Drittschadensliquidation (DSL)

Aufbau der Prüfung - Drittschadensliquidation (DSL)

Die Drittschadensliquidation regelt Fallkonstellationen, in denen ein zufälliges Auseinanderfallen von Ersatzanspruch und Schaden im Dreipersonenverhältnis gegeben ist. Beispiel: Der V schließt mit K einen Kaufvertrag und vereinbart wird Versendung der Ware. V schließt daraufhin einen Vertrag mit dem Frachtführer, den er als Transportperson einsetzen will, § 407 HGB. F hat eine Hilfsperson A. Der V übergibt dem F die Ware und der lässt A losfahren. Während des Transports geht die Ware kaputt. Fraglich ist nun, wer Ansprüche gegen wen hat. Hier können V und K Ansprüche gemäß § 421 HGB gegen F direkt geltend machen. Weiterhin könnte V gegen A einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 823 I BGB haben. Zum Zeitpunkt der Zerstörung der Sache war V noch Eigentümer dieser Sache. Ein Verletzungsverhalten liegt auch vor. Ebenso sind Zurechnung, Rechtswidrigkeit und Verschulden gegeben. Die Rechtsfolge wäre somit Schadensersatz. Hierfür müsste V einen Schaden haben. Den hätte er dann nicht, wenn er trotz Beschädigung der Sache den Kaufpreis von K verlangen kann. Im Rahmen des Versendungskaufs trägt der Käufer die Gefahr des zufälligen Untergangs, vgl. § 447 BGB. Aufgrund der anspruchserhaltenden Gegennorm erlischt der Kaufpreiszahlungsanspruch daher nicht. V bekommt von K immer noch den Kaufpreis. Nach der Differenzhypothese – Vergleich der Vermögenslage vor und nach dem schädigenden Ereignis – ist dem V vorliegend somit kein Schaden entstanden. Eventuell kann V einen solchen Schaden jedoch unter normativen Gesichtspunkten nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation geltend machen. Dies ist dann gegeben, wenn die Voraussetzungen der Drittschadensliquidation vorliegen.

A. Herleitung

Die Drittschadensliquidation wird üblicherweise aus den Grundsätzen über Treu und Glauben hergeleitet.

B. Voraussetzungen

I. Anspruch, aber kein Schaden

Die Drittschadensliquidation setzt zunächst voraus, dass ein Anspruch aber kein Schaden besteht. Dies meint, dass im Rahmen der Drittschadensliquidation jemand existieren muss, in dessen Person die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen, der aber nach der Differenzhypothese keinen eigenen Schaden hat. Vorliegend liegen die Voraussetzungen des § 823 I BGB in der Person des V vor, dieser hat aber keinen eigenen Schaden.

II. Schaden, aber kein Anspruch

Weiterhin verlangt die Drittschadensliquidation, dass einen Schaden aber kein Anspruch gegeben ist. Bei der Drittschadensliquidation muss es somit einen Geschädigten geben, in dessen Person jedoch die Anspruchsvoraussetzungen nicht vorliegen. Hier erhält K die Ware nicht und muss dennoch den Kaufpreis zahlen, vgl. § 447 BGB. K hat gegen A keinen Anspruch aus § 823 I BGB, da kein Rechtsgut des K verletzt ist. Denn die Sache stand zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses noch im Eigentum des V. Das bloße Vermögen wird von § 823 I BGB jedoch nicht geschützt.

III. Zufällige Schadensverlagerung

Zuletzt fordert die Drittschadensliquidation eine zufällige Schadensverlagerung. Sinn und Zweck der Vorschrift, die zu einem Auseinanderfallen von Anspruch und Schaden führt, darf es folglich nicht sein, den Schädiger zu entlasten. Beispiele: §§ 447, 644 BGB. Dies sind Fälle der obligatorischen Gefahrentlastung. § 447 BGB regelt nur das Innenverhältnis zwischen V und K. Sinn und Zweck dieser Norm ist es jedoch nicht, den A aus der Haftung zu nehmen. Dies ist vielmehr eine zufällige Nebenfolge der Gefahrtragungsregel im Innenverhältnis zwischen V und K. 

C. Rechtsfolge: "Schaden wird zum Anspruch gezogen"

Die Rechtsfolge der Drittschadensliquidation ist, dass der Schaden zum Anspruch gezogen wird. Die Drittschadensliquidation ist somit bei dem Prüfungspunkt „Schaden“ zu erörtern. Vorliegend wird aufgrund der Drittschadensliquidation der Schaden des K zum Anspruch des V gezogen. Dies kann jedoch nur ein Zwischenschritt sein, da der K der Geschädigte ist. Letztlich muss der Anspruch bei K landen. Daher hat K gegen V einen Anspruch auf Abtretung des Anspruchs aus § 823 I BGB. Anspruchsgrundlage hierfür ist § 285 BGB. In Fällen, in welchen es nicht direkt um eine Unmöglichkeit geht, wird die Norm analog angewendet. Überdies leiten manche Stimmen die Abtretung des Anspruchs aus § 242 BGB her.

 

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