"Anwartschaftsrecht als wesensgleiches Minus zum Vollrecht"

Überblick - „Anwartschaftsrecht als wesensgleiches Minus zum Vollrecht“

Man kann das Anwartschaftsrecht als wesensgleiches Minus zum Vollrecht bezeichnen. Damit ist gemeint, dass alle Vorschriften, die für das Eigentum gelten, auch für das Anwartschaftsrecht gelten, allerdings in analoger Anwendung. Beispiel: A verkauft B ein Fahrzeug unter Eigentumsvorbehalt. B braucht Geld und nimmt daher bei C ein Darlehen auf. Weil C Sicherheiten will, übereignet der B dem C das Fahrzeug zur Sicherheit. Fraglich ist nun, ob C das Eigentum erworben hat.

I. Ursprünglich: A

Ursprünglich war A Eigentümer des Fahrzeugs.

II. Eigentumserwerb des B, § 929 S. 1 BGB

Es kommt jedoch ein Eigentumserwerb des B gemäß § 929 S. 1 BGB in Betracht. Dies setzt eine wirksame Einigung voraus. Hier war die Einigung durch die vollständige Kaufpreiszahlung bedingt. Geht man davon aus, dass B den Kaufpreis noch nicht vollständig gezahlt hat, ist die Bedingung noch nicht eingetreten, sodass es bereits an einer wirksamen Einigung mangelt.

III. Eigentumserwerb des C, §§ 929 S. 1, 930 BGB

Jedoch könnte C das Eigentum an dem Fahrzeug gemäß den §§ 929 S. 1, 930 BGB in Gestalt des Sicherungseigentums erworben haben. B war zumindest noch nicht Eigentümer und damit nicht zur Veräußerung berechtigt.

IV. §§ 929 S. 1, 930, 933 BGB

C könnte das Eigentum möglicherweise jedoch gutgläubig vom Nichtberechtigten nach den §§ 930, 933 BGB erworben haben. Dieser Eigentumserwerb scheitert allerdings an der fehlenden Übergabe, welche § 933 BGB voraussetzt.

V. Erwerb eines Anwartschaftsrecht durch C, §§ 929 S. 1, 930 BGB analog

Zuletzt könnte C jedoch ein Anwartschaftsrecht als wesensgleiches Minus zum Vollrecht erworben haben. Der Erwerb eines Anwartschaftsrechts als wesensgleiches Minus zum Vollrecht richtet sich hier nach den §§ 929 S. 1, 930 BGB analog.

1. Einigung

Dies setzt eine Einigung mit dem Inhalt voraus, dass das Anwartschaftsrecht als wesensgleiches Minus zum Vollrecht übergehen solle. Ausdrücklich haben sich C und B nur darüber geeinigt, dass das Eigentum an dem Fahrzeug übergehen solle. Wer allerdings finster entschlossen ist, das Vollrecht zu übertragen, der möchte auch das Anwartschaftsrecht als wesensgleiche Minus zum Vollrecht übertragen. Dies ergibt sich entweder aus einer Auslegung nach den §§ 133, 157 BGB oder einer Umdeutung gemäß § 140 BGB. Hier kommt somit die Sentenz – das Anwartschaftsrecht als wesensgleiches Minus zum Vollrecht – zum Tragen.

2. Übergabesurrogat

Weiterhin setzt das Anwartschaftsrecht als wesensgleiches Minus zum Vollrecht bei seinem Erwerb in diesem Fall ein Übergabesurrogat in Form eines Besitzmittlungsverhältnisses voraus. Dies wird hier auf einem zwischen B und C vereinbarten Leihvertrag oder Verwahrvertrag beruhen.

3. Einigsein

Ebenso waren sich B und C zum Zeitpunkt der Vereinbarung des Übergabesurrogats auch noch einig.

4. Berechtigung (bezüglich Anwartschaftsrecht)

Zuletzt hatte B das Anwartschaftsrecht als wesensgleiches Minus zum Vollrecht bereits erworben, sodass er zur Verfügung über das Anwartschaftsrecht berechtigt war. C hat folglich zwar nicht das Eigentum an dem Fahrzeug erworben, jedoch das Anwartschaftsrecht als wesensgleiches Minus zum Vollrecht. Wenn B schon einen Großteil des Kaufpreises gezahlt hat, dann müsste C somit nur noch den Rest des Kaufpreises zahlen. Denn dann würde das Anwartschaftsrecht beim ihm zum Vollrecht erstarken.

 

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