Leihe, §§ 598 ff. BGB

Überblick - Leihe, §§ 598 ff. BGB

Die Leihe ist in den §§ 598 ff. BGB geregelt.

I. Vertragstypische Pflichten

Die vertragstypischen Pflichten sind in den §§ 598 ff. BGB geregelt. Die Leihe ist die unentgeltliche Gebrauchsüberlassung, d.h. der Verleiher schuldet die Gebrauchsüberlassung, während der Entleiher nichts schuldet, insbesondere kein Geld. Die Leihe ist von der Miete abzugrenzen. „Verleiht“ man ein Auto ohne für die Nutzung Geld zu erhalten, liegt eine Leihe i.S.v. § 598 BGB vor. Die Miete dagegen ist entgeltlich. Weiterhin ist der Leihvertrag von einer bloßen Gefälligkeit, die sich unterhalb der Schwelle eines Vertrages befindet, abzugrenzen. Gerade aufgrund der Unentgeltlichkeit der Leihe stellt sich häufig die Frage, wann ein Vertrag vorliegt und wann nicht. Beispiel1: A und B möchten einen vertrag unterschreiben und B fragt den A, ob er seinen Kugelschreiber „leihen“ kann. Dies könnte dann eher eine bloße Gefälligkeit sein. Umgekehrt wird die „Leihe“ eines Wagens häufig eine Leihe i.S.d. § 598 BGB sein. Entscheidend für die Frage der Abgrenzung ist, ob ein Rechtsbindungswille vorliegt. Dieser wird wiederum maßgeblich anhand der erkennbaren wirtschaftlichen Bedeutung bestimmt. Den Kugelschreiber schnell benutzen zu dürfen wird deshalb unter der Schwelle einer Verbindlichkeit liegen. Wegen der Erheblichkeit des Wertes eines Wagens und der damit verbundenen Risiken wird die es sich bei der „Leihe“ eines Wagens um einen Leihvertrag handeln, auch gerade weil die Leihe unentgeltlich ist.

II. Haftung des Verleihers, § 599 BGB

Die Haftung des Verleihers ist speziell in den §§ 598 ff. BGB geregelt, insbesondere in § 599 BGB. Dort, wo es im BGB nett und nah zugeht, greifen Haftungsprivilegierungen. Wer so nett ist, seine Sachen unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, soll für seine Wohltat zwar auch haften, aber nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Beispiel2: A leiht B sein Auto und dann passiert etwas, weil das Auto nicht in Ordnung war. Dann haftet A nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, also nicht für einfache Fahrlässigkeit, die i.R.d. § 276 BGB bereits genügt. Zu beachten ist, dass die Haftungsprivilegierung auch für Begleitschäden gilt. Treten durch die Leihsache Einbußen an sonstigen Vermögensgütern ein, fährt der Entleiher beispielsweise gegen eine Garagenwand, dann greift ebenfalls zu Gunsten des Verleihers die Privilegierung des § 599 BGB. Im Übrigen kann die Privilegierung auch auf §§ 823 ff. BGB durchschlagen, wenn das Eigentum verletzt wurde. Dann ist beim Punkt „Vertretenmüssen“ zunächst § 276 BGB anzusprechen, der Vorsatz und jede Fahrlässigkeit regelt, aber sodann auf die Privilegierung des § 599 BGB einzugehen.

III. Mängelhaftung, § 600 BGB

Vielen ist unbekannt, dass die §§ 598 ff. BGB eine eigene „Mini“-Gewährleistung regeln. Insbesondere die Mängelhaftung des § 600 BGB ist zu beachten. Insoweit ist erneut eine Privilegierung des Verleihers geregelt, dass dieser nur für Mängeln bei Arglist (Vorsatz) und nicht im Fall der Fahrlässigkeit haftet. Damit ist § 600 BGB lex specialis gegenüber den allgemeinen Schadensersatzregelungen der §§ 280 ff. BGB bei mangelhaften Leihsachen.

IV. Verwendungsersatz, § 601 BGB

In § 601 BG  ist ein Verwendungsersatzanspruch geregelt. Beispiel3: A leiht B sein Auto. Während der Leihzeit tätigt B Verwendungen, also Aufwendungen auf die Sache. Handelt es sich dabei um gewöhnliche Verwendungen wie das Waschen des Wagens, dann muss B diese Kosten selber tragen, hat damit keinen Ersatzanspruch. Bei sonstigen Verwendungen, die über das gewöhnliche Maß hinausgehen, wie die Reparatur wegen eines Schadens an der Leihsache, dann trägt der Verleiher die Kosten und B hat gegen A einen Anspruch auf Ersatz der Verwendungen aus § 601 II BGB. § 601 II BGB verweist dabei auf die GoA nach §§ 677 ff. GoA. Dies stellt einen Teilrechtsgrundverweis dar, d.h. maßgeblich sind nur einige Voraussetzungen zu prüfen, nämlich insbesondere die einer berechtigten oder unberechtigten GoA wie die Interessen- und Willensgemäßheit. Üblicherweise scheitert nämlich der Punkt „Ohne Auftrag“ i.R.d. GoA aufgrund des Schuldverhältnisses in Form des Leihvertrages.

