Fall: Rauchen kann tödlich sein

Sieglinde Hain (S) wohnt mit ihrem Ehemann Rüdiger Hain (R) in einem stattlichen Einfamilienhaus am Stadtrand von Lüneburg. Da der Vater der S ein erfolgreicher Zigarettenfabrikant gewesen ist, konnte S sowohl den Grundstückserwerb als auch den Bau des Hauses aus dem Erbe ihres Vaters finanzieren. Dementsprechend wurde S auch als Eigentümerin des Grundstücks in das Grundbuch eingetragen. Zudem übernahm sie die Firma ihres Vaters, die sie bis ins hohe Alter fortführt.

Im Alter von 75 Jahren wird das Wohnen in dem großen Haus für die S und auch für den 78-jährigen R langsam beschwerlich. Aus diesem Grund beschließen sie, das Haus altersgerecht umzubauen. Zudem fürchtet S, die seit ihres jungen Erwachsenseins starke Raucherin ist, dass ihr nicht mehr viel Zeit verbleibt. Aus diesem Grund möchte sie im Herbst 2009 Einiges regeln.

Darum bittet sie ihre Tochter Elisabeth (E) aus erster Ehe, die mit Ehemann und Kind in einer Mietwohnung in Lüneburg lebt, zu einem Gespräch. S erklärt der E, dass sie um die beengten Lebensverhältnisses der E wisse. Natürlich akzeptiere sie den von E gewählten Lebensstil und möchte doch nur, dass sie glücklich sei. Aber es könne sein, dass es bald mit ihr - der S – zu Ende gehe, weshalb sie Grundstück und Haus in guten Händen wissen möchte, so lange sie noch klar denken könne. Es wäre doch praktisch, ihre Enkel würden endlich in ein größeres Heim ziehen und das Grundstück bliebe im Familienbesitz. Da E sehr an ihrer Mutter hängt, willigt sie in das Vorhaben der S ein. Schließlich will sie ihrer alten Mutter diesen Wunsch nicht abschlagen. So erklären S und E im November 2009 vor einem Notar die Auflassung, so dass die E wenige Wochen später als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen wird. Allerdings erhält die S im Gegenzug ein dingliches Wohnrecht, das ebenfalls im Grundbuch eingetragen wird.

Im Dezember 2009 will die S zudem ihren letzten Willen niederschreiben. Da sie weiß, dass E mit Zigaretten so gar nichts am Hut hat und ihr das Haus und das Grundstück genügen, schreibt sie folgende Worte auf ein Blatt ihres Briefpapiers, welches mit ihrem Namen und ihrer Anschrift versehen ist:
"Meine Liebsten!
Nun ist es soweit. Ich habe Euch verlassen. Da ich weiß, dass Elisabeth ein gutes Herz hat und meint, dass Geld die Menschen nur verdirbt, möchte ich dies anerkennen und lasse sie hinsichtlich des Erbes unberücksichtigt. Philipp, Du als unser gemeinsamer Sohn und erfolgreich studierter Betriebswirt sollst mein Nachfolger in unserem Unternehmen werden. Deshalb erhältst Du das gesamte Unternehmen, von dem ich weiß, dass Du es sicher und verantwortungsvoll durch diese schweren Zeiten führen wirst. Im Übrigen sollt Ihr, lieber Philipp und lieber Rüdiger, mein Vermögen gerecht unter Euch aufteilen.
Alles Liebe,
Eure Mutter und Ehefrau“

Anschließend faltet die S das Blatt und steckt es in einen weißen Umschlag, welchen sie mit den Worten "Mein Testament“ beschriftet. Der Umschlag bleibt jedoch unverschlossen.

In den darauf folgenden Jahren bleiben S und R nach wie vor rüstig und sind keinesfalls lebensmüde. Allerdings hat sich in der Familie Hain einiges verändert. Insbesondere hat S sich mit ihrem Sohn Philipp (P) überworfen und den Kontakt abgebrochen. Denn P hat sich in Rebekka verliebt, eine grüne Aktivistin. Seitdem ist R strikter Nichtraucher, Vegetarier, engagiert sich für Attac, den BUND und geht regelmäßig zu Anti-Atomkraft-Demonstrationen.

Als S im Frühjahr 2014 an Lungenkrebs erkrankt, erinnert sie sich an das von ihr angefertigte Testament und beschließt, dieses zu ändern. Zu diesem Zwecke entnimmt sie das von ihr eigenhändig beschriebene Blatt aus dem Umschlag und schließt folgende Zeilen an ihre Unterzeichnung an:

"Testamentsänderung vom 05.04.2014
Da ich den extremen Lebenswandel meines Sohnes nicht nachvollziehen kann und auf das Äußerste von ihm enttäuscht bin, schließe ich ihn hiermit von meinem Erbe aus. Denn ich gehe nicht länger davon aus, dass er das von der Familie mühsam aufgebaute Unternehmen würdevoll und verantwortungsbewusst führen kann."

Zudem schließt S im Mai 2014 mit R einen Vertrag, mit welchem das Wohnrecht der S auf R übertragen wird. Gleichzeitig bewilligt S die Eintragung des R in das Grundbuch als neuer Wohnungsrechtsinhaber.

