Fall: Am siebten Tag sollst Du ruhen!
Die Evangelische Kirchengemeinde (G) aus Berlin ist eine öffentlichrechtlich verfasste Religionsgemeinschaften im Sinne von Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 der Weimarer Reichsverfassung (WRV).
Als im Zuge der so genannten Föderalismusreform I im Jahr 2006 das Recht des Ladenschlusses aus dem Katalog der Gegenstände der konkurrierenden Gesetzgebung für das Recht der Wirtschaft (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) herausgenommen und die Gesetzgebungskompetenz insoweit auf die Länder übertragen wurde, beschloss das Abgeordnetenhaus von Berlin daraufhin Ende 2006 das Berliner Ladenöffnungsgesetz (BerlLadÖffG), das kurz darauf in Kraft trat.
Vor der landesgesetzlichen Regelung der Ladenöffnungszeiten waren diese bundeseinheitlich in dem Gesetz über den Ladenschluss (LadSchlG) geregelt. An Sonn- und Feiertagen untersagte das Gesetz grundsätzlich die Ladenöffnung (§ 3 Nr. 1 LadSchlG). Als Abweichung hiervon ließ § 14 Abs. 1 LadSchlG die Ladenöffnung an bis zu vier Sonn- und Feiertagen aus Anlass von Märkten, Messen o.ä. durch Rechtsverordnung der Landesregierung zu. Danach durfte die Ladenöffnung fünf zusammenhängende Stunden nicht überschreiten, musste spätestens um 18.00 Uhr enden und sollte außerhalb der Zeit des Hauptgottesdienstes liegen (§ 14 Abs. 2 LadSchlG). Die Sonn- und Feiertage im Monat Dezember waren für jedwede, auch ausnahmsweise, Freigaben gesperrt (§ 14 Abs. 3 LadSchlG). Daneben enthielt das Ladenschlussgesetz des Bundes für bestimmte Verkaufsstellen (wie bspw. Läden in Bahnhöfen oder in ländlichen Gebieten) sowie für bestimmte Warengruppen Sonderregelungen.
Die nach der Änderung der Gesetzgebungskompetenz von den anderen Ländern erlassenen Ladenschluss- oder -öffnungsgesetze halten in den Grundzügen am Regelungskonzept des Ladenschlussgesetzes des Bundes fest. Das Berliner Ladenöffnungsgesetz aber sieht, insoweit über die Regelungen in anderen Bundesländern hinausgehend, die Freigabe von jährlich bis zu zehn Sonn- und Feiertagen für die Ladenöffnung vor. Eine nach der Zahl der Tage nicht begrenzte, allgemeine, aber einzelfallbezogene Ausnahmeregelung mit eng gefassten Voraussetzungen kennt das Berliner Ladenöffnungsgesetz nicht. Die Ladenöffnung an Werktagen ist vollständig freigegeben (24-Stunden-Öffnungsmöglichkeit).
Die einschlägigen Regelungen lauten:
§ 3 Allgemeine Ladenöffnungszeiten
(1) Verkaufsstellen dürfen an Werktagen von 0.00 bis 24.00 Uhr und an Adventssonntagen von 13.00 bis
20.00 Uhr geöffnet sein.
(2) Verkaufsstellen müssen, soweit die §§ 4 bis 6 nichts Abweichendes bestimmen, geschlossen sein
1. an Sonn- und Feiertagen und am 24. Dezember, wenn dieser Tag auf einen Adventssonntag fällt,
2. am 24. Dezember, wenn dieser Tag auf einen Werktag fällt, ab 14.00 Uhr.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Kunst- und Gebrauchtwarenmärkte.
(4) Die bei Ladenschluss anwesenden Kundinnen und Kunden dürfen noch bedient werden.
§ 6 Weitere Ausnahmen
(1) Die für die Ladenöffnungszeiten zuständige Senatsverwaltung kann im öffentlichen Interesse
ausnahmsweise die Öffnung von Verkaufsstellen an höchstens vier Sonn- oder Feiertagen durch
Allgemeinverfügung zulassen. Der 1. Januar, der 1. Mai, der Karfreitag, der Ostersonntag, der
Pfingstsonntag, der Volkstrauertag, der Totensonntag und die Feiertage im Dezember sind hiervon
ausgenommen.
(2) Verkaufsstellen dürfen aus Anlass besonderer Ereignisse, insbesondere von Firmenjubiläen und
Straßenfesten, an jährlich höchstens zwei weiteren Sonn- oder Feiertagen von 13.00 bis 20.00 Uhr
öffnen.
Die Verkaufsstelle hat dem zuständigen Bezirksamt die Öffnung sechs Tage vorher anzuzeigen. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.
[Anmerkung: Gehen Sie davon aus, dass von den Möglichkeiten des § 6 BerlLadÖffG in der Vergangenheit immer vollumfänglich Gebrauch gemacht wurde.]
Die G wendet sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen die Regelung der Ladenöffnungsmöglichkeiten an Sonn- und Feiertagen im Land Berlin. Sie greift insbesondere § 3 Abs. 1 BerlLadÖffG und § 6 BerlLadÖffG sowie die von der Kumulation der Regelungen ausgehende Wirkung an.
Zur Begründung trägt die G u.a. vor, dass § 3 Abs. 1 BerlLadÖffG sie in ihren Grundrechten verletze, weil danach eine Ladenöffnung an allen Adventssonntagen von 13.00 bis 20.00 Uhr zulässig sei. Die Adventssonntage nähmen einen hervorgehobenen Platz im Kirchenjahr ein und würden von den Kirchen traditionell auch entsprechend begangen. Die streitgegenständlichen Vorschriften beraubten die Vorweihnachtszeit grundlegend ihres verfassungsrechtlichen Schutzes, gerade auch weil § 3 Abs. 1 BerlLadÖffG nicht vier punktuell über das Jahr verteilten Sonntagen ihren spezifischen Schutz nehme, sondern vier aufeinander folgenden Sonntagen. Damit werde der Schutz über einen Zeitraum von vier Wochen vollständig und gerade in der Weihnachtszeit suspendiert. § 3 Abs. 1 BerlLadÖffG sei überdies verfassungswidrig, weil ihr allein wirtschaftliche Erwägungen zugrunde lägen.
Verfassungswidrig sei auch § 6 Abs. 1 BerlLadÖffG. Nach dem bisherigen Ladenschlussgesetz des Bundes habe die Ausnahme im Einzelfall im öffentlichen Interesse dringend nötig sein müssen, was etwa im Blick auf die Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Waren bei Notfällen und Katastrophen in Betracht gekommen sei. § 6 Abs. 1 BerlLadÖffG enthalte hingegen keine derartigen strengen Anforderungen mehr, so genüge für die Zulassung der Ladenöffnung nun bereits eine mehr oder minder bedeutende Veranstaltung oder ein Ereignis. Damit gehe von den Tatbestandsmerkmalen „im öffentlichen Interesse“ und „ausnahmsweise“ praktisch kaum mehr eine Steuerungswirkung aus. Die Ermächtigung in § 6 Abs. 1 BerlLadÖffG normiere somit unangemessen geringe Ausnahmeanforderungen und verfolge zudem ausschließlich wirtschaftliche Zwecke.
Ebenso lägen § 6 Abs. 2 BerlLadÖffG allein wirtschaftliche Interessen zugrunde. Die Vorschrift sei unverhältnismäßig, weil sie angesichts der sehr großen Anzahl von Handelsgeschäften in Berlin, der sehr niedrigen Erfordernisse für eine Ladenöffnung - „Firmenjubiläen und Straßenfeste“ - und der Tatsache, dass pro Geschäft zwei Öffnungen im Jahr ermöglicht würden, eine beträchtliche Streuwirkung entfalte. Damit werde das Grundprinzip der Schließung von Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen faktisch flächendeckend aufgegeben.
