Anfechtung, §§ 142 I, 119 ff. BGB
Aufbau der Prüfung - Anfechtung, §§ 142, 119 ff. BGB
Die Anfechtung ist in den §§ 142, 119 ff. BGB geregelt. Die Anfechtung ist ein Gestaltungsrecht. Das bedeutet, dass durch einseitige Erklärung auf die Rechtslage eingewirkt werden kann. Wie alle Gestaltungsrechte setzt die Anfechtung drei Dinge voraus: Anfechtungsgrund, Anfechtungserklärung, kein Ausschluss. Gegebenenfalls sind noch die Zulässigkeit und die Rechtsfolge zu erwähnen, wenn der Fall hierzu Veranlassung bietet.
(I. Zulässigkeit)
Beispiel für die Unzulässigkeit einer Anfechtung: A verprügelt jemanden und stellt im Nachhinein fest, dass er sich in der Person geirrt hat und erklärt die Anfechtung. Das ist nicht möglich, da die Anfechtung nur für Rechtsgeschäfte, nicht für Realakte gilt. Hier kann sich zudem das Problem der bereits ausgeübten Innenvollmacht stellen. Beispiel: A erteilt B eine Vollmacht, verspricht oder vertippt sich dabei jedoch. B läuft los und schließt einen Vertrag im Rahmen dieser Vollmacht ab. Dann stellt sich die Frage, welches Rechtsgeschäft A anfechten kann, ob A also zulässigerweise die Vollmachtserteilung als solche anfechten kann.
II. Anfechtungsgrund
Grundsätzlich beginnt die Prüfung der Anfechtung mit dem Anfechtungsgrund gemäß §§ 119 ff. BGB. Beispiel für einen Inhaltsirrtums nach § 119 I 1. Fall BGB: A kauft von B einen Schönfelder, denkt aber bei Vertragsschluss, dass es sich dabei um eine öffentlich-rechtliche Gesetzessammlung handelt. In einem solchen Fall weiß A, was er erklärt, hat sich jedoch über die Bedeutung des Gesagten geirrt.
III. Anfechtungserklärung
Neben dem Anfechtungsgrund setzt die Anfechtung eine Anfechtungserklärung voraus. Die Anfechtung ist ein Gestaltungsrecht, daher ist sie auszuüben. Hierbei muss das Wort „Anfechtung“ nicht fallen. Es muss lediglich deutlich werden, dass sich der Erklärende von dem Vertrag lösen will.
1. Anfechtungsgegner, § 143 BGB
Bei der Erklärung prüft man zunächst den Anfechtungsgegner, also denjenigen, dem gegenüber die Anfechtung zu erklären ist, vgl. § 143 BGB. Dies ist üblicherweise der Vertragspartner. Auch hier taucht das Problem der bereits ausgeübten Innenvollmacht auf, da sich die Frage stellt, wem gegenüber die Anfechtung zu erklären ist.
2. Frist
Im Übrigen ist im Rahmen der Anfechtungserklärung die Frist zu erörtern. In den Fällen der Irrtumsanfechtung muss die Erklärung der Anfechtung gemäß § 121 BGB unverzüglich erfolgen, also ohne schuldhaftes Zögern. Dies ist von dem Begriff „sofort“ zu unterscheiden, der „ohne Zögern“ bedeutet. Bei der arglistigen Täuschung oder widerrechtlichen Drohung beträgt die Frist hingegen ein Jahr, vgl. § 124 BGB.
(IV. Kein Ausschluss)
Gegebenenfalls ist bei der Anfechtung zudem das Merkmal „kein Ausschluss“ zu prüfen. Die Anfechtung ist nach § 144 BGB dann ausgeschlossen, wenn eine Bestätigung des Rechtsgeschäfts vorliegt. Beispiel: A hat B bei dem Abschluss eines Vertrags arglistig getäuscht und B findet dies heraus, erklärt dem A aber, dass das schon okay ist und er das Rechtsgeschäft trotzdem gelten lassen möchte. In diesen Fällen ist eine Anfechtung ausgeschlossen.
V. Rechtsfolge: Nichtigkeit ex tunc, § 142 I BGB
Die Rechtsfolge der Anfechtung ist nach § 142 I BGB die Nichtigkeit ex tunc, also Nichtigkeit mit rückwirkender Kraft. Der Vertrag gilt danach als von Anfang an nichtig. Aus diesem Grund lässt sich darüber streiten, ob die Anfechtung bei „Anspruch nicht erloschen“ (nachträgliche Anfechtungserklärung) oder bei „Anspruch entstanden“ im Rahmen der rechtshindernden Einwendungen (ex tunc Wirkung) zu prüfen ist. § 142 II BGB enthält darüber hinaus eine Regelung für die Frage der Bösgläubigkeit. Kennt jemand die Anfechtbarkeit eines Rechtsgeschäfts, dann wird er, wenn später die Anfechtung erklärt wird, genauso behandelt, als wenn er die Nichtigkeit selbst kannte. Das kann bei späteren bereicherungsrechtlichen Ansprüchen eine Rolle spielen.
Weiterhin sind die Sonderregelungen zur Anfechtung eines Testaments zu beachten, vgl. §§ 2078 ff. BGB. Dort sind im Wesentlichen dieselben Anfechtungsgründe geregelt. Darüber hinaus ist beim Testament auch der sogenannte Motivirrtum beachtlich, da es im Falle des Testaments darum geht, den wahren letzten Willen des Erblassers zu berücksichtigen.