch insoweit ist der dem Gesetzgeber dadurch eingeräumte Beurteilungsspielraum hier nicht überschritten, so dass auch insofern nicht von einer gleichen Eignung auszugehen ist. § 1 I 1 HmbNRSG Ist damit auch erforderlich.
(d) Angemessenheit
§ 1 I 1 HmbNRSG müsste weiterhin auch angemessen sein. für die Angemessenheit
eines Eingriffs in Art. 12 I GG geht nach dem Bundesverfassungsgericht die sog. Drei-Stufen-Theorie. Nach dieser Theorie sind die Anforderungen an die verfassungs-rechtliche Rechtfertigung umso höher, je höher die Intensität des Eingriffs ist.
Insoweit werden drei Stufen unterschieden: Auf der ersten Stufe stehen die sog. Berufsausübungsregelungen. Dies sind Regelungen, die lediglich das “Wie” der Berufstätigkeit betreffen. Sie sind gerechtfertigt, wenn für sie vernünftige Gründe des Gemeinwohls gegeben sind. Auf der zweiten Stufe stehen die sog. subjektiven Berufswahlregelungen. Sie betreffen das “Ob” der Berufstätigkeit und knüpfen dabei an personenbezogene (subjektive) Merkmale an. Berufswahlregelungen sind gerechtfertigt, wenn für sie wichtige Gründe des Gemeinwohls vorliegen. Die dritte Stufe betrifft die sog. objektiven Berufswahlregelungen, also solche, die personenunabhängig sind, wie etwa eine Kontingentregelung. Sie sind nur durch überragend wichtige Gemeinwohlbelange zu rechtfertigen.
(1) Bestimmung der Stufe
Fraglich ist, welcher Stufe das Rauchverbot zuzuordnen ist. Das Rauchverbot verbietet nicht den Betrieb von Gaststätten schlechthin, sondern ordnet nur an, dass in den Gaststätten nicht geraucht werden darf. Es liegt daher nahe anzunehmen, dass es sich bei dem Rauchverbot um eine Berufsausübungsregel handelt (so auch das BVerfG), für die vernünftige Gründe des Gemeinwohls als Rechtfertigung genügen (s.o.). Vor dem Hintergrund, dass das Rauchverbot für die Betreiber von Gaststätten eine erhebliche Beschränkung darstellt, die unter Umständen auch dazu führen kann, dass eine Gaststätte schließen muss, ist aber auch denkbar, eine objektive Zulassungsvoraussetzung anzunehmen, für die es des Vorliegens überragend wichtiger Gründe des Gemeinwohls bedürfte (s.o.). Da beide Ansichten zu unterschiedlichen Anforderungen führen, bedürfte es grundsätzlich eines Streitentscheids. Dieser ist hier jedoch entbehrlich, da § 1 I 1 HmbNRSG auch die Anforderungen an eine objektive Zulassungsvoraussetzung erfüllt, da der Schutz der Gesundheit ein überragend wichtiges Gemeingut ist. Dies gilt einmal für den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung, dem in der Werteordnung des Grundgesetzes ein hohes Gewicht zukommt. Daher kann aus Art. 2 II GG eine Schutzpflicht des Staates folgen, die eine Risikovorsorge gegen Gesundheitsgefährdungen umfasst. Dabei ist, vor dem Hintergrund der Zahl der Todesfälle, die sich nach wissenschaftlichen Erkenntnissen auf Erkrankungen durch Passivrauchen zurückführen lassen, zudem auch der Schutz des menschlichen Lebens betroffen, der auch insoweit eine Schutzpflicht des Staates begründet und ihm gebietet, sich schützend und fördernd vor das Leben jedes Einzelnen zu stellen.
Die (bloße) Annahme einer beträchtlichen Gefährdung dieser Rechtsgüter begegnet dabei auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, weil sich der Gesetzgeber insoweit der in der Wissenschaft vorherrschenden Einschätzung anschließen kann, wonach Tabakrauch auch bereits in geringsten Mengen wegen der enthaltenen gesundheitsschädlichen Stoffe gesundheitsgefährdend sei.
