Fall: Verkehrskontrolle

Der bisher unbescholtene Justizangestellte Arnold A nimmt mit seinen Kollegen am jährlichen Betriebsausflug teil, der in einem Landgasthaus in Schleswig-Holstein feuchtfröhlich ausklingt. A hat dabei zwar dem Bier eifrig zugesprochen, beschließt aber gegen 23.00 Uhr, dennoch den Heimweg mit dem PKW seiner Ehefrau anzutreten, den er sich für den Ausflug geliehen hatte. Dem Dezernatleiter RiAG Dr. R. erklärt er noch: „Keine Sorge, ich bin voll auf der Höhe“. Auch sein Kollege Berthold B hält ihn noch für fahrtüchtig und schließt sich ihm an.

Während B noch kurz die Toilette aufsucht, begibt sich A schon auf den Kundenparkplatz der Gastwirtschaft, um das Auto auszuparken. Dabei stößt er auf den überfüllten, schlecht beleuchteten und engen Parkplatz versehentlich gegen den hinteren Kotflügel des PKW-Mercedes des Dr. R. Erschrocken will er aussteigen, zumal ihm jetzt doch Zweifel an seiner Fahrtüchtigkeit kommen. In dem Moment kommt B hinzu, wirft einen Blick auf den Mercedes und erklärt: „Kannst losfahren, Arnold. Is`nix passiert.“ Erleichtert fährt A los, während B voller Schadenfreude an das lange Gesicht des ihm unsympathischen Dezernatsleiters denkt, der in Kürze eine kostspielige Beule in seinem nagelneuen Wagen entdecken wird.

Bereits nach wenigen Minuten gerät A in eine Verkehrskontrolle durch den Polizeibeamten P, der vor ihm mit einer „Kelle“ auf die Fahrbahn tritt, um ihn anzuhalten. Weil es ihm peinlich ist, ausgerechnet als Justizangestellter mit Alkohol am Steuer erwischt zu werden, bremst A nicht ab, sondern hält mit ca. 50 km/h unverändert auf P zu. Er geht dabei davon aus, dass P schon rechtszeitig zur Seite treten werde, um ihn passieren zu lassen. Der überraschte P kann sich durch einen Sprung auf den Seitenstreifen gerade noch in Sicherheit bringen. A beschleunigt jetzt auf über 100 km/h und überfährt zum Entsetzen des B an der nächsten Kreuzung eine rote Ampel. Glücklicherweise ist die Kreuzung gerade nicht befahren.

Unmittelbar darauf tauchen zwei Peterwagen mit Blaulicht auf, die P über Funk zur Hilfe gerufen hatte. Als A erkennt, dass seine Flucht misslungen ist, fährt er an den Straßenrand und lässt sich festnehmen. Die Beamten bemerken sogleich Lackspuren an der Stoßstange. A wird jetzt klar, dass der Lack von dem Unfall mit dem PKW des Dr. R stammen muss. Auf dem Polizeirevier verschweigt er aus Angst den Beamten den Zwischenfall auf dem Parkplatz. Um 2.25 Uhr nachts wird ihm auf der Revierwache eine Blutprobe abgenommen. Sie ergibt eine Blutalkoholkonzentration von 1,00 Promille.

Wie haben A und B sich strafbar gemacht?


1. Teil: Strafbarkeit des A

A. Strafbarkeit gem. § 315c I Nr. 1a, III Nr. 2 StGB durch das Fahren mit dem Pkw auf dem Parkplatz in alkoholisiertem Zustand und die Kollision mit dem Mercedes
A könnte sich gem. § 315c I Nr. 1a, III Nr. 2 StGB wegen Gefährdung des Straßenverkehrs strafbar gemacht haben, indem er mit seinem Pkw im alkoholisierten Zustand auf dem Parkplatz fuhr und mit dem Mercedes kollidierte.

I. Tatbestand

1. Führen eines Fahrzeugs im Straßenverkehr
A müsste zunächst ein Fahrzeug im Straßenverkehr geführt haben. A führte einen Pkw und somit ein Fahrzeug. Zum Straßenverkehr gehören alle Wege, Plätze oder Durchgänge, die jedermann oder allgemein bestimmten Gruppen von Verkehrsteilnehmern zur Nutzung offen stehen. A führte den Pkw hier auf dem Kundenparkplatz des Gasthauses. Dieser ist ein jedermann zur Nutzung offen stehender Platz. A führte das Fahrzeug also auch im Straßenverkehr.

2. Alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit
A müsste auch alkoholbedingt fahruntüchtig gewesen sein. Eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit liegt vor, wenn der Fahrer entweder eine BAK von mindestens 0,3 Promille aufweist und einen alkoholbedingten Fahrfehler begeht (relative Fahruntüchtigkeit) oder wenn er eine BAK von mindestens 1,1 Promille aufweist (absolute Fahruntüchtigkeit). Die Tatzeit war hier gegen 23.00 Uhr. Um 02:30 Uhr hatte der A eine BAK von 1,0 Promille. Bei normalen Trinkverhalten bleiben die ersten ein bis zwei Stunden rückrechnungsfrei (Resorptionsphase). Danach darf mit 0,1 Promille rückgerechnet werden. Bei einer Zeitspanne von 3 Stunden zwischen der Tat und der Blutentnahme zur Feststellung der BAK ergibt sich damit eine BAK von 1,15 Promille zur Tatzeit. A war zur Tatzeit also absolut fahruntüchtig. Eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit liegt vor.

3. Konkrete Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert
A müsste dadurch auch eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder für fremde Sachen von bedeutendem Wert herbeigeführt haben. Eine konkrete Gefahr liegt vor, wenn der Eintritt des Schadens wahrscheinlicher ist als sein Ausbleiben. In Betracht kommt hier eine konkrete Gefahr für eine fremde Sache von bedeutendem Wert. Eine Sache hat etwa ab einer Grenze von 1000 Euro einen bedeutenden Wert. Hier ist eine Beule an einem neuen Mercedes entstanden. Es ist davon auszugehen, dass dieser mindestens 1000 Euro wert ist. Er ist somit eine Sache von bedeutendem Wert. Zudem ist mit der Beule auch bereits ein Schaden entstanden. Auch eine konkrete Gefahr liegt somit vor. A müsste die konkrete Gefahr jedoch auch durch das Führen des Fahrzeugs im alkoholbedingt fahruntüchtigen Zustands herbeigeführt haben. Es müsste also Kausalität vorliegen. Nach der Äquivalenztheorie ist eine Handlung dann kausal für den Erfolg, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele (sog. conditio-sine-qua-non-Formel). Hier führte A das Fahrzeug auf einem überfüllten, engen und schlecht beleuchteten Parkplatz. Es ist somit nicht auszuschließen, dass es auch ohne die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit des A zu der Kollision mit dem Mercedes gekommen wäre. Eine Kausalität kann somit nicht angenommen werden. A hat die konkrete Gefahr nicht durch das Führen des Fahrzeugs in fahruntüchtigem Zustand herbeigeführt.

4. Ergebnis
Der Tatbestand ist nicht erfüllt.

II. Ergebnis
A hat sich nicht gem. § 315c I Nr. 1a, III Nr. 2 StGB strafbar gemacht.

B. Strafbarkeit gem. § 316 II StGB durch das Fahren mit dem Pkw auf dem Parkplatz in alkoholisiertem Zustand
A könnte sich jedoch gem. § 316 II StGB wegen Trunkenheit im Verkehr strafbar gemacht haben, indem er in mit seinem Pkw in alkoholisiertem Zustand auf dem Parkplatz fuhr. A führte ein Fahrzeug im Zustand alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit (s.o.). Er müsste jedoch auch fahrlässig gehandelt haben. A ging hier davon aus, er sei noch fahrtüchtig. Jedoch hatte er schon viel Alkohol getrunken. Er hätte erkennen müssen, dass er fahruntüchtig und nicht mehr in der Lage war, ein Fahrzeug zu führen. Er handelte also fahrlässig. Rechtfertigungsgründe sind nicht ersichtlich. A handelte rechtswidrig. Schuldausschließungs- oder Entschuldigungsgründe sind ebenfalls nicht erkennbar. A handelte also auch schuldhaft. Er hat sich gem. § 316 II StGB strafbar gemacht.

C. Strafbarkeit gem. § 142 I Nr. 1 StGB durch Verlassen des Parkplatzes nach der Kollision
A könnte sich gem. § 142 I Nr. 1 StGB wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort strafbar gemacht haben, indem er nach der Kollision mit dem Mercedes den Parkplatz verließ.

