Fall: Der Autohandel

Der A ist 81 Jahre alt und Eigentümer eines Grundstücks in der Stadt X. Dieses Grundstück befindet sich im Bereich eines qualifizierten Bebauungsplans der im Jahre 1982 erlassen wurde. Dieser Bebauungsplan weist das Gebiet als allgemeines Wohngebiet (WA) aus. Dieser Ausweisung entspricht auch die tatsächliche Bebauung.

Seit der A „denken kann“ befinden sich auf dem Grundstück eine Lagerhalle und ein um sie herum befindlicher Schrottplatz. Im Jahre 2012 sah sich der A gezwungen, den Betrieb des Schrottplatzes für Spezialmetalle, der aufgrund seiner hochgradigen Spezialisierung ohnehin zeitlebens sehr schlecht lief und nur von einer sehr kleinen Anzahl an Kunden gelegentlich aufgesucht wurde, aus gesundheitlichen Gründen aufzugeben. A verkaufte aus diesem Grunde sämtlichen Schrott, und das Gelände wurde komplett geräumt.

Als es ihm im Jahre 2014 überraschend wieder besser ging, beabsichtigte er die freie Fläche für die Errichtung eines Autohandels samt Werkstatt zu nutzen. Die Lagerhalle sollte als Werkstatthalle dienen. Die Freifläche sollte dafür genutzt werden, dort neue und gebrauchte Fahrzeuge der Marke M, mit der der A einen Exklusivvertrag als Händler für die nächsten 20 Jahre geschlossen hatte, auszustellen.

Der A stellte unter dem 20. Februar 2014 einen Antrag bei der zuständigen Behörde auf Erteilung einer entsprechenden Genehmigung. Hierbei fügte er die erforderlichen Unterlagen bei.
Mit Bescheid vom 10. März 2014 lehnte die zuständige Behörde den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, dass ein solches Vorhaben in einem allgemeinen Wohngebiet unzulässig sei. Hiergegen legte der A mit Schreiben vom 11. März 2014 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, das Vorhaben sei sehr wohl zulässig. Jedenfalls sei ihm eine Ausnahmegenehmigung beziehungsweise Befreiung zu erteilen, da das Vorhaben nicht störe und überdies durch das Vorhaben etwa 10 Arbeitsplätze in dieser strukturschwachen Region geschaffen würden, so dass das Vorhaben im Interesse der Allgemeinheit liege und dahinter persönliche Befindlichkeiten, etwa von Nachbarn oder Beamten des Bauamts, zurückstehen müssten.

Auf seinen Widerspruch hörte der A nichts. Da er nunmehr gerne anfangen möchte, kommt er zu ihnen als Rechtsanwalt und bittet Sie nun, „Dampf zu machen“.

Was werden Sie tun, und wie stehen die Erfolgsaussichten in dieser Sache?

Bearbeitervermerk:
Begutachtungszeitpunkt ist der 6. Oktober 2014. Es ist die Rechtslage des Landes Saarland zugrundezulegen.



Dem A wird zu einem gerichtlichen Vorgehen zu raten sein, wenn ein solches Erfolg verspricht, das heißt, ein entsprechender Antrag zulässig und begründet wäre.

A. Zulässigkeit

I. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs
Der Verwaltungsrechtsweg müsste eröffnet sein. Eine aufdrängende Sonderzuweisung ist vorliegend nicht ersichtlich. Es kommt daher als rechtswegeröffnende Norm § 40 I 1 VwGO in Betracht. Dazu müsste es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art handeln und es dürfte keine abdrängende Sonderzuweisung greifen. Eine Streitigkeit ist öffentlich-rechtlich, wenn die streitentscheidenden Normen oder Handlungsformen öffentlich-rechtlicher Natur sind. Dabei sind nach der sog. Sonderechtstheorie Normen dann öffentlich-rechtlicher Natur, wenn sie ausschließlich einen Träger hoheitlicher Gewalt berechtigen oder verpflichten. Vorliegend sind die streitentscheidenden Normen solche des BauGB und der LBO. Diese Normen berechtigen und verpflichten, soweit sie hier in Betracht kommen, ausschließlich einen Träger hoheitlicher Gewalt und sind daher öffentlich-rechtlicher Natur. Mithin liegt eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vor. Die Streitigkeit dürfte auch nicht verfassungsrechtlicher Art sein. Vorliegend sind weder A noch die zuständige Behörde Verfassungsorgane, noch streiten sie über formelles Verfassungsrecht. Die Streitigkeit ist daher nichtverfassungsrechtlicher Art. Eine abdrängende Sonderzuweisung ist nicht ersichtlich. Damit liegen Voraussetzungen des § 40 I 1 VwGO vor, so dass der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist.