Im Januar 2015 verstirbt die S schließlich an den Folgen ihrer Krankheit. Ihr Vermögen hat einen Wert von 10 Millionen Euro, wovon 6 Millionen auf das Unternehmen entfallen.

Frage 1:
E, welche der Meinung ist, dass das Haus für den R nun eh zu groß sei, verlangt von ihm das Grundstück heraus. R wendet ein, man könne einem alten Mann doch nicht einfach sein Zuhause nehmen. Außerdem sei ihm von der S das Wohnrecht eingeräumt worden. Kann E das Grundstück von R herausverlangen?

Frage 2:
Als das Testament entdeckt wird, ist P von dem Zusatz seiner Mutter entsetzt. Schließlich will er das Unternehmen verkaufen und mit dem Geld ein neues Unternehmen gründen, das Kleidung aus biologisch angebauter und fair gehandelter Baumwolle vertreibt. Deshalb wendet er sich an einen guten Freund und fragt ihn um rechtlichen Rat. Kann P die Übertragung des Unternehmens fordern?

Frage 3:
R, der von den Plänen des P erfahren hat, ist der Meinung, dass P das Unternehmen nicht mehr zusteht. Schließlich würde er das Erbe seiner Mutter mit Füßen treten und die ganze Familienehre aufs Spiel setzen. Deshalb ficht er zwei Monate nach dem Tod der S gegenüber P das Testament hinsichtlich der in Frage stehenden Bestimmung an. Ist diese Anfechtung wirksam?

Frage 4:
E, deren Einstellung zum Geld sich zwischenzeitlich geändert hat, kann nicht glauben, dass sie nichts mehr erben soll. Bekommt sie tatsächlich nichts?




Frage 5:
R hängt besonders an einem Sessel ("Der Schwan“) des dänischen Designers Arne Jacobsen, den er der S zur Hochzeit geschenkt hat. Kann er sicher sein, den Sessel zu bekommen?



Frage 1

Anspruch E gegen R auf Herausgabe des Grundstücks nach § 985 BGB
E könnte gegen R einen Anspruch auf Herausgabe des Grundstücks nach § 985 BGB haben.

I. Besitz des R
Hierfür müsste R nach § 985 BGB zunächst im Besitz des Grundstücks sein. Vorliegend wohnt R auf dem Grundstück und hat damit die tatsächliche Gewalt über das Grundstück inne, vgl. § 854 I BGB. R ist mithin im Besitz des Grundstücks.

II. Eigentum der E
Zudem müsste E auch Eigentümerin des Grundstücks sein, vgl. § 985 BGB.

1. Ursprünglich
Laut Sachverhalt war S ursprünglich Eigentümerin des Grundstücks, welches sie nach den §§ 1922 ff. BGB von ihrem Vater geerbt hat.

2. Eigentumserwerb der E nach den §§ 873 I, 925 I 1 BGB
Vorliegend könnte E jedoch das Eigentum an dem Grundstück nach den §§ 873 I, 925 I 1 BGB erworben haben.

a) Einigung
Hierfür müsste gemäß den §§ 873 I, 925 I 1 BGB zunächst die Auflassung, also die Einigung über den Eigentumsübergang an dem Grundstück erfolgt sein. Hier haben sich E und S im Herbst 2009 darüber geeinigt, dass das Eigentum an dem Grundstück auf die E übergehen soll. Diese Einigung müsste jedoch auch wirksam sein. Nach § 925 I 1 BGB ist erforderlich, dass die Auflassung bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile vor einer zuständigen Stelle erklärt wird. Vorliegend haben E und S die Auflassung vor einem Notar erklärt. Eine wirksame Auflassung i.S.d. §§ 873 I, 925 I 1 BGB liegt mithin vor.

b) Eintragung
Zudem wurde E im November 2009 auch als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen, vgl. § 873 I BGB.

c) Einigsein
Zu diesem Zeitpunkt waren sich S und E auch noch über den Eigentumsübergang einig.

d) Berechtigung
Überdies müsste S auch zur Übertragung des Eigentums an dem Grundstück berechtigt gewesen sein. Hier war S Alleineigentümerin des Grundstücks und damit auch zur Übertragung des Eigentums an diesem Grundstück berechtigt.

e) Ergebnis
Somit hat E das Eigentum an dem Grundstück wirksam von S gemäß den §§ 873 I, 925 I 1 BGB erworben.

