Schenkung, §§ 516 ff. BGB
Überblick - Schenkung, §§ 516 ff. BGB
Die Schenkung ist in den §§ 516 ff. BGB geregelt.
I. Begriff
Der Begriff der Schenkung ist in § 516 BGB definiert. Danach ist die Schenkung die unentgeltliche Zuwendung in Form eines schuldrechtlichen Vertrages. Es ist eine weitläufige Fehlvorstellung, dass eine Schenkung ein einseitiges Rechtsgeschäft sei, also dass man von sich aus jemandem etwas geben könne und dieser es einfach hinnehmen müsse. Jedoch ist niemand verpflichtet, eine Schenkung anzunehmen. Vielmehr bedarf es einer Einigung nach den §§ 145 ff. BGB.
Die Schenkung ist ein schuldrechtlicher Vertrag und kein dinglicher.
Beispiel 1: A schenkt B ein Auto. Bei diesem Vorgang passieren zwei Dinge: Zunächst liegt schuldrechtlich eine Schenkung nach § 516 BGB vor, und im Übrigen hat dinglich die Übereignung nach § 929 S. 1 BGB stattgefunden. Der Übereignung liegt statt eines Kaufs die Schenkung zugrunde.
§ 516 BGB regelt eine weitere Besonderheit, die zu beachten ist: Schweigen gilt ausnahmsweise bei § 516 BGB als Zustimmung. Normalerweise bedeutet Schweigen nichts.
Beispiel 2: A schenkt dem B ein Auto, ohne dass B es weiß. Dann fordert A den B auf, der Schenkung zuzustimmen. Sagt B daraufhin nichts, dann besagt § 516 II BGB, dass das Schweigen als Zustimmung zu werten ist. Das Gesetz geht davon aus, dass eine Schenkung üblicherweise gewollt ist.
Weiterhin ist zu beachten, dass das Gesetz bei der Einigung eine Form für das Schenkungsversprechen vorsieht: die notarielle Beurkundung des Schenkungsversprechens auf der Seite des Schenkers. Nicht der gesamte Vertrag bedarf somit der Form, § 518 I BGB. Hintergrund ist der Übereilungsschutz, und schutzbedürftig ist nur der Schenker.
Umgekehrt bedeutet dies nicht, dass insgesamt Schenkungsverträge stets einer notariellen Beurkundung bedürfen, vor allem dann nicht, wenn der Vertrag nach anderen Vorschriften formbedürftig ist. Als Beispiel kann § 311b BGB angeführt werden. Sind Grundstücke Gegenstand des Vertrages, bedarf es grundsätzlich immer der notariellen Beurkundung. Damit kann festgehalten werden, dass im Ausgangspunkt das Schenkungsversprechen der notariellen Beurkundung bedarf.
In diesem Zusammenhang ist die Heilungsmöglichkeit des § 518 II BGB zu beachten.
Beispiel 3: Schenkt A dem B das Auto und übereignet er es dem B, dann regelt § 518 II BGB, dass mit der Bewirkung – also hier der Übereignung nach § 929 S. 1 BGB – eine Heilung des Formmangels eingetreten ist. Denn A hatte das Auto in den „Händen“ und ihm war bewusst, was er tat, sodass die Formvorschrift obsolet ist.
II. Haftung des Schenkers
Im Schenkungsrecht gibt es die Haftungsprivilegierung in § 521 BGB. In Fällen, in denen eine Partei eine unentgeltliche Leistung erbringt, sieht das BGB Privilegierungen vor – so auch bei der Schenkung. Der Schenker haftet damit nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, anders als nach § 276 BGB nicht für jede Fahrlässigkeit.
Beispiel 4: Schenkt A dem B einen Gegenstand und es kommt zu einem Schaden, wird ein Anspruch auf Schadensersatz aus § 280 I BGB geprüft. In der Prüfung stößt man an den Punkt „Vertretenmüssen“. Normalerweise ist § 276 BGB anzusprechen, im vorliegenden Fall jedoch § 521 BGB.
Die Privilegierung des § 521 BGB wirkt auch bei den zu prüfenden deliktischen Ansprüchen nach §§ 823 ff. BGB.
III. Haftung für Mängel, §§ 523, 524 BGB
In den §§ 523, 524 BGB ist ein spezielles Gewährleistungsrecht für Schenkungsverträge geregelt. Damit sind diese Vorschriften gegenüber den allgemeinen Schadensersatzvorschriften, also §§ 280 ff. BGB, lex specialis. Es ist zwischen Rechts- und Sachmängeln zu unterscheiden.
1. Rechtsmängel, § 523 I BGB
Die Rechtsmängel sind in § 523 I BGB geregelt. Dort befindet sich ebenfalls eine Privilegierung des Schenkers, indem er nur auf das negative Interesse haftet (Vertrauensschaden). Man wird demnach so gestellt, als hätte man nie vom Vertrag gehört.
Voraussetzung für die Haftung nach § 523 I BGB für das negative Interesse ist Arglist (Vorsatz).
