Die Drittwiderklage richtet sich gegen einen bislang am Prozess nicht beteiligten Dritten. Sie kann als parteierweiternde/streitgenössische Drittwiderklage oder als isolierte Drittwiderklage in Betracht kommen.
Der Dritte wird Partei des Rechtsstreits, kann also nicht mehr Zeuge sein.
I. Parteierweiternde/streitgenössische Drittwiderklage
Die parteierweiternde/streitgenössische Drittwiderklage richtet sich gegen den Kläger und den Dritten.
In der Urteilsklausur prüfst du zunächst die Widerklage gegen den Kläger, für die keine Besonderheiten gelten. Anschließend beschäftigst du dich mit der Drittwiderklage.
Im Rubrum bezeichnest du den
- Kläger als „Kläger/Widerbeklagter
- Beklagten als „Beklagter/Widerkläger“
- Dritten als „Drittwiderbeklagter“
Unter den folgenden Voraussetzungen ist die parteierweiternde/streitgenössische Drittwiderklage zulässig:
- Sie richtet sich auch gegen den Kläger.
- Sie ist durch Schriftsatz und unbedingt erhoben worden.
- Kläger und Dritter sind einfache oder notwendige Streitgenossen iSv §§ 59, 60, 62 ZPO.
- Es liegen die Voraussetzungen des Parteibeitritts vor. Der Dritte muss in seine Einbeziehung also entweder eingewilligt haben (§§ 263, 267 ZPO analog) oder du hältst seine Einbeziehung für sachdienlich (§ 263 ZPO analog).
- Klage und Widerklage sind konnex iSv § 33 Abs. 1 ZPO, und zwar unabhängig von der örtlichen Zuständigkeit des Prozessgerichts.
Für die örtliche Zuständigkeit des Prozessgerichts gilt § 33 ZPO (nur) dann, wenn es sich bei dem Dritten um den Zedenten der Klageforderung handelt (BGH Xa ARZ 191/10). Ansonsten muss sich die Zuständigkeit aus den allgemeinen Vorschriften ergeben.
II. Isolierte Drittwiderklage
Eine Widerklage, die sich nur gegen einen bislang am Prozess unbeteiligten Dritten richtet, ist grundsätzlich unzulässig. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Gegenstände von Klage und Drittwiderklage tatsächlich und rechtlich eng miteinander verknüpft sind und keine schutzwürdigen Interessen des Drittwiderbeklagten durch seine Einbeziehung in den Prozess verletzt werden (BGH VIII ZR 252/18 Rn. 25 ff.).
Der BGH hat diese Ausnahme in folgenden examensrelevanten Fällen bejaht:
- Eine isoliert gegen den am Prozess bisher nicht beteiligten Zedenten bei seinem Gerichtsstand erhobene Drittwiderklage ist zulässig, wenn deren Gegenstand sich deckt mit dem Gegenstand der hilfsweise gegenüber der Klage des Zessionars zur Aufrechnung gestellten Forderung (BGH VII ZR 135/00).
- Tritt der von einem Verkehrsunfall Betroffene seine Schadensersatzforderung an einen Dritten ab und wird die Forderung im Haftpflichtprozess von dem Zessionar geltend gemacht, so ist eine Drittwiderklage, die der beklagte Unfallgegner wegen seiner aus dem Unfall resultierenden Schadensersatzforderung gegen den am Prozess bisher nicht beteiligten Zedenten bei seinem Gerichtsstand erhebt, zulässig (BGH VI ZR 129/06).
- Eine isolierte Drittwiderklage gegen den Zedenten der Klageforderung, mit der die Feststellung beantragt wird, dass ihm keine Ansprüche zustehen, ist zulässig (BGH V ZR 114/07).
- Wird der Leasingnehmer vom Leasinggeber auf Zahlung rückständiger Leasingraten oder - nach fristloser Kündigung des Leasingvertrags wegen Zahlungsverzugs - auf Schadensersatz statt der Leistung in Anspruch genommen, ist eine gegen den Verkäufer der Leasingsache - aus (leasingtypisch) abgetretenen Sachmängelgewährleistungsrechten des Leasinggebers - erhobene isolierte Drittwiderklage des Leasingnehmers auf Rückgewähr des Kaufpreises an den Leasinggeber zulässig (BGH VIII ZR 252/18).