I. Tatbestand

1. Unfall im Straßenverkehr
Es müsste zunächst ein Unfall im Straßenverkehr vorliegen. Ein Unfall ist jedes plötzliche Ereignis, das mit typischen Gefahren des Straßenverkehrs zusammenhängt und zu nicht völlig belanglosen Körper- oder Sachschäden führt. A kollidierte hier versehentlich mit einem Mercedes. Die Kollision stellt also ein plötzliches Ereignis dar. Die Kollision eines fahrenden mit einem geparkten Fahrzeug hängt zudem mit den typischen Gefahren des Straßenverkehrs zusammen. Auch ist an dem Mercedes ein nicht völlig belangloser Sachschaden entstanden (s.o.). Die Kollision stellt also einen Unfall dar. Die Kollision fand auch im Straßenverkehr statt (s.o.). Ein Unfall im Straßenverkehr liegt vor.

2. Unfallbeteiligter, § 142 V StGB
A müsste auch Unfallbeteiligter i.S.d. § 142 V StGB sein. Sein Verhalten müsste also nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben. Das Verhalten des A war hier ursächlich für den Unfall. Er ist somit Unfallbeteiligter i.S.d. § 142 V StGB.

3. Entfernen
A müsste sich zudem vom Unfallort entfernt haben. A verließ hier mit seinem Pkw den Parkplatz. Er hat sich also vom Unfallort entfernt.

4. Verletzung der Feststellungspflicht
A müsste zudem auch seine Feststellungspflicht aus § 142 I Nr. 1 StGB verletzt haben. Der Unfallbeteiligte hat gem. § 142 I Nr. 1 StGB die Pflicht, gegenüber dem Geschädigten oder einer anderen feststellungsbereiten Person Feststellungen zum Unfallgeschehen zu treffen. A hat hier weder gegenüber dem Geschädigten R noch gegenüber dem feststellungsbereiten B Feststellungen zum Unfallgeschehen getroffen. Er hat also seine Feststellungspflicht verletzt.

5. Vorsatz
A müsste jedoch auch vorsätzlich gehandelt haben. Vorsatz ist Wissen und Wollen im Hinblick auf die Verwirklichung sämtlicher objektiver Tatbestandsmerkmale. Der B spielte dem A hier vor, es wäre gar kein Schaden entstanden. A glaubte ihm und wusste somit gar nicht, dass es zu einem Unfall gekommen war. Er handelt somit gem. § 16 I StGB ohne Vorsatz.

6. Ergebnis
Der Tatbestand ist nicht erfüllt.

II. Ergebnis
A hat sich nicht gem. § 142 I Nr. 1 StGB strafbar gemacht.

D. Strafbarkeit gem. § 316 I StGB durch die Weiterfahrt nach der Kollision
A könnte sich gem. § 316 I StGB wegen Trunkenheit im Verkehr strafbar gemacht haben, indem er nach der Kollision mit dem Mercedes weiterfuhr. A hat im Zustand alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit ein Fahrzeug im Straßenverkehr geführt (s.o.). Zudem zweifelte A nach der Kollision an seiner Fahrtüchtigkeit. Er hielt es also zumindest für möglich, fahruntüchtig zu sein. Er handelte somit auch vorsätzlich. A handelte auch rechtswidrig und schuldhaft. Er hat sich gem. § 316 I StGB strafbar gemacht.

E. Strafbarkeit gem. § 315b I Nr. 3, III i.V.m. § 315 III StGB durch das Zufahren auf den P mit 50 km/h
A könnte sich gem. § 315b I Nr. 3, III i.V.m. § 315 III StGB wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr strafbar gemacht haben, indem er mit 50 km/h auf den P zufuhr.