II. Statthafte Klageart
Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Kläger- bzw. Antragstellerbegehren, § 88 VwGO. Hier begehrt A die Verpflichtung der Behörde zum Erlass einer entsprechenden Baugenehmigung, mithin eines VA im Sinne des § 35 S. 1 VwVfG. Statthafte Klageart hierfür ist die Verpflichtungsklage gemäß § 42 I 2. Fall VwGO.
Hier bittet A darum „Dampf zu machen“, was so zu verstehen ist, dass er ein zügiges Vorgehen wünscht. Insofern wäre hier grundsätzlich auch an eine Vorgehen nach § 123 I VwGO zu denken. Indes fehlt es insoweit offensichtlich an einem Anordnungsgrund, da A keine besondere Dringlichkeit seines Anliegens im Sinne des § 123 I 1 oder 2 VwGO dargetan hat. Der bloße Wunsch, mit seinem Vorhaben zeitnah zu beginnen, reicht für eine einstweilige Anordnung jedenfalls nicht aus, so dass ein Vorgehen im Wege des Einrechtsschutzes hier keinen Erfolg verspräche und dem A daher nicht zu raten ist.

III. Klagebefugnis nach § 42 II VwGO
A müsste auch klagebefugt im Sinne des § 42 II VwGO sein. Dies ist bei einer Verpflichtungsklage der Fall, wenn der Kläger möglicherweise einen Anspruch auf den Erlass des begehrten VA hat. Vorliegend besteht die Möglichkeit, dass A einen Anspruch auf Erteilung einer entsprechenden Baugenehmigung aus § 73 LBO hat.

IV. Erfolgloses Vorverfahren, § 68 ff. VwGO
A hat vorliegend Widerspruch eingelegt, jedoch erging kein Widerspruchsbescheid. Damit ist das Vorverfahren bislang nicht „erfolglos“ abgeschlossen worden, da noch ein Widerspruchsbescheid ergehen kann. Gleichwohl ist aber auf den Widerspruch des A vom 11. März 2014 bis zum heutigen Tage, dem 6. Oktober 2014 nichts passiert. Fraglich ist daher, ob der A gleichwohl Klage erheben kann. Dies könnte nach § 75 VwGO möglich sein. Nach dieser Vorschrift ist die Klage abweichend von § 68 VwGO zulässig, wenn über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falls eine kürzere Frist geboten ist. Hier ist seit der Erhebung des Widerspruchs ein Zeitraum von mehr als drei Monaten vergangen, ohne dass hierfür ein Grund auf Seiten der Behörde ersichtlich ist, so dass hier ohne zureichenden Grund nicht in angemessener Frist sachlich entschieden worden ist. Damit liegen die Voraussetzungen von § 75 VwGO vor, so dass es der Einhaltung von § 68 VwGO hier nicht bedarf.

V. Klagefrist, §§ 74 I, II VwGO
Der Einhaltung der Klagefrist des § 74 I, II VwGO bedarf es im Falle des § 75 VwGO nicht.

VI. Klagegegner, § 78 VwGO
Der richtige Klagegegner richtet sich nach § 78 VwGO.

Bedenken gegen weitere Zulässigkeitsvoraussetzungen bestehen nicht, so dass die Klage insgesamt zulässig ist.

B. Begründetheit
Die Verpflichtungsklage ist gem. § 113 V 1 VwGO begründet, soweit die Ablehnung oder Unterlassung des VA rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Dies ist der Fall, wenn der Kläger einen Anspruch auf die Erteilung der Baugenehmigung hat.

I. Anspruchsgrundlage
Der von A geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung vom 20. Februar 2014 müsste sich auf eine Anspruchsgrundlage stützen lassen. Anspruchsgrundlage für ihre Erteilung einer Baugenehmigung ist im Saarland § 73 LBO.

II. Formelle Voraussetzungen
Von der Einhaltung der formellen Voraussetzungen ist auszugehen, insbesondere hat A seinen Antrag bei der zuständigen Behörde gestellt und alle erforderlichen Unterlagen vorgelegt.

III. Materielle Voraussetzungen
Es müssten die Anspruchsvoraussetzungen von § 73 I LBO vorliegen. Nach dieser Vorschrift ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind.