Zudem seien die angegriffenen Einzelbestimmungen auch und gerade in ihrer Kumulation verfassungswidrig. Ausnahmen vom verfassungsrechtlichen Sonn- und Feiertagsschutz seien jedenfalls dann verfassungswidrig, wenn ihre Kumulation dem Regel-Ausnahme-Verhältnis des Verbots und der Gestattung von Sonntagsarbeit zuwiderlaufe. Dieses sei angesichts der quantitativen Dimension der möglichen Ladenöffnungen (zehn Sonn- und Feiertage pro Jahr) nicht mehr beachtet. Ferner sei davon auszugehen, dass es in Berlin keinen einzigen Sonntag mehr geben werde, an dem nicht eine größere Anzahl von Geschäften geöffnet habe.
Hat eine von ihr fristgerecht eingelegte Verfassungsbeschwerde Erfolg?
Als im Zuge der so genannten Föderalismusreform I im Jahr 2006 das Recht des Ladenschlusses aus dem Katalog der Gegenstände der konkurrierenden Gesetzgebung für das Recht der Wirtschaft (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) herausgenommen und die Gesetzgebungskompetenz insoweit auf die Länder übertragen wurde, beschloss das Abgeordnetenhaus von Berlin daraufhin Ende 2006 das Berliner Ladenöffnungsgesetz (BerlLadÖffG), das kurz darauf in Kraft trat.
Vor der landesgesetzlichen Regelung der Ladenöffnungszeiten waren diese bundeseinheitlich in dem Gesetz über den Ladenschluss (LadSchlG) geregelt. An Sonn- und Feiertagen untersagte das Gesetz grundsätzlich die Ladenöffnung (§ 3 Nr. 1 LadSchlG). Als Abweichung hiervon ließ § 14 Abs. 1 LadSchlG die Ladenöffnung an bis zu vier Sonn- und Feiertagen aus Anlass von Märkten, Messen o.ä. durch Rechtsverordnung der Landesregierung zu. Danach durfte die Ladenöffnung fünf zusammenhängende Stunden nicht überschreiten, musste spätestens um 18.00 Uhr enden und sollte außerhalb der Zeit des Hauptgottesdienstes liegen (§ 14 Abs. 2 LadSchlG). Die Sonn- und Feiertage im Monat Dezember waren für jedwede, auch ausnahmsweise, Freigaben gesperrt (§ 14 Abs. 3 LadSchlG). Daneben enthielt das Ladenschlussgesetz des Bundes für bestimmte Verkaufsstellen (wie bspw. Läden in Bahnhöfen oder in ländlichen Gebieten) sowie für bestimmte Warengruppen Sonderregelungen.
Die nach der Änderung der Gesetzgebungskompetenz von den anderen Ländern erlassenen Ladenschluss- oder -öffnungsgesetze halten in den Grundzügen am Regelungskonzept des Ladenschlussgesetzes des Bundes fest. Das Berliner Ladenöffnungsgesetz aber sieht, insoweit über die Regelungen in anderen Bundesländern hinausgehend, die Freigabe von jährlich bis zu zehn Sonn- und Feiertagen für die Ladenöffnung vor. Eine nach der Zahl der Tage nicht begrenzte, allgemeine, aber einzelfallbezogene Ausnahmeregelung mit eng gefassten Voraussetzungen kennt das Berliner Ladenöffnungsgesetz nicht. Die Ladenöffnung an Werktagen ist vollständig freigegeben (24-Stunden-Öffnungsmöglichkeit).
Die einschlägigen Regelungen lauten:
§ 3 Allgemeine Ladenöffnungszeiten
(1) Verkaufsstellen dürfen an Werktagen von 0.00 bis 24.00 Uhr und an Adventssonntagen von 13.00 bis
20.00 Uhr geöffnet sein.
(2) Verkaufsstellen müssen, soweit die §§ 4 bis 6 nichts Abweichendes bestimmen, geschlossen sein
1. an Sonn- und Feiertagen und am 24. Dezember, wenn dieser Tag auf einen Adventssonntag fällt,
2. am 24. Dezember, wenn dieser Tag auf einen Werktag fällt, ab 14.00 Uhr.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Kunst- und Gebrauchtwarenmärkte.
(4) Die bei Ladenschluss anwesenden Kundinnen und Kunden dürfen noch bedient werden.
§ 6 Weitere Ausnahmen
(1) Die für die Ladenöffnungszeiten zuständige Senatsverwaltung kann im öffentlichen Interesse
ausnahmsweise die Öffnung von Verkaufsstellen an höchstens vier Sonn- oder Feiertagen durch
Allgemeinverfügung zulassen. Der 1. Januar, der 1. Mai, der Karfreitag, der Ostersonntag, der
Pfingstsonntag, der Volkstrauertag, der Totensonntag und die Feiertage im Dezember sind hiervon
ausgenommen.
(2) Verkaufsstellen dürfen aus Anlass besonderer Ereignisse, insbesondere von Firmenjubiläen und
Straßenfesten, an jährlich höchstens zwei weiteren Sonn- oder Feiertagen von 13.00 bis 20.00 Uhr
öffnen.
Die Verkaufsstelle hat dem zuständigen Bezirksamt die Öffnung sechs Tage vorher anzuzeigen. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.
[Anmerkung: Gehen Sie davon aus, dass von den Möglichkeiten des § 6 BerlLadÖffG in der Vergangenheit immer vollumfänglich Gebrauch gemacht wurde.]
Die G wendet sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen die Regelung der Ladenöffnungsmöglichkeiten an Sonn- und Feiertagen im Land Berlin. Sie greift insbesondere § 3 Abs. 1 BerlLadÖffG und § 6 BerlLadÖffG sowie die von der Kumulation der Regelungen ausgehende Wirkung an.
Zur Begründung trägt die G u.a. vor, dass § 3 Abs. 1 BerlLadÖffG sie in ihren Grundrechten verletze, weil danach eine Ladenöffnung an allen Adventssonntagen von 13.00 bis 20.00 Uhr zulässig sei. Die Adventssonntage nähmen einen hervorgehobenen Platz im Kirchenjahr ein und würden von den Kirchen traditionell auch entsprechend begangen. Die streitgegenständlichen Vorschriften beraubten die Vorweihnachtszeit grundlegend ihres verfassungsrechtlichen Schutzes, gerade auch weil § 3 Abs. 1 BerlLadÖffG nicht vier punktuell über das Jahr verteilten Sonntagen ihren spezifischen Schutz nehme, sondern vier aufeinander folgenden Sonntagen. Damit werde der Schutz über einen Zeitraum von vier Wochen vollständig und gerade in der Weihnachtszeit suspendiert. § 3 Abs. 1 BerlLadÖffG sei überdies verfassungswidrig, weil ihr allein wirtschaftliche Erwägungen zugrunde lägen.
Verfassungswidrig sei auch § 6 Abs. 1 BerlLadÖffG. Nach dem bisherigen Ladenschlussgesetz des Bundes habe die Ausnahme im Einzelfall im öffentlichen Interesse dringend nötig sein müssen, was etwa im Blick auf die Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Waren bei Notfällen und Katastrophen in Betracht gekommen sei. § 6 Abs. 1 BerlLadÖffG enthalte hingegen keine derartigen strengen Anforderungen mehr, so genüge für die Zulassung der Ladenöffnung nun bereits eine mehr oder minder bedeutende Veranstaltung oder ein Ereignis. Damit gehe von den Tatbestandsmerkmalen „im öffentlichen Interesse“ und „ausnahmsweise“ praktisch kaum mehr eine Steuerungswirkung aus. Die Ermächtigung in § 6 Abs. 1 BerlLadÖffG normiere somit unangemessen geringe Ausnahmeanforderungen und verfolge zudem ausschließlich wirtschaftliche Zwecke.
