Zwangsvollstreckung Allgemeine Voraussetzungen
1) Allgemeine Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung
Der Gläubiger darf aus einem Titel nicht selbst vollstrecken, denn das Gewaltmonopol liegt beim Staat. Er hat aber einen Anspruch darauf, dass der Staat den Titel für ihn in einem geordneten Verfahren vollstreckt. Dieses Zwangsvollstreckungsverfahren beginnt nicht automatisch mit der Vollstreckungsfähigkeit des Titels, sondern es gilt auch hier die Dispositionsmaxime. Das Verfahren wird erst durch einen Antrag des Gläubigers eingeleitet und endet (im Idealfall) mit dessen vollständiger Befriedigung.
Beteiligte des Vollstreckungsverfahrens sind der Vollstreckungsgläubiger, der Vollstreckungsschuldner, ggf. Dritte und das zuständige Vollstreckungsorgan.
-
Vollstreckungsgläubiger ist derjenige, der die Zwangsvollstreckung aus einem Titel betreibt.
-
Vollstreckungsschuldner ist derjenige, gegen den sich die Vollstreckung richtet.
-
Dritter ist bspw. derjenige, der ein eigenes Recht an einem Gegenstand der Vollstreckung geltend macht und deshalb die Vollstreckung für unzulässig hält.
-
Als Vollstreckungsorgane können die Gerichtsvollzieher, die Vollstreckungsgerichte, das Grundbuchamt und in Ausnahmefällen die Prozessgerichte berufen sein. Die konkrete Zuständigkeit für die einzelnen Vollstreckungsmaßnahmen ergibt sich aus dem Gesetz und wird im Exkurs „Zuständigkeit im Zwangsvollstreckungsverfahren“ dargestellt.
Die Zwangsvollstreckung setzt neben einem Antrag des Gläubigers gemäß § 750 Abs. 1 ZPO voraus, dass der Gläubiger einen vollstreckbaren Titel besitzt, der mit einer Vollstreckungsklausel versehen ist und dem Schuldner zugestellt wurde bzw. wird.
1. Antrag
Die Vollstreckung erfolgt nur aufgrund eines Antrags des Gläubigers, der Vollstreckungsauftrag genannt wird, wenn er sich an den Gerichtsvollzieher richtet (§ 753 Abs. 1 ZPO).
2. Titel
Der Gläubiger muss einen Titel vorlegen können, aus dem sich die Leistungspflicht des Schuldners bestimmt oder bestimmbar ergibt und er und der Schuldner namentlich benannt sind (§ 750 Abs. 1 ZPO). Titel ist jede öffentliche Urkunde, aus denen durch Gesetz die Zwangsvollstreckung einer Leistungspflicht des Schuldners zugelassen ist. Überwiegend wird es sich dabei um ein rechtskräftiges oder für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil handeln (§ 704 ZPO). Weitere Vollstreckungstitel sind in § 794 Abs. 1 ZPO aufgeführt, wobei neben dem Vollstreckungsbescheid (Nr. 4) der gerichtliche Vergleich (Nr. 1) und die notarielle Urkunde (Nr. 5) besonders examensrelevant sind.
3. Vollstreckungsklausel
Aus einem Urteil darf nur dann vollstreckt werden, wenn es mit einer Vollstreckungsklausel versehen ist (sog. vollstreckbare Ausfertigung, § 724 Abs. 1 ZPO), die der Gläubiger bei dem Prozessgericht beantragen muss (§ 724 Abs. 2 ZPO). Die Klausel ist eine amtliche Bestätigung, dass der Titel vollstreckungsreif ist. Der Wortlaut und die formelle Ausgestaltung werden von § 725 ZPO vorgegeben.