(2) Vorliegen der Rechtfertigungsanforderungen
Liegt damit grundsätzlich ein überragend wichtiger Allgemeinwohlgrund vor, so muss dieser auch im vorliegenden Fall die Berufsausübungsfreiheit überwiegen.
(a) Grundsätzliches Überwiegen des Gesundheitsschutzes
Insoweit ist festzustellen, dass das Interesse der Gaststättenbetreiber an
dem Betrieb ihrer Gaststätte zur Erwirtschaftung des Lebensunterhalts ein bedeutsames Gut ist, das aber hinter dem noch höher zu bewertenden Schutz der körperlichen Unversehrtheit und dem Schutz des Lebens auch im konkreten Einzelfall grundsätzlich zurückstehen muss (Daher hält das Bundeserfassungsgericht auch generelles ein „absolutes“ Rauchverbot in Kneipen für zulässig.).
Dabei ist aber zu beachten, dass bei der Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren auch im konkreten Einzelfall gewahrt bleiben muss. Dies führt bei widerstreitenden grundrechtlichen Interessen dazu, dass es nicht zu einem gänzlichen Überwiegend eines Interesses kommen muss (es muss also nicht zwingend eine „1 oder 0 - Entscheidung ergehen“), vielmehr sind in aller Regel die widerstreitenden Interessen - jeweils - so gut es geht, zur Geltung zu bringen (Grundsatz der praktischen Konkordanz). Die widerstreitenden Interessen sind also, soweit möglich, im Wege eines Ausgleichs miteinander abzuwägen.
(b) Ausnahme für Einraumkneipen?
Fraglich ist, wie sich dies auf Einraumkneipen auswirkt, denen mangels Umbaumöglichkeiten und angesichts einer regelmäßig besonders hohen Anzahl von Rauchern unter den Gästen besonders gravierende Nachteile drohen könnten. Auch insoweit geht das BVerfG vom grundsätzlichen Vorrang des Gesundheitsschutzes aus, wenn sich der Gesetzgeber für ein absolutes“ Rauchverbot entscheidet (s.o.). Dahinter müssten dann die Interessen der Betreiber als gegenüber dem Gesundheitsschutz nachrangige Interessen zurücktreten. Auch die Beeinträchtigung der Verhaltensfreiheit der Raucher, die sich insoweit auf Art. 2 Abs. 1 GG berufen können, ist wegen der herausragenden Bedeutung des mit dem Rauchverbot verfolgten Schutzziels nicht unangemessen. Dies insbesondere, da den Rauchern die Möglichkeit bleibt, eine Gaststätte zum Rauchen vorübergehend zu verlassen. Dies zugrunde gelegt, wäre ein vollumfängliches (absolutes) Rauchverbot auch in Einraum-kneipen verfassungsgemäß, so dass eine Verfassungsbeschwerde dagegen grundsätzlich unbegründet ist.
Vorliegend besteht aber die Besonderheit, dass das Rauchverbot nicht für alle Gaststättenbetriebe gilt, sondern über § 1 I 2, II HmbNRSG bestimmte Betriebe oder Bereiche (Raucherräume) ausnimmt. Demgegenüber sind Einraumgaststätten aber weder vom Rauchverbot ausgenommen, noch besteht dort baulich die Möglichkeit, Raucherräume einzurichten. Insoweit ist zu beachten, dass der Gesetzgeber hier für den Schutz vor den Gefährdungen durch Passivrauchen eine Konzeption gewählt hat, bei der den Belangen der Gaststättenbetreiber und der Raucher ein stärkeres Gewicht beigelegt wurde und mit Rücksicht hierauf das Ziel des Gesundheitsschutzes relativiert wurde und damit teilweise zurückgenommen ist. An die damit verbundene Entscheidung, mit welcher Intensität er den Nichtraucherschutz im Konflikt mit den Belangen der Gaststättenbetreiber und der Raucher verfolgen will, bleibt der Gesetzgeber auch dann gebunden, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Zumutbarkeit des Rauchverbots für die Betreiber kleinerer Einraumgaststätten zu beurteilen ist.