3. Ergebnis
Folglich ist E Eigentümerin des Grundstücks i.S.d. § 985 BGB.

III. Kein Recht zum Besitz, § 986 BGB
Weiterhin dürfte R kein Recht zum Besitz haben, vgl. § 986 BGB.

1. Eigenes Recht zum Besitz, § 986 I 1 1. Fall BGB
Hier könnte R ein Recht zum Besitz aus § 986 I 1 1. Fall BGB zustehen, wenn R von S ein dingliches Wohnungsrecht i.S.d. § 1093 BGB erworben hat. Denn das dingliche Wohnungsrecht gewährt als beschränkt persönliche Dienstbarkeit ein Recht zum Besitz i.S.d. § 986 I 1 1. Fall BGB.

a) Ursprünglich
Ursprünglich hat die E der S im Herbst 2009 ein dingliches Wohnungsrecht i.S.d. § 1093 BGB eingeräumt.

b) Erwerb des Wohnungsrechts durch R nach den §§ 398, 413 BGB
Jedoch könnte R das Wohnungsrecht nach den §§ 398, 413 BGB von S erworben haben.

aa) Einigung
Hierfür müssten sich S und R zunächst geeinigt haben, dass das Wohnungsrecht von S auf R übergehen soll, vgl. §§ 145 ff. BGB. Vorliegend haben S und R im Mai 2014 einen Vertrag geschlossen, nach welchem das Wohnrecht der S auf R übertragen werden soll. Mithin liegt eine Einigung über die Übertragung des Wohnungsrechts i.S.d. §§ 145 ff. BGB vor.

bb) Wirksamkeit
Diese Einigung müsste jedoch auch wirksam sein. Da es sich bei dem Wohnungsrecht um ein dingliches Recht handelt, bedarf es im Falle seiner Übertragung der Eintragung des neuen Rechtsinhabers in das Grundbuch, vgl. § 873 I BGB. Mithin müsste S die Eintragung des R als neuen Wohnungsrechtsinhaber bewilligt haben. Vorliegend hat S die Eintragung des R in das Grundbuch als neuen Wohnungsrechtsinhaber im Mai 2014 bewilligt. Die Einigung ist mithin auch wirksam.

cc) Berechtigung
Zudem müsste S auch zu der Übertragung des Wohnungsrechts berechtigt gewesen sein. Vorliegend war S Inhaberin des Wohnungsrechts und damit auch zu dessen Übertragung berechtigt.

dd) Kein Ausschluss
Jedoch dürfte die Abtretung des Wohnungsrechts nicht ausgeschlossen sein. Nach § 1092 I 1 BGB ist eine persönlich beschränkte Dienstbarkeit nicht übertragbar. Mithin ist eine Abtretung eines dinglichen Wohnungsrechts gemäß § 1092 I 1 BGB ausgeschlossen.

ee) Ergebnis
Folglich hat R von S kein dingliches Wohnungsrecht nach den §§ 398, 413 BGB erworben.

c) Erwerb des Wohnungsrechts durch R nach den §§ 1922 ff. BGB
R könnte das Wohnungsrecht jedoch mit dem Tod der S nach den §§ 1922 ff. BGB erworben haben. Das Wohnungsrecht ist jedoch ein höchstpersönliches Recht und damit nicht vererblich. Daher hat R das Wohnungsrecht auch nicht nach den §§ 1922 ff. BGB erworben.

d) Ergebnis
Folglich steht R kein eigenes Recht zum Besitz i.S.d. § 986 I 1 1. Fall BGB zu.

2. Abgeleitetes Recht zum Besitz, § 986 I 1 2. Fall BGB
R könnte jedoch ein abgeleitetes Recht zum Besitz i.S.d. § 986 I 1 2. Fall BGB zustehen. Vorliegend war S nach § 1093 II BGB befugt, R als Familienangehörigen in das Haus aufzunehmen. Mithin konnte R sein Besitzrecht von dem Wohnungsrecht der S ableiten. Das Wohnungsrecht der S ist jedoch mit ihrem Tode erloschen, so dass auch das Besitzrecht des R mit dem Tod der S erloschen ist. Somit steht R auch kein abgeleitetes Recht zum Besitz i.S.d. § 986 I 1 2. Fall BGB zu.

IV. Ergebnis
Folglich hat E gegen R einen Anspruch auf Herausgabe des Grundstücks nach § 985 BGB.

Frage 2

Anspruch des P gegen die Erbengemeinschaft auf Übertragung des Unternehmens gemäß den §§ 2147, 2150, 2174 BGB
P könnte gegen die Erbengemeinschaft einen Anspruch auf Übertragung des Unternehmens gemäß den §§ 2147, 2150, 2174 BGB haben.

I. Erbeinsetzung des P durch Testament
Hierfür müsste P zunächst durch Testament als Erbe eingesetzt worden sein. Erforderlich ist mithin eine Verfügung von Todes wegen in Form eines Testaments, vgl. § 1937 BGB. Vorliegend hat S mit der Erstellung des Dokuments vom Dezember 2009 eine einseitige rechtsgeschäftliche Bestimmung für den Fall ihres Todes getroffen, so dass ein Testament i.S.d. § 1937 BGB vorliegt. Zudem müsste P durch das Testament als Erbe bestimmt worden sein. Laut des von S im Dezember 2009 erstellten Dokuments soll P im Falle des Todes der S das Unternehmen erhalten und sich das Vermögen der S mit R gerecht aufteilen. Daraus folgt, dass P und R gemeinsam als Erben der S eingesetzt wurden, vgl. § 2032 I BGB. Eine Erbeinsetzung des P durch Testament liegt mithin vor.

II. Wirksamkeit
Dieses Testament müsste jedoch auch wirksam sein. Hierbei gelten insbesondere die Formvorschriften der §§ 2231 ff., 2247 BGB für die Errichtung von Testamenten.

