Problem - Sekundäre Unrichtigkeit

Problem – Sekundäre Unrichtigkeit

Im Rahmen der negativen Publizität kann sich die sekundäre Unrichtigkeit als Problem stellen. Beispiel: A erteilt B Prokura, lässt jedoch die Erteilung nicht ins Handelsregister eintragen. Später widerruft A die Prokura und lässt auch dies nicht im Handelsregister eintragen. B läuft dennoch los und kauft bei C im Namen des A ein Auto. C möchte von A den Kaufpreis. Fraglich ist, ob die sekundäre Unrichtigkeit des Handelsregisters gilt.

Vorliegend könnte C gegen A einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises nach § 433 II BGB haben.

I. Anspruch entstanden

1. Einigung

Die Entstehung des Anspruch setzt zunächst eine wirksame Einigung voraus. A und C haben sich direkt nicht geeinigt. Möglicherweise hat B den A jedoch wirksam nach den §§ 164 ff. BGB vertreten.

a) Eigene Willenserklärung

b) Im fremden Namen

Vorliegend hat B eine eigene Willenserklärung im Namen des A abgegeben.

c) Im Rahmen der Vertretungsmacht

Fraglich ist jedoch, ob er auch im Rahmen der Vertretungsmacht gehandelt hat.

aa) Rechtsgeschäftlich

Vorliegend könnte eine rechtsgeschäftlich erteilte Vertretungsmacht vorliegen. Diese kann durch Vollmacht oder Prokura nach den §§ 48 ff. HGB erteilt werden. Prokura ist eine rechtsgeschäftlich erteilte Vertretungsmacht mit gesetzlich umschriebenem Umfang. Die Erteilung der Prokura bedarf der Eintragung ins Handelsregister, vgl. § 53 I HGB. Allerdings ist die Eintragung nur deklaratorisch, die Prokura entsteht somit unabhängig von der Eintragung. Vorliegend hat A dem B ohne Eintragung ins Handelsregister Prokura erteilt. Allerdings hat A die Prokura später widerrufen. Auch der Widerruf der Prokura muss ins Handelsregister eingetragen werden. Auch hier ist die Eintragung jedoch nur deklaratorischer Natur. Der Widerruf der Prokura ist mithin unabhängig von der Eintragung wirksam. Eine wirksame Vertretungsmacht lag zum Zeitpunkt des Autokaufs somit nicht vor.

bb) Rechtsschein

Allerdings könnte B eine Vertretungsmacht kraft Rechtsscheins erlangt haben. Denn der Widerruf wurde nicht in das Handelsregister eingetragen, sodass der Eindruck entstehen könnte, dass die Prokura noch besteht. Dies könnte aus der negativen Publizität des Handelsregisters nach § 15 I HGB folgen.

(1) Voraussetzungen

(a) Einzutragende Tatsache

Vorliegend stellt der Widerruf der Prokura nach § 53 II HGB eine einzutragende Tatsache dar. Allerdings wurde hier bereits die ursprüngliche Erteilung der Prokura nicht eingetragen. Hier stellt sich die sekundäre Unrichtigkeit als Problem. Fraglich ist mithin, ob auch der Fall von § 15 I HGB erfasst ist, wenn das Handelsregister der wahren Rechtslage entspricht, ob also eine sekundäre Unrichtigkeit des Handelsregisters gilt.

(aa) Eine Ansicht

Eine Ansicht verneint eine sekundäre Unrichtigkeit des Handelsregisters in diesen Fällen. Dies sei kein Fall von § 15 I HGB. Begründet wird die Ablehnung der sekundären Unrichtigkeit des Handelsregisters damit, dass der Rechtsverkehr nicht schutzwürdig sei. Wenn bereits die Erteilung nicht eingetragen worden sei, müsse auch der Widerruf nicht nochmal eingetragen werden, da der Rechtsverkehr kein Vertrauen aus dem Handelsregister gewonnen habe. Diese Ansicht lehnt eine sekundäre Unrichtigkeit mithin ab.

(bb) Andere Ansicht (h.M.)

Die herrschende Meinung bejaht hingegen die sekundäre Unrichtigkeit des Handelsregisters in diesen Fällen, geht somit davon aus, dass auch dies von § 15 I HGB erfasst sei. Als Argument für eine sekundäre Unrichtigkeit und die Anwendbarkeit des § 15 HGB wird der Schutz des abstrakten Vertrauens angeführt. Der Rechtsverkehr könne auch aus anderen Gründen an die Prokura geglaubt haben, als durch einen Blick in das Handelsregister.
Hier hat C nur gehört, dass B Prokura erteilt wurde und hat aus diesem Grund auf Prokura vertraut. Ein solches Vertrauen müsse aktiv zerstört werden durch eine gegenläufige Eintragung ins Handelsregister. Nach der herrschenden Meinung wäre eine sekundäre Unrichtigkeit mithin zu bejahen, sodass die weiteren Voraussetzungen des § 15 I HGB zu prüfen sind.

(b) Keine Eintragung

Vorliegend wurde der Widerruf nicht in das Handelsregister eingetragen bzw. nicht bekannt gemacht.

(c) Keine Kenntnis des Gegners

C hatte auch keine Kenntnis von dem Widerruf der Prokura.

(d) Vorgang im Rechtsverkehr

Ferner handelte es sich auch um einen Vorgang im Rechtsverkehr.

(2) Rechtsfolge: negative Publizität

Rechtsfolge des § 15 I HGB ist die negative Publizität des Handelsregisters. Das, was dort nicht steht, gilt mithin als nicht geschehen. B gilt folglich als vertretungsberechtigt und handelte mit Vertretungsmacht.

d) Kein Ausschluss

Die Stellvertretung ist im vorliegenden Fall auch nicht ausgeschlossen.

2. Wirksamkeit

Zudem sind Nichtigkeitsgründe, die die Wirksamkeit der Einigung hindern könnten, nicht ersichtlich.

II. Anspruch nicht erloschen

III. Anspruch durchsetzbar

Da der Anspruch darüber hinaus nicht erloschen und auch durchsetzbar ist, hat C gegen A einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises aus § 433 II BGB.

 

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