Ebenso lägen § 6 Abs. 2 BerlLadÖffG allein wirtschaftliche Interessen zugrunde. Die Vorschrift sei unverhältnismäßig, weil sie angesichts der sehr großen Anzahl von Handelsgeschäften in Berlin, der sehr niedrigen Erfordernisse für eine Ladenöffnung - „Firmenjubiläen und Straßenfeste“ - und der Tatsache, dass pro Geschäft zwei Öffnungen im Jahr ermöglicht würden, eine beträchtliche Streuwirkung entfalte. Damit werde das Grundprinzip der Schließung von Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen faktisch flächendeckend aufgegeben.
Zudem seien die angegriffenen Einzelbestimmungen auch und gerade in ihrer Kumulation verfassungswidrig. Ausnahmen vom verfassungsrechtlichen Sonn- und Feiertagsschutz seien jedenfalls dann verfassungswidrig, wenn ihre Kumulation dem Regel-Ausnahme-Verhältnis des Verbots und der Gestattung von Sonntagsarbeit zuwiderlaufe. Dieses sei angesichts der quantitativen Dimension der möglichen Ladenöffnungen (zehn Sonn- und Feiertage pro Jahr) nicht mehr beachtet. Ferner sei davon auszugehen, dass es in Berlin keinen einzigen Sonntag mehr geben werde, an dem nicht eine größere Anzahl von Geschäften geöffnet habe.
Hat eine von ihr fristgerecht eingelegte Verfassungsbeschwerde Erfolg?
Die Verfassungsbeschwerde der G hat Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist.
A. Zulässigkeit
I. Zuständigkeit
Die Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts für die Entscheidung über Verfassungsbeschwerden folgt aus Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, §§ 13 Nr. 8a, 90 Abs. 1 BVerfGG.
II. Beteiligtenfähigkeit, § 90 Abs. 1 BVerfGG
G müsste beteiligtenfähig sein. Dies ist nach § 90 Abs. 1 BVerfGG „Jedermann“, der Träger der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte, also insbesondere von Grundrechten, sein kann. Fraglich ist, ob die G sich als Religionsgemeinschaft auf Grundrechte, insbesondere auf das Grundrecht aus Art. 4 GG rufen kann, da sie eine korporierte öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaft ist und Grundrechte ihrer klassischen Funktion nach Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat sind und damit nicht dem Staat selbst zustehen können (sog. Konfusionsargument). Insoweit ist aber zu beachten, dass die Kirchen ungeachtet ihrer Anerkennung als Körperschaften des öffentlichen Rechts dem Staat in keiner Weise inkorporiert, also auch nicht im weitesten Sinn "staatsmittelbare" Organisationen oder Verwaltungseinrichtungen sind. Ihre wesentlichen Aufgaben, Befugnisse, Zuständigkeiten sind vielmehr originäre und nicht vom Staat abgeleitete. Insofern können Kirchen unbeschadet ihrer besonderen Qualität als Körperschaften des öffentlichen Rechts wie Jedermann dem Staat gegenüber stehen und insoweit auch eigene Rechte gegen den Staat geltend machen. Sie sind unter diesem Gesichtspunkt grundrechtsfähig und damit auch beteiligtenfähig im Sinne des § 90 Abs. 1 BVerfGG.
III. Beschwerdegegenstand, § 90 Abs. 1 BVerfGG
Es müsste sich auch um einen zulässigen Beschwerdegegenstand im Sinne des § 90 Abs. 1 BVerfGG handeln. Beschwerdegegenstand in diesem Sinne ist jeder Akt der öffentlichen Gewalt, also der Legislative, Exekutive, Judikative. Vorliegend wendet sich die G gegen §§ 3 Abs. 1, 6 BerlLadÖffG sowie die in der Kumulation dieser Vorschriften liegende Wirkung. Es handelt sich dabei um gesetzliche Vorschriften, mithin um Akte der Legislative und damit um einen zulässigen Beschwerdegegenstand im Sinne des § 90 Abs. 1 BVerfGG.
IV. Beschwerdebefugnis, § 90 Abs. 1 BVerfGG
G müsste auch beschwerdebefugt im Sinne des § 90 Abs. 1 BVerfGG sein. Dies setzt voraus, dass sie eine mögliche Grundrechtsverletzung geltend machen und dass sie nach ihrem Vortrag selbst, unmittelbar und gegenwärtig betroffen ist.
1. Mögliche Grundrechtsverletzung
Dazu müsste die G zunächst einen Sachverhalt vortragen, nach dem eine Grundrechtsverletzung möglich ist. In Betracht kommt hier grundsätzlich eine Verletzung der G in ihrem Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG (Religions- bzw. Glaubensfreiheit). Insoweit ist hier aber fraglich, ob eine Verletzung der Glaubensfreiheit nach dem Vortrag der G überhaupt möglich ist, denn durch die angegriffenen Vorschriften wird die G weder an der Bildung ihres Glaubens, noch an dessen Ausübung geändert. Es geht der G ersichtlich allein um den Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe. Insoweit ist zu beachten, dass der Schutz der Sonntagsruhe über Art. 140 GG i.Vm. Art. 139 WRV selbst Verfassungsrang hat, jedoch selbst kein Grundrecht ist. In der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist bisher offen geblieben, ob und inwieweit gerade Art. 139 WRV im zusammenwirken mit Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG oder anderen Grundrechten Religionsgemeinschaften oder anderen Betroffenen eine Durchsetzung des Sonn- und Feiertagsschutzes ermöglicht. Schon nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind aber die Gewährleistung der Weimarer Kirchenartikel funktional auf die Inanspruchnahme und Verwirklichung des Grundrechts der Religionsfreiheit angelegt. Daher erscheint eine Verletzung der G in einem durch die Gewährleistung des Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 139 WRV konkretisierten Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG durch die gesetzliche Erweiterung der Ladenöffnungsmöglichkeiten an Sonn- und Feiertagen, wie sie §§ 3, 6 BerlLadÖffG vorsehen, als möglich.
2. Selbst, gegenwärtig, unmittelbar
Diese mögliche Grundrechtsverletzung müsste darüber hinaus so geartet sein, dass die Beschwerdeführerin durch sie selbst, unmittelbar und gegenwärtig betroffen ist bzw. sein kann.
a) Selbstbetroffenheit
Das Erfordernis der Selbstbetroffenheit stellt klar, dass eine Prozessstandschaft bei der Verfassungsbeschwerde nicht zulässig ist. Ein Fall der Prozessstandschaft läge vor, wenn die Beschwerdeführerin ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend machte. Hier wendet sich die G gegen die erweiterten Ladenöffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen. Die G ist zwar nicht unmittelbarer Adressat der landesgesetzlichen Regelungen über die Verkaufsstellenöffnung. Jedoch ergibt sich aus ihrem Vortrag die Möglichkeit eines rechtlich erheblichen Nachteils auch für sie. So schließen sich zwar geöffnete Läden einerseits und eine Inanspruchnahme des Sonn- und Feiertags seitens der Beschwerdeführerin zum Zwecke kirchlicher Veranstaltungen und Handlungen o.ä. andererseits nicht vollständig aus, denn es ist möglich, auch während der Ladenöffnungszeiten Gottesdienste oder andere religiöse Veranstaltung abzuhalten oder diese gegebenenfalls auf Tageszeiten zu verlegen, zu denen die Geschäfte noch nicht oder nicht mehr geöffnet haben. Insoweit kommt aber eine Selbstbetroffenheit der Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt in Betracht, dass sich durch die in Rede stehenden Ladenöffnungszeiten generell der Charakter der Sonn- und Feiertage als Tage der Arbeitsruhe, auch der Besinnung verändert, weil diese Tage auch in ihrer Ganzheit als Tage der Ruhe und der seelischen Erhebung religiöse Bedeutung für die Beschwerdeführerin und andere kirchliche Einrichtung haben. So heißt es etwa in der Bibel u.a. „(...) am siebten Tage sollst du ruhen (...)“.