1. Schriftform des § 2247 I BGB
Nach § 2247 I BGB kann ein Testament durch eine eigenhändig geschriebene Erklärung errichtet werden. Vorliegend hat S das Testament eigenhändig geschrieben und dabei die Schriftform des § 2247 I BGB beachtet.

2. Eigenhändige Unterschrift, § 2247 I BGB
Zudem müsste die S das Dokument nach § 2247 I BGB auch eigenhändig unterschrieben haben. Hier hat die S das Dokument mit den Worten "Eure Mutter und Ehefrau“ unterzeichnet. Fraglich ist jedoch, ob diese Schlussformel den Anforderungen an eine eigenhändige Unterschrift genügt. Nach § 2247 III 1 BGB soll die Unterschrift den Vornamen und den Familiennamen des Erblassers enthalten. Vorliegend hat S auf eine Nennung ihres Vor- und Familiennamens in der Unterschrift verzichtet. Allerdings ist für den Fall, dass der Erblasser in anderer Weise unterschreibt, in § 2247 III 2 BGB geregelt, dass eine solche Unterzeichnung der Gültigkeit des Testaments nicht entgegensteht, wenn diese Unterzeichnung zur Feststellung der Urheberschaft des Erblassers und der Ernstlichkeit seiner Erklärung ausreicht. Mithin müsste sich aus der Unterzeichnung und dem Dokument ergeben, dass Schreiber und Testierender identisch sind. Zum einen wurde die Urkunde auf dem Briefpapier der S errichtet, welches mit ihrem Namen und ihrer Anschrift versehen ist. Dies legt die Identität von Testierendem und Schreibendem nahe. Zum anderen bezieht sich die Unterzeichnung der S mit den Worten "Eure Mutter und Ehefrau“ auf die Nennung ihrer Kinder und ihres Ehemanns im Dokument. Dort bezeichnet sie ihre Kinder und den Ehemann mit Namen und spricht des Weiteren über die Neigungen und Qualifikationen ihrer Kinder, so dass detaillierte Familienkenntnisse offenbart werden. Auch nimmt sie Bezug auf das von ihr geführte Unternehmen, so dass auch dies Rückschlüsse auf die Identität des Schreibenden zulässt. An der Urheberschaft der S bestehen insofern keine Zweifel. Auch liegen keine Hinweise vor, die auf einen Mangel an Ernstlichkeit hindeuten, da die S das Dokument sorgfältig verfasst und dieses in einen Umschlag mit der Aufschrift "Mein Testament“ gesteckt hat. Mithin steht die Unterzeichnung der S nach § 2247 III 2 BGB der Wirksamkeit des Testaments nicht entgegen.

3. Nennung von Zeit und Ort, § 2247 II BGB
Weiterhin sieht § 2247 II BGB vor, dass der Erblasser in der Erklärung angeben soll, zu welcher Zeit und an welchem Orte er sie niedergeschrieben hat. Vorliegend hat S auf die Nennung von Zeit und Ort in ihrer Erklärung verzichtet. § 2247 II BGB ist jedoch als Soll-Vorschrift ausgestaltet, so dass es sich bei der Nennung von Ort und Zeit grundsätzlich nicht um notwendige Angaben handelt. Der Verzicht auf die Nennung von Ort und Zeit der Erklärung ist für die Wirksamkeit eines Testaments somit in der Regel unschädlich. Lediglich wenn der Verzicht auf Ort und Zeit zu Zweifeln an der Gültigkeit des Testaments führen würde und diese Angaben nicht anderweitig festgestellt werden können, ist das Testament unwirksam, vgl. § 2247 V 1, 2 BGB. Dies gilt beispielsweise im Falle von mehreren Testamenten, da die neuere Verfügung Vorrang genießt, vgl. § 2258 I BGB. Vorliegend hat zwar eine Ergänzung des Testaments stattgefunden. Aufgrund des Bezugs zu dem ursprünglichen Dokument ist jedoch ersichtlich, dass es sich hierbei um einen späteren Nachtrag handelt, so dass der Verzicht der Nennung von Ort und Zeit in der Erklärung nicht zu Zweifeln an der Gültigkeit des Testaments führt. Die Nennung von Ort und Zeit ist im vorliegenden Fall mithin entbehrlich, so dass ihr Fehlen keinen Einfluss auf die Wirksamkeit des Testaments der S hat.