I. Anwendbarkeit
Zunächst müsste die Vorschrift des § 315b StGB anwendbar sein. Aus einem Vergleich des Wortlautes des § 315c („im Straßenverkehr“) und des Wortlautes des § 315b StGB („in den Straßenverkehr“) ergibt sich, dass § 315b StGB nur verkehrsfremde Eingriffe von außen erfassen kann. Dies wird auch durch den abschließenden Katalog des § 315c I Nr. 2 StGB deutlich. Würde man auch andere, nicht in § 315c I Nr. 2 StGB geregelte Verstöße im Straßenverkehr nach dem Strafgesetzbuch bestrafen, umginge man diesen abschließenden Katalog. Hier führte A sein Fahrzeug im Straßenverkehr. Ein Eingriff von außen liegt also zunächst nicht vor. Ausnahmsweise werden jedoch auch Verstöße im Straßenverkehr von § 315b StGB erfasst, wenn der Täter sein Fahrzeug bewusst zweckentfremdet, in verkehrsfeindlicher Absicht handelt und Schädigungsvorsatz hat. Hier setzte der A sein Fahrzeug ein, um P zum Ausweichen zu nötigen. Er benutzte sein Fahrzeug also nicht seinem Zweck entsprechend als Fortbewegungsmittel, sondern zweckentfremdete es als Nötigungsmittel. A fuhr zudem auf einer öffentlichen Straße auf den P zu und nicht etwa in einer abgelegenen Gegend. Er handelte also auch in verkehrsfeindlicher Absicht. Allerdings ging A davon aus, der P werde noch rechtzeitig zur Seite springen. Er wollte den P also nicht schädigen und hielt dies auch nicht für möglich. Er hatte somit keinen Schädigungsvorsatz. Die oben genannte Ausnahme greift hier also nicht. Die Vorschrift des § 315b StGB ist nicht anwendbar.

II. Ergebnis
A hat sich nicht gem. § 315b I Nr. 3, III i.V.m. § 315 III StGB strafbar gemacht.

F. Strafbarkeit gem. §§ 223 I, 224 I Nr. 2, 5 StGB durch das Zufahren auf den P mit 50 km/h
Durch dieselbe Handlung könnte A sich gem. §§ 223 I, 224 I Nr. 2, 5 StGB strafbar gemacht haben. Dann müsste A jedoch auch vorsätzlich gehandelt haben. A ging hier davon aus, P würde rechtzeitig zur Seite springen. Er wollte ihn somit nicht körperlich misshandeln oder an der Gesundheit schädigen und hielt dies auch nicht für möglich. Er handelte ohne Vorsatz. Er hat sich nicht gem. §§ 223 I, 224 I Nr. 2, Nr. 5 StGB strafbar gemacht.

G. Strafbarkeit gem. § 113 I, II Nr. 1, 2 StGB durch das Zufahren auf P mit 50 km/h
Durch dieselbe Handlung könnte A sich jedoch gem. § 113 I, II Nr. 1, 2 StGB wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in einem besonders schweren Fall strafbar gemacht haben.

I. Tatbestand

1. Amtsträger
P müsste Amtsträger sein. Amtsträger ist gem. § 11 I Nr. 2a StGB, wer nach deutschem Recht Beamter ist. P ist Polizist und somit nach deutschem Recht Beamter. Er ist Amtsträger.

2. Zur Vollstreckung berufen
P müsste auch zur Vollstreckung berufen sein. P ist als Polizist und zur Vollstreckungen von Verfügungen berufen.

3. Bei der Vornahme einer Diensthandlung
P müsste sich auch bei der Vornahme einer Diensthandlung befunden haben. P hat hier eine nach Landesrecht zulässige Verkehrskontrolle durchgeführt. Sollte schon ein Verdacht auf Alkoholisierung vorgelegen haben, nahm P außerdem eine Maßnahme zur Identitätsfeststellung gem. § 163b I StGB vor. Er befand sich bei der Vornahme einer Diensthandlung.

4. Widerstandleisten durch Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt oder tätlicher Angriff
A müsste dem P durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt Widerstand geleistet haben oder ihn tätlich angegriffen haben.

a) Gewalt
Gewalt ist jeder körperlich wirkender Zwang. P musste durch das Zufahren zur Seite springen. Von dem Zufahren geht somit ein körperlich wirkender Zwang aus. A hat Gewalt angewendet.

b) Drohung mit Gewalt
Drohung ist das In-Aussicht-Stellen eines künftigen Übels, auf das der Täter Einfluss zu haben vorgibt. Der Sachverhalt bietet hier keine Anhaltspunkte dafür, dass A dem P über die Gewaltanwendung hinaus noch weitere Gewalt in Aussicht stellte. Er hat dem P also nicht mit Gewalt gedroht.

c) Tätlicher Angriff
Ein tätlicher Angriff ist jede feindselige, unmittelbar auf den Körper der geschützten Person abzielende Einwirkung. A zielte durch das Zufahren auf P unmittelbar auf dessen Körper ab und wirkte feindselig auf ihn ein. Auch ein tätlicher Angriff ist somit gegeben.

d) Ergebnis
A hat dem P durch Gewalt Widerstand geleistet und ihn tätlich angegriffen.