Beispiel 5: A schenkt B ein Grundstück, das mit einer Hypothek belastet ist. A weiß dies. B hat wegen der Belastung keine Verwendung für das Grundstück. Dann kann B nur Schadensersatz in Form des negativen Interesses verlangen, also die Vertragskosten ersetzt erhalten. Nicht dagegen kann B Schadensersatz in Form des positiven Interesses verlangen, also so gestellt werden, als wäre ordnungsgemäß erfüllt worden.
Eine Ausnahme ist bei noch zu beschaffenden Gegenständen in § 523 II BGB geregelt.
Beispiel 6: A verschenkt B ein Grundstück, das A noch erwerben muss. Das Grundstück ist jedoch mit einer Hypothek belastet. Wenn B das Grundstück wegen der Belastung nicht gewinnbringend verkaufen kann, dann kann B von A Schadensersatz wie bei ordnungsgemäßer Erfüllung verlangen, insbesondere Ersatz des entgangenen Gewinns. Diese Haftung gilt im Unterschied zu § 523 I BGB auch bei grober Fahrlässigkeit des Schenkers.
2. Sachmängel, § 524 BGB
Die Sachmängel sind in § 524 BGB geregelt. Hier ist zwischen Mangelschäden und Mangelfolgeschäden zu unterscheiden.
a) Mangelschäden
Mangelschäden sind solche Schäden, die die Sache selbst betreffen. Mangelfolgeschäden dagegen sind Schäden an weiteren Gegenständen. § 524 I BGB regelt den Ausgangspunkt, dass das negative Interesse zu ersetzen ist. Voraussetzung ist wiederum Arglist.
Beispiel 7: Schenkt A dem B ein gebrauchtes Auto und weiß, dass es ein Unfallwagen ist, sodass B das Auto nicht anderweitig verkaufen kann, so kann B diesen Schaden nicht ersetzt verlangen, sondern nur die Vertragskosten.
Das positive Interesse kann nur bei noch zu erwerbenden Gattungsschulden ersetzt werden, § 524 II BGB.
Beispiel 8: Schenkt A dem B einen Golf, den A noch erwerben muss, und stellt sich heraus, dass der Wagen ein Unfallwagen ist, sodass B ihn nicht gewinnbringend verkaufen kann, so hat A dem B den entgangenen Gewinn zu ersetzen.
b) Mangelfolgeschäden
Beispiel 9: A schenkt B einen Golf mit defekter Bremsanlage. B fährt dann gegen seine Garagenwand. Nun verlangt B Schadensersatz wegen der demolierten Garagenwand. Hier stellt sich das Problem des Verhältnisses von § 524 BGB zu den allgemeinen Vorschriften des Schuldrechts AT über Schadensersatz nach §§ 280 I, 241 II BGB.
IV. Schenkung unter Auflage, §§ 525–527 BGB
Die §§ 525–527 BGB enthalten Regelungen über die Schenkung unter Auflage.
Beispiel 10: A schenkt B ein Auto, verbunden mit der Auflage, dass B den A regelmäßig zum Arzt fährt. Hier ist im Einzelfall gegenüber einem gegenseitigen Vertrag (do ut des = Auto gegen Fahrten) abzugrenzen.
Die Frage, ob eine einseitige Verpflichtung oder gegenseitige Pflichten vorliegen, ist durch Auslegung zu ermitteln. Maßgeblich ist die Vorstellung der Parteien, ob die Auflage aus der Zuwendung zu bestreiten ist.
Beispiel 11: Hat B kein Auto und bekommt erst durch die Schenkung eins, dann ist im Zweifel anzunehmen, dass die Maßgabe „Fahr’ mich zum Arzt“ als Schenkung unter Auflage zu deuten ist.
Die Anspruchsgrundlage für die Vollziehung der Auflage, wenn sie nicht erfüllt wird, ist § 525 I BGB. Außerdem existiert ein Anspruch auf Herausgabe der Schenkung, wenn die Auflage nicht vollzogen wird.
Beispiel 12: A schenkt B ein Auto mit Auflage (s. o.) und B fährt nur Touren für sich selbst. Dann hat A den Anspruch, dass B den geschenkten Gegenstand herausgibt nach § 527 BGB.
Bei den Voraussetzungen wird auf das Rücktrittsrecht nach §§ 323 ff. BGB verwiesen, insbesondere bedarf es der Leistungsaufforderung mit Fristsetzung. Bei den Rechtsfolgen wird hingegen auf das Bereicherungsrecht verwiesen, §§ 812 ff. BGB, insbesondere ist eine Entreicherung nach § 818 III BGB möglich.
V. Rückforderung wegen Verarmung, §§ 528, 529 BGB
Grundsätzlich ist die Schenkung unentgeltlich. Erfüllt der Schenker aber seinerseits bestimmte Verpflichtungen, kann dieser verarmen. §§ 528, 529 BGB regeln, dass der Schenker das Geschenkte zurückverlangen kann. Dabei verweisen sie auf §§ 812 ff. BGB (Rechtsfolgenverweis).