Geht man von einer Konkretisierung des Schutzgehalts des Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG durch Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 139 WRV aus, so ist eine Selbstbetroffenheit der G vor diesem Hintergrund anzunehmen. Denn es geht der G um meine Betroffenheit in ihrem, über Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV konkretisierten Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG, und damit um eine Verletzung in eigenen Grundrechten. Sie macht somit auch eigene Rechte im eigenen Namen geltend. Es liegt mithin kein Fall der Prozessstandschaft vor, so dass das Erfordernis der Selbstbetroffenheit gewahrt ist.
b) Unmittelbarkeit
Überdies müsste eine unmittelbare Betroffenheit vorliegen. Eine solche ist gegeben, wenn das Gesetz „self-executing“, also selbst vollziehend ist, d.h. es keiner weiteren Zwischenschritte/Zwischenakte mehr bedarf, damit es die Beschwerdeführerin in seinem Regelungsgehalt betrifft. Hier folgt in die unmittelbare Betroffenheit der Beschwerdeführerin daraus, dass die angegriffene Vorschrift über die Möglichkeit der Verkaufsstellenöffnung an Adventsonntagen (§ 3 Abs. 1 Alt. 1 BerlLadÖffG) keines weiteren Vollzugsakt für ihre Gültigkeit bedarf, mithin selbstvollziehend ist. Fraglich ist aber, ob dies auch für die Regelungen des § 6 Abs. 1 und 2 BerlLadÖffG gelten kann, da diese jeweils noch einer Umsetzung bedürfen, also einer Allgemeinverfügung oder einer vorherigen Anzeige mit folgender Duldung seitens der Verwaltung. Insoweit ist aber zu beachten, dass die Beschwerdeführerin von den Anzeigen der Verkaufsstellen in aller Regel nicht rechtzeitig Kenntnis erlangen wird. Darüber hinaus ist angesichts der Kumulation der im BerlLadÖffG an verschiedenen Stellen angelegten Ladenöffnungsmöglichkeiten an Sonn- und Feiertagen eine unmittelbare Betroffenheit durch § 6 BerlLadÖffG auch kraft Sachzusammenhangs anzunehmen. Damit ist auch insoweit ein unmittelbares Betroffensein gegeben.
c) Gegenwärtigkeit
Darüber hinaus müsste die Betroffenheit auch gegenwärtig sein. Gegenwärtigkeit in diesem Sinne ist gegeben, wenn die Betroffenheit aktuell gegeben ist und nicht erst zukünftig entsteht (Stichwort: Vorwirkung). Hier ist die Betroffenheit der G aktuell und damit gegenwärtig, da die Vorschriften des BerlLadÖffG in Kraft sind.
Damit ist die G beschwerdebefugt im Sinne des § 90 Abs. 1 BVerfGG.
V. Rechtswegerschöpfung, § 90 Abs. 2 BVerfGG
Die Verfassungsbeschwerde ist grundsätzlich erst dann zulässig, wenn der Rechtsweg gegen den Beschwerdegegenstand ausgeschöpft ist. Vorliegend wendet sich G gegen ein Parlamentsgesetz (s.o.). Gegen solche ist kein Rechtsweg eröffnet, so dass es hier einer Rechtswegerschöpfung, im Sinne eines Durchlaufens der gerichtlichen Instanzen, nicht bedarf.
VI. Subsidiarität
Die (Gesetzes-) Verfassungsbeschwerde ist (darüber hinaus) grundsätzlich subsidiär, das heißt, sie kommt erst und nur dann in Betracht, wenn die Beschwerdeführer nicht auf andere Weise als durch die Verfassungsbeschwerde zu ihrem Recht kommen können (Grundsatz der Subsidiarität).
Eine solche Möglichkeit kann grundsätzlich für den Beschwerdeführer darin liegen, zunächst gegen die gesetzliche Vorschrift zu verstoßen, um auf diesem Wege ggf. Adressat eines entsprechenden ordnungsrechtlichen Verwaltungsakts zu werden. In diesem Falle bestünde sodann die Möglichkeit, die Bescheide mit einem Widerspruch anzugreifen, im Falle der Nichtabhilfe Anfechtungsklage zu erheben und in diesem Zuge den Grundrechtsverstoß zu rügen, so dass das zuständige Gericht die Frage der Verfassungsmäßigkeit der dem Bescheid zugrunde liegenden Vorschrift nach Art. 100 GG dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorlegen müsste. Dieser Weg ist grundsätzlich denkbar, wird aber dann für den Beschwerdeführer als unzumutbar erachtet, wenn das für dieses Vorgehen erforderliche Verhalten (der Verstoß gegen die zu überprüfende gesetzliche Vorschrift) zu einer Strafe oder ein Bußgeld führt beziehungsweise führen kann. Im Fall der Straf- oder Bußgeldbewehrung bedarf es daher zur Wahrung des Subsidiaritätsgrundsatzes keines vorherigen Verstoßes gegen die Vorschrift. Eine solche Inzidenterkontrolle über eine Anfechtungsklage kommt hier für G allerdings nicht in Betracht, weil § 3 Abs. 1 BerlLadÖffG, wie bereits festgestellt (s.o.), selbst vollziehend ist, mithin keiner Umsetzung durch einen konkretisierten Verwaltungsakt mehr bedarf, gegen den verwaltungsgerichtlich vorgegangen werden könnte.
Ferner kommt grundsätzlich auch eine Inzidenterkontrolle auch im Rahmen einer Feststellungsklage in Betracht. Für eine solche bedarf es eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO. An einem solchen fehlt es hier jedoch, da Gesetze mangels hinreichender Konkretheit keine Rechtsverhältnisse im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO sind. Andernfalls würde die Feststellungsklage im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO zudem auch zu einem verwaltungsgerichtlichen Normenkontrollverfahren gegen Gesetze umfunktioniert, obwohl dies, wie sich aus der Gesamtschau von Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, Art. 100 GG und § 47 VwGO ergibt, gesetzgeberisch nicht vorgesehen ist.
Hinsichtlich § 6 Abs. 2 BerlLadÖffG besteht auch kein wirkungsvoller fachgerichtlicher Rechtsschutz. Die erforderlichen Anzeigen, die sechs Tage vor der beabsichtigten Ladenöffnung zu erfolgen haben, müssen den Beschwerdeführern nicht zur Kenntnis gebracht werden.
Im Hinblick auf die Möglichkeit, vier Sonn- und Feiertage durch Allgemeinverfügung aufgrund des § 6 Abs. 1 BerlLadÖffG für die Verkaufsstellenöffnung freizugeben, ist der Beschwerdeführerin eine Verweisung auf den fachgerichtlichen Rechtsweg nicht zumutbar. Sie erstrebt eine verfassungsgerichtliche Überprüfung des Normenkomplexes der §§ 3 Abs. 1, 6 Abs. 1 und 2 BerlLadÖffG insgesamt. Dabei können die anderen Regelungen aber nicht ohne den damit im Sachzusammenhang stehenden § 6 Abs. 1 BerlLadÖffG erschöpfend beurteilt werden, so dass das Verlangen eines isolierten Vorgehens gegen diese Vorschrift nicht erfolgversprechend wäre.
Damit besteht für G kein einfacherer Weg, als über eine Verfassungsbeschwerde gegen die betreffenden Vorschriften vorzugehen, so dass auch die Subsidiarität gewahrt ist.
VII. Form und Frist, §§ 23, 92, 93 BVerfGG
Bei der Einlegung der Verfassungsbeschwerde haben die Beschwerdeführer die in den §§ 23, 92, 93 BVerfGG festgelegten Form- und Fristerfordernisse einzuhalten. Von der Wahrung der Form ist mangels gegenteiliger Angaben auszugehen. Die Frist zur Einlegung einer Gesetzes-Verfassungsbeschwerde beträgt nach § 93 Abs. 3 BVerfGG ein Jahr. Diese Frist ist hier gewahrt.
VIII. Rechtsschutzbedürfnis
Bedenken hinsichtlich des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses bestehen nicht.
Die Verfassungsbeschwerde der G ist damit zulässig.