5. Vorsatz
A müsste auch vorsätzlich gehandelt haben. Er war sich darüber bewusst, dass P Polizist war und wollte auf ihn zufahren. Er handelte vorsätzlich.

6. Objektive Bedingung der Strafbarkeit: Rechtmäßigkeit der Diensthandlung, § 113 III StGB
Gem. § 113 III StGB ist als objektive Bedingung der Strafbarkeit die Rechtmäßigkeit der Diensthandlung erforderlich. Der Amtsträger muss hierfür sachlich und örtlich zuständig sein, die wesentlichen Förmlichkeiten einhalten und das ihm gegebenenfalls eingeräumte Ermessen ordnungsgemäß ausüben. Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte im Sachverhalt auszugehen.

7. Ergebnis
Der Tatbestand ist erfüllt.

II. Rechtswidrigkeit und Schuld
A handelte auch rechtswidrig und schuldhaft.

III. Strafzumessung: Besonders schwerer Fall, § 113 II StGB
Es könnte auch ein besonders schwerer Fall i.S.d. § 113 II StGB vorliegen.

1. Gefährliches Werkzeug, § 113 II Nr. 1 StGB
A könnte zunächst i.S.d. § 113 II Nr. 1 StGB ein gefährliches Werkzeug bei sich geführt haben, um dieses bei der Tat zu verwenden. Ein gefährliches Werkzeug ist ein Gegenstand, der in der konkreten Art der Anwendung geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen. Der Pkw des A ist ein Gegenstand, der in der konkreten Art der Anwendung geeignet war, erhebliche Verletzungen bei P herbeizuführen. Der Pkw ist somit ein gefährliches Werkzeug. A kam es auch darauf an, den Pkw bei der Tat zu verwenden. Er führte ein gefährliches Werkzeug bei sich, um dieses bei der Tat zu verwenden.

2. Konkrete Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung durch eine Gewalttätigkeit, § 113 II Nr. 2 StGB
A könnte den P auch i.S.d. § 113 II Nr. 2 StGB durch eine Gewalttätigkeit in die konkrete Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung gebracht haben.

a) Gewalttätigkeit
Gewalttätigkeit ist jede aggressive Entfaltung von Kraft gegen eine Person. A fährt hier mit 50 km/h sehr schnell und hält direkt auf den P zu. Das Zufahren stellt somit eine aggressive Entfaltung von Kraft gegen eine Person dar. Gewalttätigkeit ist gegeben.

b) Konkrete Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung
Wäre es zu einer Kollision gekommen, hätte P schwer an der Gesundheit geschädigt werden oder sogar sterben können. A fuhr mit erheblicher Geschwindigkeit und P konnte sich gerade noch so in Sicherheit bringen. Der Eintritt des Schadens war somit wahrscheinlicher als sein Ausbleiben. A hat den P also auch in die konkrete Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung gebracht.

c) Ergebnis
A hat den P i.S.d. § 113 II Nr. 2 StGB durch eine Gewalttätigkeit in die konkrete Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung gebracht.

3. Vorsatzähnliches Bewusstsein
A müsste auch ein vorsatzähnliches Bewusstsein gehabt haben. A kannte die Umstände, die sein Fahrzeug als gefährliches Werkzeug qualifizieren und auch dir Gefahr für den P. Er hatte somit ein vorsatzähnliches Bewusstsein.


4. Ergebnis
Es liegt ein besonders schwerer Fall i.S.d. § 113 II Nr. 1, 2 vor.

IV. Ergebnis
A hat sich gem. §§ 113 I, II Nr. 1, 2 StGB strafbar gemacht.

H. Strafbarkeit gem. § 315c I Nr. 1a, Nr. 2 StGB durch das Überfahren der roten Ampel
A könnte sich weiterhin gem. § 315c I Nr. 1a, Nr. 2 StGB wegen Gefährdung des Straßenverkehrs strafbar gemacht haben, indem er die rote Ampel überfuhr. Dann wäre jedoch eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder für eine fremde Sache von bedeutendem Wert erforderlich. Hier war die Kreuzung, die A überfuhr, nicht befahren. Ein Schadenseintritt war also nicht wahrscheinlich. Eine konkrete Gefahr liegt nicht vor. A hat sich nicht gem. § 315c I Nr. 1a, Nr. 2 StGB strafbar gemacht.