Das bedeutet: Hat sich der Gesetzgeber aufgrund des ihm zukommenden Spielraums zu einer bestimmten Einschätzung des Gefahrenpotenzials entschlossen, auf dieser Grundlage die betroffenen Interessen bewertet und ein Regelungskonzept gewählt, so muss er diese Entscheidung auch konsequent weiterverfolgen. Gefahreinschätzungen sind nicht schlüssig, wenn identischen Gefährdungen in demselben Gesetz unterschiedliches Gewicht beigemessen wird. Hat hiernach die Hamburger Bürgerschaft durch weitreichende Ausnahmevorschriften die Bedeutung des von ihnen verfolgten legitimen Ziels des Gesundheitsschutzes relativiert, indem er insbesondere die Berücksichtigung der Interessen der Gaststättenbetreiber vornimmt. So erlangen die spezifischen Auswirkungen des Rauchverbots für die Kleingastronomie im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung ein stärkeres Gewicht (vgl. BVerfGE 121, 317)
Dabei ist zu beachten, dass Einraumkneipen überwiegend von Stammgästen, unter denen sich wiederum eine vergleichsweise große Zahl von Rauchern befindet, frequentiert werden. Da die Betreiber solcher Gaststätten aufgrund der begrenzten räumlichen Kapazitäten regelmäßig keine Raucherräume anbieten können, verlieren ihre Lokale für den von ihnen vorwiegend angesprochenen Kundenkreis der rauchenden Gäste erheblich an Attraktivität. Es ist daher zu erwarten, dass zahlreiche Gäste solche Gaststätten, bei denen sie ihren Aufenthalt nicht mit Tabakrauchen verbinden können, entweder nicht mehr aufsuchen oder aber die Dauer ihres Besuchs deutlich verkürzen werden.
Da aber andere Lokale baulich die Möglichkeit haben, nach § 1 II HmbNRSG einen gesonderten Raucherraum einzurichten, steht zu erwarten, dass durch die Regelung des § 1 HmbNRSG in der Gesamtschau eine - vom Schutzzweck nicht gedeckte - Benachteiligung gerade der Einraumgaststätten entsteht, insbesondere da es auch wahrscheinlich erscheint, dass Raucher dann anstatt in Einraumkneipen zu gehen, wo sie nicht rauchen können, in andere Lokale gehen werden, wo es einen Extraraum gibt, oder dies sonst erlaubt ist (vgl. § 1 I 2 HmbNRSG). Gemessen an den dargelegten Einschätzungs-, Wertungs- Gestaltungsentscheidungen, die der Konzeption des Nichtraucherschutzes zugrunde liegen, ist es den Gastwirten der Kleingastronomie nicht zuzumuten, diese besonderen Belastungen, die für sie durch das Rauchverbot geschaffen werden, hinzunehmen.
Es ist daher festzustellen, dass darin, dass Einraumgaststätten im Unterschied zu anderen Gaststätten nicht vom Rauchverbot des § 1 I 1 HmbNRSG ausgenommen wurden, ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Berufsausübung der Betreiber von Kleingastronomien liegt. Der Eingriff in Art. 12 I 1 GG durch § 1 I 1 HmbNRSG ist daher nicht gerechtfertigt. Der B ist durch § 1 I 1 HmbNRSG in Art. 12 I GG verletzt. Seine Verfassungsbeschwerde ist schon von daher begründet.
II. Verletzung des Art. 14 I GG
In Betracht kommt auch ein Verstoß gegen Art. 14 I GG. Dazu müsste wiederum ein
nicht gerechtfertigter Eingriff in dessen Schutzbereich vorliegen.
