Fall: Wochenendhäuser

Der E war zeitlebens Landwirt. Ihm gehören seit 1965 eine ganze Reihe Felder im südlichen Teil der Stadt H. Eines seiner Felder war ursprünglich mit einem Wohnhaus und einem Gerätehaus bebaut. Für diese Bebauung wurden entsprechende Baugenehmigungen erteilt. Im Jahre 2001 gab E die Landwirtschaft aus gesundheitlichen, aber auch aus wirtschaftlichen Gründen auf. Er ließ das Land zunächst brachliegen, um die üppigen EU-Subventionen hierfür zu kassieren. Ende 2013 wusste er nicht mehr wohin mit dem Geld und kam auf die Idee, ein Wochenendhaus an die Stelle des ursprünglichen Gerätehauses, das zwischenzeitlich durch einen Blitzeinschlag, ebenso wie das Wohnhaus, vollständig zerstört worden war, zu bauen.
Das betreffende Grundstück des E liegt in einem landwirtschaftlich sehr reizvollen Bereich, fernab jeglicher anderweitiger Bebauung und unmittelbar an einem See. Das neue Wochenendhaus war bereits im Januar 2014 errichtet. Im Februar 2014 erhielt E neue Subventionen von der EU, die von der Größenordnung her den Bau eines zweiten Wochenendhauses erlaubten und in dem E einen entsprechenden Wunsch hervorriefen. Aufgrund des Umstands, dass das erste Wochenendhaus, insbesondere von seiner abgeschiedenen Lage her, bereits sehr guten Anklang bei den Jagdfreunden des E gefunden hatte, überlegte E, das zweite Haus in einem Abstand von circa 100 m neben dem ersten Haus zu errichten, ebenfalls mit Seezugang. Zugleich kam E der Gedanke, dass für die zweite Errichtung eines Hauses auf diesem Grundstück möglicherweise eine Baugenehmigung erforderlich ist. Aus diesem Grunde rief er seinen guten Jagdkumpel J an, der Mitarbeiter in der für Baugenehmigungen in diesem Bereich zuständigen Behörde ist, und fragte diesen, ob es ihm möglich sei, ihm, dem E, eine entsprechende Erlaubnis gegen ein neues Jagdgewehr zu erteilen. J willigte freudig erregt ein und erteilte die Genehmigung noch am selben Tage. Auf der Grundlage dieser Genehmigung errichtete E das zweite Wochenendhaus im April 2014 wie geplant in 100 m Entfernung zum ersten Wochenendhaus.

Im Juni 2014 ging der M, der, wie der J, Mitarbeiter der zuständigen Behörde ist, an dem See des E unerlaubt Fischen. Dabei fielen ihm die beiden Wochenendhäuser auf, die er in seiner über dreißigjährigen Gewohnheit, hier fischen zu gehen, bisher nie gesehen hatte. Als er einige Tage später routinemäßig in seiner Behörde vorbeischaute, veranlasste er eine entsprechende Prüfung, ob die Gebäude zulässig errichtet worden sind. Es stellte sich heraus, dass für das betreffende Gebiet kein Bebauungsplan vorliegt und dass für das erste Gebäude keine Genehmigung vorlag, während für das zweite eine Genehmigung erteilt worden war.

M war der Meinung, dass unabhängig von der Genehmigung, hier keine Gebäude zulässig errichtet werden können, und übermittelte daher dem E unter dem 4. September 2014 ein Anhörungsschreiben, in dem dem E mitgeteilt wurde, dass beabsichtigt werde, hinsichtlich beider Häuser einer Abrissverfügung zu erlassen. E teilt hieraufhin - tatsächlich zutreffend - mit, dass er nur das gleiche tue, wie seine Nachbarn, die ebenfalls an dem See in den letzten Monaten Wochenendhäuser errichtet hätten. Hiervon unbeeindruckt erließ der M unter dem 20. September 2014 eine Abrissverfügung sowohl für das erste als auch für das zweite Gebäude nebst gleichlaufender Fristsetzung.