I. Strafbarkeit gem. § 142 II Nr. 2 StGB durch Verschweigen des Unfalls nach Kenntniserlangung
A könnte sich gem. § 142 II Nr. 2 StGB wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort strafbar gemacht haben, indem er den Unfall auf dem Parkplatz verschwieg, als er von diesem Kenntnis erlangte.

I. Tatbestand

1. Unfall im Straßenverkehr
Bei der Kollision auf dem Parkplatz handelt es sich um einen Unfall im Straßenverkehr (s.o.).

2. Unfallbeteiligter, § 142 V StGB
A ist zudem auch Unfallbeteiligter i.S.d. § 142 V StGB (s.o.).

3. Entfernen
Er hat sich auch vom Unfallort entfernt (s.o.).

4. Feststellungen nicht nachträglich ermöglicht
A müsste zudem die Feststellungen nicht nachträglich ermöglicht haben. A hat den Unfall verschwiegen. Er hat die Feststellungen somit nicht nachträglich ermöglicht.

5. Berechtigt oder entschuldigt
A müsste sich auch berechtigt oder entschuldigt vom Unfallort entfernt haben. A hat sich hier unvorsätzlich vom Tatort entfernt (s.o.). Ob ein unvorsätzliches Entfernen einem berechtigten oder entschuldigten Entfernen i.S.d. § 142 I Nr. 2 StGB gleichzustellen ist, ist umstritten.

a) Eine Ansicht
Nach einer Ansicht ist das unvorsätzliche Entfernen dem berechtigten oder entschuldigten Entfernen gleichzustellen. Die Voraussetzungen des § 142 I Nr. 2 StGB wären hiernach erfüllt.

b) Weitere Ansicht
Eine weitere Ansicht hingegen lehnt eine solche Gleichstellung ab. Nach dieser Auffassung wären die Voraussetzungen des § 142 I Nr. 2 StGB nicht erfüllt.

c) Stellungnahme
Die Ansichten kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Es ist somit eine Stellungnahme erforderlich. Für die erste Ansicht spricht ein Erst-Recht-Schluss. Wenn jemand, der sich berechtigt oder entschuldigt vom Unfallort entfernt, später die Feststellungen ermöglichen muss, könnte man annehmen, dass dies erst recht für jemanden gelten muss, der sich unvorsätzlich entfernt. Zudem lässt sich für die erste Ansicht ein historisches Argument anführen. Der Begriff der „Schuld“ bildet den Oberbegriff für Vorsatz und Fahrlässigkeit. Das Wort „entschuldigt“ in § 142 I Nr. 2 StGB könnte somit auch das unvorsätzliche Entfernen umfassen. Für die zweite Ansicht spricht jedoch der eindeutige Wortlaut des § 142 I Nr. 2 StGB. Würde man das unvorsätzliche Entfernen dem berechtigten oder entschuldigten Entfernen gleichstellen, würde dies zudem eine gem. Art. 103 II GG verbotene Analogie zulasten des Täters darstellen. Zu folgen ist somit der zweiten Ansicht. Das unvorsätzliche Entfernen kann dem berechtigten oder entschuldigten Entfernen i.S.d. § 142 I Nr. 2 StGB nicht gleichgestellt werden. Die Voraussetzungen des § 142 I Nr. 2 StGB liegen somit nicht vor.

6. Ergebnis
Der Tatbestand ist nicht erfüllt.

II. Ergebnis
A hat sich nicht gem. § 142 I Nr. 2 StGB strafbar gemacht.

J. Strafbarkeit gem. § 142 I Nr. 1 StGB durch Weiterentfernen nach Kenntniserlangung
A könnte sich gem. § 142 I Nr. 1 StGB wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort strafbar gemacht haben, indem er sich weiter vom Unfallort entfernte, nachdem er von dem Unfall Kenntnis erlangt hatte.