4. Ergebnis
Das Testament der S genügt mithin den Formerfordernissen des § 2247 BGB und ist damit auch wirksam.

III. Auslegung
Laut Testament soll P Nachfolger der S in ihrem Unternehmen werden und daher das gesamte Unternehmen von der S erhalten. Im Übrigen sollen sich P und R das Vermögen der S gerecht teilen. Mithin sind P und R testamentarische Erben der S, § 2032 I BGB. Fraglich ist jedoch, wie die Anordnung der S zu verstehen ist, ob P also das Unternehmen unabhängig von seinem Erbteil erwerben soll oder ob die S ihm das Unternehmen unter Anrechnung auf seinen Erbteil zuwenden wollte. Mithin stellt sich die Frage, ob ein Vorausvermächtnis i.S.d. § 2150 BGB oder eine Teilungsanordnung i.S.d. § 2048 S. 1 BGB vorliegt.
Im Falle eines Vorausvermächtnisses i.S.d. § 2150 BGB soll der Bedachte einen Erbgegenstand vor der Auseinandersetzung ohne eine Anrechnung auf den Erbteil erhalten. Als Rechtsfolge erhält der Bedachte nach § 2174 BGB das Recht, von dem Beschwerten die Leistung des vermachten Gegenstands zu fordern. Als Erbe ist der Bedachte mithin selbst Beschwerter.
Liegt eine Teilungsanordnung vor, muss im Rahmen der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft nach § 2042 I BGB der zugewandte Erbgegenstand auf den Erbteil des Bedachten angerechnet werden.
Strittig ist hingegen, wie Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis voneinander abzugrenzen sind.

1. Eine Ansicht
Nach einer Ansicht kommt es bei der Differenzierung zwischen Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis alleinig auf den Willen des Erblasser an, vgl. § 133 BGB. Ein Vorausvermächtnis liege demnach dann vor, wenn der Erblasser dem Bedachten einen Vermögensvorteil gegenüber den Miterben gewähren wollte. Hierbei komme es auf eine tatsächliche, wirtschaftliche Bereicherung des Bedachten nicht an. Allerdings könne eine objektive Wertverschiebung ein Indiz für die Gewährung eines Vermögensvorteils sein. Ein solcher Vermögensvorteil sei zumindest in dem Falle anzunehmen, in welchem der Erbteil des Bedachten geringer sei als der Gegenstand, welcher dem Bedachten zugewiesen wurde. Hier ist P gemeinsam mit R Erbe der S. Der ideelle Bruchteil am Wert des Nachteils beträgt mithin 5 Millionen Euro (10 Millionen Euro : 2 = 5 Millionen Euro). Der Wert des Unternehmens beträgt hingegen 6 Millionen Euro und übersteigt mithin den Erbteil des P. Dies ist somit ein Indiz dafür, dass S dem P gegenüber dem R einen Vermögensvorteil zuwenden wollte. Zudem hebt S in der Verfügung hervor, dass P aufgrund seiner betriebswirtschaftlichen Ausbildung besonders gut für die Führung des Unternehmens geeignet ist und P und R sich das Vermögen im Übrigen gerecht aufteilen sollen. Dies lässt darauf schließen, dass S das Unternehmen unabhängig von dem Erbteil des P zuwenden wollte. Mithin läge nach dieser Ansicht ein Vorausvermächtnis i.S.d. § 2150 BGB vor.

2. Andere Ansicht
Eine andere Ansicht stellt dagegen auf den Begriff des Vermögensvorteils i.S.d. §§ 1939, 2150 BGB ab, welcher es erforderlich mache, dass der Bedachte tatsächlich wirtschaftlich besser gestellt werde. Vorliegend befindet sich der Wert des dem P zugedachten Unternehmens über dem Wert des auf P entfallenden Erbteils. Folglich läge eine tatsächliche wirtschaftliche Besserstellung des P vor, so dass auch nach dieser Ansicht ein Vorausvermächtnis i.S.d. § 2150 BGB gegeben wäre.

3. Weitere Ansicht
Nach einer weiteren Ansicht kommt es für die Unterscheidung von Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis auf einen sogenannten Sonderordnungswillen des Erblassers an. Ein solcher Sonderordnungswille könne unter anderem dann angenommen werden, wenn der Bedachte aus der Erbengemeinschaft herausgehoben und ihm eine Nachlassgläubigerstellung zugestanden werden solle, es dem Erblasser also gerade auf die besonderen Folgen eines Vermächtnisses ankäme. Vorliegend sind sowohl ein Begünstigungswille der S als auch eine tatsächliche wirtschaftliche Besserstellung des P gegeben, so dass ein Herausheben des P aus der Erbengemeinschaft nahe liegt. Dies kann zudem auch damit begründet werden, dass S das Unternehmen in traditioneller Weise an P als ihren Sohn weitergeben möchte, in der Hoffnung, dass das Unternehmen auch in der Zukunft in den Händen der Familie verbleibt. Zudem ist anzunehmen, dass S eine möglichst rasche Weiterführung des Unternehmens innerhalb der Familie anstrebte, ohne dass es der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft hierfür bedarf. Auch diese Ansicht streitet mithin für die Annahme eines Vorausvermächtnisses i.S.d. § 2150 BGB.

4. Ergebnis
Da alle Ansichten zu demselben Ergebnis gelangen, ist eine Streitentscheidung entbehrlich. Es handelt sich bei der Zuwendung des Unternehmens an P somit um ein Vorausvermächtnis i.S.d. § 2150 BGB.