Nun kommt E zu Ihnen und möchte von Ihnen wissen, ob die Abrissverfügungen rechtmäßig sind. Er weist auf den erheblichen Wertverlust seines Grundstücks und die verlorenen Investitionen hin, wenn es zu dem Abriss käme. Im Übrigen sei das behördliche Vorgehen willkürlich, weil er als einziger Wochenendhausbesitzer zum Abriss verpflichtet worden sei. Hinsichtlich des letzten Punkts ist es tatsächlich so, dass bisher nur gegen E Abrissverfügungen erlassen worden sind. Dies liegt allerdings daran, dass sich die entsprechenden Ermittlungen gegen die anderen Bauherrn bislang verzögert haben.

Abwandlung:
Wie verhielte es sich hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der zweiten Abrissverfügung, wenn der M bezüglich des zweiten Hauses, ohne eine diesbezügliche Anhörung zunächst die Rücknahme der Baugenehmigung angeordnet hätte und die Abrissverfügung bzgl. des zweiten Wochenendhauses erst danach ergangen wäre.

Bearbeitervermerk:
Gehen Sie für Ausgangsfall und Abwandlung davon aus, dass alle Vorhaben im Einklang mit dem Bauordnungsrecht stehen.
Bei der Bearbeitung ist das Recht des Landes Hamburg zugrundezulegen.



1. Teil: Ausgangsfall
Die gegenüber E ergangenen Abrissverfügungen wären rechtmäßig, wenn sie auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage beruhen und formell und materiell rechtmäßig sind. Insoweit ist zwischen den beiden Wochenendhäusern zu unterscheiden.

I. Erstes Wochenendhaus

1. Ermächtigungsgrundlage
Die Abrissverfügung bedarf als belastendes Verwaltungshandeln einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage. Als solche kommt hier § 76 I 1 HBauO in Betracht.

2. Formelle Rechtmäßigkeit
Die Abrissverfügung bezüglich des ersten Hauses müsste auch formell rechtmäßig sein, das heißt Zuständigkeit, Verfahren und Form müssten gewahrt sein. Bedenken hinsichtlich der Zuständigkeit bestehen hier nicht. Nach § 28 I VwVfG bedarf es im Falle eines belastenden Verwaltungsakts einer vorherigen Anhörung. Hier wurde E vor dem Erlass der Abrissverfügung angehört, so dass die Voraussetzungen des § 28 I VwVfG gewahrt sind. Bedenken hinsichtlich der Form bestehen mangels gegenteiliger Angaben nicht.

3. Materielle Rechtmäßigkeit
Die Abrissverfügung bezüglich des ersten Hauses müsste auch materiell rechtmäßig sein. Dies setzt voraus, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 76 I 1 HBauO vorliegen, dass E der richtige Adressat der Abrissverfügung ist und dass die richtige Rechtsfolge gewählt wurde.

a) Tatbestandsvoraussetzungen
Nach § 76 I 1 HBauO kann die Bauaufsichtsbehörde, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden, die teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlagen anordnen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Diese Anordnung setzt voraus, dass die Anlage formell und materiell illegal ist.

aa) Formelle Illegalität
Das erste Wochenendhaus des E müsste somit formell illegal sein. Ein Vorhaben ist formell illegal, wenn es nicht genehmigt ist, wenn also keine Baugenehmigung für dieses Vorhaben vorliegt. Zudem darf kein Fall der Genehmigungsfreiheit vorliegen. Hinsichtlich des ersten Wochenendhauses hat der E weder eine Baugenehmigung beantragt noch eine solche erhalten. Damit besteht für das erste Wochenendhaus keine Baugenehmigung. Wochenendhäuser sind auch keine genehmigungsfreien Vorhaben im Sinne der §§ 60, 64 und 66 HBauO. Damit ist das erste Wochenendhaus mangels Vorliegens der erforderlichen Genehmigung formell illegal.