B. Begründetheit
Die Verfassungsbeschwerde ist begründet, wenn die Beschwerdeführerin in ihren Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten verletzt sind, vgl. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG. Als ein solches Recht kommt hier Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG in Betracht. Dazu müsste die Regelung des § 3 Abs. 1 BerlLadÖffG den Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG betreffen und einen verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigten Eingriff darstellen.
I. Schutzbereich
Zunächst müsse der Schutzbereich von Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG betroffen sein. in personeller Hinsicht ist Art. 4 Abs. 1 Abs. 2 GG ein Jedermann-Grundrecht. In sachlicher Hinsicht garantiert Art. 4 Abs. 1 GG die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses. Abs. 2 garantiert das Recht der ungestörten Religionsausübung. Beide Absätze des Art. 4 GG enthalten ein umfassend zu verstehendes einheitliches Grundrecht, das auch die Religionsfreiheit der Korporationen umfasst.
Fraglich ist insoweit, ob die streitgegenständlichen Vorschriften des BerlLadÖffG in ihrem Regelungsgehalt die Verbürgungen des Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG in seiner klassischen Funktionen als Abwehrrecht überhaupt betreffen kann. Denn § 3 Abs. 1 BerlLadÖffG greift weder gezielt in die Religionsfreiheit der Beschwerdeführerin ein, noch liegt darin ein „funktionales Äquivalent“ eines Eingriffs. Insbesondere bleibt es der Beschwerdeführerin unbenommen, ihren Glauben zu bilden (forum internum) oder auszuüben (forum externum). Die Vorschrift richtet sich vielmehr an die Verkaufsstelleninhaber und eröffnet diesen bestimmte Möglichkeiten zur Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG nicht in seiner klassischen Funktion als Abwehrgrundrecht durch die Vorschrift betroffen sein kann.
Gleichwohl könnte die Glaubensfreiheit hier in ihrer Bedeutung als Schutzverpflichtung des Staates betroffen sein (objektiv-rechtliche Dimension). Insoweit ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannt, dass sich der Grundrechtsschutz nicht in seinem klassischen Gehalt als subjektives Abwehrrecht gegenüber staatlichen Eingriffen erschöpft. Vielmehr ist aus den Grundrechten auch eine Schutzpflicht des Staates für das geschützte Rechtsgut abzuleiten, deren Vernachlässigung von den Betroffenen auch mit der Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden kann. Dies gilt auch für Religionsfreiheit. Auch sie beschränkt sich nicht auf die Funktion eines Abwehrrechts, sondern gebietet auch im positiven Sinne, Raum für die aktive Betätigung der Glaubensüberzeugung und die Verwirklichung der autonomen Persönlichkeit auf weltanschaulich-religiösem Gebiet zu sichern. Die insofern bestehende Schutzpflicht trifft den Staat auch gegenüber Religionsgemeinschaften.
Bezogen auf den vorliegenden Fall, das heißt auf die Lockerung der Ladenöffnungszeiten über das BerlLadÖffG, lässt sich allein aus Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG keine staatliche Verpflichtung herleiten, die religiös-christlichen Feiertage und den Sonntag unter den Schutz einer näher auszugestalten generellen Arbeitsruhe zu stellen und das Verständnis bestimmter Religionsgemeinschaften und nach deren Lehre besonderen Tagen zugrundezulegen (s.o.). Auch handelt es sich bei der Sonn- und Feiertagsgarantie selbst nicht um ein Grundrecht oder grundrechtsgleiches Recht.
Das Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG erfährt jedoch eine Konkretisierung durch die Sonn- und Feiertagsgarantie nach Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 139 WRV. Die Sonn- und Feiertagsgarantie wirkt ihrerseits als in der Verfassung getroffenen Wertung auf die Auslegung und Bestimmung des Schutzgehalts von Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG ein und ist deshalb auch bei der Konkretisierung der grundrechtlichen Schutzpflichten des Gesetzgebers zu beachten. Art. 139 WRV enthält einen Schutzauftrag an den Gesetzgeber, der im Sinne der Gewährleistung eines Mindestschutzniveaus dem Grundrechtsschutz aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG insoweit Gehalt gibt (BVerfG, Urt. v. 1.12.2009, 1 BvR 2857/07; 1 BvR 2858/07).
Insoweit ist zu beachten, dass die Gewährleistungen der sog. Weimarer Kirchenartikel, die in das Grundgesetz inkorporiert sind und mit ihm ein „organisches Ganzes“ bilden, funktional auch auf die Inanspruchnahme und Verwirklichung des Grundrechts der Religionsfreiheit angelegt sind. Diese funktionale Ausrichtung der Weimarer Kirchenartikel auf die Inanspruchnahme des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG gilt auch für die Gewährleistung der Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung in Art. 139 WRV.
Die Gewährleistung von Tagen der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung ist darauf ausgerichtet, den Grundrechtsschutz zu stärken, und konkretisiert insofern die aus den jeweiligen einschlägigen Grundrechten folgenden staatlichen Schutzpflichten (BVerfG, Urt. v. 1.12.2009, 1 BvR 2857/07; 1 BvR 2858/07). Damit unterfällt auch der Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe dem Schutzbereich von Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG.
II. Eingriff
Es müsste ein Eingriff in diesen Schutzbereich gegeben sein. Dies ist nach dem modernen Eingriffsbegriff jede Verkürzung des Schutzbereichs. § 3 BerlLadÖffG sieht vor, dass die Geschäfte unter anderem an vier Adventsonntagen geöffnet werden können. Daneben sieht § 6 BerlLadÖffG die Möglichkeit vor, an bis zu sechs weiteren Sonntagen die Läden geöffnet zu halten.
Es ist davon auszugehen, dass gerade durch verkaufsoffene Sonntage in der Vorweihnachtszeit, die Sonn- und Feiertagsruhe verkürzt und damit in Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG eingegriffen wird.
III. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
Der Eingriff müsste verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein. Dies ist der Fall, wenn der Eingriff Ausdruck der Schranke des Grundrechts ist.
1. Bestimmung der Schranke
Zunächst ist zu bestimmen, welcher Schranke Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG unterliegt. Diese Frage ist umstritten.
a) Andere Ansicht (Gesetzesvorbehalt)
Nach einer Ansicht enthaltenen Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 136 Abs. 1 WRV ein Gesetzesvorbehalt. Nach Art. 136 Abs. 1 WRV werden die bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten durch die Ausübung der Religionsfreiheit weder bedingt noch beschränkt. Dies ließe sich so verstehen, dass die staatsbürgerlichen Pflichten der Religionsfreiheit vorgingen, wobei zu diesen staatsbürgerlichen Pflichten auch gehörte, die Gesetze zu befolgen, so dass von daher ein Gesetzesvorbehalt vorliegt. Dabei wird überwiegend vertreten, dass es sich dabei um einen qualifizierten Gesetzesvorbehalt handelt.
b) Andere Ansicht (verfassungsimmanente Schranken)
Demgegenüber geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG grundsätzlich schrankenlos gewährleistet ist und mithin nur durch verfassungsimmanente Schranken (also Gesetzen zum Zwecke des Schutzes von Grundrechten Dritter oder Rechtsgüter mit Verfassungsrang) beschränkbar ist. Dies wird u.a. daraus abgeleitet, dass Art. 4 Abs. 1, S. 2 GG selbst keinen Gesetzesvorbehalt enthält.
c) Stellungnahme
Einer Stellungnahme bezüglich beider Auffassungen bedarf es in aller Regel nicht, da beide Ansichten in der Regel zu den gleichen Ergebnissen führen. Damit kommen hier die Vorschriften des BerlLadÖffG als taugliche Schranken von Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG in Betracht.
Anmerkung: Für die weitere Lösung wird die Ansicht des Bundesverfassungsgericht zugrundegelegt, das heißt, es wird davon ausgegangen, dass es sich um verfassungsimmanente Schranken handelt.
2. Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgrundlage
Die Rechtsgrundlage, das heißt das eingreifende Gesetz (BerlLadÖffG), müsste formell und materiell verfassungsgemäß sein.
a) Formelle Verfassungsmäßigkeit
Das BerlLadÖffG müsste zunächst formell verfassungsgemäß sein, das heißt, es müssten Zuständigkeit, Verfahren und Form bezüglich des Erlasses des Gesetzes gewahrt sein. Hier ist allein die Zuständigkeit des Landes Berlin fraglich. Grundsätzlich ergibt sich die Gesetzgebungskompetenz eines Landes aus Art. 70 Abs. 1 GG. Ausnahmsweise hat jedoch der Bund die Gesetzgebungskompetenz, insbesondere wenn dies ausdrücklich gesetzlich angeordnet ist, wie im Falle der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz (Art. 71, 73 GG) sowie der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz (Art. 72, 74 GG). In Betracht kommt hier das Eingreifen einer konkurrierenden Bundeskompetenz aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11, 12 GG. Insoweit ist jedoch zu beachten, dass insoweit mit der ausdrücklichen Herausnahme des Rechts des Ladenschlusses aus dem Katalog der Gegenstände der konkurrierenden Gesetzgebung in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG im Zuge der Föderalismusreform I die Gesetzgebungskompetenz auf die Länder übergegangen ist (Art. 70 Abs. 1 GG). Auch liegt kein Verstoß gegen die Gesetzgebungskompetenz des Bundes auf dem Gebiet des Arbeitsrechts (Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG) vor. Die Frage der Gesetzgebungskompetenz hinsichtlich des arbeitszeitrechtlichen Regelungselements kann hier offenbleiben, denn selbst wenn dem Landesgesetzgeber insoweit die Gesetzgebungskompetenz fehlte, so blieben die hier angegriffenen Bestimmungen des Gesetzes davon unberührt: Entweder würde die insoweit strengere bundesrechtliche Arbeitszeitschutzregelung des § 13 ArbZG greifen oder die bisherige arbeitnehmerschützende Bestimmung des Ladenschlussgesetzes (§ 17 LadSchlG) würde fortgelten (vgl. BVerfG, Urt. v. 1.12.2009, 1 BvR 2857/07; 1 BvR 2858/07). Damit ist Zuständigkeit des Landes Berlin und damit auch die formelle Verfassungsmäßigkeit des BerlLadÖffG gegeben.
b) Materielle Verfassungsmäßigkeit
Das BerlLadÖffG müsste auch materiell verfassungsgemäß sein. Das heißt, eventuelle schrankenspezifische Anforderungen müssten gewahrt sein, die Verhältnismäßigkeit müsste gegeben sein und die sonstigen Anforderungen müssten eingehalten sein.
aa) Schrankenspezifische Anforderungen
Schrankenspezifische Anforderungen sind bei verfassungsimmanenten Schranken nicht zu beachten.
bb) Verhältnismäßigkeit
Die Regelungen des BerlLadÖffG müssten verhältnismäßig sein. Fraglich ist insoweit allein die Angemessenheit der Regelung.
(1) Prüfungsmaßstab
Bei der diesbezüglichen Prüfung ist hier die besondere Schutzpflicht des Gesetzgebers aus Art. 139 WRV zu beachten. Dieser Schutzpflicht hat der Staat durch hinreichende Vorkehrungen zu genügen, in der Regel ohne dem Gesetzgeber dabei bestimmte Handlungsvorgaben zu machen. Vielmehr obliegt es dem Gesetzgeber selbst, in eigener Verantwortung zu entscheiden, wie er seine Schutzpflichten erfüllt. Dabei kommt ihm ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu. Eine Feststellung der Verletzung einer solchen Schutzpflicht durch den Gesetzgeber kann das Bundesverfassungsgericht nur feststellen, wenn Schutzvorkehrungen entweder überhaupt nicht getroffen wurden, wenn die getroffenen Regelungen und Maßnahmen offensichtlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen, oder wenn sie erheblich hinter dem Schutz Ziel zurückbleiben (vgl. (BVerfG, Urt. v. 1.12.2009, 1 BvR 2857/07; 1 BvR 2858/07).
Insoweit gilt hier also ein eingeschränkter Prüfungsmaßstab, den es für die folgende Prüfung zu beachten gilt.
(2) Regel-Ausnahme-Verhältnis
Art. 139 WRV enthält einen Schutzauftrag an den Gesetzgeber, der für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen unter anderem ein Regel-Ausnahme-Verhältnis statuiert. Grundsätzlich hat die typische „werktägliche Geschäftigkeit“ an Sonn- und Feiertagen zu ruhen. Der verfassungsrechtlich garantierte Sonn- und Feiertagsschutz ist daher auch nur begrenzt einschränkbar. Ausnahmen von der Sonn- und Feiertagsruhe sind (nur) zur Wahrung höher- oder gleichwertiger Rechtsgüter möglich, in jedem Falle muss der ausgestaltende Gesetzgeber aber ein hinreichendes Niveau des Sonn- und Feiertagsschutzes wahren (Mindestschutzniveau).
Anmerkung: Der Umstand, dass Ausnahmen von der Sonn- und Feiertagsruhe nur zur Wahrung höher- oder gleichwertiger Rechtsgüter möglich ist, ist Ausdruck dessen, dass ein Gesetz bei Vorliegen verfassungsimmanenter Schranken immer dem Schutze Grundrechte Dritter oder Rechtsgütern mit Verfassungsrang dienen muss. Letzteres ist hier der Fall.
Dabei ist zu beachten: Der Schutz der Sonn- und Feiertage wird in Art. 139 WRV als gesetzlicher Schutz beschrieben. Dies bedeutet, dass die Institution des Sonn- und Feiertags unmittelbar durch die Verfassung garantiert ist, die Art und das Ausmaß des Schutzes aber einer gesetzlichen Ausgestaltung bedürfen. Der Gesetzgeber darf in seinen Regelungen auch andere Belange als den Schutz der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung zur Geltung bringen. Ihm ist deshalb ein Ausgleich zwischen Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 139 WRV einerseits und Art. 12 Abs. 1, aber auch Art. 2 Abs. 1 GG anderseits aufgegeben (praktische Konkordanz).
Dem Regel-Ausnahme-Gebot kommt generell umso mehr Bedeutung zu, je geringer das Gewicht derjenigen Gründe ist, zu denen der Sonn- und Feiertagsschutz ins Verhältnis gesetzt wird und je weitergreifend die Freigabe der Verkaufsstellenöffnung in Bezug auf das betroffene Gebiet sowie die einbezogenen Handelssparten und Warengruppen ausgestaltet ist. Deshalb müssen bei einer flächendeckenden und den gesamten Einzelhandel erfassenden Freigabe der Ladenöffnung rechtfertigende Gründe von besonderem Gewicht (hinreichende Sachgründe) vorliegen, wenn mehrere Sonn- und Feiertage in Folge über jeweils viele Stunden hin freigegeben werden sollen (vgl. BVerfG, Urt. v. 1.12.2009, 1 BvR 2857/07; 1 BvR 2858/07).
Das Erreichen des Ziels des Sonntagsschutzes setzt grundsätzlich das Ruhen der typischen werktäglichen Geschäftigkeit voraus. Gerade die Ladenöffnung prägt aber wegen ihrer öffentlichen Wirkung den Charakter des Tages in besonderer Weise, denn von ihr geht eine für jedermann wahrnehmbare Geschäftigkeits- und Betriebsamkeitswirkung aus, die typischerweise den Werktagen zugeordnet wird. Diese Wirkung wird nicht nur durch die in den Verkaufsstellen tätigen Arbeitnehmer und sonstigen Beschäftigten ausgelöst, sondern auch durch die Kunden. Sie erfasst überdies den Straßenverkehr und den öffentlichen Personennahverkehr in seiner Dichte und hat Rückwirkungen auf dessen Beschäftigte wie auch den verkehrsverursachten Lärm. Auf diese Weise bestimmt die Ladenöffnung maßgeblich das öffentliche Bild des Tages. Damit werden notwendig auch diejenigen betroffen, die weder arbeiten müssen noch einkaufen wollen, sondern Ruhe und seelische Erhebung suchen, namentlich auch die Gläubigen christlicher Religionen und die Religionsgemeinschaften selbst, nach deren Verständnis der Tag ein solcher der Ruhe und der Besinnung ist.