1. Schutzbereich
Zunächst müsste der Schutzbereich von Art. 14 I GG durch das Nichtraucher-
schutzgesetz betroffen sein. Art. 14 I GG schützt das Eigentum. Eigentum ist die Summe aller vermögenswerten Positionen, die dem Einzelnen durch die Rechtsordnung zugewiesen sind und diesem eine private Nutzungs- und Verfügungsbefugnis einräumen. In Abgrenzung zu Art. 12 I GG schützt Art. 14 I GG nicht den Erwerb, sondern das Erworbene. Erst in der Zukunft zu erwartende Umsätze beziehungsweise Umsatzeinbußen unterfallen nicht dem (bereits) Erworbenen.
2. Zwischenergebnis
B ist durch § 1 I 1 HmbNRSG nicht in Art. 14 I GG verletzt.
III. Ergebnis
Die Verfassungsbeschwerde des B ist aufgrund des Verstoßes des § 1 I 1 HmbNRSG gegen Art. 12 I GG begründet.
B. Verfassungsbeschwerde der D
Hinsichtlich der Verfassungsbeschwerde der D kommen Verletzungen von Art. 12 I GG (Berufsfreiheit), Art. 14 I GG (Eigentumsgarantie) sowie Art. 3 I (Gleichheitsgrundsatz) in Betracht.
I. Verletzung des Art. 12 I GG
Grundsätzlich kommt hinsichtlich § 1 I 1 HmbNRSG auch eine Verletzung von Art. 12 I GG in Betracht. Für solche besteht ein absolutes Rauchverbot, wie sich aus § 1 II 2 HmbNRSG i.V.m. § 1 I 1 HmbNRSG ergibt. Insoweit liegt, wie auch bei Einraumkneipen ein Eingriff in den Schutzbereich von Art. 12 I GG vor. Anders als bei Einraumkneipen ist dieser aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt, da Großraumdiskotheken jedenfalls nach der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers durch die zu erwartenden Umsatzrück-
gänge, anders als Einraumgaststätten nicht zwingend in ihrer Existenz gefährdet sind (z.B. durch veränderte Angebote oder Außenbereiche zum Rauchen etc.). Der Eingriff in Art. 12 GG ist damit verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
II. Verletzung des Art. 14 I GG
Ebenso wenig kommt hier, aus den bereits bezüglich B dargelegten Gründen, eine
Verletzung von Art. 14 GG in Betracht.
III. Verletzung des Art. 3 I GG
D könnte aber dadurch, dass in Diskotheken im Gegensatz zu anderen Gaststättengewerben
ein absolutes Rauchverbot gilt, in ihrem Grundrecht aus Art. 3 I GG verletzt sein.
1. Vergleichspaar
Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG kommt nur in Betracht, wenn vergleichbare Sachverhalte ungleich behandelt werden. Dazu müssten zunächst überhaupt zwei vergleichbare Sachverhalte gegeben sein, es müsste sich also ein Vergleichspaar bilden lassen. Hier ist die D im Gaststättengewerbe tätig, ebenso wie alle anderen Gaststätten, für die aber hinsichtlich des Rauchverbots Ausnahmen vorgesehen sind. Das Merkmal des Gaststättenbetriebs ist also beiden Gruppen gemeinsam. Insoweit lässt sich eine Vergleichsgruppe der Gaststättenbetreiber bilden. Zu dieser Vergleichsgruppe gehören - als Vergleichspaar - einerseits Diskotheken (absolutes Rauchverbot) und andererseits andere Gastronomiebetriebe (grundsätzliches Rauchverbot mit Ausnahmeregelungen oder Befreiungen für Betriebe im Sinne des § 1 I 2 HmbNRSG).
