Problem - Ersatzvornahme vor Fristablauf bzw. ohne Fristsetzung
Problem - Ersatzvornahme ohne Fristsetzung bzw. vor Fristablauf
Beispiel: A verkauf B ein Auto mit defekten Bremsen. B setzt A eine angemessene Frist zur Nacherfüllung von zwei Wochen. Vor Ablauf der zwei Wochen lässt B die Bremsen bei C reparieren. B verlangt von A nunmehr Ersatz der dafür entstandenen Kosten.
A. §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 BGB
Ein Schadensersatzanspruch aus §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 I BGB kommt in Betracht. Die Voraussetzungen des Gewährleistungsrechts liegen vor, Kaufvertrag, Mangel, maßgeblicher Zeitpunkt. Bei den Voraussetzungen der Schadensersatznorm setzt § 281 BGB die Nichtleistung trotz angemessener Fristsetzung und damit auch den -ablauf voraus. Im Beispielsfall hat B jedoch vor Fristablauf gehandelt.
B. §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 283 BGB
Weiterhin könnte ein Schadensersatzanspruch trotz Ersatzvornahme vor Fristablauf bzw. ohne Fristsetzung im Rahmen der §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 283 BGB bestehen. Dies betrifft den Fall der nachträglichen Unmöglichkeit, § 275 I BGB. Zwar liegt ein Fall der nachträglichen Unmöglichkeit vor, da der A die Nacherfüllung aufgrund von Zweckerreichung dauerhaft nicht erbringen kann. Allerdings scheidet auch dieser Anspruch aus, denn A hat diesen Umstand nicht zu vertreten.
C. §§ 437 Nr. 2, 2. Fall, 323 I, 441 I, IV, 346 I BGB
Auch kommt ein Anspruch auf anteilige Rückerstattung aus einem Minderungsrecht in Betracht, §§ 437 Nr. 2 2. Fall, 323 I, 441 I, IV, 346 I BGB. Aber auch im Fall der Minderung wegen Schlechtleistung setzt gem. § 323 I BGB den Ablauf einer angemessenen Frist zur Nacherfüllung voraus.
D. §§ 437 Nr. 2, 2. Fall, 323 I, 326 V, 441 I, IV, 346 I BGB
Ein Schadensersatzanspruch könnte noch aus §§ 437 Nr. 2 2. Fall, 323 I, 326 V, 441 I, IV, 346 I BGB folgen. Hier ist, anders als bei § 323 I BGB die Unmöglichkeit Anknüpfungspunkt, bei welcher gemäß § 326 V BGB eine Fristsetzung entbehrlich ist. Allerdings ist der Anspruch nach § 323 V 1. Fall BGB ausgeschlossen, wenn der Gläubiger die Unmöglichkeit zu vertreten hat. Der B ist im Beispielsfall allein dafür verantwortlich, dass die Nacherfüllung nunmehr nicht mehr möglich ist.
E. §§ 326 II 2, IV, 346 I BGB (analog)
Ein Anspruch könnte aus §§ 326 II 2, IV, 346 I BGB folgen. Hätte der Käufer die Nacherfüllung abgewartet, so hätte der Käufer gem. § 439 I-III BGB die Kosten im Zusammenhang mit der Nacherfüllung zu tragen gehabt. In der Konstellation der Selbstvornahme ohne Fristablauf hat sich der Verkäufer diese späteren Kosten gewissermaßen erspart, § 326 II 2 BGB. Ob diese Norm auf solche Fälle anwendbar ist, ist umstritten. hierzu werden unterschiedliche Ansichten vertreten.
Eine Ansicht
Eine Ansicht bejaht die Anwendbarkeit von §§ 326 II 2, IV, 346 I BGB bei der Ersatzvornahme ohne Fristablauf. Somit hätte B einen Anspruch auf Kostenerstattung gegen A im Beispielsfall.
Herrschende Meinung
Eine andere Ansicht verneint die Anwendbarkeit der §§ 326 II 2, IV, 346 I BGB bei der Ersatzvornahme ohne Fristablauf, sodass im Beispielsfall B keinen Anspruch hätte.
Stellungnahme
Für die erste Ansicht spricht § 439 II BGB, der dem Verkäufer die mangelbedingten Mehrkosten auferlegt, sodass es keinen Unterschied macht, wer diese Kosten letztlich auslöst. Für die herrschende Meinung sprechen die Wertungen der §§ 437 ff. BGB, bei dem insbesondere das “Recht zur zweiten Andienung” angelegt ist. Diese Wertungen des Gewährleistungsrecht dürfen nicht über die Hintertür des Schuldrechts AT umgangen werden.
F. §§ 536a II, 637 BGB analog
Ansprüche aus § 536a II BGB analog bzw. § 637 BGB analog scheitern an einer planwidrigen Regelungslücke. Anders als im Miet- bzw. Werkvertragsrecht gibt es im Kaufrecht gerade keine Selbstvornahme, sondern bezogen auf Gewährleistung das Recht zur zweiten Andienung.