Durch die maximale Ausweitung der werktäglichen Öffnungszeiten auf 24 Stunden (vgl. § 3 Abs. 1 Alt. 1 BerlLadÖffG), die, wenn von ihnen Gebrauch gemacht wird, mit entsprechendem Personaleinsatz verbunden ist, gewinnt die Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen noch mehr an Bedeutung und Gewicht. Mit der vollständigen Freigabe der Ladenöffnungszeiten an Werktagen einschließlich des Samstags kommt es notwendigerweise vermehrt zum Einsatz der Beschäftigten im Schicht- und Nachtbetrieb. Deshalb ist für sie trotz der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften für den individuellen Arbeitsschutz gerade der Sonntag als einzig verbleibender Tag der Arbeitsruhe im rhythmischen Gleichklang ein solcher der Rekreation und der Möglichkeit des familiären und sozialen Zusammenseins von herausragender Bedeutung (vgl. BVerfG, Urt. v. 1.12.2009, 1 BvR 2857/07; 1 BvR 2858/07).
Auf dieser Grundlage ergibt sich, dass gesetzliche Schutzkonzepte für die Gewährleistung der Sonn- und Feiertagsruhe erkennbar diese Tage als solche der Arbeitsruhe zur Regel erheben müssen. Hinsichtlich der Ladenöffnung bedeutet dies, dass die Ausnahme eines dem Sonntagsschutz gerecht werdenden Sachgrundes bedarf. Ein bloß wirtschaftliches Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber und ein alltägliches Erwerbsinteresse („Shopping-Interesse“) potenzieller Käufer genügen grundsätzlich nicht, um Ausnahmen von dem verfassungsunmittelbar verankerten Schutz der Arbeitsruhe und der Möglichkeit zu seelischer Erhebung an Sonn- und Feiertagen zu rechtfertigen (vgl. BVerfG, Urt. v. 1.12.2009, 1 BvR 2857/07; 1 BvR 2858/07).
Anmerkung: Darin das ein alltägliches Erwerbsinteresse und ein bloß wirtschaftliches Umsatzinteresse für die Einschränkung der Sonn- und Feiertagsruhe nicht genügen, äußert sich hier (im Konkreten), dass eine Einschränkung von unbeschränkbaren Grundrechten über verfassungsimmanente Schranken nur zum Zwecke des Schutzes von Grundrechten Dritter oder Rechtsgüter mit Verfassungsrang erfolgen darf.
(3) Bewertung des § 3 Abs. 1 BerlLadÖffG
Fraglich ist, ob § 3 Abs. 1 BerlLadÖffG die vorgenannten Erfordernisse erfüllt. Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die Besonderheit dieser Regelung darin besteht, dass schon kraft Gesetzes ohne irgendeine weitere Voraussetzung vier Sonntage in Folge für die Dauer von jeweils sieben Stunden zur Ladenöffnung freigegeben werden. Hinreichend gewichtige Gründe für diese voraussetzungslose siebenstündige Öffnung an allen vier Adventssonntagen sind nicht erkennbar. Letztlich spiegeln sich in der Vorschrift lediglich bloße Umsatz- und Erwerbsinteressen wider.
Diese Vorschrift hält damit der Anforderung, dass die Sonntagsruhe die Regel ist, nicht stand, weil sie einen in sich geschlossenen Zeitblock von etwa einem Zwölftel des Jahres vollständig vom Grundsatz der Arbeitsruhe ausnimmt.
Auf dieser Grundlage führt die Bestimmung über die voraussetzungslose siebenstündige Öffnung an allen vier Adventssonntagen wegen der vollständigen Herausnahme eines zusammenhängenden Monatszeitraums aus dem Schutz der Sonntage ohne hinreichend gewichtige Gründe zu einem Unterschreiten des Maßes an gebotenem Mindestschutz. Damit steht die Regelung des § 3 Abs. 1 Alt. 2 BerlLadÖffG als generelle und materiell voraussetzungslose Freigabe der Öffnung von Verkaufsstellen an allen Adventssonntagen von 13.00 bis 20.00 Uhr im Land Berlin angesichts der Bedeutung der Verkaufsstellenöffnung für die Gewährleistung der Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen mit dem Grundrecht der Beschwerdeführer aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG in Verbindung mit Art. 140 GG und Art. 139 WRV nicht mehr in Einklang, denn der Sache nach läuft die Regelung darauf hinaus, den Sonn- und Feiertagsschutz für die Dauer eines Monates für die Verkaufsstellen, aufzuheben, ohne dass für eine derart intensive Beeinträchtigung eine hinreichend gewichtige Begründung gegeben würde oder sonst erkennbar wäre, die dem verfassungsrechtlichen Rang des Sonntagsschutzes gerecht werden könnte (vgl. BVerfG, Urt. v. 1.12.2009, 1 BvR 2857/07; 1 BvR 2858/07).
Daran ändert auch nichts, dass es sich bei der Adventszeit zugleich um die verkaufsträchtige Vorweihnachtszeit handelt. Dieser zwar grundsätzlich als Sachgrund anzusehende Umstand könnte die Ladenöffnung allenfalls an einzelnen Sonntagen, aber nicht an allen Adventssonntagen rechtfertigen.
§ 3 Abs. 1 BerlLadÖffG ist damit aufgrund des Verstoßes gegen den über Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV konkretisierten Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG verfassungswidrig. Die Verfassungsbeschwerde ist damit insoweit begründet.
(4) Bewertung des § 6 Abs. 1 S. 1 BerlLadÖffG
Fraglich ist ferner, ob die Regelung, wonach die Senatsverwaltung im öffentlichen Interesse ausnahmsweise die Öffnung von Verkaufsstellen an höchstens vier (gegenüber § 3 Abs. 1 BerlLadÖffG weiteren) Sonn- oder Feiertagen durch Allgemeinverfügung zulassen kann (§ 6 Abs. 1 Satz 1 BerlLadÖffG), mit dem Grundrecht der Beschwerdeführerin aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG in Verbindung mit Art. 140 GG und Art. 139 WRV vereinbar ist.
(a) Wahrung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses
Insoweit ist festzustellen, dass die Regelung sich nur auf vier Tage im Jahr bezieht. Angesichts des Umstands, dass das Jahr 52 Sonntage und zudem noch weitere (nicht zwingend auf den Sonntag fallende) Feiertage hat, ist im Hinblick auf Gesamtzahl von (nur) vier Tagen im Jahr die Wahrung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses nicht zu beanstanden. Dies gilt umso mehr, als nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BerlLadÖffG bestimmte Feiertage von dieser Öffnungsmöglichkeit ausgenommen sind. Überdies bedarf die Freigabe einer Allgemeinverfügung, mithin einer Verwaltungsentscheidung, die auch die Möglichkeit eröffnet, die jeweils betroffenen Interessen und Rechtsgüter am Einzelfall orientiert in eine Abwägung einzubeziehen.
(b) Vorliegen eines hinreichendes Sachgrundes
Darüber hinaus bedarf jede Ausnahme von der Sonn- und Feiertagsruhe eines hinreichenden Sachgrundes. § 6 Abs. 1 BerlLadÖffG verlangt insoweit allein ein „öffentliches Interesse“ für die ausnahmsweise Öffnung. Dabei handelt es sich um einen ausfüllungsbedürftigen unbestimmten Rechtsbegriff, der es bei einem allein am Wortlaut orientierten Verständnis ermöglicht, jedes noch so geringe öffentliche Interesse genügen zu lassen, was aber wiederum nicht im Einklang mit dem dargelegten grundrechtlich geboten Sonn- und Feiertragsschutz stünde, denn insoweit ist hier eine der Wertung des Art. 139 WRV genügende Auslegung geboten (verfassungskonforme Auslegung). Danach ist ein öffentliches Interesse solchen Gewichts zu verlangen, das die Ausnahmen von der Arbeitsruhe rechtfertigt. Dazu genügen das alleinige Umsatz- und Erwerbsinteresse auf Seiten der Verkaufsstelleninhaber und das alltägliche „Shopping-Interesse“ auf der Kundenseite nicht. Infolge dessen ist die Vorschrift des § 6 Abs. 1 BerlLadÖffG (nur) verfassungsgemäß mit der Einschränkung, dass ein öffentliches Interesse nur dann bejaht werden kann, wenn hierfür ein hinreichend gewichtiger Grund vorliegt, der vor der Sonn- und Feiertagsruhe Bestand hat (vgl. BVerfG, Urt. v. 1.12.2009, 1 BvR 2857/07; 1 BvR 2858/07).