IV. (Teil-) Widerruf des Testaments, §§ 2253, 2255 BGB
Vorliegend könnte die Bestimmung über die Zuwendung des Unternehmens an P jedoch durch die nachträgliche Änderung des Dokuments durch S nach den §§ 2253, 2255 BGB widerrufen worden sein. Denn S hat am 05.04.2014 eine Testamentsänderung vorgenommen, die sich an den bisherigen Text des Testaments anschließt. Dort schreibt sie, dass sie den extremen Lebenswandel ihres Sohnes nicht nachvollziehen könne und auf das Äußerste von ihm enttäuscht sei und ihn aus diesem Grund von ihrem Erbe ausschließe. Nach § 2253 BGB kann der Erblasser sein Testament oder einzelne dort enthaltene Verfügungen jederzeit widerrufen. Dies kann er auch durch eine nachträgliche Veränderung des Testaments tun, vgl. § 2255 BGB. Fraglich ist lediglich, ob die nachträgliche Änderung des Testaments auch wirksam ist. Als problematisch könnte sich hier erweisen, dass die Änderung nicht separat von der S unterschrieben wurde. Ob und in welchen Fällen eine Änderung des Testaments von der ursprünglich vorgenommenen Unterschrift noch getragen wird, ist strittig.

1. Eine Ansicht
Nach einer Ansicht ist eine erneute Unterschrift der Änderung jedenfalls dann erforderlich, wenn eine erste positive Erbeinsetzung vorgenommen wird. Eine solche erste Erbeinsetzung ist vorliegend nicht erfolgt, so dass nach dieser Ansicht eine erneute Unterschrift der an dem Testament vorgenommenen Änderung nicht erforderlich wäre.

2. Andere Ansicht
Eine andere Ansicht sieht hingegen vor, dass nachträgliche Änderungen auch ohne erneute Unterschrift gültig sind, wenn der Nachtrag durch die alte Unterschrift räumlich gedeckt wird. Vorliegend befindet sich der Nachtrag der S unterhalb der alten Unterschrift und wird daher räumlich nicht von der ursprünglichen Unterschrift gedeckt. Allerdings wird eine Formgültigkeit von nachträglich eingefügten, nicht separat unterschriebenen Änderungen trotz mangelnder räumlicher Deckung durch die alte Unterschrift angenommen, wenn der ursprüngliche Text des Testaments ohne die Ergänzung unvollständig, lückenhaft oder nicht durchführbar wäre. Da es sich vorliegend um den Widerruf einer speziellen Verfügung innerhalb eines Testaments handelt, ist nicht ersichtlich, dass der ursprüngliche Text ohne die Ergänzung lückenhaft oder unvollständig erscheint. Auch wäre das ursprüngliche Testament ohne die Ergänzung durchaus durchführbar. Im Hinblick auf die Tatsache, dass es sich bei der Änderung um eine Enterbung und damit um eine völlig neue Verfügung handelt, ist eine Wirksamkeit des testamentarischen Nachtrags mangels deckender Unterschrift nach dieser Ansicht zu verneinen.

3. Stellungnahme
Der zweiten Ansicht ist zuzustimmen. Die Unterschrift des Erblassers soll dazu dienen, die Echtheit und Vollständigkeit des Testaments festzustellen und muss aus diesem Grund die Urkunde räumlich abschließen und damit am Ende des Testaments stehen. Aus diesem Grund sind Änderungen innerhalb des Dokuments oberhalb der Unterschrift grundsätzlich von der alten Unterschrift gedeckt, da der Erblasser aufgrund der Gewohnheiten des täglichen Lebens meist nicht an eine erneute Unterschrift denken wird, obwohl bereits dies die Feststellung der Echtheit der Urkunde erschwert. Werden Zusätze nicht räumlich von der alten Unterschrift gedeckt, müssen schon gewichtige Gründe für die Wirksamkeit des Testaments angeführt werden, da gerade bei erheblichen Änderungen die Echtheit der Urkunde ohne anschließende Unterschrift kaum noch nachgewiesen werden kann.
Mithin ist die nachträgliche Änderung des Testaments durch S mangels räumlicher Deckung durch die alte Unterschrift formunwirksam. Ein wirksamer (Teil-) Widerruf des Testaments i.S.d. §§ 2253, 2255 BGB liegt folglich nicht vor.

V. Anspruchsgegner
Anspruchsgegner ist nach den §§ 2174, 2147 S. 2 BGB die Erbengemeinschaft, da S nichts anderes bestimmt hat. Vorliegend besteht die Erbengemeinschaft nach § 2032 I BGB aus P und R. R ist als Erbe mithin selbst beschwert, vgl. § 2150 BGB.

VI. Ergebnis
Folglich hat P gegen die Erbengemeinschaft, bestehend aus R und P selbst, einen schuldrechtlichen Anspruch auf Übertragung des Unternehmens gemäß den §§ 2147, 2150, 2174 BGB.

Frage 3

Anfechtung des Testaments durch R nach den §§ 142 I, 2078 ff. BGB
R könnte das Testament wirksam nach den §§ 142 I, 2078 ff. BGB angefochten haben.