bb) Materielle Illegalität
Fraglich ist zunächst, ob eine materielle Illegalität überhaupt gegeben sein muss, oder ob schon die formelle Illegalität für den Erlass einer Abrissverfügung ausreichend ist. Allein das Vorliegen der formellen Illegalität genügt jedenfalls für den Erlass einer Stilllegungsverfügung. Umstritten ist das Erfordernis der zusätzlichen materiellen Illegalität bei der Nutzungsuntersagung. Dagegen kann die bloß formelle Illegalität bei der Abrissverfügung allein nicht zu deren Erlass genügen, denn wenn das Vorhaben materiell rechtmäßig ist, ist die Genehmigung noch nachholbar und eine entsprechende Anordnung des Nachholens wäre ein milderes Mittel als die Abrissverfügung. Daher wäre der Erlass einer Abrissverfügung in diesem Falle unverhältnismäßig. Somit bedarf es hier für den Erlass der Abrissverfügung auch des Vorliegens der materiellen Illegalität.
Ein Vorhaben ist materiell illegal, wenn es nicht genehmigungsfähig ist. Dies ist der Fall, wenn ihm öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen.

(1) Bauordnungsrecht
Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des Vorhabens, hier des ersten Wochenendhauses bestehen, das ist sachverhaltlich vorgegeben, nicht.

(2) Bauplanungsrecht
Das erste Wochenendhaus müsste bauplanungsrechtlich zulässig sein.

(a) Bauplanungsrechtliche Situation
Dazu ist zunächst zu bestimmen, welche bauplanungsrechtliche Situation hinsichtlich des ersten Wochenendhauses vorliegt. Hier ist sachverhaltlich vorgegeben, dass für den Bereich, in dem sich das erste Wochenendhaus befindet, kein Bebauungsplan besteht. Darüber hinaus befanden sich in der weiteren Umgebung zum Zeitpunkt der Errichtung keinerlei weitere Wohngebäude, so dass zu diesem Zeitpunkt ein Außenbereich im Sinne des § 35 BauGB vorlag. Auch das Hinzutreten des zweiten Wochenendhauses verschiebt den Charakter der weiteren Umgebung als Außenbereich im Sinne des § 35 BauGB nicht zugunsten des Vorliegens eines unbeplanten Innenbereichs, da durch die nunmehr vorhandenen zwei Gebäude noch kein im Zusammenhang bebauter Ortsteil im Sinne des § 34 BauGB vorliegt. Damit befindet sich das erste Wochenendhaus des E im Außenbereich im Sinne des § 35 BauGB, so dass dessen Voraussetzungen für die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit gelten.

(b) Bauplanungsrechtliche Zulässigkeit
Zu prüfen ist daher, ob das erste Wochenendhaus unter den Voraussetzungen des § 35 BauGB zulässig ist.

(aa) Privilegiertes Vorhaben, § 35 I BauGB
Bei dem Vorhaben des E könnte es sich um ein sogenanntes „privilegiertes Vorhaben“ im Sinne des § 35 I BauGB handeln. Die in dem Nrn. 1 bis 6 der Vorschrift abschließend aufgezählten Vorhaben sind zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die Erschließung gesichert ist. Zu prüfen ist damit zunächst, ob eine der Nrn. 1 bis 6 hier einschlägig ist. In Betracht kommt hier die Nr. 1. Dieser ist ein Vorhaben zuzurechnen, wenn es einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Fläche einnimmt.
Hier hat der E ursprünglich einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 201 BauGB auf der Fläche, wo jetzt das Wochenendhaus steht, betrieben. Allerdings hat der E den landwirtschaftlichen Betrieb bereits vor einigen Jahren aufgegeben, so dass das nunmehrige Wochenendhaus nicht mehr diesem landwirtschaftlichen Betrieb dient. Damit liegen die Voraussetzungen der Nr. 1 nicht vor. Da keine der anderen Nummern des Absatzes eins in Betracht kommt, ist das erste Wochenendhaus nicht als privilegiertes Vorhaben im Sinne des § 35 I BauGB zulässig.