(c) Fehlen der uhrzeitlichen Beschränkung
Fraglich ist weiter, wie es sich auswirkt, dass § 6 Abs. 1 BerlLadÖffG für die betroffenen Tagen keine ausdrückliche uhrzeitliche Eingrenzung enthält. Während die anderen Ausnahmeregelungen zur Ladenöffnung an den Adventssonntagen sowie aus Anlass besonderer Ereignisse eine Begrenzung auf den Zeitraum von 13.00 bis 20.00 Uhr vorsehen (§ 3 Abs. 1 Alt. 2, § 6 Abs. 2 BerlLadÖffG), fehlt hier eine solche. Der Wortlaut lässt also den Schluss zu, dass an den in Rede stehenden vier weiteren Sonn- oder Feiertagen - wie nach der Berliner Regelung für Werktage - eine 24-Stunden-Öffnung statthaft sei. Gerade weil bei den anderen Ausnahmeregelungen - von denen für besondere Verkaufsstellen und bestimmte Waren abgesehen - ausdrücklich uhrzeitliche Begrenzungen genannt sind, hier indessen nicht, liegt diese Auslegung nicht fern. Ein solches Verständnis liefe allerdings darauf hinaus, dass die werktägliche Geschäftigkeit an diesen Tagen wegen der prägenden öffentlichen Betriebsamkeitswirkung der Verkaufsstellenöffnung in vollem Umfang auf die Sonn- und Feiertage übertragen würde. Diese Tage würden sich insoweit - jedenfalls nach der maßgeblichen Rechtslage - nicht mehr deutlich vom Werktag unterscheiden. Der Ausnahmecharakter der Regelung käme in der praktischen Anwendung und in der öffentlichen Wahrnehmung nicht mehr hinreichend zum Ausdruck, dass nach den dargelegten Grundsätzen ein Verstoß darstellte (vgl. BVerfG, Urt. v. 1.12.2009, 1 BvR 2857/07; 1 BvR 2858/07).
Auch insoweit ist allerdings die Möglichkeit einer einengenden, grundrechts- und sonntagsschutzgeleiteten Auslegung der Ausnahmebestimmung eröffnet. Diese orientiert sich an dem System der übrigen Ausnahmen, das der Landesgesetzgeber in § 3 Abs. 1 Alternative 2, § 6 Abs. 2 BerlLadÖffG errichtet hat und das uhrzeitliche Begrenzungen vorsieht. Will der Landesgesetzgeber dennoch eine flächendeckende, allgemeine 24-Stunden-Öffnung an Sonn- und Feiertagen ermöglichen, könnte er dem verfassungsrechtlich zu gewährleistenden Schutz nur dadurch Rechnung tragen, dass er dafür eine besonders hohe Voraussetzung vorsähe, etwa ein herausragend gewichtiges öffentliches Interesse. Da dies nicht geschehen ist (s.o.), ist es für die vorliegende Fassung die schonendere Möglichkeit, anstatt der Verwerfung auch dieses Ausnahmetatbestandes eine dem Ausnahmeregime in wesentlichen Teilen eigene uhrzeitliche Begrenzung von 13.00 bis 20.00 Uhr zu verlangen, die Vorschrift in dieser Interpretation jedoch unbeanstandet zu lassen. Anhaltspunkte dafür, dass dieser einschränkenden Auslegung ein gegenläufiger Wille des Landesgesetzgebers entgegenstünde, bestehen nicht (vgl. BVerfG, Urt. v. 1.12.2009, 1 BvR 2857/07; 1 BvR 2858/07).
Bei verfassungskonformer Auslegung ist § 6 Abs. 1 BerlLadÖffG damit mit der Verfassung vereinbar, so dass die Verfassungbeschwerde insoweit unbegründet ist.
(5) § 6 Abs. 2 BerlLadÖffG / kumulative Wirkung der Vorschriften
Zu prüfen ist ferner, ob die Regelung, dass Verkaufsstellen aus Anlass besonderer Ereignisse, insbesondere von Firmenjubiläen und Straßenfesten, an jährlich höchstens zwei weiteren Sonn- oder Feiertagen von 13.00 bis 20.00 Uhr öffnen dürfen, verfassungsgemäß ist. Diese Regelung bringt auf Grund des Umstands, dass es sich nur um zwei von mindestens 52 Tagen im Jahr handelt, den Ausnahmecharakter deutlich zum Ausdruck. Im Übrigen gibt die Vorschrift hinreichende Sachgründe für die Befreiung auf. Ihr stehen daher keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegen.
Darüber hinaus ist die Regelung, dass Verkaufsstellen aus Anlass besonderer Ereignisse, insbesondere von Firmenjubiläen und Straßenfesten, an jährlich höchstens zwei weiteren Sonn- oder Feiertagen von 13.00 bis 20.00 Uhr öffnen dürfen (§ 6 Abs. 2 Satz 1 BerlLadÖffG), verfassungsrechtlich weder für sich gesehen noch - wie die Beschwerdefüherin geltend macht - im schutzkonzeptionellen Kontext zu beanstanden: Die Verkaufsstelle hat dem zuständigen Bezirksamt die Öffnung sechs Tage vorher anzuzeigen (§ 6 Abs. 2 Satz 2 BerlLadÖffG). Der Schutz besonderer Feiertage nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BerlLadÖffG gilt hier entsprechend (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 3 BerlLadÖffG). Diese Ladenöffnungsmöglichkeit ist wegen ihrer engen örtlichen Begrenzung ohnehin von geringer prägender Wirkung für den öffentlichen Charakter des Tages. Es kann hingenommen werden, dass die im Gesetz geforderten Voraussetzungen lediglich von eingeschränktem Gewicht sind, weil sie jeweils auf konkrete Verkaufsstellen und ein Jubiläum oder auf Feste im Straßenzugsbereich abheben. Auch besteht wegen des sechstägigen Vorlaufs der Anzeige eine ausreichende Möglichkeit zur Kontrolle und gegebenenfalls zum Einschreiten der Verwaltung. Dass damit gerade in einem überwiegend städtisch strukturierten Land ein „Flickenteppich“ entstehen kann, auf dem aufs Jahr gesehen irgendwelche Verkaufsstellen mit uneingeschränktem Warenangebot immer geöffnet haben, erscheint bei dieser Lösung unvermeidlich, aber hinnehmbar. Daher lässt sich nicht sagen, diese Ausnahme unterschreite ein als hinreichend zu erachtendes Mindestschutzniveau (vgl. BVerfG, Urt. v. 1.12.2009, 1 BvR 2857/07; 1 BvR 2858/07). Damit verstößt § 6 Abs. 2 BerlLadÖffG nicht gegen den durch Art. 140 GG i.V.m. Art 139 WRV konkretisierten Art. 4 Abs. 1. Abs. 2 GG, so dass die Verfassungbeschwerde auch insoweit unbegründet ist.
Nach allem ist die Verfassungsbeschwerde der G damit nur teilweise begründet und im Übrigen abzuweisen.
C. Endergebnis
Die Verfassungsbeschwerde der G ist zulässig, aber nur teilweise begründet. Sie wird daher auch nur zum Teil Erfolg haben.