1. Genehmigungsbedürftigkeit
Das Vorhaben müsse zunächst überhaupt einer Genehmigung bedürfen (Genehmigungsbedürftigkeit). Nach § 60 I LBO bedürfen die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von Anlagen der Baugenehmigung, sofern in den §§ 60 – 63 und 77 LBO nichts anderes bestimmt ist.

a) Bauliche Anlage, §§ 1, 2 LBO
Es müsste sich zunächst um eine bauliche Anlage im Sinne der §§ 1 I, 2 I LBO handeln. Nach § 2 I 1 LBO sind bauliche Anlagen mit dem Erdboden verbundene, aus Bauprodukten hergestellte Anlagen. Nach § 2 I 3 Nr. 6 LBO sind bauliche Anlagen auch Stellplätze für Kraftfahrzeuge. Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der Lagerhalle, deren Nutzung zukünftig als Werkstatthalle vorgesehen ist, um eine aus Bauprodukten hergestellte Anlage und damit um eine bauliche Anlage im Sinne des § 2 I 1 LBO. Bezüglich der Stellflächen für neue und gebrauchte Fahrzeuge handelt es sich um Stellplätze im Sinne des § 2 I 3 Nr. 6 LBO, mithin ebenfalls um bauliche Anlagen.

b) Errichten, Ändern, Nutzungsänderung
Nach § 60 I LBO bedürfen die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von Anlagen der Baugenehmigung. Im vorliegenden Fall soll die bisherige Nutzung des Geländes als Schrottplatz und der Halle als Lagerhalle geändert werden in eine Nutzung als Verkaufsfläche für Fahrzeuge und als Werkstatthalle. Darin liegt eine Nutzungsänderung im Sinne des § 60 I LBO. Insoweit ist allerdings zu beachten, dass nicht jede Nutzungsänderung genehmigungsbedürftig ist, sondern nur dann, wenn diese Änderung bodenrechtlich relevant sein kann und daher die Frage der Genehmigung erneut aufwirft, was der Fall ist, wenn durch die Nutzungsänderung baurechtliche Vorschriften erneut berührt werden. Dies ist insbesondere der Fall, wenn öffentliche Belange im Sinne des § 1 VI BauGB berührt werden. Insoweit kommt hier, insbesondere aufgrund der mit 20 Stellplätzen nicht unerheblichen Größenordnung des geplanten Vorhabens, bspw. eine Betroffenheit der Nummern 7 und 8 des § 1 V BauGB in Betracht, so dass von einer bodenrechtlichen Relevanz der Änderung auszugehen ist.

c) Keine Ausnahme/Befreiung
An der Genehmigungsbedürftigkeit fehlte es ferner, wenn eine Ausnahme im Sinne einer Befreiung griffe. Eine solche kann sich aus §§ 60 – 63 oder 77 LBO ergeben. Dies ist vorliegend indes nicht der Fall, so dass das Vorhaben des A genehmigungsbedürftig ist.

2. Genehmigungsfähigkeit
Das Vorhaben müsste ferner genehmigungsfähig sein. Dies setzt voraus, dass ihm keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften, insbesondere des Bauordnungsrechts und des Bauplanungsrechts entgegenstehen.

a) Bauordnungsrecht
Hinsichtlich der Vereinbarkeit des Vorhabens des A mit dem Bauordnungsrecht bestehen keine Bedenken.

b) Bauplanungsrecht
Zu prüfen ist daher, ob das Vorhaben des A mit den bauplanungsrechtlichen Vorschriften vereinbar und daher genehmigungsfähig ist.

aa) Bauplanungsrechtliche Situation
Die bauplanungsrechtlichen Anforderungen hängen davon ab, welche bauplanungsrechtliche Situation in dem Gebiet, in dem das Bauvorhaben durchgeführt werden soll, besteht.
Hier liegt das Grundstück des A im Bereich eines qualifizierten Bebauungsplans. Daher richtet sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach den §§ 30 I, 31 BauGB.