(bb) Sonstiges Vorhaben, § 35 II BauGB
Zu prüfen ist damit weiter, ob das erste Wochenendhaus als sogenanntes „sonstiges Vorhaben“ im Sinne des § 35 II BauGB zulässig ist. Nach dieser Vorschrift können sonstige Vorhaben im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist. Wann eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange vorliegt, ergibt sich aus § 35 III BauGB. Danach liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange insbesondere vor, wenn das Vorhaben unter die dort genannten Nummern 1 bis 8 fällt. Hier kommt zunächst in Betracht, dass das Wochenendhaus im Sinne der Nummer 5 die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt.
Hier wurde das erste Wochenendhaus des E unmittelbar an den bisher völlig unbebauten See gebaut, wodurch sich der Blick auf die bisher unverbaute Landschaft und den See erheblich verändert hat. Zugleich hat sich durch das Hineinbauen des Wochenendhauses in die bisher unberührte Landschaft auch deren Eigenart als bisher völlig unbebaute Landschaft geändert, und es wurde damit auch der Erholungswert der bisher unberührten Natur getrübt. Damit liegen die Voraussetzungen der Nummer 5 hier vor, so dass das erste Wochenendhaus hier eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange im Sinne des § 35 III Nr. 5 BauGB darstellt.
Darüber hinaus könnte sich eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange auch aus einem Vorliegen der Voraussetzungen der Nr. 7 ergeben. Nach dieser Nummer sind öffentliche Belange dann beeinträchtigt, wenn das Vorhaben die Entstehung einer Splittersiedlung befürchten lässt. Dies kann schon bei der ersten Errichtung eines Gebäudes der Fall sein. Hier kommt der Errichtung des Wochenendhauses des E am See eine negative Vorbildwirkung zu, wie sich auch daran zeigt, dass die Nachbarn des E ebenfalls nunmehr begonnen haben, Wochenendhäuser an den See zu bauen.
Damit sind hier auch öffentliche Belange im Sinne des § 35 III Nr. 7 BauGB beeinträchtigt.

(cc) Begünstige Vorhaben, § 35 IV BauGB
Fraglich ist, ob es sich bei dem ersten Wochenendhaus um ein sogenanntes „begünstigendes Vorhaben“ im Sinne des § 35 IV BauGB handelt. Den dort genannten Vorhaben kann nicht entgegengehalten werden, dass sie öffentliche Belange beeinträchtigen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich sind. Die insoweit in Betracht kommenden „begünstigten Vorhaben“ sind in § 35 IV BauGB ausdrücklich aufgezählt und jeweils an vorhabenspezifische Anforderungen geknüpft.

Hier ist zunächst feststellen, dass die soeben herausgearbeiteten Beeinträchtigung der öffentlichen Belange im Sinne der Nrn. 5 und 7 des § 35 III BauGB textlich in § 35 IV BauGB wieder aufgegriffen werden, so dass eine Anwendbarkeit des § 35 IV BauGB gegeben ist. Damit es über diese Vorschrift zu einer Begünstigung des Vorhabens und damit zur Zulässigkeit kommt, müssen die in den Nrn. 1 bis 6 des Paragraphen 35 IV BauGB genannten Voraussetzungen gegeben sein.

Die in § 35 IV BauGB genannte Nr. 1 bezieht sich allein auf die Änderung der bisherigen Nutzung. Sie setzt damit voraus, dass das betreffende Gebäude, dessen Nutzung geändert wird, in seiner Substanz noch vorhanden ist. Vorliegend ist das ursprüngliche Gebäude, an dessen Stelle nun das Wochenendhaus errichtet wurde, nicht mehr vorhanden. Damit scheidet ein Vorliegen der Nr. 1 aus.

Nr. 2 lässt die Neuerrichtung eines gleichartigen Gebäudes unter bestimmten Voraussetzungen zu. Voraussetzung für eine solche Gleichartigkeit im Sinne der Vorschrift ist, dass die Nutzung des Ersatzbaus mit der des zerstörten Bauwerks identisch oder zumindest vergleichbar ist. Diese Voraussetzungen liegen jedenfalls dann nicht vor, wenn das neue Gebäude in seiner Zweckbestimmung von dem zerstörten Gebäude wesentlich abweicht. Hier handelte es sich ursprünglich um ein Gerätehaus, an dessen Stelle nunmehr ein Wochenendhaus neu errichtet wurde. Aufgrund des funktionellen Unterschieds und der damit einhergehenden unterschiedlichen Nutzung zwischen Gerätehäusern und Wochenendhäusern handelt es sich nicht um ein gleichartiges Gebäude im Sinne der Nr. 2.