2. Ungleichbehandlung
Die beiden Gruppen des Vergleichspaars müssten ferner ungleich behandelt werden. Diese Ungleichbehandlung muss gerade aus dem angegriffenen Gesetz, hier also aus § 1 II 2 HmbNRSG resultieren. Nach dem Wortlaut der Vorschrift betrifft diese nur „Diskotheken“. Sie gilt damit nicht für andere Gastronomieformen. Damit liegt eine Ungleichbehandlung der beiden Gruppen vor.
3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
Die Ungleichbehandlung müsste verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein. Dies ist grundsätzlich der Fall, wenn die Verfassungsmäßigkeit des Zwecks und die Verfassungsmäßigkeit des Mittels, gegeben sind. Zusätzlich muss nach der sog. „neuen Formel“ im Falle einer hohen Belastungsintensität auch die Zweck-Mittel-Relation gewahrt sein.
a) Verfassungsmäßigkeit des Zwecks
Das Gesetz müsste zunächst einen verfassungsmäßig legitimen Zweck verfolgen. Nach der Gesetzesbegründung verfolgt das Nichtraucherschutzgesetz mit dem ausnahmslosen Rauchverbot für Diskotheken vor allem den Schutz der Jugendlichen vor den Gefahren des Passivrauchens. Damit verfolgt es einen legitimen, verfassungsmäßigen Zweck (s.o.).
b) Verfassungsmäßigkeit des Mittels
Ferner müsste das zur Zweckerreichung eingesetzte Mittel verfassungsmäßig sein.
Gegen ein Rauchverbot, insbesondere gegen ein absolutes, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (s.o.).
c) Verfassungsmäßigkeit der Zweck-Mittel-Relation (Verhältnismäßigkeit)
Fraglich ist, ob es überdies hier auch einer Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Zweck-Mittel-Relation (entspricht der Verhältnismäßigkeit) bedarf. Dies ist nach der sog. „neuen Formel“ des Bundesverfassungsgerichts dann der Fall, wenn eine hohe Belastungsintensität vorliegt. Diese ist wiederum indiziert, wenn an personenbezogene Merkmale angeknüpft wird, wenn zugleich Freiheitsgrundrechte betroffen sind oder wenn der Betroffene keine Einflussmöglichkeit hat.
Im vorliegenden Fall knüpft das Rauchverbot für Diskotheken allein einen Umstand des Betriebs einer Diskothek - und damit nicht unmittelbar an personenbezogene Merkmale - an. Gleichwohl ist anerkannt, dass auch dann, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar zu einer Ungleichbehandlung von Personengruppen führt, diese Ungleichbehandlung dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen muss. Dabei sind dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten, wie hier der Berufsausübungsfreiheit im Sinne des Art. 12 I GG, auswirken kann. Hier ist anzunehmen, dass sich die Differenzierung zwischen sonstigen Gaststätten und Diskotheken auf die Berufsausübungsfreiheit der Diskothekenbetreiber auswirken kann. Diese mittelbare Betroffenheit in Freiheits- grundrechten genügt hier für eine personelle Betroffenheit, so dass von daher die strengeren Anforderungen der neuen Formel an die verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Eingriffs in Art. 3 I GG anzulegen sind. Damit liegt hier in der Regelung des § 1 II 2 HmbNRSG eine hohe Belastungsintensität für die D, so dass es vorliegend auf die Verfassungsmäßigkeit der Zweck-Mittel-Relation, d.h. die Verhältnismäßigkeit des § 1 II 2 HmbNRSG, ankommt. Dass diese Vorschrift einen legitimen Zweck verfolgt, wurde bereits festgestellt (s.o.).
(1) Geeignetheit
Die Vorschrift müsste ferner auch geeignet, das heißt, dem Zweck förderlich, sein. Wie auch bei Einraumkneipen trägt das Rauchverbot in Gaststätten zu einer Verminderung der Tabakrauchexposition der Gäste bei und reduziert damit das Ausmaß des Passivrauchens und damit zugleich die mit ihm verbundenen Gesundheitsrisiken. Damit ist auch das Rauchverbot in Diskotheken dem Zweck des Schutzes der Bevölkerung vor Gesundheitsgefahren durch Passivrauchen förderlich. Es ist mithin geeignet.
