Verkehrssicherungspflichten des Produzenten

Überblick - Verkehrssicherungspflichten des Produzenten

Wird eine Rechtsgutsverletzung durch ein Unterlassen begangen, muss eine Pflicht zum Handeln bestehen, sogenannte Verkehrssicherungspflicht. Es existieren hierbei besondere Verkehrssicherungspflichten des Produzenten. Beispiel: A verkauft und übereignet dem B ein Modem. A ist Hersteller und B ist Händler. B verkauft und übereignet das Modem wiederum an C. C baut das Modem in seinen Computer ein. Aufgrund eines Mangels am Moden entsteht ein Schaden am Computer i.H.v. 400 Euro.

I. § 1 ProdHaftG

C könnte gegen A zunächst einen Anspruch aus § 1 ProdHaftG haben. Dessen Voraussetzungen liegen vor, allerdings sieht § 11 ProdHaftG einen Selbstbehalt i.H.v. 500 Euro bei Sachbeschädigungen vor. Daher scheiden Ansprüche aus dem Produkthaftungsgesetz aus.

II. § 823 I BGB

Weiterhin könnte C gegen A einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 I BGB haben.

1. Voraussetzungen

a) Tatbestand

Im Rahmen der Voraussetzungen müsste der Tatbestand des § 823 I BGB erfüllt sein.

aa) Rechtsgutsverletzung

Hier liegt eine Rechtsgutsverletzung am Eigentum des C vor.

bb) Verletzungsverhalten

Auch ist ein Verletzungsverhalten gegeben, denn hier hat der Hersteller A es unterlassen, Kontrollmaßnahmen durchzuführen, die gewährleisten, das nur eine mangelfreie Ware in den Verkehr gelangt.

cc) Zurechnung

Ferner müsste die Rechtsgutsverletzung dem A auch zurechenbar sein.

(1) Kausalität

Hätte A das Modem nicht in den Verkehr gebracht, wäre es nicht bei C gelandet und hätte nicht den PC in Mitleidenschaft gezogen.

(2) Adäquanz

Außerdem war dies auch adäquat-kausal, da sich genau die Gefahr verwirklicht hat, die durch das Inverkehrbringen eines defekten Modems begründet wurde, da beim Einbau der Computer beschädigt wurde.

(3) Zurechnungszusammenhang

Zudem müsste auch ein Zurechnungszusammenhang vorliegen. Bei einem Unterlassen ist die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht erforderlich. Für Produzenten gelten insofern besondere Verkehrssicherungspflichten. Zu den Verkehrssicherungspflichten des Produzenten gehören zunächst die Konstruktionspflichten. Das bedeutet, dass der Hersteller das Produkt derart konstruiert haben muss, dass, wenn es ordnungsgemäß zusammen gebaut wird, keine Schäden entstehen. Weiterhin umfassen die Verkehrssicherungspflichten des Produzenten auch die Fabrikationspflichten. Diese betreffen den Produktionsvorgang. Das bedeutet, dass das Produkt im Einzelfall schlecht zusammen gebaut wird, weil etwa die Bänder schlecht eingestellt oder nicht genügend Kontrollstellen eingerichtet sind, um zu verhindern, dass mangelhafte Ware in den Verkehr gelangt. Ferner sind Teil der Verkehrssicherungspflichten des Produzenten auch die Instruktionspflichten. Benötigt man zum Beispiel besondere Informationen für den Gebrauch eines Produkts, muss eine Bedienungsanleitung beigefügt werden. Zuletzt schließen die Verkehrssicherungspflichten des Produzenten auch sogenannte Produktbeobachtungspflichten mit ein. Nach dem Inverkehrbringen trifft den Produzenten eine Rückrufpflicht, wenn Fehler an den Produkten bekannt werden. Im Beispielsfall sind als Verkehrssicherungspflichten des Produzenten entweder eine Konstruktionspflicht verletzt worden, wenn A von vornherein das Modem falsch konstruiert hat, oder eine Fabrikationspflicht. Letzteres liegt insbesondere nahe, wenn nicht alle Produkte dieses Typs von dem Fehler betroffen sind.

b) Rechtswidrigkeit

Darüber hinaus ist die Rechtswidrigkeit vorliegend auch indiziert.

c) Verschulden

Im Rahmen des Verschuldens muss grundsätzlich der Geschädigte beweisen, dass der Schädiger die Rechtsgutsverletzung zu vertreten hat. Dies wird jedoch in den Fällen, in welchen es um die Produzentenhaftung geht, nur möglich sein, wenn der Kunde Werkspionage betreibt. Daher gilt hier eine Beweislastumkehr. Der Kunde muss folglich nur beweisen, dass der Fehler hinter der Pforte des Unternehmens passiert ist. Der Produzent muss anhand von Ablauf- und Kontrollplänen hingegen beweisen, dass er die Verletzung nicht zu vertreten hat.

2. Rechtsfolge: Schadensersatz, §§ 249 ff BGB

Als Rechtsfolge hat C gegen A einen Anspruch auf Schadensersatz i.H.v. 400 Euro gemäß den §§ 823 I, 249 II BGB.

3. Kein Ausschluss

Abschließend ist zu bemerken, dass der Vorteil der Produzentenhaftung nach Produkthaftungsgesetz die verschuldensunabhängige Haftung ist. Der Nachteil ist jedoch in dem Selbstbehalt zu erblicken, der Ansprüche oft ausschließt.

 

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