Nr. 3 lässt ebenfalls die Neuerrichtung eines gleichartigen Gebäudes im Falle von Naturereignissen, wie hier des Blitzschlages, zu. Auch insofern fehlt es hier an der Gleichartigkeit.

Die Nrn. 4 bis 6 beziehen sich auf weitere Sonderfälle, die im Wesentlichen auf die fortgesetzte Verwendung der bisherigen Substanz eines noch vorhandenen Gebäudes zielen. All diese Fallgruppen sind hier nicht einschlägig, so dass die Begünstigung es § 35 IV BauGB hier nicht greift.

(dd) Bestandsschutz
Möglicherweise ergibt sich hier aber die Genehmigungsfähigkeit aus dem Aspekt des Bestandsschutzes. Danach wird ein ursprünglich rechtmäßig errichtetes Vorhaben von späteren Rechtsänderungen nicht berührt (sogenannter „passiver Bestandsschutz“). Auf der Grundlage dieses passiven Bestandsschutzes wurde in der früheren Rechtsprechung auch ein so genannter „aktiver Bestandsschutz“ abgeleitet, nach dem der Bestandsschutz, den ein ursprünglich im Einklang mit dem materiellen Baurecht errichtetes Gebäude aufgrund seines grundrechtlichen Schutzes aus Art. 14 I GG genießt, nicht nur dazu berechtige, die Anlage in ihrem bisherigen Bestand zu erhalten und zu nutzen, sondern auch dazu, die zur Erhaltung und zeitgemäßen Nutzung notwendige Maßnahmen durchzuführen. Nach dieser früheren Rechtsprechung hatte der Bauherr unmittelbar aus Art. 14 I GG einen Anspruch auf Genehmigung von Maßnahmen, die auch die Erweiterung und unter Umständen sogar die Neuerrichtung der Anlage umfassen konnten. Unter Zugrundelegung dieser früheren Rechtsprechung wäre hier daran zu denken, die Errichtung des Wochenendhauses an der Stelle des ehemaligen Gerätehauses als eine bestandsgeschützte Weiternutzung desselben anzusehen. Dem ist jedoch mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entgegenzutreten, wonach ein unmittelbarer Anspruch aus Art. 14 I GG nicht in Betracht kommt (sog. Nassauskiesungsentscheidung). Dieser Ansicht hat sich nunmehr auch das Bundesverwaltungsgericht angeschlossen. Soweit ersichtlich, wird das Institut des aktiven Bestandsschutzes damit nicht mehr vertreten und kommt gerade neben § 35 IV BauGB der eine insoweit abschließende Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG darstellt, nicht in Betracht. Das Institut des aktiven Bestandsschutzes kann daher hier nicht Grundlage eines Anspruchs auf Genehmigungserteilung sein, so dass sich aus diesem Institut auch keine Genehmigungsfähigkeit für den vorliegenden Fall ableiten lässt.

Da der passive Bestandschutz keine Neuerrichtung eines Gebäudes zulässt, kann sich die Genehmigungsfähigkeit hier auch insgesamt nicht aus dem Aspekt des Bestandsschutzes ergeben.

Damit ist das erste Wochenendhaus nicht genehmigungsfähig und damit materiell illegal.

