§ 765 BGB

Aufbau der Prüfung - § 765 BGB

Der Anspruch des Gläubigers gegen den Bürgen ist in § 765 BGB geregelt. Beispiel: A nimmt bei B ein Darlehen auf. B möchte Sicherheiten haben, sodass sich der Freund F für A verbürgt. B schließt mit F somit einen Bürgschaftsvertrag gemäß den §§ 765 ff. BGB. Sollte A nicht zahlen, stellt sich die Frage, ob A von F Zahlung nach § 765 BGB verlangen kann. 

I. Anspruch entstanden

Zunächst müsste der Anspruch nach § 765 BGB entstanden sein.

1. Zu sichernder Anspruch

Die Bürgschaft ist ein akzessorisches Sicherungsrecht, ist also abhängig von dem Bestand der zu sichernden Forderung. Daher ist im Rahmen des § 765 BGB zunächst der zu sichernde Anspruch zu prüfen. Beispiel: Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens, vgl. § 488 BGB.

2. Wirksame Einigung

Weiterhin setzt § 765 BGB eine wirksame Einigung zwischen dem Gläubiger und dem Bürgen voraus.

a) Einigung, § 765 BGB

Dies meint eine Einigung mit dem Inhalt eines Bürgschaftsvertrags, vgl. §§ 145 ff. BGB. An dieser Stelle muss gegebenenfalls zu anderen schuldrechtlichen Sicherungsmöglichkeiten abgegrenzt werden. Dies betrifft vor allem den Schuldbeitritt und den  Garantievertrag. Beide Rechtsinstitute sind nicht ausdrücklich geregelt, sondern Ausdruck der Vertragsfreiheit, §§ 241 I, 311 I BGB. Beim Schuldbeitritt haftet der Hinzukommende gesamtschuldnerisch, also auf gleicher Stufe mit dem ursprünglich allein haftenden Schuldner. Beim Garantievertrag ist ein gesteigerter Haftungswille erforderlich. Der Dritte gedenkt hierbei, verschuldensunabhängig für den Eintritt oder Ausbleiben bestimmter Umstände einzustehen.

b) Wirksamkeit

Darüber hinaus verlangt § 765 BGB die Wirksamkeit der Einigung. Hier kommen alle rechtshindernden Einwendungen in Betracht. Hervorzuheben sind jedoch die Form und die Sittenwidrigkeit.

aa) Form, § 125 S. 1 BGB

Die Bürgschaftserklärung bedarf nach § 766 S. 1 BGB der Schriftform. Eine Ausnahme gilt lediglich bei Kaufleuten gemäß § 350 HGB, denn Kaufleute sind nicht schutzwürdig, da sie geschäftserfahren sind. Allerdings besteht bei Verstoß gegen die Schriftform eine Heilungsmöglichkeit nach § 766 S.3 BGB für den Fall, dass der Bürge zahlt.

bb) Sittenwidrigkeit, § 138 BGB

Ebenso kann nach § 138 I BGB bzw. den §§ 305 ff. BGB bei AGB Sittenwidrigkeit des Bürgschaftsvertrags bestehen. Beispiel: A möchte bei B einen Kredit aufnehmen. B verlangt Sicherheiten. Bei den Verhandlungen nimmt A seine vermögenslose Ehefrau mit, die sich für das Darlehen in Millionenhöhe aus Gründen der Verbundenheit verbürgt. Eine solche Bürgschaft ist sittenwidrig, weil die Bürgschaft eine krasse finanzielle Überforderung der Ehefrau darstellt. Die Ehefrau dürfte im vorliegenden Beispiel nicht einmal in der Lage sein, die Zinsen für das Darlehen zu schultern. 

II. Anspruch nich erloschen

Ferner dürfte der Anspruch nach § 765 BGB nicht erloschen sein. Hier sind aufgrund der Akzessorietät Einwendungen aus dem Forderungsverhältnis und dem Bürgschaftsverhältnis zu prüfen.

1. Einwendungen aus dem Forderungsverhälntis

Der Bürge kann sich auf Einwendungen aus dem Forderungsverhältnis berufen. Beispiele: Erfüllung nach § 362 BGB oder Widerruf gemäß den §§ 495, 355 BGB. Ebenso kann der Bürge im Rahmen des § 765 BGB

2. Einwendungen aus dem Bürgschaftsverhätlnis

Ebenso kann der Bürge Einwendungen aus dem Bürgschaftsverhältnis selbst geltend machen. Dies gilt beispielsweise für die Aufgabe von Sicherheiten nach § 776 BGB. Fall: Der Gläubiger entlässt einen von zwei Mitbürgen aus der Haftung. Dann erlischt der Anspruch gegen den verbliebenen Bürgen in der Höhe des Regressanspruchs, den der Bürge eigentlich gegen den Mitbürgen gehabt hätte. 

III. Anspruch durchsetzbar

Zuletzt müsste der Anspruch aus § 765 BGB auch durchsetzbar sein. Hier kommen Einreden aus dem Forderungs- oder dem Bürgschaftsverhältnis in Betracht.

1. Einreden aus dem Forderungsverhältnis

Der Bürge kann dem Anspruch aus § 765 BGB beispielsweise die Verjährung der Darlehensforderung entgegenhalten. Ebenso steht dem Bürgen die Einrede der Anfechtbarkeit oder Aufrechenbarkeit zu, wenn die dem Bürgschaftsvertrag zugrunde liegende Forderung anfechtbar ist oder gegen sie aufgerechnet werden kann.

2. Einreden aus dem Bürgschaftsverhältnis

Schließlich steht dem Bürgen gegen den Anspruch aus § 765 BGB auch die Einrede der Vorausklage aus dem Bürgschaftsverhältnis gemäß § 771 BGB zu. Der in Anspruch genommene Bürge kann hiernach gegenüber dem Gläubiger einwenden, dass sich dieser erst an den Hauptschuldner zu halten hat (gegebenenfalls Klage und Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner). Ausnahmen hiervon gelten lediglich nach § 349 HGB und für den Fall der selbstschuldnerischen Bürgschaft gemäß § 773 I Nr. 1 BGB. Bei der selbstschuldnerischen Bürgschaft verzichtet der Bürge auf die Einrede der Vorausklage, sodass sich der Gläubiger nicht zuerst an den Schuldner wenden muss, sondern unmittelbar gegen den Bürgen vorgehen kann.

 

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