Verfassungsmäßigkeit einer Weisung

Aufbau der Prüfung - Verfassungsmäßigkeit einer Weisung

Im Rahmen der Auftragsverwaltung kommt dem Bund gegenüber den Ländern ein Weisungsrecht zu, vgl. Art. 85 III GG. Die Verfassungsmäßigkeit einer Weisung wird in drei Schritten geprüft.

I. Rechtsgrundlage: Art. 85 III 1 GG

Zunächst setzt die Verfassungsmäßigkeit einer Weisung eine Rechtsgrundlage voraus. Rechtsgrundlage für die Weisung eines Bundesministers gegenüber einem Landesminister ist Art. 85 III 1 GG. Voraussetzung dafür, dass Art. 85 III 1 GG herangezogen werden kann, ist wiederum eine Weisung im Rahmen der Auftragsverwaltung. Beispiel: Atomgesetz. Weist der Bundesminister den Landesminister an, das Atomgesetz auf eine bestimmte Art und Weise anzuwenden, ist der Anwendungsbereich des Art. 85 III 1 GG eröffnet.

II. Formelle Verfassungsmäßigkeit

Ferner verlangt die Verfassungsmäßigkeit einer Weisung die formelle Verfassungsmäßigkeit derselben. Die formelle Verfassungsmäßigkeit einer Weisung erfordert die Prüfung von Zuständigkeit, Verfahren und Form.

1. Zuständigkeit

Nach Art. 85 III 1 GG ist die oberste Bundesbehörde für die Weisung zuständig. Dies ist im Zweifel das Bundesministerium.

2. Verfahren

Hinsichtlich des Verfahrens bei einer Weisung enthält Art. 85 GG keine Regelungen. Allerdings wird angenommen, dass in der Regel eine Anhörung zu erfolgen hat. Dies wird mit dem Gebot des bundesfreundlichen Verhaltens begründet, das immer maßgeblich ist, wenn es um das Verhältnis von Bund und Ländern geht. Dieses Gebot folgt aus dem Bundesstaatsprinzip und verlangt, dass Bund Länder gegenseitig zumutbar Rücksicht aufeinander nehmen müssen.

3. Form

Hinsichtlich der Form einer Weisung bestimmt Art. 85 III 2 GG, dass der richtige Weisungsadressat die oberste Landesbehörde ist. Dies ist im Zweifel das Landesministerium.

III. Materielle Verfassungsmäßigkeit

1. Zulässiger Weisungsinhalt

Die materielle Verfassungsmäßigkeit einer Weisung verlangt zunächst einen zulässigen Inhalt. Tauglicher Gegenstand einer Weisung ist die gesamte Gesetzesvollzugstätigkeit. Negativbeispiel: Ein Bundesminister kann einen Landesminister nicht anweisen, einen gründen Hut zu tragen.

2. Gebot der Weisungsklarheit

Ferner gilt im Rahmen der materiellen Verfassungsmäßigkeit einer Weisung das Gebot der Weisungsklarheit. Dies ist nicht erfüllt, wenn der Bundesminister den Landesminister anweist, „ja das Richtige zu tun.“

3. Rechtmäßigkeit des Weisungsinhalts

Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob die materielle Verfassungsmäßigkeit einer Weisung auch die Rechtmäßigkeit der Weisung erfasst. Fraglich ist folglich, ob der Weisungsinhalt rechtmäßig sein muss, damit die Weisung ihrerseits verfassungsgemäß ist.

4. Gebot des bundesfreundlichen Verhaltens

Zuletzt greift auch in der materiellen Verfassungsmäßigkeit einer Weisung das Gebot des bundesfreundlichen Verhaltens. Auch hier ist zumutbare Rücksicht zu nehmen. Daraus folgt, dass der Bund dem Land nicht schikanös, aus sachfremden Erwägungen heraus eine Weisung erteilen darf. Beispiel: Ein Bundesminister weist einen Landesminister an, kurz vor der bevorstehenden Landtagswahl eine unpopuläre Entscheidung zu treffen. Letztlich ist klarzustellen, dass eine Verhältnismäßigkeitsprüfung im Rahmen der Verfassungsmäßigkeit einer Weisung nicht erfolgt. Denn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gilt unmittelbar nur zwischen Bürger und Staat. Zudem gilt zwischen Bund und Ländern das Gebot des bundesfreundlichen Verhaltens.

 

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