b) Richtiger Adressat
Die Abrissverfügung müsste auch an den richtigen Adressaten gerichtet sein. Mangels diesbezüglicher Vorschriften in den Baugesetzen richtet sich die Pflichtigkeit nach den allgemeinen Ordnungsgesetzen, das heißt in Hamburg nach den §§ 8 ff. HmbSOG.
E müsste also Störer und damit richtiger Adressat der Ordnungsverfügung sein. E könnte hier Verhaltensstörer im Sinne des § 8 I HmbSOG sein. Verhaltensstörer ist, wessen Verhalten unmittelbar die Gefahrgrenze überschreitet. Hier hat E ein Bauwerk unter Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften errichtet. Durch sein Verhalten hat E daher unmittelbar die Gefahrenschwelle überschritten. Er ist damit Verhaltensstörer im Sinne des § 8 I HmbSOG. Ferner könnte E auch Zustandsstörer im Sinne des § 9 I 1 HmbSOG sein. Danach ist dann, wenn die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch den Zustand einer Sache gefährdet oder gestört ist, die Maßnahme gegen den Eigentümer der Sache zu richten. Vorliegend steht das von E errichtete Haus auf dem Grundstück des E, so dass es auch in seinem Eigentum steht. Damit ist die Maßnahme insoweit gegen E als Eigentümer zu richten. Er ist damit auch Zustandsstörer im Sinne des § 9 I 1 HmbSOG.

c) Rechtsfolge
Rechtsfolge des § 76 I 1 HBauO ist, wie sich aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt („kann“), Ermessen. Vorliegend sind Ermessensfehler weder hinsichtlich des Entschließungsermessens noch hinsichtlich des Auswahlermessens ersichtlich. Insbesondere ist hinsichtlich des Auswahlermessens weder ein Ermessensfehler hinsichtlich der Störerauswahl noch hinsichtlich der Auswahl des Mittels zu erkennen. Hinsichtlich der Auswahl des Mittels liegt insbesondere keine Ermessensüberschreitung vor, da die Anordnung des Abrisses hier das einzig denkbare Mittel ist, um die vorliegenden baurechtlichen Verstöße zu beseitigen.
Fraglich ist noch, ob das alleinige Vorgehen gegen den E gegen Art. 3 I GG verstößt. Insoweit ist zunächst festzustellen, dass Art. 3 I GG keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht gewährt. Gleichwohl kann die Verwaltung sich durch eine entsprechende Praxis (hier etwa des Nichteinschreitens in vergleichbar gelagerten Fällen) selbst an eine solche Entscheidung binden (Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung). Vorliegend ist es indes so, dass die Behörde zurzeit gegen die anderen Bauherren noch ermittelt und es nicht erkennbar ist, dass gegen diese nicht eingeschritten werden wird. Vielmehr ist E nur der erste, gegen den vorgegangen wird. Insofern besteht aber kein Anspruch darauf, in einer solchen Konstellation nicht der Erste zu sein, gegen den vorgegangen wird, da andernfalls ein Vorgehen in solchen Situationen allgemein unmöglich wäre. Damit liegt hier in dem zunächst alleinigen Vorgehen gegen den E kein Verstoß gegen Art. 3 I GG.

Damit ist die Abrissverfügung hinsichtlich des ersten Wochenendhauses rechtmäßig.

II. Zweites Wochenendhaus

1. Ermächtigungsgrundlage
Als Ermächtigungsgrundlage kommt auch hier § 76 I 1 HBauO in Betracht.

2. Formelle Rechtmäßigkeit
Bedenken hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit bestehen nicht (s.o.).

3. Materielle Rechtmäßigkeit
Auch die Abrissverfügung bezüglich des zweiten Wochenendhauses müsste materiell rechtmäßig sein. Dies setzt voraus, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 76 I 1 HBauO vorliegen, dass E der richtige Adressat der Abrissverfügung ist und dass die richtige Rechtsfolge gewählt wurde.

a) Tatbestandsvoraussetzungen
Nach § 76 I 1 HBauO kann die Bauaufsichtsbehörde, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden, die teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlage anordnen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Dies ist der Fall, wenn die Anlage formell und materiell illegal ist.
Damit müsste auch das zweite Wochenendhaus des E formell illegal sein, das heißt, es dürfte hierfür keine Genehmigung vorliegen. Hier hat der E aber eine Genehmigung von der zuständigen Behörde zur Errichtung des zweiten Wochenendhauses erhalten. Dass diese möglicherweise rechtswidrig ist, spielt für deren Wirksamkeit keine Rolle, § 43 VwVfG. Damit fehlt es bezüglich des zweiten Wochenendhauses an der formellen Illegalität.

b) Zwischenergebnis
Mangels formeller Illegalität fehlt es hier bezüglich des zweiten Wochenendhauses auch an den Tatbestandsvoraussetzungen des § 76 I 1 HBauO.

