Außerordentliche Kündigung, § 626 BGB
Aufbau der Prüfung - Außerordentliche Kündigung, § 626 BGB
Die außerordentliche Kündigung stellt eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch einseitige Erklärung dar. Die außerordentliche Kündigung ist in § 626 BGB geregelt. Die außerordentliche Kündigung wird in fünf Schritten geprüft.
I. Ordnungsgemäße Kündigungserklärung
Zunächst setzt die außerordentliche Kündigung eine ordnungsgemäße Kündigungserklärung voraus. Die Kündigungserklärung ist eine Willenserklärung, deshalb gelten alle Regeln über Willenserklärungen (allgemeiner Teil des BGB). Beispiel: Der Zugang von Willenserklärungen. Danach bedarf die Kündigungserklärung auch der Schriftform. Wird das Schriftformerfordernis des § 623 BGB nicht eingehalten, führt dies nach § 125 S. 1 BGB zur Nichtigkeit. Zudem erfordert die außerordentliche Kündigung das Einhalten einer Erklärungsfrist nach dem besonderen Ereignis. § 626 II BGB sieht eine zweiwöchige Frist ab Kenntnis von dem wichtigen Grund vor.
II. Anhörung des Betriebsrates, § 102 BetrVG
Weiterhin verlangt die außerordentliche Kündigung eine Anhörung des Betriebsrates, sofern ein solcher existiert. Diese reine Anhörung – keine Zustimmung – ist in § 102 Betriebsverfassungsgesetz geregelt.
III. Kein besonderer Kündigungsschutz
Auch die außerordentliche Kündigung setzt voraus, dass kein besonderer Kündigungsschutz greift, vgl. § 9 Mutterschutzgesetz, § 15 KSchG.
IV. Wichtiger Grund, § 626 I BGB
Der Kern der außerordentlichen Kündigung ist der wichtige Grund nach § 626 I BGB.
1. Umstände, die an sich geeignet sind
Zunächst ist zu klären, ob die Umstände an sich geeignet sind, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Beispiel: Vermögensdelikt gegen den Arbeitgeber. Liegt ein bloßer Verdacht vor, kann auch das eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Erforderlich ist hier eine Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Das hängt wiederum von der Konkretheit des Verdachts, der Schwere der Straftat und allen Umständen des Einzelfalls ab.
2. Interessenabwägung im Einzelfall
Ferner erfordert die außerordentliche Kündigung eine Interessenabwägung im Einzelfall. Fallbeispiel: Ein Arbeitnehmer isst ein Frikadellenbrötchen, weil es übrig geblieben ist. Fraglich ist hier, ob das ausreicht, um eine außerordentliche Kündigung auszusprechen, wenn es um Centbeträge geht, eine langjährige Betriebszugehörigkeit besteht und der Arbeitnehmer sich bis dato nie hat etwas zu Schulden kommen lassen. Dennoch ist das Bundesarbeitsgericht streng, wenn es um Vermögensdelikte geht. Der Arbeitgeber muss ein solches Verhalten nicht tolerieren. Eine solche Toleranzmarge würde dazu führen, dass ein ständiger Schwund mitgerechnet werden muss. Daher können auch kleine Beträge einen wichtigen Grund darstellen, der eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt.
V. Keine Heilung, §§ 7, 4, 13 KSchG
Ferner setzt die außerordentliche Kündigung voraus, dass geprüft wird, ob eine Heilung bzw. Präklusion eingetreten ist. Nach einer gewissen Zeit kann man sich nicht mehr auf die Unwirksamkeit, insbesondere Sozialwidrigkeit der Kündigung berufen, vgl. §§ 7, 4 KSchG. § 13 KSchG stellt klar, dass das auch für die außerordentliche Kündigung gilt. Daher muss innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage erhoben werden. Hierbei handelt es sich um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist und nicht um eine Klagefrist. Wird nicht rechtzeitig geklagt, ist die Klage nicht etwa unzulässig, sondern unbegründet, weil Heilung der ursprünglich unwirksamen Kündigung eingetreten ist.
Sollten die Voraussetzungen der außerordentlichen Kündigung nicht vorliegen, kommt eine Umdeutung in eine ordentliche Kündigung in Betracht, vgl. § 140 BGB.