Nebenbestimmungen, § 36 VwVfG

Überblick - Nebenbestimmungen, § 36 VwVfG

Verwaltungsakte können mit Nebenbestimmungen erlassen werden. Nebenbestimmungen sind in § 36 VwVfG geregelt. 

I. Abgrenzung zu Inhaltsbestimmungen

Nebenbestimmungen müssen zu den Inhaltsbestimmungen abgegrenzt werden. Nebenbestimmungen regeln einen selbstständigen Lebenssachverhalt, enthalten eine selbstständige Regelung, wenn auch eng verbunden mit dem Hauptverwaltungsakt. Inhaltsbestimmungen regeln Inhalt und Umfang des Verwaltungsaktes, sind quasi der Verwaltungsakt. Beispiel: A beantragt eine Gaststättenerlaubnis für den Betrieb einer Diskothek und den Ausschank alkoholischer Getränke. A erhält daraufhin eine Gaststättenerlaubnis mit der Maßgabe, nur Kindergeburtstage zu feiern und Milchmixgetränke auszuschenken. Nun möchte A dagegen vorgehen. Er könnte zunächst die gesamte Gaststättenerlaubnis anfechten. Täte er dies, hätte er am Ende nichts. Er könnte jedoch versuchen, die Festsetzungen bezüglich der Kindergeburtstage und der Milchmixgetränke isoliert anzufechten. Würde A dies tun, hätte er eine Gaststättenerlaubnis ohne Inhalt. Die Festsetzungen waren keine Nebenbestimmungen, sondern Inhaltsbestimmungen. Letztere erkennt man üblicherweise an dem gesetzlichen Leitbild, in dem festgelegt ist, was der notwendige Inhalt eines bestimmten Verwaltungsaktes ist. Beispiel: § 3 GastG. Dieser bestimmt, dass die Darbietungen und die Getränke Inhalt der Gaststättenerlaubnis sind. A sollte daher Verpflichtungsklage erheben, gerichtet auf Erteilung einer Erlaubnis mit dem gewünschten Inhalt. 
Ein Sonderfall der Inhaltsbestimmung ist die modifizierende Auflage. Beispiel: wie oben. Allerdings bekommt A wortwörtlich eine Gaststättenerlaubnis mit der „Auflage“, nur Kindergeburtstage zu feiern und Milchmixgetränke auszuschenken. Nun könnte man auf die Idee kommen, dass aufgrund der Begrifflichkeit eine Auflage vorliegt, welche zu den Nebenbestimmungen gehört. Dem ist jedoch nicht so. Hierbei handelt es sich nicht um Nebenbestimmungen, sondern um eine Inhaltsbestimmung, die falsch bezeichnet wurde. 

II. Fälle der Nebenbestimmungen

Innerhalb der Nebenbestimmungen gibt es fünf geregelte Fälle. Bedeutsame Fälle der Nebenbestimmungen sind die Bedingung, vgl. § 36 II Nr. 2 VwVfG, und die Auflage, § 36 II Nr. 4 VwVfG. Im Rahmen der Nebenbestimmungen ist daher eine Abgrenzung von Auflage und Bedingung erforderlich: Die Bedingung suspendiert, zwingt aber nicht. Die Auflage zwingt, suspendiert aber nicht. Als Teil der Nebenbestimmungen suspendiert die Bedingung die Wirksamkeit eines Verwaltungsaktes. Solange eine Bedingung nicht eingetreten ist, hat man mithin keinen Verwaltungsakt. Daher gibt es auch keinen Anlass, Zwangsmaßnahmen durchzuführen, um den Bedingungseintritt zu erreichen. Wird ein Verwaltungsakt mit einer Auflage als Teil der Nebenbestimmungen erteilt, ist der Verwaltungsakt bereits wirksam. Wird die Auflage nicht erfüllt, können Zwangsmaßnahmen ergriffen werden. Fallbeispiel 1: A bekommt eine Gaststättenerlaubnis mit der Bedingung, noch lebensmittelrechtliche Kenntnisse zu erwerben. Hat A diese Kenntnisse noch nicht erworben, hat er noch keine wirksame Gaststättenerlaubnis. Fallbeispiel 2: gleicher Fall. Allerdings erhält A die Auflage, noch lebensmittelrechtliche Kenntnisse zu erwerben. Hier hat A sofort eine wirksame Gaststättenerlaubnis erhalten. Allerdings können Zwangsmaßnahmen – beispielsweise Zwangsgeld oder der Widerruf der Gaststättenerlaubnis – verhängt werden, wenn die Auflage nicht erfüllt wird. 
Um im Rahmen der Nebenbestimmungen eine sinnvolle Abgrenzung vornehmen zu können, ist der erste Anknüpfungspunkt der Wortlaut. Allerdings kann die Behörde einen nicht aussagekräftigen oder falschen Wortlaut verwenden. Beispiel: A erhält eine Gaststättenerlaubnis mit der "Maßgabe", noch weitere Toiletten einzubauen. In einem zweiten Schritt muss dann der objektive Behördenwille ermittelt werden. Je wichtiger die Angelegenheit, desto eher liegt eine Bedingung vor. Denn in wichtigen Fällen soll schon die Wirksamkeit des Verwaltungsaktes vom Vorliegen dieser Voraussetzungen abhängen. Im Zweifel, also wenn der Wortlaut nicht aussagekräftig ist und der Behördenwille nicht eindeutig bestimmt werden kann, ist von Nebenbestimmungen in Form der Auflage auszugehen. Für eine solche Annahme spricht der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Im Zweifel ist von dem mildesten Mittel gleicher Eignung auszugehen. Die Auflage ist im Verhältnis zur Bedingung milder. Denn bei der Auflage erhält der Betroffene bereits einen wirksamen Verwaltungsakt, bei der Bedingung hingegen nicht. 

 

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