VI. Widerruf der Schenkung, §§ 530 ff. BGB
Der Widerruf der Schenkung ist in §§ 530 ff. BGB geregelt. Bei schwerer Verfehlung oder grobem Undank des Beschenkten kann der Schenker die Schenkung widerrufen.
Beispiel 13: A schenkt B ein Auto und B trachtet dem A nach dem Leben. Dann liegt eine schwere Verfehlung bzw. grober Undank vor.
Negativ-Beispiel: A schenkt der B Kinokarten in der Hoffnung, dass sie gemeinsam das Kino besuchen. Aber B geht mit C ins Kino und nun will A die Schenkung widerrufen. Hier hat sich jedoch nur das typische Risiko einer Schenkung realisiert. An die Voraussetzungen sind hohe Anforderungen zu stellen. Demnach kann A die Schenkung in diesem Fall nicht widerrufen.
Wenn die Voraussetzungen vorliegen, dann besteht ein Herausgabeanspruch: § 531 II BGB verweist auf §§ 812 ff. BGB (Rechtsgrundverweis), also sind auch die Voraussetzungen zu prüfen. Üblicherweise wird der Fall des § 812 I 2 1. Fall BGB gegeben sein, weil ein nachträglicher Wegfall des Rechtsgrundes vorliegt, wenn später die Schenkung widerrufen wird.
VII. Sonderkonstellationen
Schließlich sind folgende Regelungen zu beachten, wenn im Sachverhalt eine Schenkung auftaucht, worauf es häufig hinausläuft.
Zunächst ist § 816 I 2 BGB zu beachten, die unentgeltliche Verfügung eines Nichtberechtigten.
Beispiel 14: A leiht B ein Auto und B verschenkt das Auto wiederum an einen Dritten. Dann hat A nach § 816 I 2 BGB einen Herausgabeanspruch gegen den Dritten. Hier zeigt sich die Schenkungsfeindlichkeit des BGB. Einzelheiten dazu im Bereicherungsrecht.
Weiterhin ist § 822 BGB zu beachten, die unentgeltliche Verfügung eines Berechtigten.
Beispiel 15: A verkauft B ein Auto und B verschenkt es an einen Dritten. Nun stellt sich heraus, dass A bei Abschluss des Kaufvertrages, nicht jedoch bei der Übereignung, unerkannt geisteskrank war. Dann hat B als berechtigter Eigentümer wirksam verfügt, aber ohne Rechtsgrund. Ein Anspruch des A gegen B aus Bereicherungsrecht scheidet wegen Entreicherung aus, da eine unentgeltliche Weitergabe stattgefunden hat. Dann aber hat A gegen den Dritten den Herausgabeanspruch aus § 822 BGB. Einzelheiten hierzu sind wieder im Bereicherungsrecht zu finden.
Im EBV gibt es § 988 BGB für den unentgeltlichen Besitzer, gegen den der Eigentümer die gezogenen Nutzungen herausverlangen kann.
Beispiel 16: A schenkt B ein Auto und übereignet es. B fährt herum, und es stellt sich später heraus, dass A bei Abschluss des Schenkungsvertrages und bei der Übereignung unerkannt geisteskrank war. Dann liegt ein EBV vor und B hatte Nutzungen gezogen. Normalerweise schuldet ein gutgläubiger Besitzer keinen Nutzungsersatz, aber auch hier zeigt sich erneut die Schenkungsfeindlichkeit des BGB.
Ein weiterer Sonderfall ist § 2301 BGB, das Schenkungsversprechen von Todes wegen.
Beispiel 17: A schenkt B ein Auto für den Fall, dass A stirbt. Dann erfolgt die Schenkung unter der Bedingung, dass A stirbt und B überlebt. Dies ähnelt einem Testament, und deshalb sind nach § 2301 BGB die Formvorschriften des Erbrechts anzuwenden. Einzelheiten dazu im Erbrecht.
Ein weitere Sonderfall sind die Zuwendungen unter Ehegatten oder nicht ehelichen Lebensgemeinschaften (klausurrelevanter).
Beispiel 18: A lebt mit B zusammen, und nach 2 Jahren haben sie sich auseinandergelebt. A überlegt nun, ob er etwas zurückverlangen kann, da er die Jahre über den Abwasch gemacht, eingekauft und die Reisen bezahlt hat. Bei der Rückabwicklung nicht-ehelicher Lebensgemeinschaften ist zu fragen, ob eine Schenkung vorliegt und ggf. ein Anspruch aus § 531 II i.V.m. §§ 812 ff. BGB (neben weiteren möglichen Ansprüchen) besteht.
Es ist hier aber darauf hinzuweisen, dass vielmehr unbenannte Zuwendungen ohne Schenkungswille vorliegen. Damit besteht ein Gegenseitigkeitsverhältnis: Jeder trägt seinen Teil zur Beziehung bei, um sie aufrechtzuerhalten. Damit liegt keine Unentgeltlichkeit und somit keine Schenkung vor – vielmehr „verpuffen“ die gegenseitigen Tätigkeiten.