I. Anfechtungsgrund
Dies erfordert zunächst einen Anfechtungsgrund. Vorliegend könnte ein Anfechtungsgrund darin liegen, dass die S ursprünglich angenommen hat, dass P das Unternehmen nach ihrem Ableben verantwortungsvoll weiterführen wird. Laut Sachverhalt möchte P nun aufgrund seines Lebenswandels das Zigarettenunternehmen verkaufen, um mit dem Geld ein neues Unternehmen zu gründen, das Kleidung aus biologisch angebauter und fair gehandelter Baumwolle vertreibt. Als S das Testament aufsetzte, erlag sie mithin einem einseitigen Motivirrtum. Dieser ist grundsätzlich unbeachtlich, vgl. §§ 119 ff. BGB. Ausnahmsweise ist jedoch die Anfechtung aufgrund eines Motivirrtums nach § 2078 II 1. Fall BGB zulässig. Hiernach kann eine letztwillige Verfügung angefochten werden, soweit der Erblasser durch die irrige Annahme eines Umstands zu der Verfügung bestimmt worden ist. Vorliegend ging S davon aus, P werde ihr Unternehmen weiterführen, obwohl P aufgrund seines Sinneswandels andere Pläne mit dem Unternehmen verfolgt. Dieser Motivirrtum stellt nach § 2078 II 1. Fall BGB somit einen wirksamen Anfechtungsgrund dar.

II. Anfechtungserklärung
Zudem müsste R die Anfechtung wirksam erklärt haben.

1. Anfechtungsberechtigung, § 2080 BGB
Hierfür müsste R zunächst zur Anfechtung berechtigt sein. Nach § 2080 I BGB ist zur Anfechtung derjenige berechtigt, welchem die Aufhebung der letztwilligen Verfügung unmittelbar zustatten kommt. Der Anfechtende muss durch den Wegfall der Verfügung mithin einen erbrechtlichen Vorteil erhalten, der sonst ausgeblieben wäre. Dabei ist es unerheblich, ob dieser Vorteil in dem Wegfall einer Belastung oder dem Erhalt eines vermögensrechtlichen Zuwachses besteht. Vorliegend ist R Miterbe und damit dem schuldrechtlichen Anspruch des P auf Übertragung des Unternehmens gemäß den §§ 2147, 2150, 2174 BGB ausgesetzt. Dieser Anspruch entfiele bei Anfechtung der entsprechenden Verfügung. Mithin kommt R die Aufhebung der letztwilligen Verfügung zustatten, so dass er nach § 2080 I BGB zur Anfechtung berechtigt ist.

2. Anfechtungsgegner
Weiterhin müsste die Erklärung der Anfechtung gegenüber dem richtigen Anfechtungsgegner erfolgt sein. Gemäß § 2081 I BGB ist die Anfechtung bei den hier genannten Verfügungen gegenüber dem Nachlassgericht zu erklären. Das Vorausvermächtnis findet - wie auch das einfache Vermächtnis - keine Erwähnung in § 2081 I BGB. Mithin finden im Falle eines Vorausvermächtnisses, ebenso wie bei einem normalen Vermächtnis, die allgemeinen Regelungen Anwendung. Die Anfechtung ist im Falle eines Vorausvermächtnisses somit nach § 143 IV 1 BGB gegenüber dem Begünstigten, also dem Vermächtnisnehmer zu erklären. Vorliegend hat R die Anfechtung der letztwilligen Verfügung gegenüber dem P erklärt. P ist Vermächtnisnehmer und damit nach § 143 IV 1 BGB der richtige Anfechtungsgegner.

3. Frist, § 2082 BGB
Überdies müsste die Anfechtungsfrist eingehalten worden sein. Gemäß § 2082 I BGB beträgt die Anfechtungsfrist ein Jahr. Nach § 2082 II BGB beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung von dem Anfechtungsgrund. Vorliegend hat R die in Frage stehende Verfügung zwei Monate nach dem Tod der S gegenüber P angefochten. Seit der Kenntniserlangung von dem Anfechtungsgrund ist mithin noch kein Jahr vergangen. Die Anfechtungsfrist des § 2082 I BGB wurde somit eingehalten.

III. Kein Ausschluss
Ausschlussgründe sind vorliegend nicht ersichtlich.

IV. Ergebnis
Die das Vorausvermächtnis zugunsten des P enthaltene Verfügung wurde daher wirksam von R angefochten. Die erfolgreiche Anfechtung führt zu der Beseitigung der irrtumsbehafteten Verfügung, hier des Vorausvermächtnisses in Form der Zuwendung des Unternehmens an P. Die weiteren Verfügungen, welche nicht von dem Irrtum der S betroffen sind, bleiben hingegen nach dem Grundsatz des favor testamenti wirksam. Folglich bleibt das Unternehmen Teil des Nachlasses, welcher zu gleichen Teilen auf P und R als testamentarische Erben entfällt.

Frage 4

Ansprüche der E gegen die Erbengemeinschaft auf den Pflichtteil nach § 2303 I 1 BGB
E könnte gegen die Erbengemeinschaft einen Anspruch auf den Pflichtteil nach § 2303 I 1 BGB haben.

I. Abkömmling
Dies setzt zunächst voraus, dass E ein Abkömmling der S ist, vgl. § 2303 I 1 BGB. Nach § 1589 S.1 BGB sind Abkömmlinge alle Personen, die mit dem Erblasser in gerader absteigender Linie verwandt sind. E ist die Tochter der S und ist damit Abkömmling i.S.d. §§ 2303 I 1, 1589 S. 1 BGB.