Lehnt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (§ 724 Abs. 2 ZPO) den Antrag ab, kann der Gläubiger hiergegen binnen einer Notfrist von zwei Wochen Erinnerung einlegen (§ 573 ZPO). Wird die Klausel erteilt, kann der Beklagte ebenfalls Erinnerung einlegen, die sich aber nach § 732 ZPO richtet und nicht fristgebunden ist.
Ist das Urteil für oder gegen eine andere Person ergangen, hat derjenige, der daraus vollstrecken möchte, unter den Voraussetzungen des § 727 ZPO die Möglichkeit, das Urteil umschreiben zu lassen. Hierfür ist nicht der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle zuständig, sondern der Rechtspfleger (§ 20 Nr. 12 RPflG). Lehnt der Rechtspfleger die Umschreibung ab, muss der Gläubiger sofortige Beschwerde einlegen, weil er andernfalls nicht berechtigt ist, auf Erteilung der Klausel zu klagen (§ 731 ZPO). Die Einzelheiten werden im Exkurs „Vollstreckungsklausel für oder gegen Rechtsnachfolger“ dargestellt.
Ein gerichtlicher Vergleich wird vom Prozessgericht für vollstreckbar erklärt (§ 795b ZPO).
Ein Vollstreckungsbescheid bedarf grundsätzlich keiner Vollstreckungsklausel, es sei denn, der Antragsteller ist ein anderer als der darin bezeichnete Gläubiger oder die Vollstreckung soll sich gegen einen anderen Schuldner richten (§ 796 Abs. 1 ZPO).
Notarielle Urkunden werden vom Notar selbst für vollstreckbar erklärt (§ 797 Abs. 2 ZPO). Lehnt der Notar die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung ab, kann der Gläubiger hiergegen Beschwerde einlegen (§ 54 BeurkG iVm §§ 58 ff. FamFG). Gegen die Erteilung der Klausel kann der Schuldner Erinnerung erheben (§§ 732, 795 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
4. Zustellung
Die Zwangsvollstreckung darf nur beginnen, wenn dem Schuldner der Titel zugestellt wurde oder gleichzeitig zugestellt wird. Es genügt also, wenn der Gerichtsvollzieher den Titel zustellt.
5. Nachweis der Sicherheitsleistung
Will der Gläubiger aus einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil vollstrecken, muss er in den Konstellationen des § 709 ZPO und des § 711 ZPO nachweisen, dass er die erforderliche Sicherheit geleistet hat, und zwar durch öffentliche oder öffentlich-beglaubigte Urkunde (§ 751 Abs. 2 ZPO). Er muss also entweder eine Bescheinigung der beim Amtsgericht angesiedelten Hinterlegungsstelle oder eine beglaubigte Abschrift der Bankbürgschaft (§ 192 Abs. 2 ZPO) beibringen.
6. Zug-um-Zug-Verurteilung
Darf der Gläubiger nur Zug um Zug gegen die Erbringung einer Gegenleistung vollstrecken, wie es beispielsweise häufig bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrages der Fall ist, muss der Gerichtsvollzieher dem Schuldner grundsätzlich die Gegenleistung anbieten (§ 756 Abs. 1 Halbs. 1 ZPO). Ist der Titel auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübereignung der Kaufsache gerichtet, müsste der Gerichtsvollzieher also die Kaufsache mitnehmen und dem Schuldner anbieten. Dies ist nur dann nicht erforderlich, wenn sich der Schuldner bereits im Annahmeverzug befindet (Halbs. 2 Alt. 2 ZPO). Es kommt also darauf an, ob die Voraussetzungen der §§ 293 ff. BGB vorliegen. Dies allein genügt jedoch nicht, vielmehr muss der Gläubiger das Vorliegen dieser Voraussetzungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde beweisen.
Am einfachsten gelingt dieser Nachweis, wenn bereits im Urteil festgestellt wird, dass sich der Beklagte mit der Annahme der Gegenleistung im Verzug befindet. An den entsprechenden Antrag muss deshalb in der Klägerklausur unbedingt gedacht werden.