bb) Bauplanungsrechtliche Zulässigkeit

(1) Regelbebauung
Zunächst ist zu prüfen, ob das Vorhaben des A als Regelbebauung im Sinne des § 30 I BauGB zulässig ist. Nach dieser Vorschrift ist ein Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält (qualifizierter Bebauungsplan), zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist. Hier liegt, das ist sachverhaltlich vorgegeben, ein qualifizierter B-Plan vor. Fraglich ist damit hier zunächst, ob das Vorhaben hinsichtlich seiner Art nach den Festsetzungen entspricht. Die zulässigen Festsetzungen eines Vorhabens hinsichtlich der Art ergeben sich aus der BauNVO. Da es sich hier um ein allgemeines Wohngebiet (AW) handelt, gelten für die Zulässigkeit des Vorhabens der Art nach die Anforderungen des § 4 II BauNVO. Danach sind zulässig Wohngebäude (Nr. 1), die der Versorgung des Gebietes dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störende Handwerksbetriebe (Nr. 2), Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke (Nr. 3). Hier kommt allein ein Vorliegen eines Vorhabens im Sinne der Nr. 2 in Betracht. Der von A geplante Betrieb ist ein Kfz-Handelsbetrieb mit Kfz-Werkstatt. Ein solcher Betrieb ist nicht den klassischen Handwerksbetrieben, auf die sich die Vorschrift bezieht, zuzurechnen. Damit ist der geplante Betrieb des A nicht als Regelbebauung im Sinne des § 30 I BauGB in Verbindung mit § 4 II BauNVO zulässig.

(2) Ausnahmebebauung, § 31 I BauGB
Ist das Vorhaben als Regelbebauung nicht zulässig, so ist zu prüfen, ob es als Ausnahmebebauung im Sinne des § 31 I BauGB zulässig ist. Nach dieser Vorschrift können von den Festsetzungen des Bebauungsplans Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. Die insofern zulässigen Ausnahmen, die in dem Bebauungsplan festgesetzt werden können, ergeben sich hier aus § 4 III BauNVO. Danach können ausnahmsweise zugelassen werden: Betriebe des Beherbergungsgewerbes (Nr. 1), sonstige nicht störende Gewerbebetriebe (Nr. 2), Anlagen für Verwaltung (Nr. 3), Gartenbaubetriebe (Nr. 4) und Tankstellen (Nr. 5). In Betracht kommt hier allein das Vorliegen eines sonstigen nicht störenden Gewerbebetriebs im Sinne der Nr. 2. Fraglich ist mithin, ob das Vorhaben des A ein solcher nicht störender Gewerbebetrieb ist. Störend ist der Gewerbebetrieb, wenn von der Anlage Nachteile ausgehen oder wenn Belästigungen verursacht werden. Nachteile liegen vor, wenn Güter oder Werte des Einzelnen oder der Allgemeinheit verletzt werden. Belästigungen sind Störungen des allgemeinen Wohlbefindens. A plant hier ein Kfz Handel mit 20 Stellplätzen und einer Werkstatt auf dem Grundstück errichten. Es steht daher zu erwarten, dass es, beispielsweise durch die Anlieferung der zum Verkauf bestimmten Fahrzeuge und Ersatzteile und durch den Kunden- und Interessentenverkehr, zu einem gegenüber demjenigen des bisherigen Schrottplatzes ganz erheblich gesteigerten Verkehrsaufkommen kommen wird. Daneben ist zu erwarten, dass auch ganz erhebliche Störungen und Emission von der geplanten Werkstatt ausgehen werden, wie etwa Lärm, Gase, Gerüche und Abgase etc. Damit führt das geplante Vorhaben des A zu erheblichen Belästigungen und darüber hinaus unter Umständen auch zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Anwohner durch Abgase, Lärm etc., so dass es keinen nicht störenden Gewerbebetrieb im Sinne des § 4 III BauNVO darstellt. Somit ist das Vorhaben des A nicht als Ausnahme im Sinne des § 31 I BauGB i.V.m. § 4 III BauNVO zulässig.

Anmerkung: Die Rechtsprechung sieht allenfalls sehr kleine Autohandelsbetriebe als nicht störend im Sinne der Vorschrift an, etwa Betriebe mit Stellplätzen für nicht mehr als fünf Fahrzeuge.