(2) Erforderlichkeit
Das Rauchverbot in Diskotheken müsste zur Erreichung des Zwecks zudem erforderlich sein, das heißt, es dürfte kein milderes, zur Zweckerreichung gleich geeignetes Mittel geben. Da Selbstverpflichtungen und andere freiwillige Regelungen erfahrungsgemäß nicht den erhofften Erfolg versprechen (.so.), unterfällt es auch hier der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers, eine solche Maßnahme wie das ausnahmslose Rauchverbot in Diskotheken, für erforderlich zu halten. Es ist insoweit nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber seiner Einschätzung auf eine besonders hohe Schadstoffkonzentration in Diskotheken stützt. Aus diesem Umstand folgt aber nicht, dass wenn für andere Gaststätten Raucherräume zugelassen werden, ein genereller Ausschluss dieser Ausnahme für Diskotheken erforderlich ist. Denn wenn das Rauchen nur noch in vollständig abgetrennten Nebenräumen erlaubt ist, so entfällt das an die besondere Betriebsart anknüpfende Argument der gesteigerten Gefährlichkeit von Passivrauchen in Diskotheken (BVerfGE 121, 317).
Überdies vermag auch der Hinweis auf Nachahm- und Gruppenzwangeffekte bei Jugendlichen oder jungen Erwachsenen die unterschiedliche Behandlung von Diskotheken gegenüber anderen Gaststättenarten nicht zu rechtfertigen, denn das ausnahmslose Rauchverbot in Diskotheken ist nicht erforderlich, um Jugendliche davor zu bewahren, ihrer Clique oder einzelnen Personen in den Raucherbereich zu folgen. Um den angestrebten Schutz dieser Bevölkerungsgruppe zu erreichen, reicht es nämlich aus, wenn der Ausschluss von Raucherräumen auf solche Diskotheken beschränkt wird, zu denen Personen mit nicht vollendetem 18. Lebensjahr Zutritt haben.
Dies zugrunde gelegt, könnten die Betreiber von Diskotheken selbst entscheiden, ob sie es vorziehen, auf die Einrichtung von Raucherräumen zu verzichten oder aber den Publikumszutritt hinsichtlich des Alters zu beschränken. Eine solche Wahlmöglichkeiten für die Diskothekenbetreiber eröffnende Regelung stellt das mildere Mittel gegenüber dem generellen Ausschluss von Raucherräumen dar. Ferner ist zu beachten, dass der Gesetzgeber schon mit der allgemeinen Zulassung von Raucherräumen in Gaststätten in Kauf genommen hat, dass sich dort auch Nichtraucher aufhalten. Damit sind aber auch Nachfolgeeffekte bei Erwachsenen akzeptiert worden, die nicht in gleichheitswidriger Weise nur bei Diskotheken unterbunden werden dürfen. Selbst einem gesteigerten Nachfolgeeffekt, von dem der Gesetzgeber aufgrund des vorwiegend aus jungen Erwachsenen bestehenden Diskothekenpublikums ausgeht, kann auf weniger belastende Weise dadurch entgegengewirkt werden, dass die Attraktivität der Raucherräume reduziert wird. Hierfür kommt insbesondere die Möglichkeit in Betracht, die Einrichtung von Tanzflächen in Raucherräumen zu untersagen (vgl. BVerfGE 121, 317).
Damit ist die Regelung des § 1 II 2 HmbNRSG nicht erforderlich und damit auch nicht verhältnismäßig im weiteren Sinne.
II. Ergebnis
Die Regelung des 1 II 2 HmbNRSG verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG, so dass die Verfassungsbeschwerde der D begründet ist.
C. Endergebnis
Sowohl die Verfassungsbeschwerde des B als auch die der D sind begründet. Sie haben Aussicht auf Erfolg.