Lediglich rechtlich vorteilhaft, § 107 BGB (Einzelfälle)
Lediglich rechtlich vorteilhaft, § 107 BGB (Einzelfälle)
Im Rahmen des § 107 BGB stellt sich für die Wirksamkeit der Willenserklärung eines Minderjährigen die Frage, ob das vom Minderjährigen vorgenommene Rechtsgeschäft lediglich rechtlich vorteilhaft ist. Eine Willenserklärung ist lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn der Minderjährige nicht persönlich verpflichtet wird oder ein Recht des Minderjährigen aufgehoben oder beschränkt wird.
- Beispiel 1: A ist minderjährig und verkauft B sein Fahrrad, dann ist dieses Rechtsgeschäft nicht lediglich vorteilhaft, denn A würde durch diesen Vertrag verpflichtet, sein Fahrrad an B zu übereignen.
- Beispiel2: B ist erwachsen und verleiht sein Fahrrad an A, und A ist minderjährig. Hier könnte man überlegen, ob dieser Leihvertrag für A lediglich rechtlich vorteilhaft ist, denn A bekommt den Besitz an dem Fahrrad, ohne hierfür zahlen zu müssen. Doch auch ein Leihvertrag ist nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, da der Entleiher nach § 604 BGB verpflichtet ist, die Leihsache am Ende der Leihzeit zurückzugeben.
- Beispiel 3: B ist erwachsen und schenkt dem A als Minderjährigem sein Fahrrad. Dieser Schenkungsvertrag gemäß § 516 BGB ist lediglich rechtlich vorteilhaft.
- Beispiel 4: A ist minderjährig und verkauft sein Rad an B. Die spätere Übereignung des Rades ist nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, da A durch diese das Eigentum am Rad verlöre, eines seiner Rechte würde somit aufgehoben.
- Beispiel 5: Der Onkel des A leiht dem minderjährigen A sein Fahrrad, und A verkauft und übereignet das Fahrrad an B. Zwar wird durch die Übereignung ein Recht aufgehoben. Dieses ist aber nicht das Recht des A, sondern lediglich das Recht seines Onkels. Dies ist für A weder rechtlich nachteilig noch besonders vorteilhaft. Es handelt sich somit um ein neutrales Rechtsgeschäft, dass von der Norm mit erfasst ist.
- Beispiel 6: B verkauft und übereignet dem A ein Grundstück. A ist minderjährig und erwirbt das Eigentum an dem Grundstück. Die Übereignung ist damit lediglich rechtlich vorteilhaft. Dies ändert sich auch nicht, wenn das Grundstück mit einer Hypothek belastet ist. Auch dieses Rechtsgeschäft ist lediglich rechtlich vorteilhaft, denn bei der Hypothek haftet der Grundstückseigentümer maximal mit dem Grundstück. Eine darüber hinaus gehenden Haftung ist nicht vorgesehen, sodass bei einem Vorgehen der Bank aus der Hypothek höchstens das Grundstück zerschlagen und auf null gehen wird.
- Beispiel 7: Übereignung eines Grundstücks, das mit einer Reallast belastet ist, an einen Minderjährigen. Bei der Reallast ist zu beachten, dass eine persönliche Haftung des Grundstückseigentümers über das Grundstück hinaus vorgesehen ist. Dies ist somit nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, da nicht nur das Grundstück, sondern auch das persönliche Vermögen des Minderjährigen in Beschlag genommen würde, vgl. 1108 BGB.
- Beispiel 8: Schenkungsvertrag bezüglich eines Grundstücks, das mit einer Reallast belastet ist. Hierbei wird vom BGH angenommen, dass bereits der Schenkungsvertrag nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist. Argumentiert wird mit der Gesamtbetrachtungslehre. Danach wird das Abstraktionsprinzip ausnahmsweise durchbrochen, da die erst später erfolgende Übereignung schon beim zugrunde liegenden schuldrechtlichen Rechtsgeschäft zu berücksichtigen ist. Es ist jedoch auch vertretbar, aufgrund des Abstraktionsprinzips den Schenkungsvertrag als lediglich rechtlich vorteilhaft anzusehen und dies dann bei der späteren Übereignung zu verneinen.