(3) Befreiung, § 31 II BauGB
Zu prüfen ist ferner, ob der A einen Anspruch auf eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans gemäß § 31 II BauGB hat. Nach dieser Vorschrift kann von den Festsetzung des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (Nr. 1) oder die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde (Nr. 3) und wenn die Abweichung unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Es müsste daher im vorliegenden Fall zunächst ein Befreiungsgrund vorliegen.
Fraglich ist zunächst, ob Gründe des Allgemeinwohls die Befreiung erfordern. Unter Allgemeinwohl sind alle öffentlichen Interessen, wie sie etwa in § 1 V BauGB genannt sind, zu verstehen. Grundsätzlich steht es im öffentlichen Interesse, Arbeitsplätze zu schaffen. Hier schafft das Vorhaben des A tatsächlich auch eine kleinere Anzahl von Arbeitsplätzen, was durchaus im öffentlichen Interesse liegt. Die gleichzeitige Schaffung einer geringen Anzahl von Arbeitsplätzen macht das Vorhaben indessen nicht „erforderlich“ im Sinne des § 31 II Nr. 1 BauGB, da auch denkbar ist, dass Arbeitsplätze auf andere Weise hier entstehen können. Damit liegt der Befreiungsgrund der Nr. 1 nicht vor.
Zu prüfen ist hier weiterhin, ob der Befreiungsgrund der Nr. 2 vorliegt, ob das Vorhaben also städtebaulich vertretbar ist. Für die Bestimmung, was städtebaulich vertretbar ist, verlangt eine frühere Ansicht eine besondere Atypik des Sachverhalts, während nach der gesetzgeberischen Intention eine solche Einschränkung nicht erforderlich ist. Letztlich kann eine Entscheidung dieser Frage hier dahinstehen, weil der Behörde in jedem Falle ein Ermessen bei der Beurteilung der städtebaulichen Vertretbarkeit zusteht und vorliegend nicht erkennbar ist, dass die Behörde im Rahmen der Ausübung des Ermessens einen Ermessensfehler begangen hat, der nun zu revidieren wäre. Liegt damit kein Ermessensfehler vor, wurde insbesondere keine Ermessensreduzierung auf Null übersehen, so hat A hier auch keinen Anspruch auf eine Befreiung nach Nr. 2.
Möglicherweise könnte A aber ein Anspruch auf Befreiung aufgrund des Befreiungsgrundes der Nr. 3 haben. Nach dieser Vorschrift kann eine Befreiung erteilt werden, wenn das Festhalten an den Festsetzungen des Bebauungsplans zu einer nicht beabsichtigten Härte führen würde. Eine solche Härte muss allerdings grundstücksbezogener Art sein, sich also aus einer Eigenart des Grundstücks, etwa seines Zuschnitts, ergeben. Eine solche Sonderheit des Grundstücks des A ist hier nicht ersichtlich, vielmehr geht es dem A allein um eine bestimmte wirtschaftliche Nutzung des Grundstücks, während vielfältige andere Nutzungen zulässig wären. Damit greift auch der Befreiungsgrund der Nr. 3 hier nicht ein.
Liegt damit insgesamt kein Befreiungsgrund vor, so hat der A auch keinen Anspruch auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans im Sinne des § 31 II BauGB.

Damit ist das Vorhaben des A insgesamt bauplanungsrechtlich unzulässig.

c) Bestandsschutz
Möglicherweise ergibt sich hier aber ein Genehmigungsanspruch aus dem Aspekt des Bestandsschutzes. Danach wird ein ursprünglich rechtmäßig errichtetes Vorhaben von späterem Rechtsänderungen nicht berührt (sogenannter „passiver Bestandsschutz“). Auf der Grundlage dieses passiven Bestandsschutzes wurde in der früheren Rechtsprechung auch ein so genannter „aktiver Bestandsschutz“ abgeleitet, nach dem der Bestandsschutz, den ein ursprünglich im Einklang mit dem materiellen Baurecht errichtetes Gebäude aufgrund seines grundrechtlichen Schutzes aus Art. 14 I GG genießt, nicht nur dazu berechtige, die Anlage in ihrem bisherigen Bestand zu erhalten und zu nutzen, sondern auch dazu, die zur Erhaltung und zeitgemäßen Nutzung notwendige Maßnahmen durchzuführen. Nach dieser früheren Rechtsprechung hatte der Bauherr unmittelbar aus Art. 14 I GG einen Anspruch auf Genehmigung von Maßnahmen, die auch die Erweiterung und unter Umständen sogar die Neuerrichtung der Anlage umfassen konnten. Unter Zugrundelegung dieser früheren Rechtsprechung wäre hier daran zu denken, den Kfz Betrieb als eine bestandsgeschützte Weiternutzung der Schrotthandels anzusehen. Dem ist jedoch mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entgegenzutreten, wonach ein unmittelbarer Anspruch aus Art. 14 I GG nicht in Betracht kommt (sog. Nassauskiesungsentscheidung). Diese Ansicht hat sich nunmehr auch das Bundesverwaltungsgericht angeschlossen. Soweit ersichtlich, wird das Institut des aktiven Bestandsschutzes damit nicht mehr vertreten und kommt daher hier als Grundlage des Anspruchs nicht mehr in Betracht.
Da der passive Bestandschutz keine Änderung der Nutzung zulässt, kann der Anspruch sich hier insgesamt nicht aus dem Aspekt des Bestandsschutzes ergeben.

Damit hat A keinen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung für die vorgesehene Nutzungsänderung. Die Klage ist damit unbegründet.

C. Endergebnis
Die Klage des A ist zulässig, aber unbegründet.