Aufgrund des Umstands, dass bereits die Tatbestandsvoraussetzungen zum Erlass der Abrissverfügung nicht vorlagen, ist deren tatsächlicher Erlass rechtswidrig.

III. Endergebnis zum Ausgangsfall
Die Abrissverfügung bezüglich des ersten Wochenendhauses ist rechtmäßig. Diejenige bezüglich des zweiten Wochenendhauses ist indes rechtswidrig.

2. Teil: Abwandlung
In der Abwandlung ist allein nach der Rechtmäßigkeit der Abrissverfügung bezüglich des zweiten Wochenendhauses gefragt.

I. Ermächtigungsgrundlage
Als Ermächtigungsgrundlage kommt wiederum § 76 I 1 HBauO in Betracht.

II. Formelle Rechtmäßigkeit
Bedenken hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit bestehen auch hier nicht (s.o.).

III. Materielle Rechtmäßigkeit
Die Abrissverfügung bezüglich des zweiten Wochenendhauses müsste materiell rechtmäßig sein. Dies setzt voraus, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 76 I 1 HBauO vorliegen, dass E der richtige Adressat der Abrissverfügung ist und dass die richtige Rechtsfolge gewählt wurde.

1. Tatbestandsvoraussetzungen
Nach § 76 I 1 HBauO kann die Bauaufsichtsbehörde, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden, die teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlage anordnen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Diese Anordnung setzt voraus, dass die Anlage formell und materiell illegal ist.

a) Formelle Illegalität
Zunächst müsste auch das zweite Wochenendhaus des E formell illegal sein, das heißt, es dürfte hierfür keine Genehmigung vorliegen. Hier hat der E aber eine Genehmigung von der zuständigen Behörde zur Errichtung des zweiten Wochenendhauses erhalten. Dass diese möglicherweise rechtswidrig ist, spielt für deren Wirksamkeit keine Rolle, § 43 VwVfG. Im Gegensatz zum Ausgangsfall könnte die Baugenehmigung bezüglich des zweiten Wochenendhauses hier jedoch wirksam zurückgenommen worden sein.

aa) Ermächtigungsgrundlage
Als Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme der Baugenehmigung kommt § 48 I, III HmbVwVfG in Betracht.

bb) Formelle Rechtmäßigkeit
Die Rücknahme müsste auch formell rechtmäßig erfolgt sein, das heißt es müssten Zuständigkeit, Verfahren und Form gewahrt sein. Zuständig für die Rücknahme des Ausgangs-VA, hier der Baugenehmigung, ist die Behörde, die für den Erlass zuständig gewesen wäre. Hier bestehen insoweit keine Bedenken. Ferner müsste bezüglich der Rücknahme eine Anhörung stattgefunden haben, § 28 I VwVfG. Dies ist vorliegend nicht ersichtlich. Die fehlende Anhörung kann aber über die Durchführung des Vorverfahrens gemäß § 45 I Nr. 3, Abs. 2 HmbVwVfG nachgeholt und damit der Verfahrensmangel geheilt werden. Bedenken hinsichtlich der Form bestehen nicht.

cc) Materielle Rechtmäßigkeit
Die Rücknahme nach § 48 I, III HmbVwVfG setzt voraus, dass ein rechtswidriger, begünstigender, nicht auf Geld oder eine sonstige teilbare Sachleistung gerichteter Verwaltungsakt vorliegt, die Frist des § 48 IV HmbVwVfG gewahrt wurde und die richtige Rechtsfolge gewählt wurde.

(1) Rechtswidriger Ausgangs-VA
Zunächst müsste die Baugenehmigung als Ausgangs-VA rechtswidrig gewesen sein.
Dies wäre der Fall, wenn die erteilte Baugenehmigung nicht auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage beruhte oder formell oder materiell rechtswidrig wäre.