II. Ausschluss von der Erbfolge durch Verfügung von Todes wegen
Zudem müsste E von der Erbfolge durch Verfügung von Todes wegen ausgeschlossen worden sein, vgl. § 2303 I 1 BGB. In dem Testament der S ist bestimmt, dass E hinsichtlich des Erbes unberücksichtigt bleiben solle, da sie glaube, dass Geld die Menschen nur verderbe. Mithin wird deutlich, dass S die E von der Erbfolge kraft Testaments ausschließen wollte. Ein Ausschluss von der Erbfolge durch Verfügung von Todes wegen liegt somit vor.

III. Höhe des Pflichtteilsanspruchs
Fraglich ist lediglich, in welcher Höhe E der Pflichtteil zusteht. Nach § 2303 I 2 BGB besteht der Pflichtteil in der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Die Höhe des gesetzlichen Erbteils bestimmt sich hingegen nach den §§ 1924 ff. BGB. Hier hinterlässt S mit R einen Ehemann und mit P und E zwei Kinder. R erbt nach § 1931 I 1 BGB danach neben P und E als Verwandten erster Ordnung zu einem Viertel. Zudem könnte sich der gesetzliche Erbteil des R nach § 1371 I BGB um ein Viertel der Erbschaft erhöhen. Hierfür müssten S und R im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben und dieser Güterstand müsste durch den Tod eines Ehegatten beendet worden sein, vgl. § 1371 BGB. Vorliegend lassen sich dem Sachverhalt keine Hinweise auf den Güterstand von S und R entnehmen. Deshalb ist anzunehmen, dass sie im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben. Zudem wurde dieser Güterstand durch den Tod der S beendet. Mithin erbt R nach § 1931 I 1 BGB und gemäß § 1371 I BGB die Hälfte des Nachlasses. Gemäß § 1924 IV BGB erben die Kinder des Erblassers zu gleichen Teilen. Der gesetzliche Erbteil der E würde mithin ein Viertel betragen. Somit beträgt der Pflichtteilsanspruch nach § 2303 I BGB ein Achtel des Erbes. Der Nachlass der S hat einen Wert von 10 Millionen Euro. E steht somit ein Betrag von 1, 25 Millionen Euro.

IV. Ergebnis
E hat gegen die Erbengemeinschaft folglich einen Anspruch auf den Pflichtteil i.H.v. 1, 25 Millionen Euro gemäß § 2303 I 1 BGB.

Frage 5

Anspruch R auf Übereignung des Sessels gemäß den §§ 1932 I, 2147, 2174 BGB
R könnte einen Anspruch gegen die Erbengemeinschaft auf Übereignung des Sessels gemäß den §§ 1932 I, 2147, 2174 BGB haben. Dies ist dann der Fall, wenn ihm der Sessel als Voraus nach § 1932 BGB zusteht.

I. Haushaltsgegenstand oder Hochzeitsgeschenk
Hierfür müsste es sich bei dem Sessel zunächst um einen Gegenstand des ehelichen Haushalts oder ein Hochzeitsgeschenk handeln, vgl. § 1932 I 1 BGB. Vorliegend hat R den Sessel von dem Designer Arne Jacobsen von der S zu ihrer Hochzeit geschenkt bekommen. Der Sessel ist mithin ein tauglicher Gegenstand i.S.d. § 1932 I 1 BGB.

II. Überlebende Ehegatte ist gesetzlicher Erbe
Zudem müsste R als überlebender Ehegatte gesetzlicher Erbe der S sein, vgl. § 1932 I 1 BGB sein. Gegenüber P als Verwandten erster Ordnung, vgl. § 1924 BGB, könnte R nach § 1932 I 2 BGB das Hochzeitsgeschenk grundsätzlich behalten, wenn er es zur Führung eines angemessenen Haushalts benötigt. Allerdings ist R testamentarischer Erbe der S und damit nicht als gesetzlicher Erbe zur Erbfolge berufen. Somit steht ihm der Voraus nach § 1932 I BGB grundsätzlich nicht zu. Etwas anderes könnte gelten, wenn der Erblasser den Voraus in gesetzlicher Höhe dem überlebenden Ehegatten zuwenden möchte. Dies kann auch konkludent geschehen, wenn die Verfügung des Erblassers erkennen lässt, dass der überlebende Ehegatte dieselbe Stellung gewährt werden soll, die er als gesetzlicher Erbe inne hätte. Hiermit werden insbesondere Fälle des § 2066 BGB erfasst. Vorliegend hat S jedoch die konkrete Bestimmung in ihrem Testament getroffen, dass R und P das Vermögen gerecht unter sich aufteilen sollen, E hingegen von ihrem Erbe ausgeschlossen wird. Es ist daher anzunehmen, dass R der Voraus des § 1932 I BGB mangels gesetzlicher Erbenstellung nicht zusteht.

III. Ergebnis
R hat gegen die Erbengemeinschaft folglich keinen Anspruch auf Übereignung des Sessels gemäß den §§ 1932, 2147, 2174 BGB.