I. Tatbestand

1. Unfall im Straßenverkehr und Unfallbeteiligter
Die Kollision auf dem Parkplatz stellt einen Unfall im Straßenverkehr dar (s.o.). A ist Unfallbeteiligter i.S.d. § 142 V StGB (s.o.).

2. Entfernen
A müsste sich auch vom Unfallort entfernt haben. Ob auch ein Weiterentfernen als Entfernen vom Unfallort i.S.d. § 142 I Nr. 1 StGB erfasst ist, ist umstritten.

a) Eine Ansicht
Nach einer Ansicht ist der Unfallort der jeweilige Ort der Kenntniserlangung. A entfernte sich nach der Kenntniserlangung. Nach dieser Ansicht wäre ein Entfernen vom Unfallort i.S.d. § 142 I Nr. 1 StGB also gegeben.

b) Weitere Ansicht
Eine weitere Ansicht sieht als Unfallort immer den Ort des Schadensereignisses an. A hätte sich hiernach mit dem Weiterentfernen nach Kenntniserlangung also nicht i.S.d. § 142 I Nr. 1 StGB vom Unfallort entfernt.

c) Stellungnahme
Für die erste Ansicht spricht, dass ein zeitlich-räumlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und der späteren Kenntniserlangung besteht. Für die zweite Ansicht spricht jedoch der Wortsinn des Wortes „Unfallort“, der sich nicht auf einen größeren Bereich über den Ort des schädigenden Ereignisses hinaus ausdehnen lässt. Würde man das Weiterentfernen als Entfernen vom Unfallort i.S.d. § 142 I Nr. 1 StGB ansehen und damit sehr weit auslegen, würde dies zudem eine gem. Art. 103 II StGB verbotene Analogie zulasten des Täters darstellen. Zu folgen ist somit der zweiten Ansicht. Ein Entfernen vom Unfallort i.S.d. § 142 I Nr. 1 StGB ist nicht gegeben.

3. Ergebnis
Der Tatbestand ist nicht erfüllt.

II. Ergebnis
A hat sich nicht gem. § 142 I Nr. 1 StGB strafbar gemacht.

K. Konkurrenzen
A hat sich gem. § 316 II StGB, gem. § 316 I StGB und gem. § 113 I, II Nr. 1, 2 StGB strafbar gemacht. A handelte zunächst fahrlässig in Bezug auf das Führen eines Fahrzeugs im Zustand alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit. Nach der Kollision mit dem Mercedes entschloss er sich erneut, loszufahren. Hierbei handelte er allerdings vorsätzlich. § 316 I StGB und § 316 II StGB stehen daher gem. § 53 StGB zueinander in Tatmehrheit. § 316 I und § 113 I, II Nr. 1, 2 StGB stehen zueinander gem. § 52 StGB in Tateinheit. A hat sich gem. §§ 316 II; 316 I, 113 I, II Nr. 1, 2, 52; 53 StGB strafbar gemacht.

2. Teil: Die Strafbarkeit des B

A. Strafbarkeit gem. §§ 142 I Nr. 1, 26 StGB durch die Aussage, es sei nichts passiert
B könnte sich gem. §§ 142 I Nr. 1, 26 StGB wegen Anstiftung zum unerlaubten Entfernens vom Unfallort strafbar gemacht haben, indem er dem A nach der Kollision mit dem Mercedes sagte, es sei nichts passiert. Dann müsste jedoch eine vorsätzliche rechtswidrige Haupttat vorliegen. A handelte ohne Vorsatz (s.o.). Eine vorsätzliche rechtswidrige Haupttat ist nicht gegeben. B hat sich nicht gem. §§ 142 I Nr. 1, 26 StGB strafbar gemacht.

B. Strafbarkeit gem. §§ 142 I Nr. 1, 25 I, 2. Fall StGB durch die Aussage, es sei nichts passiert
Durch dieselbe Handlung könnte B sich gem. §§ 142 I Nr. 1, 25 I, 2. Fall StGB wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort in mittelbarer Täterschaft strafbar gemacht haben. § 142 StGB ist allerdings ein echtes Sonderdelikt und Täter kann demnach nur ein Unfallbeteiligter i.S.d. § 142 V StGB sein. Eine Begehung in mittelbarer Täterschaft ist deswegen nicht möglich. B hat sich auch nicht gem. §§ 142 I Nr. 1, 25 I, 2. Fall StGB strafbar gemacht.