Ermächtigungsgrundlage für die Erteilung einer Baugenehmigung ist § 72 I HBauO. In formeller Hinsicht bestehen mangels gegenteiliger Angaben keine Bedenken bezüglich der Rechtmäßigkeit.
Fraglich ist indes, ob die Baugenehmigung auch materiell rechtmäßig ist. Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die Errichtung eines Wochenendhauses genehmigungspflichtig ist, da es nicht von der Genehmigungspflicht befreit ist (s.o.). Zu prüfen ist damit weiter, ob das zweite Wochenendhaus auch genehmigungsfähig war. Insoweit wurde bereits festgestellt, dass dies nicht der Fall ist (s.o.). Mangels Genehmigungsfähigkeit war die erteilte Baugenehmigung für das zweite Wochenendhaus damit rechtswidrig.

(2) Begünstigend
Der Ausgangs-VA, hier die Baugenehmigung, gewährte dem E ein Recht, und war damit für den E begünstigend.

(3) Sonstiger VA
Der Ausgangs-VA, hier die Baugenehmigung, war auch nicht auf eine Geldleistung oder eine sonstige teilbare Sachleistung gerichtet, so dass für die Rücknahme nicht die besonderen Voraussetzungen des § 48 II HmbVwVfG gelten, sondern sich die Rücknahme (nur) nach § 48 III HmbVwVfG richtet.

(4) Frist, § 48 IV HmbVwVfG
Die Jahresfrist des § 48 IV HmbVwVfG ist, unabhängig davon, welche Ansicht man hinsichtlich des Fristbeginns zugrunde legt, jedenfalls gewahrt.

(5) Rechtsfolge
Rechtsfolge von § 48 I, III HmbVwVfG ist Ermessen. Hinsichtlich der Ausübung dieses Ermessens ist umstritten, ob dem Vertrauensschutzgedanken hier im Rahmen der Ermessensausübung bezüglich des § 48 I, III HmbVwVfG eine Bedeutung zukommt. Eine Entscheidung dieser Frage wäre dann nicht zu treffen, wenn es darauf hier nicht ankäme. Dies wäre der Fall, wenn das Vertrauen des E in eine Nichtrücknahme ohnehin nicht schutzwürdig wäre. Hier hätte E ohne weiteres erkennen können, zumindest sich aber entsprechenden rechtlichen Rat einholen kann, dass die Errichtung auf der Grundlage der „erschlichenen“ beziehungsweise „kollusiv-erwirkten“ Baugenehmigung nicht zulässig ist und dass eine solche Baugenehmigung auch unter anderen Umständen für das zweite Wochenendhaus nicht zu bekommen wäre. Angesichts dieser Kenntnis ist das Vertrauen des E nicht schutzwürdig. Damit kann dahinstehen, ob das (hier nicht vorhandene) Vertrauen bei der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen ist.
Sonstige Ermessensfehler sind nicht ersichtlich, so dass die Rücknahme insgesamt rechtmäßig ist.

Aufgrund dieser Rücknahme der Baugenehmigung ist das zweite Wochenendhaus damit formell illegal.

b) Materielle Illegalität
Das zweite Wochenendhaus ist auch materiell illegal, da nicht genehmigungsfähig (s.o.).

2. Richtiger Adressat
Richtiger Adressat der Abrissverfügung ist der E (s.o.).

3. Rechtsfolge
Rechtsfolge des § 76 I 1 HBauO ist Ermessen. Vorliegend sind Ermessensfehler weder hinsichtlich des Entschließungsermessens noch hinsichtlich des Auswahlermessens ersichtlich. Insbesondere ist hinsichtlich des Auswahlermessens weder ein Ermessensfehler hinsichtlich der Störerauswahl noch hinsichtlich der Auswahl des Mittels zu erkennen. Hinsichtlich der Auswahl des Mittels liegt insbesondere keine Ermessensüberschreitung vor, da die Anordnung des Abrisses hier das einzig denkbare Mittel ist, um die vorliegenden baurechtlichen Verstöße zu beseitigen (s.o.).
Auch insoweit stellt das vorerst alleinige Vorgehen gegen den E keinen Verstoß gegen Art. 3 I GG dar (s.o.)

Damit ist die Abrissverfügung hinsichtlich des zweiten Wochenendhauses rechtmäßig.