V. Abnutzung der Sache, § 602 BGB

Nutzt der Entleiher das Auto ab, regelt § 602 BGB den Umgang mit diesen Fällen. Ein vertragsgemäßer Gebrauch der Sache wie das Herumfahren mit dem Auto löst keine Ansprüche des Verleihers gegen den Entleiher ab. Insbesondere stehen dem Verleiher keine Schadenersatzansprüche zu, da kein Vertretenmüssen des Entleihers vorliegt. Schließlich war das Herumfahren mit dem Wagen geplant. Macht der Verleiher Ansprüche geltend, ist beim Punkt „Vertretenmüssen“ sodann darauf einzugehen, dass nur eine Abnutzung der Sache vorliegt und damit der Anspruch zu verneinen.

VI. Vertragsgemäßer Gebrauch, § 603 BGB

§ 603 BGB verpflichtet den Entleiher, die Leihsache nur so zu gebrauchen wie es der Leihvertrag vorsieht. Insbesondere darf die Sache regelmäßig nicht bzw. nicht ohne die Erlaubnis des Verleihers einem Dritten zum Gebrauch überlassen werden. Geschieht dies doch, dann werden die Folgeparagraphen interessant wie das Kündigungsrecht.

VII. Rückgabepflicht, § 604 BGB

§ 604 BGB befasst sich mit den Fällen der Rückgabe der Leihsache, d.h. der Entleiher schuldet dem Verleiher zwar kein Entgelt, jedoch muss er die Sache am Ende der Leihzeit wieder zurückgeben. Normalerweise tritt die Rückgabepflicht mit Zeitablauf ein, sofern eine Zeit bestimmt wurde, § 604 I BGB. Beispiel4: A leiht dem B seinen Wagen für 2 Wochen. Nach Ablauf der 2 Wochen muss B dem A den Wagen zurückgeben, § 604 I BGB. Wird keine Zeit bestimmt, kann aber ein Zweck bestimmt werden. Fällt dieser Weg oder wird er erfüllt, dann besteht ebenfalls eine Rückgabepflicht des Entleihers, § 604 II BGB. Beispiel5: A leiht dem B seinen Wagen, damit B mit dem Wagen in den Urlaub fahren kann. Nach dem Urlaub hat B dem A den Wagen zurückzugeben. Ist weder Zeit noch Zweck bestimmt, kann der Verleiher jederzeit die Herausgabe beanspruchen, § 604 III BGB. Im Übrigen kann der Verleiher die Herausgabe auch gegenüber Dritten geltend machen. Beispiel6: Leiht A dem B sein Auto 2 Wochen und verleiht B wiederum den Wagen an C mit Erlaubnis des A, dann kann A zu C gehen und nach Ablauf der zeit von C die Herausgabe beanspruchen, § 604 I, IV BGB.

VIII. Kündigungsrecht, § 605 BGB

Während einer laufenden Leihzeit besteht ein Kündigungsrecht des Verleihers in drei Fällen. Zunächst kann bei Eigenbedarf gekündigt werden, § 605 Nr. 1 BGB. Beispiel7: A leiht dem B sein Auto für 2 Wochen. In dieser Zeit merkt A, dass er den Wagen für seinen Betrieb benötigt. Dann kann er den Leihvertrag kündigen und die Herausgabe von B beanspruchen. Weiterhin kann der Verleiher bei vertragswidrigem Gebrauch kündigen, § 605 Nr. 2 BGB. Beispiel8: Verleiht B entgegen § 603 BGB das Auto an einen Dritten, dann kann A die Leihe kündigen und die Herausgabe beanspruchen. Der letzte Fall des Kündigungsrechts tritt bei Tod des Entleihers ein, § 605 Nr. 3 BGB. Auch dann kann die Leihe gekündigt und die Herausgabe beansprucht werden.

IX. Verjährung, § 606 BGB

Für bestimmte Ansprüche aus dem Leihvertrag regelt § 606 BGB eine spezielle und verkürzte Verjährungsfrist von 6 Monaten. Dies dient der Rechtssicherheit im unentgeltlichen Bereich. Insbesondere greift § 606 BGB bei Schadensersatzansprüchen des Verleihers und auch beim Verwendungsersatzanspruch des Entleihers.

 

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