Anfechtungsklage, § 42 I 1. Fall VwGO
1. Examen/ÖR/Verwaltungsprozessrecht
Prüfungsschema: Anfechtungsklage, § 42 I 1. Fall VwGO
A. Zulässigkeit
I. Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges
II. Statthaftigkeit
- Die Anfechtungsklage ist stattfhaft, wenn der Kläger die Aufhebung eines VA begehrt, der sich nicht erledigt hat.
1. VA, § 35 VwVfG
2. Keine Erledigung, § 43 II VwVfG
- Abgrenzung zur Fortsetzungsfeststellungsklage, § 113 I 4 VwGO
3. Aufhebungsbegehren
- Abgrenzung zur Verpflichtungsklage, § 42 I 2. Fall VwGO
- Problem: Isolierte Anfechtbarkeit von Nebenbestimmungen
- aA: Nur Auflagen (nicht: Bedingungen) sind isoliert anfechtbar; Arg.: unterschiedliche Wirkungsweise von Bedingung und Auflage
- aA: Nur bei gebundenem HauptVA (nicht: Ermessens-HauptVA) isolierte Anfechtung möglich; Arg.: Keine Zerschlagung eines einheitlich ausgeübten Ermessens
- hM (Rspr.): Lehre von der prozessualen und materiellen Teilbarkeit: Prozessual ist alles teilbar. In materieller Hinsicht darf der HauptVA durch die Aufhebung der rechtswidrigen Nebenbestimmung nicht seinerseits rechtswidrig werden. Andernfalls Umdeutung in eine Verpflichtungsklage; Arg.: Effektiver Rechtsschutz
III. Besondere Sachurteilsvoraussetzungen
1. Klagebefugnis, § 42 II VwGO
- Der Kläger ist zu Klage befugt, wenn nach dem substantiierten Sachvortrag die Möglichkeit besteht, dass der Kläger in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt ist (Möglichkeitstheorie).
- Der Adressat eines belastenden Verwaltungsaktes ist immer möglicherweise in seiner Allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 I GG verletzt (Adressatentheorie).
- Schutznormtheorie: Durch Auslegung der Norm ist zu ermitteln, ob die Norm nur die Allgemeinheit oder auch Individualinteressen schützen will. Außerdem muss der Kläger zum geschützten Personenkreis zählen. Beispiel: § 31 II 2. Hs. BauGB („nachbarliche Interessen“)
2. Erfolgloses Vorverfahren, §§ 68 ff. VwGO
a) Erforderlichkeit
- Grundsatz: (+), § 68 I 1 VwGO
- Ausnahme: (-), § 68 I 2 VwGO
b) Form und Frist
- Grundsatz: 1 Monat ab Bekanntgabe des VA, § 70 I VwGO
- 1 Jahr bei fehlender/fehlerhafter Rechtsbehelfsbelehrung, § 58 II VwGO
- 3-Tages-Fiktion bei eingeschriebenen Brief, § 4 II 2 VwZG
- 3-Tages-Fiktion bei einfachem Brief, § 41 II VwVfG
- Verlängerung der Frist bis zum Ablauf des nächsten Werktages, wenn die Frist auf Wochenende oder einen gesetzlichen Feiertag fällt, § 222 II ZPO
- Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, §§ 70 II, 60 VwGO
- Problem: Sachentscheidung trotz Verfristung
- Grundsatz: (+), Arg.: Widerspruchsbehörde „Herrin des Vorverfahrens“
- Ausnahme: (-), bei VA mit Doppelwirkung; Arg.: Schutz des Dritten
c) Erfolglosigkeit
- Grundsatz: Widerspruchsbescheid, § 73 VwGO
- Ausnahme: „Untätigkeitsklage“, § 75 VwGO
3. Klagefrist, § 74 I VwGO
- Grundsatz: 1 Monat ab Zustellung des VA, § 74 I 1 VwGO
4. Klagegegner, § 78 I VwGO
- Grundsatz: Rechtsträger, § 78 I Nr. 1 VwGO
- Ausnahme: Behörde, § 78 I Nr. 2 VwGO, sofern das Landesrecht dies vorsieht
IV. Allgemeine Sachurteilsvoraussetzungen
B. Begründetheit
-
Die Anfechtungsklage ist begründet, soweit der VA rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, § 113 I 1 VwGO.
I. Rechtswidrigkeit des VA
II. Rechtsverletzung
- Grundsatz: bei Rechtswidrigkeit des VA indiziert
- Ausnahmen: Drittanfechtung und § 46 VwVfG